Freitag, 26. November 2010

7L & Esoteric - 1212


Release Date:
12. Oktober 2010

Label:
Fly Casual Creative

Tracklist:
01. Retrospects
02. Run This (Feat. Celph Titled)
03. Aneurysm
04. 12th Chamber (Feat. Inspectah Deck)
05. The Handle (Feat. Sadat X)
06. For My Enemies
07. Drawbar 1-2 (Feat. Evidence & The Alchemist)
08. No Shots
09. Bare Knuckle Boxing (Feat. Ill Bill, Vinnie Paz & Reef The Lost Cauze)
10. I Hate Flying
11. The Most Rotten (Feat. Statik Selektah)
12. New Rapper

Review:
Man mag von ihnen halten, was man will, 7L & Esoteric sind eine feste Größe der Bostoner HipHop-Szene. Das letzte gemeinsame Album liegt zwar schon eine ganze Zeit zurück, untätig war jedoch keiner von beiden. Neben der Beteiligung an anderen Projekten (u.a. natürlich AOTP) steckte Esoteric viel Energie in seine Solokarriere, während 7L immer wieder mitprodzierte und weiter kräftig als DJ unterwegs war. Inzwischen operiert man außerdem auf dem eigenen Label, Eso's Fly Casual Creative, und kann "1212", das inzwischen fünfte Studioalbum des Duos, völlig independent veröffentlichen.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Dass "1212" ein Dutzend Tracks an den Start bringt, ist irgendwie keine große Überraschung. Das Lineup an Gästen kann sich, gemessen an der Trackzahl, daher durchaus sehen lassen und wird all jene besonders erfreuen, die Esoteric auf Albumlänge als anstrengend empfinden - wobei es fraglich ist, ob jene Hörer dem Album überhaupt eine Chance geben. Die Produktionsarbeit wird brüderlich und fast zu gleichen Teilen zwischen 7L und ES (mit einer Ausnahme) aufgeteilt, womit den 40 Minuten BoomBap nach bewährter Rezeptur, die den Hörer erwarten, nichts mehr im Weg steht. Für die Ausrichtung der Scheibe nämlich kamen die beiden auf die äßerst kreative Idee, sich grob an älteren Zeiten zu orientieren - im Pressetext ist dann vom "darkest album yet" hinsichtlich der eigenen Diskographie die Rede, de facto gibt es nichts, was "1212" von anderen Alben dieser Tage unterscheidet (oder diese Beschreibung rechtfertigt). Das scheint dem Herrn, der das Intro zu "Retrospects" spricht und dabei so sehr wie nur irgend möglich übertreibt (die Arbeit von 7L & ES wird als essenziell für das Nicht-Zusammenfallen des metaphorischen HipHop-Gebäudes bezeichnet), nicht im Geringsten zu interessieren. Der sich anschließende Track ist dabei durchaus in Ordnung und verschreibt sich einem alles andere als neuen Schema, dem Revue-Passieren-Lassen der eigenen Karriere als Albumeröffnung. Und so folgt man Esoteric von ersten Aufnahmen wie der "Protocol"-12" bis zu seiner letzten Solo-LP und natürlich "1212". Was dann folgt, ist eine recht ernüchternde Darbietung der eigentlich höheren Fähigkeiten der beiden Bostoner, in der man sich nur selten zu sättigender Kost aufrafft. "12th Chamber" ist ein solcher Fall und erinnert mit einem lupenreinen Einstiegsverse des Inspectah's an bessere Zeiten. Zeiten, in denen (so ganz nebenbei) kein Schwein 7L & ES kannte und die auf dieser Scheibe wohl gerne (aber erfolglos) öfters heraufbeschworen worden wären. Stattdessen sieht man sich in "Drawbar 1-2" mit halbgarem Gedudel und den mittelmäßigen Auftritten einer halbmotivierten Dreierschaft konfrontiert, muss sich die stinklangweilige 08/15-ES-Produktion "Aneurysm" antun oder verspürt selbst beim Besuch der Philly-Delegation plus Ill Bill im mit ungestümem und schlichtweg unschönem Sample bestückten "Bare Knuckle Boxing" keine Freude. Selbst Celph Titled strandet auf einem undankbaren Beat und bleibt eher blass, Selbiges gilt bei "The Most Rotten" und Statik Selektah, dessen Gastproduktion man sich bis in die letzte Sekunde hätte sparen können. Punkte dagegen gibt es für die Konzepttracks: "The Handle" mit zahlreichen BBall-(Spieler-)Referenzen, "I Hate Flying", das von einem der besseren Instrumentals profitiert und von Eso's Flugangst - natürlich während eines Flugs - berichtet, sowie "New Rapper", in dem sich die etablierte Underground-Größe Esoteric über gewisse Feature-Anfragen auslässt.

Selbst unter der Annahme, dass man Esoteric ohne Einschränkung ein Album lang genießen kann, gibt "1212" nicht besonders viel her. Weder 7L noch Esoteric machen an den Boards eine überragende Figur, wenngleich 7L leicht die Nase vorne hat. Die dicke Gästeliste hat mit widrigen Bedingungen zu kämpfen und stellt nicht durchgehend eine Bereicherung dar. Die Hauptschuld lastet aber natürlich auf den streckenweise regelrecht lustlos produzierten Tracks, denen Esoteric zumeist nicht viel erbaulicher aufsitzt. Es ist wieder einmal das Unverständnis gegenüber tausende von Malen besser gefertigtem Standard, der die negativen Erinnerungen an "1212" in den Vordergrund rücken lässt. Wirklich schlecht ist die Scheibe zwar nicht, zur Empfehlung fehlen dann aber doch mehr als ein paar Zentimeter.

 4.7 / 10

Canibus - C Of Tranquility


Release Date:
05. Oktober 2010

Label:
Interdependent Media

Tracklist:
01. Captn Cold Crush
02. Salute
03. C Scrolls
04. Merchant Of Mataphors
05. Lunar Deluge
06. Golden Terra Of Rap
07. Title 17 USMC
08. Free Words
09. The Messenger's Message
10. Cingularity Point
11. Pine Comb Poem
12. Good Equals Evil
13. Worthlessness Purpose
14. Right Now
15. Golden Terra Of Rap (iM Remix) (Feat. Von Pea & Donwill, Truthlive & Moe Green)

Review:
Fast drei Jahre Sendepause und dann zwei Alben in einem Jahr - nachzuvollziehen ist die Arbeitsethik von Canibus schwerlich. In jedem Fall muss die Veröffentlichung von "Melatonin Magik" zu Beginn des Jahres 2010 eine beflügelnde Wirkung gehabt haben, schließlich konnte Canibus seit "Rip The Jacker" keine so flächendeckend guten Kritiken mehr einfahren. Der nächste Longplayer findet allerdings in komplett anderem Milieu statt: Statt War Lab steht nun Interdependent Media, das eigentlich eine ganz andere Sorte Künstler (Tanya Morgan, Finale) beherbergt, als Label hinter dem Album, welches auf den Namen "C Of Tranquility" hört.

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Weiß der Geier, wie Canibus auf die Idee gekommen ist, unter diesem Label zu releasen, in jedem Fall ist man erfreut zu sehen, dass die ersten 14 von 15 Tracks komplett ohne Gäste auskommen. Hinzu kommt ein höchstgradig bunt gemischtes Producer-Lineup, das auch einige gestandene Größen zum Vorschein bringt. Aus dem Schneider ist Canibus damit natürlich noch nicht, denn auch mit diesem Album muss sich auf ein Neues zeigen, ob er sein ewiges Problem mit den passenden Beats zu überwinden vermag. Bevor man sich diesem Punkt zuwendet, dürfen aber noch ein paar Buchstaben über die Mic-Performance verloren werden: An dieser Front ist Konsistenz das Schlagwort, denn wie eh und je presst Bis seine Raps ins Mic, um dabei den Eindruck zu hinterlassen, seinen Rap-Kollegen meilenweit voraus zu sein. Bei genauer Betrachtung ist das aber nur bedingt der Fall, denn auch bei ihm wiederholen sich Battle-Rhymes und Schmähreden gegen die sich von den wahren, in den Neunzigern verankerten Werten abwende Szene. Man kann es drehen und wenden, wie man will (wie übrigens auch das Ambigramm auf dem gähnend langweiligen Cover), doch um dieses Album spannend zu machen, braucht Canibus einen Beat-Teppich, der mindestens ebenso gut ist wie der von "Melatonin Magik". Genau hier liegt das Problem: Die meisten Untersätze sind Canibus vollkommen dienlich und erfüllen somit ihren Zweck, doch man merkt recht schnell, das zu viele verschiedene Köche ihren Löffel in die Suppe getunkt haben. Dabei ist der Einstieg noch besser als man zu hoffen gewagt hätte: Scram Jones entreißt seiner Gitarre Schallwellen, die der Hörer nahezu physisch zu spüren bekommt, was dem "Cptn Cold Crush" natürlich voll in die Karten spielt und ihn dazu motiviert, seine Ausnahmekünste zu unterstreichen sowie der maroden Szene einige Hiebe zu verpassen ("Lyricism and wisdom got overshadowed by the singin' and blingin' / Deceit by a system that's media driven"). Umso enttäuschender, dass die darauffolgenden Minuten nicht viel passiert. In "Merchant Of Metaphors" hat Agent Canibus zwar lustige Spionsgeschichten zu erzählen, der eigentlich gelungene Beat ist auf lange Sicht allerdings zu weich für das Raukehlchen. Doch von solcher Kritik muss man schnell ablassen oder man wird dem starken "Cingularity Point" (mit Ehrung von qualitativ hochwertigeren Emcee-Zeiten) nichts abgewinnen können. Gleiches gilt für das von ruhig geschlagener Gitarre untermalte "Good Equals Evil", in dem über Gott und die Welt philosophiert wird. "Golden Terra Of Rap" ist als Premo-Bis-Kollabo interessant, reißt aber keine Bäume aus und sättigt erst recht nicht das Verlangen nach etwas härterer Kost, die man auf der LP auch kaum finden wird. Ein besseres Ende hätte man dann lieber beim schönen Kopfnicker "Worthlessness Purpose" gesetzt, um sich das verkorkste "Right Now" und einen Remix mit der vollkommen unpassenden Label-Kollegenschaft zu ersparen.

Ein Traumstart wird gefolgt von einer ernüchternden ersten Hälfte und schließlich noch einigen astreinen Tracks, die für Canibus' Verhältnisse eher untypisch ruhig gehalten sind. Das funktioniert zwar in einigen Tracks richtig gut, doch der mit Erwartungen belastete Fan wünscht sich natürlich mehr Tracks vom Schlage "Cptn Cold Crush" o.Ä. (an dieser Stelle darf außerdem die "Rip The Jacker"-Keule geschwungen werden). Ob dieser Wunsch bei Interdependent Media erfüllt werden kann, bleibt anzuzweifeln, weshalb ein Umsehen nach einer anderen Label-Umgebung keinesfalls schaden kann. "C Of Tranquility" ist ein ordentliches Album, aber nicht ordentlich genug, um auf ganzer Linie im Gedächtnis gespeichert zu werden.

5.9 / 10

Click Animosity - Feeders Of The Flamez


Release Date:
06. August 2010

Label:
Metal Barz Records

Tracklist:
01. Intro
02. Lyricist Supremacist
03. Back When (Heavy Heartz)
04. Teaz-One R.I.P. (Interlude)
05. Underground Crusades (Remix) (Feat. Shabazz The Disciple)
06. Claustraphobia (Feat. Craig G, Purpose & Mami Uno)
07. Gramz Of Raw (Feat. Slaine)
08. Bullet Teeth (Feat. Abeo Rzo)
09. Ride For The Authentic (Feat. Lord Superb)
10. Hip-Hop Hand Grenades
11. Corey Hain (Skit) (Feat. Deewuallah & T-Ruckus)
12. Just Spit!!! (Feat. T-Ruckus)
13. Via Frontlines
14. Grown Man Biz (Feat. Ripshop, Cool Gzus & Dagha)
15. Jay Black R.I.P. (Interlude)
16. Colors
17. Unseen Faces (Feat. Dee Black & Slim Pickens)
18. Black Roses (Feat. Tragic Allies, Kevlaar 7 & Salute The Kid)
19. Paint Pictures (Remix)

Review:
Vor gut zweieinhalb Jahren drang die Ankündigung eines Albums aus Boston, gespickt mit einigen lokalen Gästen sowie einigen gestandenen Größen, in Begleitung eines berauschend düsteren und vielverpsrechenden Artworks an die Öffentlichkeit. Der Vorlauf zu dieser LP reicht zurück in die Neunziger und zu den Anfängen der Emcee-Karrieren von Gage-One, T.Iz.M.O.E. und Rhetoric. Die ersten beiden kennen sich schon seit dieser Zeit, bilden zuerst eine eigene Gruppe und gründen erst 2007 die Click Animosity, zu der aufgrund der vielen schon bestehenden gemeinsamen Aufnahmen recht bald Rhetoric addiert wird. Nachdem man besagtes Album dann schon fast abgeschrieben hat (der Nachrichtenstrom dazu verebbte völlig), kommt "Feeders Of The Flamez" 2010 doch noch.

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Was genau mit dem ursprünglichen Artwork passiert ist und woher das unrepresentative, hässliche neue herkommt, weiß der Teufel, in jedem Fall zählt zu den vier Schönheiten auf dem Cover noch DJ Extremidiz als relativer Hauptproduzent und viertes inoffizielles Mitglied der Truppe. Für den Großteil aller Leser wird diese die erste musikalische Konfrontation mit der Click Animosity sein; in solchen Fällen ist man natürlich gespannt, wo genau am HipHop-Himmel sich der im Kreuzverhör stehende Interpret anordnen lässt. Durch die unbekannten Produzenten und großteils ebenfalls aus Boston stammenden Gäste machen CA einem eine Einschätzung gar nicht so einfach. Auf BoomBap nach traditionellen Werten wird sich berufen, damit sind die Informationsquellen aber auch schon ausgeschöpft. Wirft man die CD in den (virtuellen) Player, stellt man schnell fest, dass dieses Trio keine übersehenen Ausnahmetalente beherbergt. Vor allem T.Iz.M.O.E. ist dabei noch der beste und in jedem Fall ein beanstandungsloser Emcee, mit Gage (der als führender Promo-Betreiber nach außen wie der Kopf wirkt) sollte man aber auch keine echten Probleme haben, während Rhetoric mit einem etwas hysterischen, uneleganten Einsatz das eine ums andere Mal anstrengend werden kann. Darüber hinaus wird man schnell feststellen, dass sich die Click Animosity nicht ganz so feindselig gebärdet, wie der Name vielleicht vermuten ließe. Bei 19 Anspielstationen war ein durchgehendes Höllenfeuer sowieso unwahrscheinlich, die Sachlage liefert immerhin einige respektable Banger und eine allgemeinen eher raue Atmosphäre - mehr also, als die meisten Alben zu bieten haben. Was ebenfalls schnell auffällt, ist die Flut an Eindrücken, die auf den Hörer niedergeht: CA wollen mit ihrem Debüt offensichtlich einiges erreichen: Man selbst will sich vorstellen, einige namhafte Gäste sollen Hörer locken und zudem als Maß und Vergleich dienen, aber auch eine ganze Palette an unbekannten Emcees tummelt sich im Lineup - das alles lässt sich nur auf einer entsprechenden Trackzahl realisieren, was die LP zusammen mit den Skits, die zu Ehren verstorbener Freunde als unverzichtbar angesehen wurden, ordentlich aufbläst. Da hilft es auch nicht, dass der Anfang mit einem viel zu typischen 08/15-"Intro" gemacht wird und "Lyricist Supremacist" die Emcees nicht bestmöglich in Szene setzt. Und während die LP immer wieder einige Tracks aus den Boxen lässt, die nicht so ganz rund klingen wollen ("Claustrophobia" taugt dafür als Paradebeispiel), und man die Skits anders hätte aufziehen sollen, ist man mit einem satten Haufen fetter Tracks sehr gut bedient: Entweder es wird wie in "Via Frontlines" frontal angegriffen oder - noch besser - stimmungsreiche Perlen wie das streichergeleitete "Black Roses" kreuzen auf. Ein ordentlicher Malus muss noch für "Colors" (das beim einen oder anderen vielleicht noch Erinnerungen an "Buddens" weckt) verhängt werden. Ein Highlight dagegen markiert der die Gastgeber in ihre Schranken weisende Auftritt von Shabazz, als Gesamtheit wissen sich "Gramz Of Raw" mit grandios rohem Voice-Sample und direkt darauf "Bullet Teeth" als bombenstark relaxtes Gegenstück hervorzutun.

Das Fazit darf im Fall der Click Animosity, obwohl das Album an sich kein Meisterwerk ist, geradezu erstaunlich gut ausfallen. Natürlich bleibt das Trio die Erfüllung der Erwartungen, die der Name schürt, schuldig, doch viel fehlt bei einigen Tracks nicht. Ganz generell setzen sich CA mit den meisten Tracks von der grauen Masse ab, für ein besseres Album wäre lediglich das Fokussieren auf die guten Songs und somit eine Komprimierung der Trackdimension vonnöten gewesen. "Feeders Of The Flamez" hat zweifelsohne seine Momente und wenngleich man es nicht mit Ausnahme-Emcees zu tun hat, darf man sich auf zukünftige Releases freuen.

6.3 / 10

LA The Darkman - Heist Of The Century


Release Date:
17. November 1998

Label:
Supreme Team Entertainment, Inc.

Tracklist:
01. Lucci
02. Shine
03. City Lights
04. What Thugs Do (Feat. DJ Rogers & Puff)
05. Heist Of The Century (Feat. Killa Sin)
06. Fifth Disciple
07. Now Y
08. Spring Water (Feat. Raekwon)
09. 4 Souls (Feat. Shotti Screwface)
10. Street Life (Feat. Tekitha)
11. Love (Feat. Maia Campbell)
12. Figaro Chain (Feat. Havoc)
13. Polluted Wisdom
14. Gun Rule
15. Element Of Surprise (Feat. Masta Killa & U-God)
16. Az The World Turnz (Feat. Raekwon)
17. Wu-Blood Kin (Feat. Ghostface Killah & 12 O'Clock)
18. I Want It All (Remix)

Review:
In der Welle der Veröffentlichungen im Wu-Tang-Camp nach den ganz großen Jahren (bis "Forever") erblicken nicht nur viele Zweitlinge und Debüts der neun Generäle, sondern auch die Debüts vieler bis dato unbekannter Emcees aus der Wu-Tang-Familie das Licht der Welt. Einer von ihnen ist 20 Jahre jung und hört auf den Namen LA The Darkman. Seine ersten Gastauftritte verbucht er bei Blahzay Blahzay und auf der ersten "Soul Assassins"-Platte, profiliert sich dabei vor allem auf Zweiterer. So kommt es, dass (natürlich profitierend vom Wu-Hype) sein "Heist Of The Century" für ein Indie-Release auch auf kommerzieller Ebene auf fruchtbaren Boden fällt.

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Doch selbst in gediegenen Wu-Fan-Kreisen zählt der Darkman zu den am höchsten dotierten Emcees, im allgemeinen Rap-Pantheon wird sein Album dieser Tage trotzdem des Öfteren vergessen. Ein schwer verständlicher Umstand, schließlich spricht schon die Tracklist eine ganz eindeutige Sprache: Am Mic leisten Wu-Gebrüder und vor allem auch einige der Generäle Gesellschaft, hinter den Reglern versammelt sich ein Lineup, das sich gewaschen hat: Da tummeln sich der RZA, 4th Disciple und 6 July direkt neben DJ Muggs und Havoc. Das sieht nicht nur gut aus, es klingt auch so. Der Albumtitel deutet schon darauf hin, dass die Gedanken des Darkman über die eines Kleinkriminellen hinausgehen, weswegen ein Einfluss von Raekwon's drei Jahre älterem Debüt nicht nur anzunehmen, sondern auch zutreffend ist. La The Darkman baut dank der exzellenten Arbeit seiner Producer eine ganz eigene Atmosphäre auf, trotzdem kommt dank der Geschlossenheit der LP das eine oder andere Mal ein Hauch von "OB4CL" auf. Als Emcee ist LA ein ganz eigener Charakter mit einem erfrischend eigenen Stil und makellosem Flow, in dem er mal über die Härte des Lebens grübelt und sich mal als eiskalter, cleverer Superthug inszeniert. Wer hier allerdings ein Album im klassischen Wu-Stil erwartet, der wird enttäuscht sein: Der Longplayer ist zwar teils königlicher Eastcoast-Sound, behält aber immer mit überraschender Bestimmtheit seinen eigenen Sound bei, einen Crime-Rap-geschwängerten Flair - schlicht und ergreifend Musik für den "Heist Of The Century". Das Verwunderliche daran ist wohl, dass der Mastermind hinter diesem Sound nicht etwa der RZA, sondern Six July ist. Die Hälfte der Tracks stellt er und gibt damit den Rahmen vor, in den sich der Rest fügt, um dabei trotzdem Abwechslung ins Spiel zu bringen. Doch egal wessen Beat, man darf davon ausgehen, dass La so abgeklärt gelassen drüberflowt, als würde er genau das schon seit Jahren tun: "Witness La, hands of stone, on this action packed odyssey / Majesty, livin' out the golden book prophecy". Bezeichnend für die LP ist, dass RZA's Beitrag, "Polluted Wisdom", zwar gut, aber nicht überragend ist. Es ist vor allem 6 July, der hier richtig aufdreht: "Lucci" beginnt mit einem Sample aus "5 Deadly Venoms" und rollt dann mit unverschämt derben Snares und einem sich sofort ins Gehirn brennenden Piano-Sample ein. So gut aufgelegt geht es in "Shine", inklusive weiterer Träume von einem geldgesegneten Leben, weiter, sodass sich auch ein Havoc für "City Lights" zu einem von lodernden Streichern getragenen (und einen für ihn eher ungewöhnlichen) Beat hinreißen lässt. "Spring Break" ist als einer der schwächeren Tracks mit deutlich lockererer Stimmung versehen und erinnert an Tony-Montana-Fantasien, die der Darkman beim Texten sicherlich das eine oder andere Mal vor Augen hatte. Der Rest der Scheibe ist jedoch absolut straßentauglich, egal ob mit Tekitha in "Streetlife", mit Kumpel Shotti Screwface oder ganz alleine im schwer melancholischen "Gun Rule", das La in nachdenklicher Verfassung zeigt. Neben jenen düster gezeichneten Skizzen des Hustler-Lebens, denen auch die bärenstarken "Figaro Chain" oder "Az The World Turnz" zuzuordnen sind, fährt La weitere Punkte auf Muggs' Titeltrack, in dem es mit Killa Sin abgebrühtes Storytelling zu hören gibt, sowie auf den Stücken, die den Charakter der Scheibe besonders prägen, ein: "I Want It All" führt in musikalischer Form die Träume eines Gangsters vor, ohne dabei auch nur eine Sekunde etwas von der Schärfe der übrigen Songs zu verlieren, und "What Thugs Do" ist ein überragender Kopfnicker im selben Stil, dessen Lyrics zu den besten der LP zählen:

"Life is hard, so I dedicate to God / Mad cats sell coke, tryin' not to starve
Young girls sell vagina from Jersey to Carolina / Saw her moms do it, she learned it as a minor
Poverty, life expect to see ya short / Kids rob spots, push crack or play sports
The projects, single parent homes and tecs / Islam, baseheads and welfare checks
I'm try'na eat, pushin' wide-bodied whip through the streets / My whole fleet is wolves disguised as sheep
In society, the poor in America are miserable / Untrained, starvin' like the children in Israel
"

LA The Darkman hat die Gabe zum Crime-Rap und er hat die Gabe, das harte Leben in seinem Umfeld in messerscharfen Bildern in seine Rhymes zu packen. Zu allem Überfluss paart sich diese lyrische Stärke mit einer sehr markanten Stimm- und Flow-Performance am Mic, was das Lob, das Herr Lason Jackson für sein Debüt einsackt, durchaus rechtfertigt. Hinzu kommen die Beats von einem Traum-Lineup, das nicht immer, aber verdammt oft mitten ins Schwarze trifft und einen fast geschlossenen Beat-Teppich garantiert, der die Atmosphäre der LP ungemein pusht. "Heist Of The Century" ist in jeder Hinsicht der richtige Titel für dieses Album, das in Sachen Crime-Rap bei den ganz Großen mitspielt.

8.0 / 10

Billy Woods - Camouflage


Release Date:
2003

Label:
Backwoodz Studioz

Tracklist:
01. The Fire Next Time (Intro)
02. Minimalism (Feat. Vordul Mega & Kill Gatez Jr.)
03. The Things They Carried
04. Wonderful World (Feat. Privilidge)
05. Dead Broke (Dub Plate)
06. Macross Plus
07. Amazing Grace
08. BFGS (Feat. Vordul Mega)
09. Pipe Dreamin'
10. Malt Liquor (Freestyle)
11. Peter Luger
12. Georgia Ave. 3:07am
13. Undeclared Wars (Feat. Vordul Mega)
14. Stormy Weather
15. James Bon Elevators (Freestyle) (Feat. Vordul Mega)
16. Fanaticism
17. Dead Drummer Boyz (Feat. Kill Gatez Jr.)
18. Dirge (Feat. Vordul Mega)
19. Bright Lights, Big City
20. Times Have Changed (Outro)

Review:
Dieses Album ist das Dokument der Gründung eines Labels, das in Fachkreisen inzwischen hohes Ansehen als hochwertiges Indie-Label der Ostküste genießt. Die Rede ist von den Backwoodz Studioz. Doch gehen wir noch einen Schritt zurück. Im Jahr 2001 wird Vordul Mega mit Can Ox berühmt, nur um dann erst einmal abzutauchen. Von der Bildfläche verschwunden, beteiligt er sich an den Aufnahmen des Debüts eines alten Freundes, Billy Woods. Den prägt eine bewegte Vergangenheit, in der der ursprünglich aus DC stammende Emcee u.a. in Simbabwe und Jamaika wohnte. 2002 jedoch ist er in New York sesshaft, was zum Zusammentreffen aller Beteiligten und zu "Camouflage" führt.

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Beteiligt sind so ziemlich alle, die ursprünglich mit Backwoodz in Verbindung gebracht wurden: Philly-Emcee Priviledge tritt erstmals auf, Kill Gatez Jr. und Vordul Mega gelten als feste Feature-Partner auf der LP, während auch der spätere Hauptproduzent der Backwoodz, James Bon a.k.a. Bond a.k.a. 007, seinen Einstand feiert und gleich den Großteil der Platte übernimmt. Ebenfalls Beat-Bastler aus Backwoodz-Kreisen und dreimal vertreten sind Aerotaxi. Die Basis und größte Stärke der LP bildet jedoch nur das Gespann Woods-Bond: Billy ist der anonyme Fremde, bei dem man sich immer fühlt, als säße man mit ihm am Erzähltisch. Offbeat gerhymte Ideenfetzen und sarkastische Nadelstiche, denen der Weed-Geruch anhaftet, die mal ergreifend ernst und mal unbedacht sinnlos zu Papier gebracht wurden, zeichnen ihn aus. Das funktioniert gewiss nicht auf jedem Instrumentalteppich, doch in Bond findet er einen Partner, der schon mit seinen ersten Lebenszeichen in der HipHop-Szene einen ungewöhnlich starken Riecher für gute Samples beweist. Film-Zitate kleistert er mit den verschiedensten musikalischen Elementen - mal herkömmlicher BoomBap, mal ausgefallen-verschrobene Gebilde - auf eine Tapete und nennt es danach einen Beat. Genau das ist die hier erstmals vorgestellte Magie der Backwoodz Studioz: "Peter Luger" beginnt als Paradebeispiel mit einem wunderschönen (und herrlich geflipten) Voice-Sample, nur um bei halber Spielzeit über ein Film-Sample in eine schwermütige, eigenwillige Nummer umzuschlagen. Fast alle Beats wiegen sich entweder in einem melancholischen Anstrich oder wandeln wie in "Minimalism" den schmalen Grat als schwer verdaulicher Kopfnicker. Für einen Song bedient man sich sogar bei einem Beat von "Fantastic Damage", was als "James Bon Elevators" exzellent ins Album integriert wird. Das Gefühl, hier in einer musikalischen Collage zu sitzen, schüren William Woods und Bond gekonnt durch plötzlich abreißende Instrumentals, Beat-Umschwünge, kaum beachtete Konventionen bei ihren Song-Strukturen und natürlich die schon erwähnten Film-Samples. Diese Vorgehensweise funktioniert in vielen Songs bestens, als Gesamtheit macht sie jedoch noch viel mehr Spaß. Da fließen die intensiven Streicher aus "Macross Plus" in die südländischen Gitarren von "Amazing Grace" über und kurze Zeit später findet man sich im Electro-bestückten "BFGS" wieder. Damit sei eine weitere Komponente der LP angesprochen, denn neben den anderen starken Gästen ist es doch Vordul, der heraussticht und der zumeist auf den schwermütigen Stücken gastiert. Bevor also die lockeren Voice-Samples aus "Stormy Weather" einsetzen, wird der Hörer durch das mit Piano atmosphärisch dicht gewebte "Undeclared Wars" geschickt. Wenig später trifft der Hörer in "Fanaticism" einen Track, der als Remix ("Cross My Heart") auf "The Chalice" wieder auftauchen wird und auch im Original einen beruhigenden Charme aufweist. Grandioses Highlight ist zum Schluss "Dirge" - so ergreifend melancholisch wie ein Klagelied nur sein kann, während man nicht weiß, ob es Bond mit seinem Instrumental, der desillusionierte Woods oder der schwer depressive Megallah ist, dem man die meisten Punkte geben soll:

Billy:
"There's a noise in my head, last thing my father said
On the side of a road, then he was dead / Saw my first body at seven
[...]
So yeah, I don't sleep that good, get up and roll a wood
Feed the cancer in my chest / Tumors killed half my family, AIDS gon' take the rest
Fuck I need a vest! Diabetes killed more niggas than bullets / Got a gat, please pull it!
My aunt died waiting for a liver so I'd rather go like my cousin, I said 'Pull the trigger'
Somebody murked him, left the body in the street / We ain't even know he was gone for a week
"


Vordul:
"It's like I'm losin' focus / Every day try'na write down the thoughts, feelin' hope
Try'na grow with that and then float, above all the bullshit, that's why we pull spliffs
Goin' through this, every day / That's why we try'na get our pennies up, everybody try'na get hennied up
Cause it's like, we don't give a... what
And I'm just try'na spit for my brothers, livin' in the struggle, just try'na get on, always try'na bubble
You know, in the cut, strikin infectious thoughts, inject the vein
As we rush through the coldness and hold this close to the heart
Every time I write try'na throw the dart, with the aim, you know how we hold it down, flowin'
Every day try'na go on, try'na grow on, try'na flow, never wrong, and we's so close to gettin' it
But everybody's still livin' in fear and I'm just try'na get through these years
"

Zugegeben, es braucht seine Zeit, um mit dem Backwoodz-Stil zurechtzukommen. Doch wer sich erst einmal mit ihm angefreundet hat, der wird ihn schnell zu schätzen lernen. Nichts anderes gilt für das erste Werk des Labels, Billy Woods' Debüt. Im Gegensatz zu späteren Scheiben ist es vielleicht noch recht "konventionell" - und dabei meist in halbdunkler Atmosphäre gehalten. Es sind Bond's Beats, die William Woods so prächtig in Szene setzen, es passiert hier zum ersten Mal, dass das Trio Megallah-Bond-Woods einen seiner grandios-melancholischen Tracks fertigt. Natürlich gibt es im kantigen Wust der musikalischen Eindrücke hier und da Unsauberkeiten, doch als Gesamtheit ist "Camouflage" ein Unternehmen, das man nur empfehlen kann.

7.8 / 10

Respect Tha God - The Life And Times Of Russell Ballenger


Release Date:
01. Dezember 2009

Label:
Manekineko Pro

Tracklist:
01. Hold Your Head!
02. So Fresh (Feat. JK.I.D.D & Fresh Daily) / Bounce (Skit)
03. I RAP
04. Who But Me? (Feat. L.I.F.E. Long & Veronica Liftig)
05. Crabs (Feat. Smif-N-Wessun & Phurius Stylez)
06. NYC Crime Story
07. Buckle U / MMAWBBA (Skit)
08. Move It!
09. Sweetest
10. Holla At U
11. Drip Drop (Feat. Afu-Ra & AquaMonk)
12. Changes
13. Nothin/ Security (Skit)
14. The Streetz
15. Stripper Girl

Review:
In Ermangelung der tausendsten Variation zur Umschreibung dieses Karrierewegs sei einmal auf stilistische Abwechslung gepfiffen: Respect Tha God kommt ausnahmsweise mal aus dem Staate New York und findet seinen Weg zum mehr oder weniger professionellen Rap über die Battle-Szene. Hinzu kommt seine Mitgliedschaft bei den Perverted Monks, dem wenig erfolgreichen, aber zumindest namentlich bekannten Trupp hinter Respect's Stiefbruder Afu-Ra, auf die er sich dieser Tage gerne beruft. Inzwischen zählt er jedoch zu Black Panther's Label Manekineko Pro, das schließlich und nach einigen Gastauftritten (u.a. bei den Snowgoons) auch für die Veröffentlichung seines offiziellen Debüts "The Life And Times Of Russell Ballenger" verantwortlich ist.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Das Erfreuliche an Respect Tha God ist, dass er trotz seines mehr als herkömmlichen Werdegangs eine Stimme und einen Stil besitzt, der einem nicht jeden Tag über den Weg läuft - die, gebettet in schön ruppigen Street-Sound, durchaus ihren Reiz haben. Mit dem Aufgebot aus großteils unbekannten Produzenten, unter die sich Namen wie Black Panther, 2 Hungry Bros oder PF Cuttin mischen, besteht dafür auch durchaus eine Chance. Vor allem Black Panther, der als Labelboss und dreimal beisteuernder Produzent eine Art Patenrolle einnimmt, lässt hoffen, dass man hier mit den schönen Akzenten konfrontiert wird, die 2003 dessen Debüt setzte. Das zumindest besagt die Theorie - die ernüchternde Beschallung, die dieses Album liefert, ein wesentlich durchwachseneres Bild, das (wie bei so vielen anderen auch) die Konsequenz widerlegt, die man Respect für den Klangcharakter seiner Platte vorab eventuell attestiert hätte. Doch die Tatsachen zeigen uns, dass Respect ganz offensichtlich mehr Wert darauf legt, mit einigen Tracks auch etwas massentauglicheren Ansprüchen zu genügen, statt sich bei seinem eigentlichen Publikum, den Underground-Heads, mehr Freunde zu machen. Was genau Stücke wie "Move It!" auf der LP verloren haben, lässt man am besten unbeantwortet. Respect lässt jedenfalls klar durchscheinen, dass ihm die vergnüglichen Aspekte des Lebens ebenso wichtig als Song-Inhalte sind wie die ernsten Themen, die beispielsweise in "Hold Your Head" (mit Kinderstimmen in der Hook) Einzug halten. In diesen Anfangsmomenten, die von den 2 Hungry Bros mit wehklagenden Streichern unterlegt werden, zeigt sich, dass Respect mit den Alltagsproblemen des Straßenrapper-Gros sehr wohl vertraut ist. Dass er am besten klingt, wenn er in verbittertem Tonfall die Perspektivlosigkeit der in schwierigen familiären Verhältnissen aufgewachsenen Jugend dokumentiert, scheint ihm nicht direkt bewusst zu sein, denn mit "So Fresh" schließt sich direkt ein Track an, in dem Halbhipster-Gast Fresh Daily wesentlich besser aussieht. Eine gute Figur macht Respect dann auch noch in "Buckle U", das in seinem eigentlichen Metier, dem Battle-Rap, spielt. Wenn dann eine Größe wie PF Cuttin vorbeischaut, gibt es mit "Sweetest" genau den bärenstarken Eastcoast-HipHop, den man hören will und der Tha God optimal in Szene setzt. Das schafft auch Black Sparx, der die Single "I RAP" produziert, die ein für Respect genau richtiges, gedrosseltes Tempo fährt. Im weiteren Aufgebot findet sich ebenso Wegwerfmaterial (das grauenhafte "Stripper Girl") als auch gelungenes Stückwerk, das glücklicherweise (leicht) in der Überzahl steht: "Drip Drop" zeigt sich mit Perverted-Monks-Backup noch recht verhalten, mit Smif-N-Wessun in "Crabs" passiert genau das, was man erwartet und erhofft. Somit fehlt als wichtiger Punkt eigentlich nur noch "Who But Me?", das mit L.I.F.E. Long den Pflichtauftritt des inoffiziellen Reimpartners abhakt und mit einem zwar bekannten, deshalb aber nicht schlechten Sample seitens Black Panther zu gefallen weiß.

Die Endwertung lässt - völlig zu Recht - vermuten, dass hier einmal mehr ein Album wie unzählige andere vorliegt. Dabei unterschlagen wird zumindest, dass Respect Tha God das Potential zu wesentlich mehr gehabt hätte. Damit ist zumindest ein zukünftiges Interesse an ihm gesichert, denn vor allem stimmlich hat der in Brooklyn ansässige Herr einiges zu bieten. So gesehen ist es schade, dass seine Ambitionen offensichtlich von Anfang an ein durchwachsenes Album vorsahen, was "The Life And Times Of Russell Ballenger" nicht zu einem Must-Have macht, doch für alle Eastcoast-Fans einige mehr als ordentliche Tracks abwirft. Um sich in die Ohren einer größeren Hörershaft zu spielen, bedarf es beim nächsten Mal jedoch etwas mehr.

6.0 / 10

Ruste Juxx - Adamantine


Release Date:
14. September 2010

Label:
Duck Down Records

Tracklist:
01. Adamantine
02. U Kno What Crime It Iz (Feat. Sledge)
03. Thrill Is Back (Feat. Reek)
04. Music To My Ears (Feat. Skyzoo)
05. Skit
06. How U Selling That (Feat. Supreme & Wordsmith)
07. Turmoil (Feat. Torae & Supreme)
08. 24 Karate Flow (Feat. 34 Click)
09. U A Bitch (Feat. Skanks & Reek)
10. Skit
11. Mastered The Art (Feat. Reek)
12. Rap Assassins (Feat. Ill Bill, Sav Kills & Cyrus Malachi)
13. BCC Official (Feat. General Steele)
14. Killa Crown Heights (Feat. Skanks, Shatike, Sledge & One Click Bang)

Review:
Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass Ruste Juxx, der Handlanger von Sean Price aus dem Boot-Camp-Umfeld, in einem Jahr einmal zwei Alben veröffentlichen würde. 2010 ist das der Fall. Hiesiger Output wurde zwar in die Kategorie "Mixalbum" gesteckt, doch der folgende Urteilsspruch darf ob rein eklusiven Materials in normaler Schärfe ausfallen. Nachdem um das ein halbes Jahr früher erschienene "The eXXecution" mit Marco Polo wesentlich mehr Wirbel gemacht wurde, hat "Adamantine" mit Endemic ebenfalls einen einzigen Producer im Rücken und ist eigentlich das (ursprünglich als EP geplante) Projekt, das schon wesentlich länger angekündigt ist, nämlich seit den Aufnahmen zu "Terminal Illness".

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Bei jenen Aufnahmen nämlich stellte man fest, dass die asphaltierten Beats des Briten Endemic hervorragend mit den eindimensionalen Ergüssen des hageren Sprücheklopfers aus Crown Heights harmonieren. Als Metapher für die Schlagkraft von Ruste's Zeilen wählt man die mythische Legierung Adamantium und hat ohne große Mühen wieder ein Albumkonzept geschaffen, das es - wie schon "The eXXecution" - Ruste erlaubt, ohne großen lyrischen Tiefgang und ohne nennenswerte Themenvielfalt genau das zu praktizieren, was er kann und was der Albumtitel verspricht. In gewisser Weise erinnert das Konzept schwer an den Titel des ersten Albums, "Indestructible", ganz abgesehen davon ist jedoch klar, dass Ruste ebenso wie auf den beiden bisherigen Alben mit seiner Masche nicht in der Lage sein wird, Bäume auszureißen. Dafür fehlte dem als Feature-Gast geborenen Infanteristen bisher das gewisse Etwas, was entsprechend aller Erwartungen auch hier wieder durchgreift. Hinzu kommt, dass Endemic trotz seiner für ihn sprechenden bisherigen Arbeit (neben seinem 2009er Album darf an dieser Stelle auch die "Needle Drop"-EP genannt werden) kein Ausnahmetalent ist, dass sich seine so stark auf Streicher gestützten Beats hin und wieder etwas einfallslos anhören. Mit einer erneuten Armada an Streicher-Samples, einigen eingestreuten Voice-Samples und den saftigen Drumlines, die man an ihm schätzt, bringt er auf "Adamantine" die meisten seiner Schäfchen ins Trockene. Mäßige Minuten wie "How U Selling That" finden sich trotzdem und zeigen, dass etwas Abwechslung bei der Sample-Wahl nicht hätte schaden können - denn wenn alle Samples ähnlich klingen, bedarf es schon einer meisterhaften Auswahl. Fast noch weniger als zu Endemic gibt es zu Ruste zu sagen, der wieder einmal den Mund gehörig voll nimmt, sich zum Kreuzzug gegen Heerscharen aus Fakes aufmacht und selbigen Nachhilfe in Sachen Street-101 erteilt. Das mag alles äußerst langweilig klingen, hat aber im richtigen Moment durchaus seinen Reiz, zumal die Kompatibilität zwischen den beiden Protagonisten in jedem Fall besteht. Im Opener "Adamantine" rumpeln die Drums und unterstreichen die Representer-Lines, derer Ruste nie müde zu werden scheint. Da er jedoch selbst erkannt zu haben scheint, dass ein wenig Hilfe am Mic nicht verkehrt für ihn ist, sind die Tracks, auf denen Ruste etwa neben Ill Bill und Sav Killz spittet, etwas besser. Diese Aussage trifft allerdings nur bei Betrachtung der einzelnen Tracks zu; hört man das Album am Stück, läuft die Begeisterungsfähigkeit indirekt proportional zu den fortschreitenden Ermüdungserscheinungen. Eine interessante Abwechslung gibt die 34 Click, die mit ihren französsichen Raps für "24 Karate Flow" aufkreuzt. Der große Rest nimmt sich nicht viel, hervorzuheben ist eventuell noch "BCC Official" als einer der besten Songs der LP, der mit Steele außerdem einen sehr willkommenen Gast im Gepäck hat.

Als Gefühlsregung bleibt bei diesem Album lediglich die Überwältigung ob des unspektakulären Mittelmaßes, in welches das Duo Ruste-Endemic zielsicher manövriert. Das hätte nicht unbedingt so sein müssen, doch da Ruste sich einmal mehr mit lyrischem Steineklopfen begnügt und Endemic nicht unbedingt seine besten Tage für hier zu hörenden Beats erwischt hat, bleibt "Adamantine" hinter seinen Möglichkeiten und außerdem hinter "The eXXecution" zurück. Anhören kann man sich das Album durchaus, doch bei einer recht neutralen Endwertung, die es versäumt, aus dem Mittelfeld auszubrechen, ist glasklar, dass dieses Release zu Recht an den meisten vorbeiziehen wird.

5.0 / 10

Anthai Da Protagonist - Anthai Drug


Release Date:
28. September 2010


Label:
Chamber Musik Records


Tracklist:
01. Ninjas Vs. Swaggers
02. Half Asian, Half Amazin' (Feat. Christ Bearer & First Lady)
03. Skit
04. We R The World (Feat. Jacewon, Platto & Martial Art)
05. You Only Live 2wice (Feat. Martial Art)
06. Money Comes First (Feat. Martial Art)
07. Skit
08. One Too Many (Feat. Lady Egypt)
09. Universal Warlords Pt. 2 (Feat. Martial Art)
10. Story Of My Life (Feat. Black Knights & The Committee)
11. Battle Scars Pt. 2 (Feat. Christ Bearer)
12. Confessing A Feeling (Feat. First Lady & Martial Art)
13. Sucka Bull (Feat. 71Raw & Christ Bearer)
14. Yes They Do (Feat. Midaz)
15. Skit
16. Arrest Them

Review:
Jeder, der Anfang 2008 ein gewisses Album namens "Ninja Guidance" gefeiert hat, sollte hier hellhörig werden - es gibt endlich neues Material aus der Ecke 71Raw. Anthai Da Protagonist war schon die treibende Kraft hinter 71Raw, weswegen es nur logisch erscheint, dass er auch der erste mit einer Soloplatte ist. Wirklich verwunderlich war es sowieso nicht, schließlich haben seine zwei Teamkollegen entweder Familie oder einen beanspruchenden Job. Doch selbst Anthai muss inzwischen über ein Jahr Verspätung hinnehmen. Als lohnende Entschädigung wird "Anthai Drug" nicht (wie ursprünglich vorgesehen) in Eigenregie veröffentlicht, sondern kommt über Chamber Musik.


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Unter den unzähligen zwielichtig mit dem Wu-Tang Clan in Verbindung stehenden Künstlern kann sich Anthai dank fester Bindung zu den Black Knights und Christ Bearer inzwischen fest zum Kreis des Zweigs der West Coast Killa Beez zählen, diesem Ableger, der bisher kaum Erwähnenswertes zustande gebracht hat und derzeit hauptsächlich abseits medialer Aufmerksamkeit operiert. Diesen sich vor allem in den Gastauftritten widerspiegelnden Umstand will man Anthai nicht unbedingt positiv anrechnen; anders verhält es sich mit "Ninja Guidance" als Referenz, das es hervorragend schaffte, die mehr oder weniger totgesampelten Kung-Fu-Flicks zu einigen einschlagenden Instrumentals aufzustellen. Diese Erwartungshaltung (falls vorhanden) also ist es, die "Anthai Drug" kleidet. Diese Erwartungshaltung ist es ebenfalls, die sich schnell als Gift für diese LP herausstellt. Anthai kündigte schon vorab an, dass "Anthai Drug" etwas "anders" sei, dass u.a. Tracks für die Damenschaft mit von der Partie seien. Doch damit sei nicht gesagt, dass der verkopfte Fan nur seine Erwartungen beiseite schieben müsse: Anthai's Solo ist schlichtweg kein überragendes Album. Es beginnt mit "Ninja Vs. Swaggers", das Sounds à la "Drunken Master" suggeriert, mit dem Gast-Beat von Drew aber doch eher mittelmäßig und vor allem breitspurig einrollt - eine Spur zu breit. Verloren ist damit natürlich noch nichts, und der geneigte Hörer schreitet frohen Mutes und bereit, aus den Socken geblasen zu werden, zu den nächsten Tracks fort. Doch der Wind aus den Boxen weht ernüchternd schwach. "You Only Live Twice" ist dabei als ruhiger Kopfnicker noch richtig schick geraten, "Money Comes First" dagegen bleibt den Grund seiner Wahl aufs Album schuldig. Anthai ist technisch immer noch nicht der beste Emcee (Gleiches gilt für Martial Art), die eigene Stimmung, die seine Raps kreieren, weiß aber immer noch zu überzeugen. Nichtsdestoweniger ist sie auf die richtigen Beats angewiesen, die an mancher Stelle schlichtweg fehlen: "Universal Warlords" ist gut gemeint, versagt aber mit zu trockenem Instrumental. Etwas deplatziert klingt der Gesang in "Confessin' A Feeling", etwas schräg die Hook vom sonst schönen "Story Of My Life". Des Weiteren im Aufgebot finden sich drei Skits, die einem Interview entnommen sind und dem Album nicht wirklich weiterhelfen. Auch "One Too Many" mit Gastproduktion von Peter Jay und Sex-Talk-lastigem Schlagabtausch zwischen Anthai und Lady Egypt löst nicht wirklich Begeisterungsstürme aus. Gegen Ende nimmt die Platte dann allerdings etwas Fahrt auf: "Sucka Bull" featurt einen der inzwischen raren Auftritte von Broken Tongue über ein Instrumental, das endlich auch den Erwartungen genügt, "Yes They Do" erarbeitet sich sogar mit herkömmlicherem Sound und gepitchtem Voice-Sample Sympathiepunkte. Den Kracher und das eindeutige Highlight der Scheibe hebt Anthai dann bis zum Schluss auf: "Arrest Them" lässt düstere Streicher, einsetzende Bläser und ein Kung-Fu-Sample los und entpuppt sich als Track, von dessen Sorte man sich deutlich mehr gewünscht hätte.


Man sollte sich mit der Tatsache abfinden, dass Anthai auf Solopfaden auch andere Einflüsse zulässt als mit 71Raw als Gruppe. An sich sei ihm das natürlich gestattet, doch es ändert nichts daran, dass die Klasse des Gruppenalbums nicht erreicht wird. Die Tracks unterscheiden sich teilweise zu stark voneinander, darüber hinaus können einige von ihnen qualitativ einfach nicht mit dem mithalten, was die Erwartungen fordern. Was einen mit dem Solo von Martial Art erwartet, steht in den Sternen, doch da ein 71Raw-Album vorerst in weiter Ferne liegt, sollte man sich weiterhin mit "Ninja Guidance" begnügen. "Anthai Drug" ist gut hörbar, aber nur Zusatzlektüre.

5.8 / 10