Samstag, 20. Februar 2010

Canibus - Melatonin Magik


Release Date:
09. Februar 2010

Label:
War Lab Records

Tracklist:
01. Melatonin Magik Intro
02. Melatonin Magik
03. Kriminal Kindness
04. Hip-Hop Black Ops
05. The Danger Of Judah
06. Post Traumatic Warlab Stress (Feat. DZK & Warbux)
07. Air Strike (Pop Killer) (Feat. DZK & D-12)
08. Fraternity Of The Impoverished
09. Dead By Design
10. Only Slaves D.R.E.A.M.
11. Ripperland (Feat. The Goddess Psalm One)
12. Stomp On Ya Brain (Feat. Journalist)
13. Beat Butcher Get Em' (Feat. Jaecyn Bayne, Son One & Chopp Devize)
14. Do It Live (Feat. Blaq Poet, Skarlet Rose & Presto)
15. Sharpshootaz Blatin' Caps (Feat. K-Solo, Born Son, Willie Dynamite & Maintain)
16. Gold & Bronze Magik (Feat. Bronze Nazereth & Copywrite)

Review:
Eines der einmaligsten Phänomene der HipHop-Geschichte ist wieder da: Canibus, der Ausnahme-Emcee, der von allen Seiten seit jeher gebührenden Respekt bezog und trotzdem bei seinen Alben fast immer Pech und folglich Skepsis oder gar Missfallen der HipHop-Gemeinde im Nacken hatte - natürlich mit Ausnahme von "Rip The Jacker", das einzige allseits beliebte Album des ursprünglich aus Jamaica stammenden Rappers. Inzwischen ist er bei War Lab gelandet, Label des in Virginia angesiedelten DZK. Im Bestreben, sich selbst und auch der Welt zu beweisen, dass er es doch kann, geht Canibus mit "Melatonin Magik" an den Start.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Erster Gedanke: Wie tief ist Canibus gesunken, dass er sich mit ein paar hinterwäldlerischen Unbekannten aus Virginia zusammentut? DZK, dessen wenige ihm anhaftenden Assoziationen keine guten sind, da er sich im Zuge dieses Releases auf unfeine Art mit Chamber Musik (die "Melatonin Magik" ursprünglich releasen wollten) zerstritt? In gewisser Weise war War Lab vielleicht nicht die optimale Wahl, doch sie bietet einige Überraschungen. Außerdem spielt mit M-Eighty kein Greenhorn den Executive. Irgendetwas musste Bis schließlich ändern. Sein 2007er "For Whom The Beat Tolls" war zwar solide (und erntete auch keine vernichtenden Kritiken), doch eine klare Marschrichtung fehlte. Dieses Problem hat Canibus diesmal behoben; erreicht hat er es durch eine komplette Auswechslung der Producer-Bank (ja ja, Canibus und sein altes Produzentenproblem), was ihm schlagartig einen Umschwung der allgemeinen Stimmung beschert. Zuvor allerdings watet man als Hörer noch durch das "Intro", das erneute Ängste, hier würde ein übermotivierter Canibus in langweiligen Beats steckenbleiben, schürt. Doch nachdem man ganz nebenbei noch erfahren hat, dass das Hormon Melatonin den Tag-Nacht-Rhythmus regelt, setzt der Titeltrack "Melatonin Magik" ein und man wird auch schon von der ersten lyrischen Breitseite aus dem Sessel gerissen: Blastah Beatz schicken tobende Bläser und Chöre im Hintergrund, Bis schickt seinen erbarmungslos harten Flow und seine messerscharfe Stimme, während er nicht den kleinsten Zweifel daran lässt, dass hier der Canibus zu Werke geht, den sich die Fans wünschen. Alles andere als ein Zufall, dass das verwendete Sample schon in LL Cool J's "The Ripper Strikes Back" zu hören war - hier gibt es die doppelt harte Ausführung, anzunehmenderweise ein sarkastischer Fingerzeig auf den heutigen Status des zahnlosen Todd Smith. Doch ein einziger beanstandungsloser Track reicht Canibus diesmal nicht: Ohne große Pause wütet er in den nächsten Tracks, die in puncto Dramatik wenig zu wünschen übrig lassen. Die angeheuerten Produzenten (u.a. Sicknature) lassen es deftig krachen, und während sie dabei auf die Variationen eines Stoupe verzichten, darf sich die HipHop-Gemeinde ob der lange nicht gehörten im Gesamtpaket servierten Aggressivität freuen. Was Canibus unter Hochdruck ins Mic presst, hat auch Hand und Fuß: Kurz und bündig als Battle-Rap zu bezeichnen, entlädt Bis seine Wut in erster Linie auf die derzeitige HipHop-Szene sowie diejenigen, die sie vergiften. Aber auch Corporate America kommt nicht davon. So wird man im starken Anfangsteil also bestens unterhalten. Eine Art Umrahmung der Tracks übernimmt PE's Professor Griff, der im Zusammenspiel mit Bis immer wieder ein paar Kommentare einwirft. Doch nun zu War Lab, die zwar eindeutig mehr von der Beziehung mit Canibus profitieren als umgekehrt, jedoch mit "Air Strike" einen unehrenhaften, aber cleveren Beitrag leisten: Sie planen den Eminem-Diss, arrangieren Raps der unwissenden D-12 und platzieren sie auf besagtem Diss. Der ist (nachdem die Tänzeleien zwischen Bis und Em schon einige Jahre her sind) nur geringfügig notwendig, schießt gegen Em's Angriffe auf Mariah, bezeichnet ihn als schwul und untergräbt seine Stellung im Game. DZK's zweiter Auftritt auf dem Album bestätigt ihn als fähig, lässt ihn aber im Angesicht eines Canibus erneut blass aussehen. Im weiteren Verlauf der Platte kann Canibus weiter punkten, etwa im ruhigen "Dead By Design", oder im streicherintensiven "Only Slaves D.R.E.A.M.". Leider schafft er es in diesem Tempo nicht bis zum Ziel: Bei den vielen, teils mittelmäßigen Gästen brechen auch die Beats ein: "Beat Butcha Get 'Em", "Do It Live" (Blaq Poet hin oder her) und "Sharpshootaz Blastin' Caps" hätte man sich sparen können. Erst im von Krohme schön produzierten, gelassenen Ausstieg "Gold & Bronze Magik" fängt sich die LP nochmal.

Wie also muss man den Canibus dieses Albums einschätzen? Er ist beizeiten so energisch und hart unterwegs wie selten in seiner Karriere, hatte bei der Wahl seiner Produzenten überwiegend Glück und ist auch bei War Lab keinesfalls an der verkehrten Adresse, schließlich wird der Hang zur harten Gangart mitunter von dort favorisiert worden sein. Die Abwechslung, die er auf "For Whom The Beat Tolls" probierte, wurde fallengelassen, was dem Album einen geschlossenen Sound garantiert, der allerdings gegen Ende etwas abschwacht. Trotzdem sollte man sich nicht vom miserablen Cover abschrecken lassen, denn in "Melatonin Magik" steckt eine saubere Portion Power, die nicht nur Canibus-Fans erfreuen sollte.

7.0 / 10

Statik Selektah - 100 Proof: The Hangover


Release Date:
02. Februar 2010

Label:
Brick Records / Showoff Records

Tracklist:
01. Inside A Change (Intro)
02. So Close, So Far (Feat. Bun B, Wale & Colin Munroe)
03. Critically Acclaimed (Feat. Lil Fame, Saigon & Sean Price)
04. Night People (Feat. Freeway, Red Cafe & Masspike Miles)
05. Follow We (Feat. Smif-N-Wessun)
06. Do It 2 Death (Feat. Lil Fame, Havoc & Kool G Rap)
07. Come Around (Feat. Termanology & Royce Da 5'9")
08. Drunken Nights (Feat. Reks, Joe Scudda & J.F.K.)
09. Life Is Short (Feat. Consequence)
10. The Thrill Is Gone (Feat. Styles P & Talib Kweli)
11. Get Out (Feat. Skyzoo, Rapper Pooh, Torae & Lee Wilson)
12. Laughin (Feat. Souls Of Mischief)
13. The Coast (Feat. Evidence, Fashawn & Kali)
14. 100 Proof (Interlude) (Feat. J.F.K.)
15. Fake Love (Yes Men) (Feat. Reks, Kali, Termanology & Good Brotha)
16. Eighty-Two (Feat. Termanology)
17. Walking Away (Feat. Kali & Novel)

Review:
Statik Selektah hat es inzwischen so weit geschafft, dass er keiner großen Einleitung mehr bedarf. Stand er mit seinem Debüt "Spell My Name Right" noch nahezu als Unbekannter da, scheinen sich seine Stammtischtreffen mehr und mehr als Gewohnheit in die ostküstliche Landschaft einzubürgern. Nicht zuletzt ist es auch ihm zu verdanken, dass sich das Bostoner Label Brick Records bzw. das eigene Showoff Records zu einer Hochburg für traditionellen BoomBap entwickelt hat. Dazu zählen natürlich auch beste Connections über ganz Rap-Amerika, von denen Statik für sein neustes Werk "100 Proof: The Hangover" natürlich Gebrauch macht.

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Kein Wunder also, dass sich hier wieder einmal - in bester Produzentenalbum-Manier - viele Größen der Szene die Klinke in die Hand geben. Auch wenn der Rahmen für "100 Proof" schon relativ eng gesteckt ist, darf man gespannt sein, zu wievielen guten Songs es diesmal gereicht hat. Statik sieht das natürlich anders - zu vollen 100 Prozent sieht er sich als Sure-Shot und lässt sich durch Shoutouts von Premo, Hi-Tek oder Q-Tip bestätigen. Doch das ändert nichts am altbekannten Gebrechen, an dem Alben wie dieses leiden: Statik Selektah zählt nicht zur verschwindend kleinen Elite, die wirklich über ein ganzes Album hinweg erstklassiges Material aus dem Ärmel schütteln können. Aber das ist okay, schließlich setzt die LP einen angenehmen Qualitätsstandard an, bei dem Ausrutscher wie das grauenhafte "Follow Me" verzeihbar sind. Im Treffen der Veteranen Fame, Hav und KGR überzeugt Statik durch soliden Kopfnicker-Stuff und klassisch gescratchte Hook. An anderer Stelle reicht es mit gleichen Ambitionen nicht übers Mittelmaß hinaus: "Laughin'" hätte mit den Souls Of Mischief durchaus ein Highlight werden können, die Standardnummer für die halbe Portion gute Laune, die sich letztendlich das Outcome nennt, kann da nur hinter den Erwartungen zurückbleiben. "The Thrill Is Gone" ist das Schlagwort. Gerade in diesem Song besticht Statik mit warmem Mix aus Cuts, Scratches und einem Piano-Loop und definiert, wie gut sein Album durchgehend hätte klingen dürfen. Dass gerade ein Talib Kweli bei dem daueraktuellen Titelthema nicht auf den Punkt kommt (während Styles ebenfalls ergebnislos Nas' "HipHop Is Dead" Slogan umkurvt), ist bezeichnend. Anscheinend hält man sich immer noch für kreativ, weil man Klingeltöne und Materialismus ausklammert. Unter diesem Stern fährt auch das ganze Album in einen sicheren, im guten Durchschnitt gelegenen Hafen. Dabei finden sich Abstriche in "Get Out" und natürlich im dreimal geladenen Termanology, der sein Limit überreizt und auch andeutet, dass das "Eighty-Two" Album in eine kaum überdurchschnittliche Richtung gehen wird. Ein weiteres Plädoyer dafür ist das seichte "Fake Love" mit zigfach durchgekauter Thematik. Ebenso schleppend geht es durch die "Drunken Nights", während "The Coast" von besserem Beat und einer starken Performance von Fashawn (und sogar einem aufgeweckten Evidence) profitiert. Was hat Statik's Wundertüte noch zu bieten? Ein durchschnittliches "So Close, So Far", das sehr auf Wale's Stil zugeschnitten ist, ein schönes Zusammenspiel von Fame, Sai und Pee in "Critically Acclaimed" sowie noch einen echten Anspieltipp: "Life Is Short", in dem ein sympathischer Consequence frischen Wind ins Geschehen bringt.

Statik Selektah hält sein Niveau. Wie schon auf den ersten beiden Platten lebt er wieder genau den Sound, den man von ihm erwartet, ohne dabei große Experimente einzugehen. Dem Standard-Klientel wird er auch mit seinem dritten Streich eine Freude machen, doch das täuscht keinesfalls darüber hinweg, dass diese Art von BoomBap nicht bei jedem Song ein Juwel abwirft. Für ein durchschnittliches Album reicht es natürlich in jedem Fall, denn Statik versteht sein Handwerk; für ein wirklich gutes Produzentenalbum findet sich auf "100 Proof" allerdings zu viel kurzlebige Musik.

6.0 / 10

Cymarshall Law - Creator's Kid EP


Release Date:
26. Januar 2010

Label:
HiPNOTT Records

Tracklist:
01. Harder Than Thou
02. Life Is A Movie
03. Homeless
04. Ghosts Of Hip Hop
05. Magic
06. Tangled Web
07. Quit While Ahead

Review:
Er mag einer derjenigen sein, die noch eine große Zukunft vor sich haben: Cymarshall Law, der dank seines Bruders vor zehn Jahren auf Sub Verse begann, um dann im Jahr 2008 größere Wellen zu schlagen, als er neben dem Everliven Sound Debüt zusammen mit dem ungarischen Mr Joeker für "Hip Hop In The Soul" überwiegend positive Resonanz erhielt. Zum Advent 2009 verbreitete sich dann die Kunde, dass Cymarshall bei HiPNOTT Records, dem Label des Bloggers Kevin Nottingham, unterschrieben habe. Als erste Veröffentlicht folgt dann unverzüglich im Januar eine EP mit dem Titel "Creator's Kid".

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Für alle Altgestrickten, die es nicht wissen: HiPNOTT ist ein Label, das ausschließlich digital veröffentlicht - in den Händen halten wird man diese EP also in absehbarer Zeit nicht. Abgesehen davon verspricht das Label mit der Diamond Music Group als Vertriebspartner im Rücken jedoch einen viel größeren Bekanntheitsradius als das eigene Freedom Entertainment. Auf musikalischer Seite bietet Cymarshall sieben Songs, für die er seitens der Produktion wieder einmal in Schweden Unterstützung fand: D-Slaps zeichnet mit einer Ausnahme komplett verantwortlich. Dass dieser D-Slaps nicht mit den Beatnikz oder auch Mr Joeker mithalten kann, stellt sich allerdings schnell heraus: Das satte BoomBap-Gefühl fehlt großteils. Auch in Sachen Rap-Darbietung fällt dem Hörer ein kleiner Unterschied auf, sobald er "Harder Than Thou" anspielt: Cymarshall war als Emcee wegen der Leidenschaft, die dem Hörer förmlich entgegensprang, etwas Besonderes. Dessen scheint Cy sich nun voll bewusst zu sein und spielt diese Karte ab und an zu stark aus. Vielleicht fällt dieser Punkt auch nur aufgrund der unterschiedlichen Beats auf. Wenn dann Remot seinen Beitrag mit "Magic" liefert, fühlt man sich unweigerlich an Wordsworth und dessen erheblich bessere Umsetzung desselben Samples erinnert. Doch neben den bisher erwähnten Tracks, in denen Cy inhaltlich nicht viel von sich gibt, hat er für die EP auch einige Ideen im Gepäck: In "Ghosts Of Hip Hop" die drei Weihnachtsgeister (Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) zu verkleiden und sie für eine Analyse des Genres inklusive schwammiger Zukunftsprognose auszuleihen, verdient ein Augenzwinkern für Kreativität und gerät außerdem unterhaltsam. "Life Is A Movie" dagegen ist ungenießbar: schlechtes, minimalistisches Instrumental, über das Cy nahezu heiser seine Bars ohne großen Witz mit Filmtiteln füllt ("U knowin' the deal, I slap you back to the future / Cyma, I'm big trouble in Little China"). Neben den durchschnittlichen "Tangled Web" (mit altbewährter Snitch-Thematik) und "Quit While Ahead" wird mit "Homeless" noch ein beachtenswerter Storytelling-Track unternommen, der drei Geschichten (feines Leben, das in die Brüche geht, Rapper auf erfolgloser Label-Suche, isolierter Teenager mit Depressionen) unter dem gemeinsamen Nenner "Heimatlosigkeit" bzw. "fehlende Zugehörigkeit" beleuchtet.

Doch so wirklich überzeugend war dieser Appetizer nicht. Cymarshall Law kann mehr, doch der wirklich gewichtige Mangel dieser EP ist der fehlende starke Produzent, der Cy im Rücken sitzt und mit ihm harmoniert. Dafür hat D-Slaps nicht den Schneid. Und so fällt Cy ins Mittelfeld zurück, in dem er sich neben einer reichlichen Zahl anderer BoomBap-Platten wiederfindet. Nur dank seiner ambitionierten Vorstellung ist diese EP halbwegs lohnend (und verdient sich eine halbe Krone mehr). Doch zum Kennenlernen sei von "Creator's Kid" dringendst abgeraten: Bitte zuerst "Hip Hop In The Soul" anhören. Wie sich Cymarshall Law dann mit seinem nächsten Album schlägt (und wer dort produziert), wird sich zeigen.

5.6 / 10

Mathematics - Presents: Return Of The Wu & Friends


Release Date:
16. Februar 2010

Label:
Gold Dust Media / Nature Sounds

Tracklist:
01. Clap 2010 (Exclusive Mix) (Feat. Raekwon, Ghostface Killah, Method Man & U-God)
02. Respect 2010 (Exclusive Mix) (Feat. Wu-Tang Clan)
03. It's What It Is (Feat. Masta Killa, Raekwon & Ghostface Killah)
04. Strawberries & Cream (Feat. Inspectah Deck, RZA & Ghostface Killah)
05. Station ID Break (Exclusive Mix) (Feat. GZA)
06. All Flowers (Exclusive Mix) (Feat. Raekwon, Method Man, Ghostface Killah, Ica Da Don & Inspectah Deck)
07. John 3:16 (Feat. Method Man)
08. Treez (Feat. Raekwon)
09. What It Is (Feat. RZA, Streetlife & Buddah Bless)
10. Iron God Chamber (Feat. Masta Killa, RZA & Method Man)
11. Real Nillaz (Feat. Masta Killa, Ghostface Killah, Buddah Bless, Raekwon & Eyes Low)
12. Rush (Feat. Method Man & GZA)
13. Da Way We Were (Feat. Mathematics)
14. Early Grave (Exclusive Mix) (Feat. Ol' Dirty Bastard & Bad Luck)
15. Keep Pace (Exclusive Mix) (Feat. Wu-Tang Clan)
16. Spotlite (Original Mix) (Feat. Wu-Tang Clan)

Review:
Rest- und Wiederverwertung von altem Material - speziell aus dem Hause Wu-Tang - ist kein unbekanntes Phänomen. Irgendwo kommt dann auch gar keine große Verwunderung auf, wenn Gold Dust Media zusammen mit Nature Sounds wieder ein paar Schinken aus dem großen Wu-Kloster zieht, Mathematics vor den Karren spannt und dann eine neue Compilation zusammenklopft, die unterschwellig Erinnerungen an das 2007er "Wu-Tang Clan & Friends: Unreleased" wecken soll. Mit dabei natürlich das volle Programm: Der Clan inklusive verstorbenem ODB.

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Irgendetwas roch vom ersten Moment an faul. Was genau, das eröffnet erst die Tracklist: Was im Pressetext als "some exclusive tracks, lost gems and old time favorites" umworben wird, ist in erster Linie eines: bekanntes Material. Nicht weniger als neun Tracks sind es, die nicht nur der durchschnittliche Wu-Fan, sondern auch der ganz normale Rap-Fan mit einiger Wahrscheinlichkeit bereits gehört hat. Tracks, die nicht von irgendwelchen schwer erreichbaren Mixtapes stammen, sondern Tracks von: Mathematics' "Love, Hell Or Right", "The Problem", dem bereits erwähnten "Wu-Tang Clan & Friends: Unreleased" Album sowie von Masta Killa's "Made In Brooklyn". Dazu gesellen sich drei Remixe von Mathematics und vier mehr oder minder exklusive Cuts, fertig ist eine Packung, die selbst (oder vor allem) einen Wu-Fan ratlos macht. Wofür solch ein Album, wenn der Anteil an interessanten Stücken so gering ist? Da sollte das ungehörte Material schon überragend sein. Doch was Mathematics zu Beginn der Scheibe als 2010er-Versionen vorlegt, ist nicht gerade gehaltvoll: das dünne, minimalistische "Clap 2010" hält seinen Raps mit langweiliger Drumline nicht lange stand, während die Neuauflage "Respect 2010" in allen Belangen gegen das 2003er Original und seine eingängige Piano-Line untergeht. "All Flowers" schließlich ist eine Spielerei von Mathematics, bei der er die Raps des unreleasten "Flowers" (selbige Raps sind im Remix auf "Bullerproof Wallets" zu hören) über seinen Beat zu "Alwayz N.Y." ("Love, Hell Or Right") schnallt, was ebensowenig schlecht klingt wie es notwendig gewesen wäre. Gegen Ende liefert das Gespann ODB / Bad Luck einen von zwei Existenzgründen für diese Scheibe, denn "Early Grave" hat zwar unter drei Minuten Spielzeit, dafür aber feinste Raps des raustimmigen Duos. Das sich anschließende "Keep Pace" klingt vielversprechend, bietet dann auch gute Unterhaltung, featurt aber keineswegs den Clan, sondern "nur" Eyes Low. Auch "What It Is" ist mir noch nie unter die Ohren gekommen, zeigt seine Akteure in überragender Wu-Manier und bildet so neben "Early Grave" das zweite Highlight. Dass dann noch trotz des Mangels an exklusivem Material das auf der Promo noch vertretene, zwar nur mitelmäßige "Steppin' 2 Me" (GZA, Masta Killa, Deck) durch das ebenfalls schnell vergessene "Station ID Break" ersetzt wurde, entzieht sich jeder Nachvollziehbarkeit. Und damit hat sich diese Scheibe gegessen, denn der Rest ist bekannt. Und so gut Raekwon's "Treez" oder "Real Nillaz" auch sein mögen - man kennt sie, man hat sie, man braucht sie nicht noch einmal.

Man darf dieses Album nicht wie eine Compilation bekannter Tracks werten, denn sie erhebt immerhin den Anspruch, auch für Wu-Fans relevant zu sein. Als Compilation nämlich wäre die Zusammenstellung der Stücke keine schlechte. Als Gesamtpaket kann man mit diesem mageren Etwas allerdings auf keinen grünen Zweig kommen. Wie kann man davon ausgehen, ein potentieller Käufer von "Return Of The Wu & Friends" sei nicht mit "Made In Brooklyn" vertraut? Hinzu kommen die beiden anfänglichen Remixe von Mathematics, die man sich getrost dahin stecken kann, wo keine Sonne scheint. Übrig bleiben drei hörenswerte Tracks. Wem das genügt, der wird von "Return Of The Wu & Friends" nicht enttäuscht.

4.1 / 10

Oktober Zero - The Devil Smokes Dimebags


Release Date:
19. Januar 2010

Label:
Kings Link Recordz

Tracklist:
01. El Manifesto
02. Fuc Musick
03. Key To The City
04. Outta My Zone
05. Chittybang
06. Where My Money
07. Muchacha (Fea. Onkore)
08. 420 Church Street
09. Future Thug
10. Gutta Me Homes
11. C-Low Cash
12. Mustard
13. Kicks!
14. Spoke To Da O.G.
15. H8 In Ya Blood
16. BX Pitbully

Review:
Auch HipHop braucht seine Nebendarsteller, derer natürlich unzählige durch Game wandeln. Einer von ihnen ist Oktober, beziehungsweise Oktober Zero, ein Bronx-Native mit puerto-ricanischen Wurzeln, der bisher mit einigen Auftritten, als Gruppenmitglied sowie mit zwei Soloalben Fußabdrücke hinterließ. Auf ein paar Singles folgte 2004 das Solo "Project: Building", das 2for5 Album "Broke Minds Think Alike" sowie ein Jahr später das zweite Solo "The Art Of Raw", wobei alle höchstens im NY-Fankreis beachtet wurden. Mittlerweile ist Oktober bei Kings Link Recordz untergekommen, die neben einem House Of Repz (denen er ebenfalls angehört) Album dieses Jahr auch seinen Drittling "The Devil Smokes Dimebags" veröffentlichen.

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Erster Eindruck: positiv. Das Cover hat definitiv Stil und liefert eine Erwartungshaltung, die in eine verheißungsvolle Richtung blickt. Hinzu kommt, dass Oktober (wie schon auf den vorigen Alben) keine Unzahl an Gästen auf sein Album lädt, sondern eine Einzel-Performance vorzieht - was sich natürlich noch als vor- oder unvorteilhaft herauszustellen hat. Auch bei den Produzenten wird nicht versucht, von allen angesagten Namen einen Beat abzugreifen: Neben Kings Link CEO Kenny Diaz setzt Oktober auf unbekannte Namen. Doch was nach einem geschlossenen, starken Stück aussieht, stellt sich schnell als durchwachsene Angelegenheit heraus. Von einer klaren Linie, die die in Abgeschiedenheit geführten Aufnahmen erwarten lassen könnten, ist nicht viel zu hören. Der Sound ist durchlöchert von einigen halbgaren Einschlägen, wie man es eben schon von zahlreichen anderen LPs, die meist im Mittelmaß gelandet sind, kennt. Nach einem berechenbaren Intro soll gleich zu Beginn mit "Fuc Musick", begleitet von Kindergesang im Hintergrund, die Stimmung angeheizt werden; der gewünschte Effekt hält sich dann aber stark in Grenzen. Das meiste ist, wie auch beim Rest der LP, zu vorhersehbar. Die angeheuerten Produzenten beschränken sich darauf, den bekannten Standard aufzuwärmen und einige bereits einschlägig bekannte Samples hineinzuwerfen. Oktober selbst ist die Art von Emcee, die stimmlich eher zart besaitet ist und mit guten Skills nur auf guter Produktion wirklich Akzente setzen kann, was auch daran liegen mag, dass inhaltlich nicht viele Impulse gesetzt werden: Tracks wie "Where My Money" unterhalten weder seitens des Instrumentals noch seitens der Raps. Mit fast identischer Thematik zeigt "Mustard", wie sehr ein unterhaltsamer Beat den Gesamteindruck nach oben zu ziehen vermag. Und so hangelt sich Oktober von Track zu Track, mal mit gutem, öfters mit durchschnittlichem bis mäßigem Untersatz: "Chittybang" landet mit einem Gähner auf der Skip-Taste, ähnlich einfallslos zeigt sich Oktober in "Gutta Me Homes". "420 Church Street" ist, wie unschwer dem Titel zu entnehmen, Oktober's Rauchgewohnheiten angedacht und bleibt mit dümmlicher Hook ("[{i]Wake up in the morning, got the yearning for herb / So I cop it and go, twist up and let it burn[/i]") aber hinter den Möglichkeiten zurück. An anderer Stelle versagt auch noch das Instrumental: In "C-Low Cash" bejubelt Oktober die Gewinne beim Dice Game, während Kenny Diaz anschaulich vorführt, wieso Marschkapellen-Samples in Rap-Songs fast immer geschmacklos und billig klingen. Doch es gibt auch bessere Momente: "Outta My Zone" ist schnörkellos gut, die Offenbarung seines "Kicks!"-Fetischs gelingt Oktober ebenfalls gut. Des öfteren lässt der NY-Rican seine karibischen Wurzeln durchscheinen, was im unanständigen "Muchacha" (mit Onkore als einzigem Gast) ausgesprochen gut funktioniert. Zwei inhaltliche Storytelling-Treffer werden auch noch gelandet: "Spoke To Da O.G." ist untermalt von gefühlvollem Instrumental und sieht Oktober als Mitarbeiter beim Work Release Program, weshalb er mit einem O.G., der über sein hartes Leben erzählt, ins Gespräch kommt. Das Highlight der Platte ist schließlich "Future Thug", in dem Oktober über ein traumhaft angestaubt klingendes Instrumental mit Country-Trouch die Zukunftsrolle des Thugs darlegt. Den Gegensatz bilden das abschließende, wegschmeißenswerte "BX Pitbully" sowie "H8 In Ya Blood", für das Oktober nacheinander die verstorbenen Helden Biggie, Big L, Pun, Pac, Eazy E und ODB (vorausgesetzt, ich habe sie korrekt identifiziert) stimmlich als auch stilistisch mimt. Doch sowohl der Beat (der den Verstorbenen wohl ganz und gar nicht zugesagt hätte) als auch die geradeso nachvollziehbaren Imitationen sind ausbaufähig.

Oktober ist fraglos ein guter Emcee, doch das reicht eben nicht. Es gibt zu viele gute Emcees, als dass jeder auch ein gutes Album zu veröffentlichen imstande wäre - was Oktober ja sogar bereits gelungen ist. Mit dieser LP wird er sich allerdings nicht in höhere Grade öffentlicher Wahrnehmung spielen können. Dafür gibt es einfach zu viele Alben, die diesem hier ähnlich sind, ihm in nichts nachstehen und auch unzählige, die besser sind. Auch wenn Oktober wohl neue Dinge ausprobieren wollte, ist "The Devil Smokes Dimebags" ein Schritt rückwärts. Aber der Bronx-MC kann es ja eigentlich, also sollte bei Konzentration auf die guten Elemente dieser LP in Zukunft wieder Besseres möglich sein. In "The Devil Smokes Dimebags" jedenfalls halten sich Mittelmaß, schlechte und gute Tracks die Waage.

4.9 / 10

Taiyamo Denku - Articles Of Mind


Release Date:
26. Januar 2010

Label:
Uncommon Records / ChiMil Music

Tracklist:
01. Articles Of Mind
02. Lightbulb (Feat. Main Flow)
03. Questions Need Answers (Feat. Sabac Red)
04. Lost In Production
05. Emcee's Blueprint (Feat. Vast Aire)
06. Ease Into Medication
07. Problematic Solution (Feat. Pumpkinhead, Urban Legend & Jise)
08. Scared Of Myself
09. Mona Lisa (Feat. Prince Po)
10. Truest
11. Takeover Amazement (Feat. Marv Won)
12. Emotional Design
13. Till Death (Feat. Keith Murray)
14. Shorty Stinkasaurus
15. Reason For Reading Me

Review:
Wieviele Rapper kennt man aus Milwaukee? Die korrekte Antwort: wenige. Oder noch besser: gar keine. Der Name Speech (Arrested Development) könnte eventuell fallen. Doch dann ist in den oberen Underground-Schichten auch schon Schluss. Mit seinem zweiten Soloalbum und einigen bekannten Gästen macht sich nun ein Herr auf, ein paar Bekanntheitsgrade emporzuklettern. Die Rede ist von Taiyamo Denku, der in der Szene kein neues Gesicht ist: Seit Anfang des Jahrtausends spittet er in den Reihen der W.A.S.T.E.L.A.N.D.S., der Kontakt zu Nasa's Uncommon Records besteht seit 2004, das Debüt "Dark Journal Of Thornwards" kam 2007. An wem er bisher vorbeigezogen ist, dem bietet sich die Chance, ihn mit "Articles Of Mind" kennenzulernen.

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Charakteristisch für die W.A.S.T.E.L.A.N.D.S. als auch für Taiyamo als Solokünstler ist das gut ausgebaute Netz an Connections, das in verschiedenste Richtungen reicht: Taiyamo's Debüt beispielsweise führte von der Atoms Fam über die Arsonists, Pacewon und Baby Sham bis hin zu Chino XL oder Keith Murray ein interessantes Gästespektrum. Wenig verwunderlich, dass die "Articles Of Mind" einem ähnlichen Schema folgen. Neben den unbekannten Namen, die sich größtenteils auch schon auf "Dark Journals Of Thornwards" herumtrieben, konnten auch diesmal wieder einige waschechte Underground-Größen klargemacht werden, ebenso wie mit Panic von den Molemen oder Ayatollah Beats aus hochdekorierten Händen vertreten sind. Wenn man dann in einem Interview liest, dass Taiyamo bei Live-Auftritten in New York am meisten gefeiert wird, erübrigt sich die Frage, wie denn der Sound des Albums ausfällt. Eastcoastig, boombappig und nie zu soft. Doch wer ins "Dark Journal Of Thornwards" auch nur reingeschnuppert hat, dem wird nicht entgehen, dass Taiyamo mit seiner neuen Platte einen offeneren Sound fährt - nicht mehr so düster, nicht mehr so einheitlich. Das liegt natürlich bereits beim Albumkonzept nahe, da einzelne, im Hirn als "Articles" abgespeicherte Gedanken so ziemlich alles umfassen können. In den meisten Fällen denkt Taiyamo aber wohl ans Bewahren der wahren Emcee-Kunst im Angesicht des überall lauernden Verfalls. Keine schlimme Sache, schließlich kam es bei ihm schon immer darauf an, wie gut der Beat unter ihm ist, da er auch als Rapper nicht gerade eine Lichtgestalt ist. Genau hier kommen seine Connections ins Spiel: "Lightbulb" etwa konsultiert den Backwoodz-Produzenten Willie Green für ein düsteres Gebilde, auf dem Denku ("My disorder's not schizo, I just hate being me / So I create a multiple identity to let the real me free") und Main Flow schön zusammenspielen. Entgegen vieler BoomBap-Platten der letzten Zeit langweilt Denku nicht mit konstant gutem Durchschnitt, sondern hat einige, wenige sehr behaltenswerte Tracks im Gepäck. Ein solcher ist beispielsweise "Ease Into Meditation", für das Superego eine kräftige Drumline mit einem Choral-Sample vereint. Daneben steht allerdings eine (zu) breite Front an dem, was man kurz und bündig als "austauschbar" abfertigen kann. "Truest" wandert noch hart an der Grenze, "Shorty Stinkasaurus" oder "Scared Of Myself" sind nicht mehr als Lückenstopfer. Auch Panic's "Mona Lisa", die Album-Single, gehört beileibe nicht zu dessen Top-Arbeiten; da hilft auch hoher Besuch in Form von Prince Po nichts mehr. Erwähnenswert hingegen sind "Emotional Design" mit Akustikgitarre und nachdenklichem Tonfall als auch "Lost In Production" mit einem Voice-Sample, das Ayatollah in Piano einlegt. Die weiteren namhaften Gäste (Vast Aire, Pumpkinhead, Keith Murray und Sabac Red) sind (anzunehmenderweise) nicht mit Höchstleistung am Start, können dem Album jedoch Abwechslung einbringen und wurden für die richtigen Tracks gewählt - Vast zum Beispiel für Nasa's spaciges "Emcee's Blueprint", dem allerdings der letzte Kick fehlt.

Nach und nach stellt sich dann doch heraus, dass die Zahl der Top-Tracks sehr überschaubar ist und das Album nicht ganz die Klasse seines Covers erreicht. Woran das liegt? Wohl daran, dass Taiyamo Denku diesmal zu sehr nach Standard-BoomBap klingt, zu wenig der düsteren Atmosphäre, die noch "Dark Journal Of Thornwards" und auch die W.A.S.T.E.L.A.N.D.S. Scheiben auszeichnete, in dieses Album gepackt hat. Ansonsten gibt es nicht viel zu bemängeln. Vor allem, wenn man mit vielen Gästen (und Produzenten) auf einmal jongliert, muss das Outcome nicht zwangsweise das bestmögliche sein. Genau das ist "Articles Of Mind": ein überdurchschnittliches Album, das sicherlich besser hätte sein können. Vielleicht geht es mit dem nächsten Werk ja wieder aufwärts.

6.2 / 10

Big Noyd - Queens Chronicle


Release Date:
02. Februar 2010

Label:
Noyd Inc.

Tracklist:
01. Queens Chronicle (Intro)
02. All I Got To Say
03. Queensbridge Thuggin' (Feat. Lyadede)
04. The Rules
05. Where My G'z (Feat. Lyadede)
06. Kilo Rap (Feat. Termanology & Ghetto)
07. Dreams
08. Get It Done (Feat. The God Ali & Loki)
09. QB Duo (Feat. Dog)
10. Pokerface
11. Money Time
12. Testify (Feat. Profit)
13. New York Lights
14. Livin' The Life

Review:
Er ist nicht kleinzukriegen: Als die um Mobb Deep gruppierte Infamous-Schar langsam im Begriff war, sich aufzulösen, kam Big Noyd, dem engsten Vasallen von Havoc und Prodigy, der kluge Gedanke, sich unabhängig zu machen. Dies ist ihm mit Noyd Inc. inzwischen weitesgehend gelungen. Mit dem 2008er "Street Kings" nutzte Noyd das Label erstmals für ein vollwertiges Album (bzw. Mix-Album), und nachdem Rapper Noyd sich 2009 nur mit einigen Gastauftritten zeigte (beispielsweise auf Havoc's schwachem "Hidden Files"), läutet er das Jahr 2010 für die Queensbridge ein; beim Titel "Queens Chronicle" wird er also nicht lange nachgedacht haben.

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Nichtssagende Titel - Noyd's Spezialität. Zumal "Queens Chronicle" hier nicht einmal wirklich passen will, da die Gäste fast ausnahmslos gar nicht aus den legendären sechs Blocks auf LIC stammen. Die Bindungen zur alten Infamous-Clique scheinen nicht für Standardauftritte gereicht zu haben. Bei den Produzenten ist immerhin alles mehr oder weniger beim Alten geblieben: Langzeitkumpel Ric Rude ist ebenso am Start wie DJ Skizz oder Blessoill (alias Bless von Essoill). Dass Noyd mit dem, was er tut, vollauf zufrieden ist, besiegelt sich durch die Raps, die dieselben Thematiken wie schon immer beinhalten: Das harte Hustler-Leben an der 40th und der 41st Avenue wird immer noch ausführlich auf Albumlänge ausgewälzt. Doch wieso nicht, wenn Noyd ein angebrachtes Gesamtpaket verkauft? Schließlich war "Street Kings" ja gar nicht so schlecht und bot im Vergleich zum einfallslosen bis nervigen "Illustrious" einige schöne Songs. Ähnlich ist es auch hier der Fall. Denn - um ganz ehrlich zu sein - ein wirklich überragendes Album wird die Welt von Big Noyd wohl nie sehen. Da ist es doch schon schwer erfreulich, wenn man das, was einem auf "Queens Chronicle" entgegenschlägt, auch als QB-Rap bezeichnen darf. Denn während man auf der Suche nach Kritikpunkten zuhauf fündig wird, sollte man sich daran erfreuen können, wie fresh "The Rules" von DJ Skizz durch die Boxen schallt und wie Noyd seine Lines enthusiastisch rezitiert, als hätte man sie nicht alle schon in zigfacher Variation gehört. Gerade dort fehlt dann bei 14 neuen Tracks aber auch das Verständnis für Noyd's engspurige lyrische Fahrweise - selbst im Milieu von Thug-Rap ist genügend Platz für Abwechslung. Stattdessen verläuft sich Noyd immer wieder in mittelmäßigen Hooks, denen mit Chinky-Ersatz Lyadede in "Queensbridge Thuggin'" (mit der Line "I don't sell dreams, I sell crack" in jedem Fall schön einprägsam) und "Where My G'z" eine ebenfalls bereits bekannte Komponente hinzugefügt wird. Im Gegensatz zu einem (hier nicht vertretenen) Twin Gambino können auch die Gastauftritte - beispielsweise von den beiden Essoill-Emcees The God Ali und LoKi im langweiligen "Get It Done" - nicht wirklich überzeugen. Ghetto bringt im hörenswerten "Kilo Rap" mehr Gewicht hinters Mic als ST. Squad Chef Termanology selbst, die Anwesenheit des einzigen QB-Gasts Dog lässt sich auch nur durch dessen Herkunft erklären. Doch kein Grund zum Verzagen: Es gibt schließlich noch DJ Skizz, der den Karren produktionstechnisch aus dem Dreck zieht. Denn ohne seine Beiträge sähe es nicht gut aus. "Dreams" kombiniert atmosphärisch Piano und Streicher und "New York Lights" groovt unverschämt alt - jedoch nicht veraltet - daher und passt perfekt zum Rap-Geplänkel von Noyd. Aus dem restlichen Durchschnitt fallen noch "Money Time" und das schreckliche, aber glücklicherweise kurze "Livin' The Life" negativ auf.

Nach dem ersten Durchlauf ist man noch positiv überrascht, doch leider reichen die guten Tracks letztendlich doch nicht so wirklich aus, um Noyd einen Schritt nach vorne zu bescheinigen. Er tritt auf der Stelle - und das genau genommen seit dem 2003er "Only The Strong". Und dabei ist diese Stelle keineswegs ein Ort, der einen Stillstand aufgrund entsprechender Qualität rechtfertigen könnte. Noyd mag sich winden, wie er will, die Rolle des QB-Emcees aus der zweiten Reihe, dessen Solomaterial nur für die QB-Sammler Pflichkäufe darstellt, ist er noch nicht losgeworden - er tut ja auch nicht sonderlich viel dagegen. Für den Fall, dass er mit seiner jetzigen Position zufrieden ist, macht er natürlich alles richtig. Nüchtern betrachtet bietet "Queens Chronicle" eine Handvoll hörenswerter Tracks (danken sollte Noyd hierbei DJ Skizz), der Rest ist nicht der Rede wert.

5.2 / 10

Shabazz The Disciple - The Book Of Shabazz: The Hidden Scrollz


Release Date:
07. Oktober 2003

Label:
Battle Axe Records

Tracklist:
01. The Opening (Feat. Young Anutt)
02. Righteous Chamba (Skit)
03. Red Hook Day
04. 1st Annual Bootleg Music Award
05. Hip Pop
06. Oasis
07. Surrender (Thieves In Da Nite Pt. 2)
08. BKBS
09. Son Rise (Leek Lover Interlude)
10. Cremate 'Em
11. Crime Saga
12. Passover (Skit)
13. Street Parables (Feat. Lord Jamar)
14. Thieves In Da Nite (Heist) (Feat. Killah Priest & Lil Dap)
15. Organized Rime Pt. 2
16. Blasphemy
17. Ghetto Apostles (Feat. Poetic, Freestyle & R.H. Bless)
18. The Lamb's Blood
19. War Trilogy I (P.O.W. - Projects Of War) (Feat. Freestyle)
20. War Trilogy II (M.I.A. - Militia Incarcerated Alien)
21. War Trilogy III (Ambush) (Feat. Freestyle)

Review:
Es bedurfte erst des kanadischen Labels Battle Axe Reocrds, auf dass die Welt endlich ein Album von Shabazz The Disciple zu Gesicht bekam. Und das, obwohl der Emcee aus Red Hook, Brooklyn 1994 mit seinem Auftritt in "Diary Of A Madman" der Gravediggaz nicht nur einen bleibenden Eindruck hinterließ, sondern alle anderen beteiligten Emcees dazu brachte, ihre Parts in Anbetracht seiner legendären, eröffnenden Zeilen neu zu schreiben. Seinen Status als Ausnahme-Lyriker untermauerte er mit einigen Singles und in den Reihen der Sunz Of Man, bei denen es ihn (zumindest vorerst) nicht lange hielt. Für 1998 war dann das Debüt geplant, doch wie so oft lief nicht alles nach Plan. Dank gebührt also an dieser Stelle nochmals Battle Axe, die mit "The Book Of Shabazz" das Debütalbum von Shabazz veröffentlichen - was schon viel früher hätte passieren sollen.

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Im Jahr 2003 ist der Begriff "Debütalbum" schon nicht mehr wirklich angebracht: Eine Mischung aus "Best Of" und Album kommt der Sache näher. Und auch wenn die wegweisende erste Single "Death Be The Penalty" fehlt, so wird Shabazz' bisherige Karriere doch ganz gut abgedeckt. Die Fülle an Emcees und Produzenten von verschiedensten Orten, mit denen Shabazz im Verlauf seiner Karriere zusammengearbeitet hat und mit denen er logischerweise jeweils auch einen unterschiedlichen Sound erzielte, macht das Buch von Shabazz noch interessanter. So mag beispielsweise der erste, die dritte Position bekleidende Song, der auch als Single ausgekoppelt wurde, für manchen Shabazz-Fan eine totale Überraschung gewesen sein: "Red Hook Day" kombiniert ein fidel-gepitchtes Voice-Sample mit Piano-Geklimper und mausert sich so zu einer gute-Laune-Hymne, wie man sie von Shabazz nicht gewohnt ist. Die Dia-Show, in der Shabazz seine ersten Schritte im HipHop, seine Motivation und Inspirationen (inklusive Name-Dropping der damaligen Einflüsse) darlegt, macht es unmöglich, nicht mitgerissen zu werden. Doch natürlich ist das nicht der normale Shabazz The Disciple. Der taucht erst im späteren Teil der Platte auf. Zuvor muss genug Zeit für die "1st Annual Bootleg Music Awards" sein, in denen Shabazz, gekleidet in ein lustiges Interlude, ganz eindeutig klarstellt, was er von ehemaligen Weggefährten wie Kavalier oder Supreme (alias "all the people who shitted on me in the music business") hält. Daraufhin offenbart Shabazz eine weitere Facette: Auf klar strukturierten BoomBap-Produktionen werden einige bekannte Themen abgehandelt: "Hip Pop" ist eine Tirade der Extraklasse gegen den seelenlosen Mainstream - über furztrockenes Instrumental hagelt es über eine zeitlose Hook ("Hip Pop, they tap dance to sell a mil' / While real emcees with skills don't got a deal") bitterböse Schläge gegen Labels und geldgeile Rapper:

"Labels ain't checking for skills no more, they want sex appeal
No publishing checks in the mail
Don't you know when you become a slave to money
That's when you destined to fail
[...]
Stupid, the main niggaz who helped you get on,
The first niggaz you shit on
You'll realize who love you when all ya money's g-idd-one
They're smiling in ya face
Cause right now you're putting cake on their plate
"

Natürlich gilt zumindest ein Track dem eigenen Grund und Boden, hier im smoothen "BKBS" ("Brooklyn Bullshit"), während "Oasis" den existenziellen Wert der HipHop-Kultur für Shabazz, wieder verknüpft mit ein wenig Biographie, erklärt. Im restlichen Teil des Albums tritt dann der Shabazz zutage, den man aus vergangenen Tagen kennt. Es fängt mit dem noch recht unauffälligen "Cremate 'Em" an und geht dann in den Klassiker "Crime Saga" über, Shabazz' ungeschönte Geschichte über Aufstieg und Fall auf dem Pfad, der Verbrechen als Weg aus der Armut wählt. Das eiskalt-realitätsnahe Storytelling, mit dem Shabazz Gewalt und Wahnsinn in Worte packt, findet sich auch in "Thieves In Da Nite (Heist)" wieder, wobei hier mit rauer Stimme und absolut nüchternem Ton die "armed robberies" ausgeführt werden, die Shabazz begeht. Dagegen sieht sogar Lil' Dap wie ein Amateur aus. Die weniger düstere Fortsetzung "Surrender" und "Organized Rime Pt. 2" gehen (auch qualitativ) in dieselbe Richtung, bauen dabei jedoch kein derart intensives Bild vor dem Auge des Hörers auf. Alles, was nun noch fehlt, ist die spirituelle Seite des Shabazz, vielleicht seine stärkste. Neben hier nicht vertretenen Aufnahmen mit den Sunz Of Man sind auf jeden Fall die Zusammenarbeiten mit Baby J zu nennen, in deren Zusammenhang die Anwesenheit von Poetic oder Freestyle (mit dem zusammen Shabazz die Celestial Souljahz bildet) keine Überraschung ist. Vom 1998er "Birth" finden sich zwei Tracks ein: die "War Trilogy" und "The Lamb's Blood", deren Doppelverwendung in beiden Fällen unter Berücksichtigung der herausragenden Qualität kein Verbrechen ist. Mit "Ghetto Apostles" gibt es sogar einen bis dato nur als 12" erschienenen Baby J Beat, der mit u.a. deftigen Rhymes von Poetic genau das hält, was er verspricht. Damit fehlt noch ein Song, der nicht unerwähnt bleiben darf: Vom "Passover"-Skit, der stimmungsaufbauend wie ein JMT-Interlude gelingt, eingeleitet, erbebt unter dem epischen "Street Parables" die Erde, während Shabazz Bibel- und Streetkontext verschmilzt:

"Playing a game of street poker with a Royal Flush
A heart of lust, smoke inhalation from the burning bush
Ghetto Jerusalem, the streets paved with gold
But what profit a man if he shall lose his own soul
Hustling with jewelry like Solomon
In the crystal city, eluding the angel on the pale horse with hell following
"

In erster Hinsicht ist dieses Album eine Darbietung von Shabazz' Qualitäten am Mic. Natürlich umspannen die vertretenen Tracks eine lange Zeit, doch trotzdem ist die Vielseitigkeit der Tracks etwas, das nicht jeder Künstler vorzuweisen hat. Auch wenn es hier fast keine schwachen Stellen gibt, sind es doch die älteren Tracks, jene aus den mittleren bis späten Neunzigern, die die tiefsten Eindrücke hinterlassen. Zu dieser Zeit schien Shabazz von einem anderen Planeten zu kommen. So gesehen ist es natürlich schade, dass es nicht schon 1998 zu einem Soloalbum kam, doch "The Book Of Shabazz" ist mehr als ein guter Kompromiss. Was der Platte letztendlich für die Höchstnoten abgeht, ist eine geschlossene Atmosphäre, die von der Verschiedenheit der Songs (bedingt durch deren Altersunterschied) verschuldet wird. Doch das ändert gar nichts daran, dass man als Eastcoast-Fan schwerlich an diesem Stück vorbeikommt.

8.2 / 10

Main Flow - Castle Diplomat


Release Date:
07. Dezember 2001

Label:
Wanna Battle Records

Tracklist:
01. No Question
02. Crime Outfit
03. Counsil Of Elders
04. Crop Circles (Feat. Donte)
05. Globetrott (Feat. Donte)
06. Neorah Havva
07. Bring It On
08. Solarize (Feat. Crunch Ex)
09. Transport
10. Fist Or Cuffs (Feat. I.C.)
11. Morse Code 211
12. Show On The Road (Feat. Supreme)
13. ABC's Interlude
14. Watch Ya Back
15. C-Diplo
16. At War With Babylon (Bonus) (Feat. Donte & Daryl)

Review:
1997 blickt die Szene nach Cincinnati, Ohio, von wo aus die Gruppe Mood ein Album veröffentlicht, das heutzutage für viele locker als Underground-Klassiker durchgeht. Ein wichtiger Teil dieses Dreigespanns zählt sich heutzutage als felsenfest ins amerikanische Non-Gangsta-Netzwerk eingesponnen. Die Rede ist natürlich von Main Flow, der (entgegen seinem Mood-Reimpartner Donte) bei vielen anderen Künstlern Gastauftritte verbuchte. Mit Wanna Battle Records baut er außerdem eine Stütze für seine eigenen Veröffentlichungen auf. Ende 2001 legte er sein Debüt vor, das auf 1000 Stück limitierte "Castle Diplomat".

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Main Flow muss dieses Projekt mit einer gesunden Portion Selbstbewusstsein angegangen sein. Denn wo bei "Doom" die musikalische Regie zwischen dem damaligen Rookie Hi-Tek und Mood-Mitglied Jahson aufgeteilt wurde, setzt Main Flow für "Castle Diplomat" auf komplett andere Pferde - lediglich Jahson ist mit einem Beitrag vertreten. Die Verwunderung darüber, dass der Sound nicht mehr derselbe ist, sollte sich deswegen in Grenzen halten. Die ruhige, mit mystischen Samples angereicherte Art von "Doom" weicht auf "Castle Diplomat" bereits einem offeneren Spektrum, das mehr Einflüsse einfängt, dabei insgesamt jedoch herkömmlicher klingt. Doch wo dieser, einem Qualitätsabfall gefährlich nahestehende Effekt auf den späteren Alben von Main Flow zum gravierenden Kritikpunkt wuchern sollte, sieht man sich hier noch mit einem eigenständigen, gelungenen BoomBap-Album konfrontiert. Ein Album, das teilweise eine überraschend harte Gangart einlegt: Nachdem Main Flow in "No Question" einer Live-Crowd angekündigt wurde und ein Instrumental von Reason die perfekte Ausgangssituation vorlegt, rollt "Crime Outfit" ein. Nicht nur aufgrund seines Dom Pachino Samples erinnert der Track stark an die Killarmy, auch der Beat (geschustert von DJ DNO) selbst schwitzt dank düsterer Streicherkomposition ordentlich Maschinenöl. Dass Main Flow weiß, wie er mit solchen Tracks umzugehen hat, versteht sich dabei von selbst; fehlende Kraft in der Stimme gleicht er durch die richtige Technik aus, die "Castle Diplomat" besagten, knallharten Einstieg beschert. Der eher dunkle Stil der Tracks ist ein Leitmotiv der LP, während die Songs im weiteren Verlauf etwas ruhiger angegangen werden - dass seine Tochter beispielsweise im "ABC's Interlude" zu Wort kommt, lockert die Atmosphäre zudem auf. Thematisch hat Main Flow Standardgedanken über Rap-Game und Straßenleben hin zu politisch motivierten Zeilen im Gepäck, spezielle Anliegen sucht man vergebens - braucht bei der Güteklasse der Musik und Main Flow's jederzeit souveränen Rhymes aber niemand. "Globetrott" bedient sich eingängiger Streicher und funktioniert mit Partner Donte bestens, "Fist Or Cuffs" fährt wieder schwer düsteres Geschütz auf, ohne dabei "Crime Outfit" das Wasser reichen zu können. Doch erlesene Momente gibt es genügend: "At War With Babylon" ist Jahson's famoser Beitrag, "Watch Ya Back" erzählt über herrliches Instrumental vom ungemütlichen Treiben im HipHop-Business und "Bring It On", für das Reason rohe Streicher ausgräbt, cuttet sich eine klassische Hook zusammen. Sowohl die Aufeinandertreffen mit Nachbar Crunch Ex und mit Laq-Nun's Supreme verlaufen reibungslos und lassen noch einen hervorzuhebenden Song übrig: "Counsel Of Elders", das eine sehr gewöhnungsbedürftige, vocodete Hook mit einem mystisch-angehauchten Ambiente von DJ Greyboy kombiniert, zählt zu den besten Momenten der LP.

Der "C-Diplo" beweist mit seinem Soloeinstand ein Ohr für gute Beats, eine gelungene Wahl der Produzenten und auch Geschick beim Schnüren des Gesamtpakets. Eine Frage bleibt jedoch offen: Wieso nicht einfach weiterhin großteils auf Jahson (und auch Hi-Tek) setzen? Doch Main Flow wird sich schon etwas dabei gedacht haben. Schließlich klingt das hier nach alles anderem als Zweitware. Teilweise etwas härter als "Doom", kamen nach "Castle Diplomat" andere Einflüsse und Standardisierungen hinzu, die das Debüt zu Main Flow's bis dato bestem, wenn auch unbeachtetstem Album machen, das seine vier Kronen (knapp) verdient hat.

7.5 / 10

Baby J - Presents: Birth


Release Date:
17. November 1998

Label:
Bomb Hip Hop Records

Tracklist:
01. Intro
02. For My Army (Feat. A-Alikes)
03. Savior (Feat. Poetic)
04. Truth (Feat. Shaqueen, Omen & Shabazz The Disciple)
05. The God In Man (Feat. Knowledge Scientifik Cipher)
06. Unseen Hand (Feat. Kinzmen)
07. War Trilogy: P.O.W. (Projects Of War) / M.I.A. (Militia Incarcerated Alien) / Ambush (Feat. Celestial Souljahz)
08. Focus (Feat. Freestyle)
09. Threat Of Allegiance (Feat. Bless)
10. Pressure (Feat. Yogi)
11. Fire On Water (Feat. Fire)
12. Walk With A Bop (Feat. A-Alikes)
13. Angels Of Death (Feat. Yogi, Freestyle, Shabazz The Disciple & Poetic)
14. How Long? (Feat. G-Force)
15. The Lamb's Blood (Feat. Shabazz The Disciple)
16. Outro (Feat. DJ Noize)

Review:
Derby, Midlands, Großbritannien. Von dort stammt ein Produzent, der eine feste Größe im britischen HipHop darstellt, Mitte der Neunziger allerdings seine Bestrebungen auf die Metropole New York konzentrierte, um dort mit einigen respektierten Größen der amerikanischen Szene zu recorden. Ein überschaubarer Haufen an Gleichgesinnten ist es, den Baby J für sich gewinnen kann. Eine weitere Komponente ist sein Label: Bomb Hip Hop hat seine Heimat an der Westküste, doch mit den richtigen Connections landet Baby J bei dem Qualitätslabel aus San Francisco und veröffentlicht dort 1998 "Birth", das seitens des Labels zuerst sogar als Instrumental-Platte gedacht war.

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Glücklicherweise ist es keine Instrumental-Scheibe geworden, denn auch wenn die Qualität zweifelsohne in beiden Fällen hoch gewesen wäre, die spektakulärere Variante hat man hiermit vor sich. Denn zwischen Emcees und Producer herrscht eine unglaubliche Chemie. "Recording Birth was like a family get together" sagt Baby J selbst über die Aufnahmen. Zu besagter Familie zählen neben einigen der feinsten Hardcore-Emcees der Ostküste auch eine kleine Auswahl aus Baby J's britischem Freundeskreis. Wenn das noch nicht reicht, um "Birth" außergewöhnlich zu machen, dann erledigt die Musik den Rest. Vergleiche zum oder Vorwürfe der Kopie des Wu-Tang-Sound, all das ist nichtig. Baby J produziert wie der östliche Arm des HipHop-Gottes. Dass er dabei u.a. dem Wu-Sound ähnlich klingt, tut nichts zur Sache, legt sich dieser Umstand ja alleine schon durch die Gäste nahe. Doch 1998 gab es kaum einen Produzenten, der Hardcore-Drumgerüste so atmosphärisch mit angestaubt und mystisch klingenden Samples kombinierte. Das Konzept, unter dem all dies verschnürt wird, ist eigentlich nicht komplex: "Birth" meint die Geburt einer neuen Spezies nach dem Abtreten der momentan herrschenden, die sich in ihrem schädlichen Verhalten selbst zerstört - sprich: viel Platz für Kritik an der Menschheit und all ihren Lastern und Vergehen. Dafür erklimmen Straßenpoeten, Hardcore-Spitter, religiös motivierte Emcees sowieso Conscious Rapper das Podest und geben einen fantastischen Mix aus Ansichten und gehaltvollen Lyrics zum Besten, der immer für einen Denkanstoß sorgt. Und ganz abgesehen davon bekommt man hier einige der am kraftvollsten eingerappten Lines um die Ohren gehauen, die die HipHop-Welt je hervorgebracht hat: In diesem Zuge ist natürlich Poetic zu nennen, der in "Savior" alleine schon mit der Hook das marode Rap-Game zerlegt und sich im Verlaufe des Songs immer weiter in Rage rappt. Bezeichnend, dass der Song auch auf dem geplanten Soloalbum des Gravedigga hätte erscheinen sollen. Ähnlich hart geht es in "Truth" zur Sache, für das die flammenspeiende Shaqueen mit Shabazz und Horrorcore-Phantom Omen zu einem die Industry verschlingenden Ungetüm mutiert - eine fulminante Mixtur aus stählernen Rap-Skills und unbändiger Wut; Baby J veredelt mit dramatischem, aber simplem Streichergerüst. Den zweiten weiblichen Auftritt bekommt man von Fire im ruhigeren mittleren Teil der LP: "Fire On Water" ist nicht weniger stimmungsvoll und lebt von der Kombo aus klasse Beat und einer weiteren großartigen Performance am Mic. Das können die "Angels Of Death" natürlich noch toppen, was mit gegebener Lineup nicht schwer fällt. Unterstützt werden sie von gedämpften Drums und grellen Scratches, die ein aufwühlendes Gesamtbild hinterlassen. Auch die beiden Auftritte der A-Alikes verlaufen perfekt: Während Baby J in "For My Army" unnachahmbar mit Streicher- und Gitarren-Sample hantiert, loopt er für "Walk With A Bop" eine Spieluhr, die sich bedingungslos an die Drumline schmiegt und den A-Alikes als Unterlage für ihre Auszüge aus dem täglichen Leben dient. Ganz anders Moorish Delta 7 Mitglied Knowledge Scientifik Cipher, der über langsame Gitarrenklänge die Schöpfungsgeschichte aus Sicht der Five Percenter (mit übermenschlichen Schwarzen, angesiedelt in Kemet, dem heutigen Ägypten, als Abbild des Schöpfers) wiedergibt. Darauf folgt das bezaubernde "Unseen Hand", das von Baby J mit überragend mystischen Samples bestückt wurde und in dem die Kinzmen (Property und Liberty) von der im Titel implizierten Weltverschwörung berichten. Weniger atmosphärisch, dafür ebenfalls einzigartig ist die "War Trilogy", in dem Baby J unter einem Kreuzfeuer aus Beats, Sirenengeheul, Querschlägern die Celestial Souljahz (Shabazz und Freestyle), die via Funkverkehr gehetzte Lines austauschen, in die Schlacht schickt - grandios. Bevor DJ Noize im "Outro" dann schließlich den abgeklärten Schlusspunkt setzt (bzw. scratcht), gibt es noch Baby J's erste Single (und Veröffentlichung überhaupt) aus dem Jahr 1996, die wohl für immer seine beste bleiben wird: In "The Lamb's Blood" - während Baby J seine Samples zu einem ehrfurchtgebietenden, hypnotischen Kunstwerk verknüpft - rappt sich Shabazz um Hals und Kragen und chiffriert die Zustände in den Ghettos in biblisches Vokabular:

"In these last days, the projects is like the caves
Facing the ten plagues, like Moses I free slaves
I broke bread in the den of sinners, and done the whore toast
During the plague of sores,
The lamb's blood was on my door post
The sinner gog the pagan, be in the synagogue of satan
Meditating on the prophecies, I'm revelating
"

Nach diesem Album veröffentlichte Bomb Hip Hop nichts mehr von Baby J. Nicht etwa aufgrund von Differenzen - nein - "Birth" verkaufte sich einfach so schlecht, dass sie keinen Gewinn erzielte. Ein Jammer, wenn man bedenkt, welch kreatives Potential hier versammelt und auch freigesetzt wurde. "Birth" markiert den Schaffenszenit vieler beteiligter Künstler, es ist voller Songs, die jedem Eastcoast-Head Tränen in die Augen treiben und anderen Künstlern ein Vorbild sein sollten. "Birth" ist Eastcoast-Hardcore (ironischerweise aus England) in Perfektion, es vereint wie kein anderes Album eine harmonisierende Elite an Emcees, die auch sinngemäß zusammenpassen. Damit hat es nicht nur vielen anderen Produzentenalben etwas voraus, es mag (zumindest aus Sicht eines Eastcoast-Anhängers) gut und gerne das beste Producer-Album aller Zeiten sein.

9.7 / 10

Qwel & Maker - The Harvest


Release Date:
17. August 2004

Label:
Galapagos4 Records

Tracklist:
01. The Beginning
02. The 'IT' In 'Keeping IT Real'
03. Broken Wing
04. The Siren Of Liberty Island
05. Deuterium
06. The Network (Feat. Mestizo)
07. Capathy
08. Maker Break
09. Road Atlas
10. Chicago '66
11. Ugly, Hungry Puppy
12. Where I Go, There I Go
13. Ruby Ragdollenne
14. A Little Something
15. The End

Review:
Für die, die ihn kennen, ist Qwel ein Held. Wenig bekannt, doch mit beständig hohem Niveau ist er genau das, was man im Underground zu finden erhofft. Seit seinen frühesten Typical-Cats-Tagen verbindet man den Chicagoer Emcee mit Galapagos4, als dessen Aushängeschild er sich 2004 bereits sehen kann. In jenem Jahr bläst er zur "Four Seasons"-Reihe, der logischerweise vier Alben angehören. Startpunkt ist der Herbst, der zusammen mit dem ebenfalls aus Chicago stammenden Maker in Angriff genommen wird, der nach vereinzelter bisheriger Zusammenarbeit nun Qwel's komplettes Album produziert.

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Dass sich mit Qwel und Maker zwei Brüder im Geiste gefunden haben, stellt sich schnell heraus und bildet eine grundlegende Voraussetzung für das gute Gelingen der LP. Zur direkten Orientierung sei ein Teil des Pressetexts zitiert: "This album marks a return to a more up front rap style for Qwel, using Maker's soulful boom-bap productions as the guide." Maker produziert in der Tat BoomBap, doch mit der gelähmten Kreativlosigkeit, die diesem Subgenre anhaftet, hat er wenig bis rein gar nichts zu tun. Auf "The Harvest" finden sich verträumte Instrumentals ebenso wie nach vorne preschende Banger; in jedem Fall hat Maker den richtigen Unterbau für Qwel parat. Dessen angesprochener up-front-Stil bekleidet den Großteil der Tracks und verheißt energisch gerappte Wortsalven auf allerhöchstem Niveau. Doch auch hier sollte man sich nicht lumpen lassen, denn Qwel beweist seine Vielseitigkeit durch ebenfalls vertretene einfühlsame oder entspannte Tracks, denen der Emcee immer gerecht wird. Er mag außerdem einer der wenigen Emcees sein, die eine nicht gerade starke Stimme mit allen anderen Mitteln derart kaschieren, dass der Hörer vom glatten Gegenteil überzeugt ist: Wenn Qwel anfängt, loszulegen, ganz gleich ob rasend schnell oder ergreifend ruhig, dann schnellt die Delivery-Skala von 0 auf 100. Zu allem Überfluss ist Qwel auch noch ein einmaliger Lyricist, dessen Raps voll von bissigen Anmerkungen zu politischen oder sozioökonomischen Themen sind. Ohne selbst in die Rolle des Predigers zu verfallen, steht er außerhalb des Geschehens, beobachtet und beschreibt. Das führt zu Songs, bei denen man sich entweder ob der Komplexität wundert oder sich fragt, wovon Qwel eigentlich gerade rappt. Stört allerdings kein Bisschen, denn den ein oder anderen Hieb, den Qwel austeilt, bekommt sogar der 50-Cent-Fan mit. Und genießen darf man den Traumstart, den dieses Album hinlegt, allemal. Mit dem Snare-angereicherten "Begin"-Instrumental eröffnet Maker das Spektakel atmosphärisch, um den aufgenommenen Schwung direkt im Anschluss in "The 'IT' In 'Keeping IT Real'" überzuführen, in dem sich Qwel's Raps über alle (Rap durch Lügen veruntreuenden) Hochstapler ergießen. "See the thing that pisses me off about Rap is most of all: In their endeavours and journeys to keep it real, these motherfuckers lie so much, that the average audience thinks that we're all liers.[/i]" Und da der Ofen schonmal angeheizt ist, wird gleich munter weitergefeuert. Der fulminante Anfangsteil klingt erst in "Capathy" etwas ab, das den ruhigeren Mittelteil einläutet, dem mit "Break" ein herrliches, basslastiges Instrumental innewohnt. Das hindert Qwel jedoch nicht daran, in "Chicago '66" in rapidem Tempo die Rap-Industrie zu demaskieren oder in "Road Atlas" die Menschheit in ihrem regredierenden, den Planeten abgrasenden (was auch als Bedeutung des Titels "The Harvest" gemeint sein mag) Zustand gen Niedergang zu schicken. Zurück zum Anfang: Dort verewigt sich Qwel in "Deuterium" über tiefe Klavierklänge in einer meditationsgleichen Atmosphäre und wettert sich im genickbrechenden Meisterwerk "Broken Wing" durch Metapher um Metapher. "The Network" zielt ganz direkt gegen Rap-Materialismus und -Oberflächlichkeit ("They got rims on the yacht, spinners on the watch, trigger on the cops, dinner on the moon / [...] / Don't you love it when I hate you and choke your brain? / You know it's HipHop cause I spelled it wrong") und ruft mit Mestizzo auch den einzigen Gast der "Four Seasons"-Reihe auf den Plan. Immer noch großes Kino gibt es gegen Ende, wenn Qwel und Maker melancholische Töne anschlagen, um von "Ruby Ragdollenne" zu erzählen, oder wenn Qwel im Liebeslied "Where I Go, There I Go" Gefühle zeigt. Kurz vor Ende schlägt das Duo noch einen Stimmungswechsel ein und lockert mit dem herrlich entspannten "A Little Something" die Gemüter. Nun bedarf es nur noch eines perfekten Abschlusses, für den Maker alleine sorgt: Mit Liebe zum Detail entlässt "The End" den Hörer mit freiem Kopf.

Wenn man über fünf Jahre nach Veröffentlichung auf dieses Albums zurückblickt, darf man sagen, dass "The Harvest" nicht umsonst für viele als das beste der Vier-Jahreszeiten-Alben und somit auch als bestes Qwel-Album gilt: Es ist sinnvoll strukturiert und lässt sich in mehrere Stadien einteilen, die allesamt erhaben gemeistert werden. Maker zeigt Variationsreichtum hinter den Boards, Qwel davor. Insgesamt ist "The Harvest" verdammt guter BoomBap, der sich nicht im entferntesten Anschuldigungen à la unzeitgemäß gefallen lassen muss. Eher ungekehrt: Schnitten sich alle anderen eine Scheibe von Qwel ab, sähe die Rap-Landschaft bei weitem nicht so trostlos aus. 

8.6 / 10

2 Hungry Brothers (Deep & Ben Boogie) - Frequent Flyers


Release Date:
2005

Label:
Eigenvertrieb

Tracklist:
01. Inhuman Intro (Feat. Many Styles & Rae Rodriguez)
02. The Beauty (Feat. Many Styles & Reason)
03. Baby Talk (Feat. Jav The Rap Mononov)
04. Italian Job (Feat. L.I.F.E. Long, IDE, Alucard, Sav Killz, Dos Noun, Savage Messiah, Brix & Unknown)
05. Mercy Of The City (Feat. iCON The Mic King)
06. Sit On My Face (Feat. Jak Progresso)
07. P.V.A. (Number 1 Rapper) (Feat. Shorty Black)
08. Snap (Feat. Raze & Jav The Rap Mononov)
09. Higher Science (Feat. Reason)
10. Fortress (Feat. Rae Rodriguez)
11. Oedidik Complex (Feat. Jak Progresso)
12. What Does It Mean (Feat. Many Styles & Reason)
13. A Prequel (Feat. L.I.F.E. Long & Ben Boogz)
14. City Of Schemes (Feat. L.I.F.E. Long)
15. Poor Man's Dream (Feat. Flexx Wundah)
16. Soundproof (Feat. Paramount)
17. The Scheme (Feat. Jav The Rap Mononov)
18. Bathroom Break (Until The Next Release) (Feat. Rae Rodriguez)

Review:
Inzwischen kennt der ein oder andere vielleicht die 2 Hungry Brothers. Im Jahr 2005 waren Deep und Ben Boogie (alias Ben Boogz) noch ein recht unbekanntes Duo, dem ein steiler Aufstieg in der Underground-HipHop-Szene vorausgesagt wurde. Der Grundstein war schon gelegt: Als DJs im legendären New Yorker Schuppen Nuyorican knüpften die seit Kindheitstagen befreundeten Jungs Connections zu vielen Künstlern aus der Lower East Side. 2005 sind sie schon einige Jahre dabei und veröffentlichen ihr erstes Album: Zuerst mit dem zugedachten Titel "Inhuman Condition" (angelehnt an Clive Barker's Werk), erscheint das schließlich "Frequent Flyers" getaufte Werk ohne jegliche Label-Hilfe.

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Freunde des Labels Johnny23 Records und des Gründers LoDeck werden schon die ein, zwei Produktionen von Deep gehört haben. Doch im Großen und Ganzen ist "Frequent Flyers" das erste erwähnenswerte Material, vor allem von beiden als Duo 2 Hungry Bros. Und was hier geboten wird, ist eine Ansammlung an Tracks, die es in sich hat. Produziert von Deep, Ben Boogz und EQ, findet sich ein eingespielter Kreis an Emcees ein, bei dem sich auf den ersten Blick zeigt, mit welcher Sorte Künstler Ben und Deep zusammenarbeiten - nicht den alltäglichen Underground-Spittern. Dementsprechend wäre es auch nahezu unnatürlich, wenn seitens der Instrumentals die Standardpackung angerissen worden wäre: Sowohl untereinander als auch (meistens) vom HipHop-Rest unterscheiden sich die zwei hungrigen Brüder. Oft regiert düsterer Street-Sound, doch auch funky Elemente oder exzentrische Nummern haben Platz, was wiederum ein Resultat der vertretenen Gäste ist: Dem Wahlpsychopath Jak Progresso beispielsweise werden die minimalistischen Beats, die er seit jeher sein Zuhause nennt, zum Fraß vorgeworfen. Das führt zum schwer bekömmlichen "Oedidik Complex" (mit "HipHop is too censored / Most of the artists either fell off, or became web nerds / What do you veterans think of me? Fuck this, I just spit / And still do way too many drugs, and love it" als Abwechslung zu den normalerweise von Jak gebotenen imaginären Morden) als auch zum fülligeren "Sit On My Face". Eine weitere Einmaligkeit eines Rappers ist Many Styles, der sich ebenfalls zum Freundeskreis der Gastgeber zählt und in "The Beauty" seinen grandiosen Flow über Trompetenklänge legt. Natürlich treten auch weniger charismatische Emcees ans Mic, und auch ihnen wird geholfen: Reason sorgt - selbst wenn man ihn nach Konsum schnell wieder vergisst - für beste Unterhaltung, auch wenn "Higher Science" seine Qualitäten nicht sofort offenbart. Im Gegensatz zu so vielen Produzenten haben die 2 Hungry Bros (neben einem kohärenten Gästekreis) das Durchhaltevermögen für ein ganzes Album, was Langeweile zum Fremdwort degradiert. Die später florierende Connection zu Creative Juices deutet sich im überragenden Posse-Track "Italian Job" an, mit "City Of Schemes" bekommt dann L.I.F.E. Long solo die Möglichkeit, ein Bild seiner gefährlichen Heimatstadt zu zeichnen. Auch L.E.S.-Nachbar Jav The Rap Mononov widmet sich der Schilderung trister Realität und bekommt dafür mit "Baby Talk" und "The Scheme" melancholische Kopfnicker vorgesetzt. Das Ende der Vielfalt ist noch nicht in Sicht: Rae Rodriguez tut sich mit ihrem feinen Gesang im von Flöten begleiteten "Bathroom Break" (das beschreibt, wieso Damen-WCs nie sauber sind) hervor, während selbiger Gesang in "Fortress" gewaltig die Nerven strapaziert und den einzigen schwachen Moment verschuldet. Ein gewisser Shorty Black kommt nicht über Mittelmaß hinaus. Als Ausgleich stehen ein bombenstark geflowter Auftritt von iCON ("Mercy Of The City") und ein zweiter von Many Styles in "What Does It All Mean" im Programm. Das beste Instrumental kommt von Deep, der in "Poor Man's Dream" das Highlight der LP festsetzt, das Flexx Wundah mit ergreifenden Raps über den Weg aus der Armut komplettiert.

"Frequent Flyers" ist nicht das alltägliche Producer-Album. Das verdanken Ben Boogie und Deep natürlich ihren Beats, aber noch viel mehr den Gästen. Wo Creative Juices, Many Styles und Jak Progresso zusammenkommen, kann eigentlich nur Gutes entstehen. Bei fast ausschließlich hörenswerten Künstlern und einem fähigen Produzentenduo, das die Songs zu einem Album zusammenleimt, ist es ein Jammer, dass die angemessene Beachtung vollkommen fehlt. 2 Hungry Bros können klassischen Eastcoast-Sound, besitzen darüberhinaus aber noch eine Trickkiste, die für Abwechslung und frische Ideen sorgt. Auch wenn es letztendlich kein Spitzenalbum geworden ist (allerdings immer noch ein sehr gutes), hat Underground-HipHop genau so zu klingen.

7.6 / 10