Sonntag, 26. August 2012

Action Bronson & Statik Selektah - Well-Done


Release Date:
22. November 2011

Label:
DCide Records / Showoff Records

Tracklist:
01. Respect The Mustache
02. Time For Some (Feat. Lil Fame)
03. Cocoa Butter (Feat. Nina Sky)
04. White Silk
05. I Don't Need No Love
06. The Stick Up
07. Central Bookings (Feat. Meyhem Lauren)
08. Cirque Du Soleil
09. The RainMaker
10. Love Letter
11. Not Enough Words
12. Terror Death Camp (Feat. Meyhem Lauren, Maffew Ragazino & AG Da Coroner)
13. Miss Fordham Road (86' 87' 88') (Feat. Ea$y Money)
14. Cliff Notes
15. Bon Voyage

Review:
Als Gegenpol zu diversen Lieblingen der Pop-Rap-Szene fand die Gemeinschaft der dem "reinen" HipHop Verschriebenen einen rothaarigen und vor allem -bärtigen Rollmops aus Flushing, Queens, dessen Debütalbum "Dr. Lecter" ganz zu Recht einstimmigen Zuspruch fand. Action Bronson wurde zuerst als Ghostface-Killah-Kopie belächelt und nahm die Szene kurz darauf mit seinem unwiderstehlichen Charme im Sturm. Dass man in diesem Stadium nicht auf der faulen Haut liegen darf, ist dem gelernten Koch sehr wohl bewusst, weswegen er für das kommende Jahr bereits weitere Alben angekündigt hat und sich noch im Jahr 2011 mit Statik Selektah, dem nimmermüden und kollaborationsgeilen Producer und DJ aus Lawrence, für "Well Done" zusammenschließt.
WRITTEN FOR Rap4Fame

 Wenn man bisher etwas über Action zu wissen hat, dann ist es seine Liebe für Gras und gutes Essen, wobei sich Zweiteres besonders intensiv in den Raps niederschlägt und zu so etwas wie seinem Markenzeichen geworden ist - als Koch übersteigt sein kulinarisches Vokabular jenes von MC Soundso von nebenan nunmal bei weitem. Daraus, dass er weiterhin auf dieses Steckenpferd zu setzen gedenkt, macht schon der Albumtitel "Well Done" keinen Hehl. Da sich dieses weitläufige lyrische Feld so schnell auch nicht erschöpfen sollte, dürfte das aber keine Probleme bereiten, wesentlich fraglicher ist es, ob es Statik Selektah gelingt, dem ausgelassenen Tommy Mas, dessen Instrumentals "Dr. Lecter" nicht in Altbackenheit verdunsten ließen, das Wasser zu reichen, denn Statik war noch nie der große Innovator und mit dem in jüngster Zeit nochmals extrem gestiegenen Output nahm die Qualität keinesfalls zu. So angebracht und teilweise auch zutreffend diese Befürchtungen auch sind, muss doch eingestanden werden, dass Statik es schafft, mit einem respektablen Instrumentalteppich über vernünftige Erwartungshaltungen hinauszuschießen - nicht weit, aber immerhin: Wie "The Stick Up" seinen Rhythmus mit Common-Sample und Bläsern verfeinert, passt perfekt zu Bronsolini, der mit seinem Einstieg in den zweiten Vers an "The Madness" anlehnt ("This is chowder, Asian bitches sniffin' powder / Bronsolin, catch me creepin' at the sicko hour") und auch sonst aus allen Rohren feuert: "Hung like a curtain, pussies get the drapes / Motherfucker know you're in the planet of the apes, shit / Dusty bottles from a cellar in a foreign land / Dr. Lecter, diggin' in your sister's rectum". Vor der stets gut gelaunten Art des albanischstämmigen Rappers gibt es kein Entkommen. Und solange die Beats mitspielen, ist man erstklassig unterhalten: "Not Enough Words" erfreut da ebenso wie "Cliff Notes" oder das edle "White Silk" ("Catch a rooster, cut his fucking nuts off / Serve him for a hundred dollars, sesame or plum sauce"), das mit seiner ruhigeren Art ganz klar als kreative Raucherpause gedacht ist. Dass das eigene Camp um Meyhem, AG und Maffew nicht mit Bronson mithalten kann, ist kein Geheimnis, "Terror Death Camp" hat aber auch mit einer austauschbaren Produktion zu kämpfen, die mit "Central Bookings" und dem lahm eröffnenden "Respect The Mustache" in guter Gesellschaft ist. Dass für Action die Damenwelt eine nur unwesentlich mächtigere Obermenge der Schlampenwelt ist, scheint im ganzen Album durch und manifestiert sich in Tracks wie "Miss Fordham Road", während "Love Letter" die missglückte Beziehung zu einer der Ausnahmen beschreibt. Entgegen eventueller Erwartungen fügen sich Nina Sky angenehm in "Cocoa Butter" (das übrigens dieselben Rasierklingen auspackt wie schon "Shiraz"), und wenn Bronsonova ausnahmsweise nicht durch seinen Mix aus Futterterminologie und der Erwähnung pensionierter Sport-Größen paddelt oder die Frauenwelt mit seinem Prachtkörper segnet, werden in "The Rainmaker" die eigenen Ziele im Rap-Game umrissen. Mehr muss nicht gesagt werden, weshalb ein dankbares "Bon Voyage" einen sinnvollen Abschluss markiert.

Anscheinend hat Bronson zu den gemeinsamen Recording-Sessions das richtige Gras mitgebracht, denn er motiviert Statik Selektah zu einer für ihn sehr überdurchschnittlichen Leistung, die garantiert, dass Bronsons aberwitzige Darbietung am Mic auf einem soliden und wetterfesten Fundament leben kann. An einigen Stellen scheint zwar der Durchschnitt durch, den Statik Selektah derzeit anderswo so oft zum Besten gibt, im Großen und Ganzen muss sich "Well Done" allerdings keine Vorwürfe, eine träge BoomBap-Schlaftablette zu sein, gefallen lassen. An die Aufgewecktheit von "Dr. Lecter" kommt Statik nicht heran, doch wem das Debüt gefallen hat, der wird sich auch auf dem Nachfolger wohlfühlen, denn Action ist wieder in Topform unterwegs.

7.0 / 10

M.O.P. - Sparta


Release Date:
22. November 2011

Label:
Babygrande Records

Tracklist:
01. Sparta
02. Back At It
03. Get Yours
04. Blaspemy (Blast For Me)
05. Opium
06. Hard Niggaz
07. Rollin'
08. No Mercy
09. Break 'Em
10. Body On The Iron

Review:
Ein Abriss über das Treiben bzw. Schaffen von M.O.P. in den letzten Jahren ist erstaunlich kurz: Die Liaison mit Roc-A-Fella, die kein offizielles Album (lediglich "St. Marxmen" und "Ghetto Warfare" als Ansammlung des aufgenommenen Materials) hervorbrachte, sowie das kurze und noch weniger fruchtbare Zwischenspiel mit G-Unit brachten Fame und Danze zu E1, wo nach neun Jahren ohne Album "Foundation" erschien - inzwischen waren die Producer-Tätigkeiten von Lil Fame als Fizzy Womack voll ausgereift und trugen das Album. Um so verwunderlicher, dass es eine Packung Beats des deutschen (inzwischen deutsch-dänischen) Producer-Teams Snowgoons ist, das die beiden Brownsvillains so verzückt, dass man beschließt, eine vollwertige Kollabo zu starten.
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 Zehn Tracks sind es, der Snowgoons'schen Label-Heimat folgend auf dem zwischenzeitlich scheintoten und nun wohl wieder hochgepäppelten Babygrande (Chuck Wilson scheint nicht totzukriegen zu sein) erscheinend und mit einem Konzept versehen, das eine mehr als eindeutige Sprache spricht: Mit dem Titel "Sparta" sind keine historisch ernst zu nehmenden Anspielungen auf den Ethos der Haupstadt Lakoniens zu erwarten, er ist dagegen eine perfekte Gelegenheit, vermehrt aus Zack Snyders Film zu sampeln und ganz allgemein ordentlich auf die Kacke zu hauen. Dafür sind M.O.P. seit jeher bekannt, Neuerungen stehen also nicht im Programm, sind aber eigentlich auch nicht gewollt - eine Rückkehr zur grimmigen und heftigen Form eins "Stick To Ya Gunz" oder des "Warriorz"-Albums wäre schon ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk. Dass an dieser Stelle die Snowgoons als Hauptverantwortliche für das Gelingen eines solchen Unterfangens ins Spiel kommen, wird vielerorts Unbehagen ausgelöst haben, denn wenngleich Illegal und Det (und Sicknature) in den Kreisen um die AOTP längst als fester Teil angekommen sind, bedeutet dieses Album doch eine ganz besondere Etappe, mit der u.a. ein komplett neuer Publikumsast angepeilt wird: die Älteren, Alteingesessenen, die "Veteranen" unter den Rap-Hörern, welche die Goons großteils entweder nicht kennen oder nicht viel von ihnen halten. Des Weiteren ist Illegal mit seinen Beats zwar darauf bedacht, auf M.O.P. zuzugehen, mit dem Beibehalten eines Snowgoons-Charakters aber doch den Kollabo-Aspekt nicht zu kurz kommen zu lassen. Die Frage, ob das funktionieren kann, beantwortet die Musik selbst: Nach dem fast obligatorischen "This is Sparta!"-Ausruf von Gerard Butler rumpeln in "Sparta" Goons'sche Kicks los, die mit dezenten weiteren Insturmenten versehen werden und genau die richtige Arena für Billy Danze aufspannen, der in altbewährter Manier mit rauchig-bedrohlicher Stimme dröhnt: "This is 300 minus 298". Während der gewillte Hörer also seinen inneren HipHop-Proleten aus dem Kämmerchen holt, sorgen M.O.P. dafür, dass dies nicht umsonst war, denn anders als etwa bei "Foundation" kennt "Sparta" nur eine Richtung: nach vorne, durch jegliche Hindernisse hindurch - wobei die Goons mit Tunes wie dem blutig rohen "Get Yours" tatkräftig mithelfen. "Hard Niggaz" rekrutiert Goons-typische Streicher und klingt doch - wie auch alle anderen Tracks der LP - absolut nicht nach einem der anderen Alben der Deutschen, was der sehr ausfüllenden Präsenz von Danze und Fame zuzuschreiben ist, die weder mit thematischer Vielfalt oder Cleverness noch durch technische Finessen bestechen, sondern mit der brachialen Kraft, die hinters Mic gelegt wird und der die seit frühsten Tagen bei dem Duo ausgelebte Mentalität eigen ist. "Rollin'" fährt als einziger Song etwas langsamer, dass in der Hook die Handfeuerwaffe aus dem Autofenster gewunken wird, sollte jedoch bestätigen, dass von Weichheit nicht die Rede sein kann. Der hintere Teil des Albums kommt zwar nicht mehr mit demselben Schwung daher, den anfängliche Brecher wie "Back At It" aufweisen, doch die Energie reicht völlig und in Form von "Break 'Em", das gerade von arglos-platten Zeilen wie "Original innovator of the 'Blaow, blaow, blaka blaka' / Y'all motherfuckers thought it started with Waka Flocka" seinen Nachdruck erhält, ist in jedem Fall ein letzter Paukenschlag garantiert.

Gerade bevor man auf die Idee kommen könnte, dass sich das M.O.P.-Snowgoons-Gespann nun erschöpft, wird der Schlussstrich gezogen. Die 35 gebotenen Minuten sind nicht die geistreichsten, doch das war sicherlich keine der Anforderungen, die an dieses Album gestellt wurden. Dafür stellt sich heraus, dass die Beats der Snowgoons mit den harten Straßen-Raps der Mash Out Posse nicht nur harmonieren, sondern sogar einige echte Brecher zu Tage fördern, die man als M.O.P.-Fan allemal in die Playliste aufnehmen darf. Ganz groß ist "Sparta" zwar nicht, doch wen es nach typischen Hardcore-Klängen der M.O.P.-Schule dürstet, der ist hier gut beraten.

6.7 / 10

Mac Miller - Blue Slide Park


Release Date:
08. November 2011

Label:
Rostrum Records

Tracklist:
01. English Lane
02. Blue Slide Park
03. Party On Fifth Ave
04. PA Nights
05. Frick Park Market
06. Smile Back
07. Under The Weather
08. Of The Soul
09. My Team
10. Up All Night
11. Loitering Album Only
12. Hole In My Pocket
13. Diamonds & Gold
14. Missed Calls
15. Man In The Hat
16. One Last Thing

Review:
Es ist interessant und oftmals hochgradig unverständlich mitzuverfolgen, wie ein Hype entsteht. Dem distanzierten Rap-Analytiker wird eine logische Rechtfertigung eines solchen mitunter schier unmöglich erscheinen. Im Falle Mac Miller mag es ein gewisser Identifikationsfaktor bei einem bestimmten Zielpublikum sein, vielleicht ist es auch das banale Verlangen einer Musikszene nach solchen, in regelmäßigen Abständen auftretenden Hypes - im letzteren Fall wäre der aus Pittsburgh stammende Malcolm McCormick ein Armutszeugnis bzgl. der Auswahl interessanter und einzigartiger Newcomer. Doch wie auch immer, Mac hat es mit (seit seinem fünfzehnten Lebensjahr betriebener) harter Arbeit geschafft, 2010 mit einem Mixtape ("K.I.D.S.") seinen Hype zu befeuern, im Folgejahr muss das Album "Blue Slide Park" zeigen, ob der zu dieser Zeit 19-Jährige den Erwartungen gewachsen ist.
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 Der Erfolg gibt ihm jedenfalls Recht (mit seinem auf Rostrum, auf dem außerdem Nachbar Wiz Khalifa residiert, veröffentlichten Debüt ist er seit dem Dogg Pound 1995 der erste Künstler, der komplett independent an die Spitze der Charts geschossen ist), die musikalische Qualität ist damit allerdings noch lange nicht gesichert. Zuerst gilt es vielleicht zu notieren, wie wenig sich Mac Miller von diversen anderen Trend-Künstlern der jüngeren Zeit abhebt bzw. wie sehr er den Durchschnitt einer solchen, entsprechend gewählten Menge bildet. Das startet bei seiner Person selbst: Dass ein junges Alter eine ausreichende, albumfüllende Lebenserfahrung nicht ausschließt, zeigen immer wieder Künstler, Mac jedenfalls ist als sehr durchschnittlicher Kerl mit einem nicht gerade weitläufigen geistigen Horizont nicht die Anlaufstelle für lyrische Erleuchtungen - Party, Frauen, reichlich Gras und das nötige Geld zur Finanzierung sind die Dinge, die Mac bewegen. Das ist an sich noch nicht verkehrt, doch selbst in der Weise, wie diese 08/15-Themen vorgetragen werden, vermisst man jegliche Besonderheiten: Miller ist nicht bemerkenswert frech, vulgär, explizit, aber auch nicht verhalten oder gezügelt. Ähnlich sieht es auf rap-technischer Ebene aus, denn er klingt wie der 19-jährige Weiße, der er ist, ohne dabei durch jedwede Flow-Finessen seine Sonderstellung als eines der derzeitigen Epizentren des medialen HipHop-Interesses zu rechtfertigen - eher im Gegenteil, denn mit seiner bübischen Stimme und seiner etwas unsteten Art kann der kleine Mac schnell anstrengend werden. Die Beats (vorwiegend von ID Labs geschustert) erklären übrigens in ähnlich geringem Maße, woher die Begeisterung kommt, denn als Mix aus dem 2011er Pop-Rap-Standard und sehr sporadisch auftretendem True-Schooler-Einschlag gewinnt der instrumentale Gesamteindruck weder Bestnoten noch Blumentopf. Diese beinahe miserablen Grundbedingungen richten das Album jedoch noch nicht zu Tode, genau genommen findet sich immer noch eine recht hohe Zahl sehr genießbarer Stücke - wenngleich die Komplementärmenge etwa gleichmächtig ist. Das nach zahnlos-vergessenswertem "English Lane" vorgetragene "Blue Slide Park" (im Übrigen der Name des Parks, in dem McCormick nach der Schule regelmäßig abhing) gibt einen forschen Abriss über das, was es über Mac Miller zu erzählen gibt (was wiederum recht überschaubar ist). Später ist es das vom sehr angenehm-beruhigenden Instrumental "Hole In The Pocket" eingeleitete "Diamonds And Gold", das Miller's Storytelling dank des Beats in ein gutes Licht rückt. Zu jenem Zeitpunkt ist das Fehlen jeglicher Features allerdings ein nicht unbedeutender Faktor - für gesungene Hooks hätte man sich getrost Unterstützung von außerhalb einholen können. Noch unerfreulicher sind jedoch Stücke wie das eindimensionale "My Team", in dem der ebenfalls zur Zeit angesagte Produzent Clams Casino gar nicht gut aussieht, während die Vorstellung von Miller's "Team" äußerst uninteressant verläuft. Davor wird den Hatern im für Miller zu hektischen "Smile Back" der Mittelfinger unter die Nase gehalten und es wird sich erfolglos daran versucht, The 45 King's "900 Number"-Break als Party-Hymne zu inszenieren. Was dann noch verbleibt ist nicht mehr viel und hält sich mehr oder weniger die Waage, vom Störenfried "Loitering" bis zum abschließenden "One Last Thing", bei dem Clams Casino diesmal auftrumpft und die durchschnittlichen Raps ansprechend umrahmt.

Mac Miller kann nicht besonders viel, er hat nicht einmal eine besonders ausgeprägte Persönlichkeit und schon gar kein herausragendes Solodebüt, weswegen kein logischer Schluss in einer Nummer-Eins-Platzierung endet. Trotzdem oder vielleicht genau deshalb darf der Junge aus Pittsburgh beachtlichen Erfolg genießen. Wer das (zu Recht) nicht ganz nachvollziehen kann, der sollte die Sache mit der Gleichgültigkeit, mit der sich auch schon die unzähligen Blitz-Hypes davor aussitzen ließen, angehen, denn es besteht eine gute Chance, dass die Hähne nicht lange nach Mac Miller krähen, da "Blue Slide Park" zwar kein schlechtes Album, in so vielerlei Hinsicht allerdings nur absoluter Durchschnitt ist, dass die meisten es wohl bald verdrängt haben werden.

4.9 / 10

Pusha T - Fear Of God II: Let Us Pray





Release Date:
08. November 2011

Label:
G.O.O.D. Music / Decon Records

Tracklist:
01. Changing Of The Guards (Feat. Diddy)
02. Amen (Feat. Kanye West & Young Jeezy)
03. Trouble On My Mind (Feat. Tyler, The Creator)
04. What Dreams Are Made Of
05. Body Work (Feat. Juicy J, Meek Mill & French Montana)
06. Everything That Glitters (Feat. French Montana)
07. So Obvious
08. Feeling Myself (Feat. Kevin Cossom)
09. Raid (Feat. 50 Cent & Pharrell)
10. My God
11. I Still Wanna (Feat. Rick Ross & Ab Liva)
12. Alone In Vegas

Review:
Man könnte zwar annehmen, Clipse hätten sich erschöpft, doch die Tatsache, dass Pusha T nun auf Solopfaden spaziert, war wohl schon seit Anbeginn so angedacht. In jedem Fall ist es das Signing bei Kanye's G.O.O.D. Music, das es ihm ermöglicht, seinen eigenen Namen seit mittlerweile über einem Jahr mittels einiger Gastauftritte (der wichtigste sicher auf "Runaway") in die Welt hinauszutragen. Das offizielle Solo-Debüt soll im Jahr 2012 erscheinen, das Vorjahr wohnte bereits der Veröffentlichung eines Mixtapes bei, das in EP-Format nun nochmals unterstrichen wird: Umrahmt von Abkupferungsanschuldigungen von Consequence vergeht das Jahr 2011 mit der Ankündigung des Erscheinens von "Fear Of God II" als ordentlich gepresster und vertriebener EP.

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 Diese EP umfasst letztendlich ein sattes Dutzend Tracks und könnte mit seiner Dreiviertelstunde Spielzeit auch als Album (respektive Street-Album) durchgehen. Einige Stücke sind bereits von anderswo bekannt, einige wurden schon vorab veröffentlicht, wer Pusha's Machenschaften verfolgt hat, den wird also kaum überraschen, was es zu hören gibt. Eigentlich sollte sich aber gar niemand darüber wundern, wenn hier vom Ausleben des durch illegale Machenschaften erworbenen Reichtums erzählt wird. Als einziger Künstler auf G.O.O.D. Music, der einen Hintergrund als "Straßen-Rapper" vorzuweisen hat, ist der Bezug zum Leben davor zwar noch ersichtlich, doch im Prinzip bewegt Pusha dasselbe wie all seine neureichen Rapper-Kollegen. Imposanter als die Inhalte ist da also die Unterstützung, die sich Pusha mit ins Boot bzw. ans Mic holt und die in puncto Relevanz als absolut hinreichend gelten darf - er hat darüber hinaus sogar den Nerv, den abgehalfterten Fifty aus seinem Geldspeicher zu zerren. Zu Gast ist der nuschelnde New Yorker mit einem überraschend lebendigen Part auf "Raid", das mit einem einfachen, aber sehr infektiösen Piano-Loop der Neptunes das stille Highlight der Platte darstellt, in dem lediglich Pharrell's Hook verbesserungswürdig ist. Die restlichen Producer sind vorwiegend nichtssagend hinsichtlich eines Gesamt-Sounds, eine Tendenz zu Südstaaten-Einflüssen ist allerdings nicht zu übersehen. Konstatieren lässt sich recht schnell, dass Pusha gerne dick mit den gepickten Instrumentals aufträgt, was manchmal gelingt, oft aber aufgesetzt klingt. In erster Linie kann hierfür "Body Work" zitiert werden, dessen völlig austauschbare Down-South-Produktion zusammen mit Juicy J's ermüdend plattem Einstieg eine durch musikalische Qualität nicht gerechtfertigte Arroganz vor sich herschleppt, die Pusha in dieser Form nicht gut zu Gesicht steht. Generell klingt der Gastgeber besser, wenn das Fundament des erworbenen Reichtums nicht aus den Augen verloren wird, beispielsweise im von dezenteren Streichern getragenen "What Dreams Are Made Of", das mit netter Erwähnung der Reagans den American Dream interpretiert. Dagegen kann man "Changing Of The Guards", "So Obvious" oder "Feeling Myself" (in denen auch Pusha mit seinem markanten Stil nicht mehr viel ausrichtet) ohne Bedenken in die Restmülltonne kippen - oder zum Recycling für den nächsten Pop-Rap-Act. Das Problem von "Trouble On My Mind" ist viel weniger seine Qualität als der Umstand, wie sehr es auf Gast Tyler zugeschnitten ist - wie sehr man hier etwas von dessen Hype abgreifen wollte, ist kaum zu überhören; abgesehen davon (und der lauwarmen Hook) ist gute Unterhaltung geboten. Weniger gilt das für den Brag-Exzess in "Amen" (in dem Kanye schlichtweg und eventuell sogar gewollt unsympathisch klingt) oder für das wieder etwas zu dick aufgetragene "My God". Wenngleich inhaltlich nicht gerade intelligenter, macht "I Still Wanna", die Verpflichtung zum Koksdealen mit Dickie Ross und Re-Up-Kollege Ab Liva, da doch etwas mehr Spaß.

Gemäß einer zeitgenössischen Beat-Norm kann man Pusha nicht viel vorwerfen, das Gebotene läuft durchgehend im relevanten Rahmen. Doch ganz gleich ob es je eingeplant war, geht der EP irgendwo in diesem Mix der rote Faden verloren, das Gefühl, es hier mit einer losen Ansammlung zu tun zu haben, ist ein Wesenszug, der die hinzukommende Schwäche einiger Tracks nur noch unterstreicht. Leider finden sich von solchen Tracks einige bis einige zu viele, zu oft mangelt es bei den Hooks oder aber die Beats wirken seelenlos. Wem das egal ist, der wird auf "Fear Of God II" genug der Clipse'schen, Coke-unterbutterten Arroganz zu hören bekommen, die auch ganz nüchtern betrachtet in einigen Stücken gelingt, als Gesamtwerk ist die EP allerdings mitnichten ein durchschlagender Erfolg.

3.9 / 10

Torae - For The Record


Release Date:
01. November 2011
Label:
Internal Affairs Entertainment / Fat Beats Records
Tracklist:
01. Intro
02. Alive (Feat. Wes)
03. You Ready?
04. What It Sound Like (Feat. Pav Bundy)
05. Shakedown
06. That Raw
07. Do The Math
08. Changes
09. Over You (Feat. Wes)
10. Imagine
11. Only Way (Interlude)
12. For The Record
13. Thank You
14. Reflection
15. Panorama (Feat. MeLa Machinko)

Review:
Zig Jahre hat es gedauert, bis Torae der Welt nun sein offizielles Solodebüt vorlegen kann. Untätig war der Mann aus Coney Island deshalb natürlich nicht, viele werden sogar sein Anfang 2008 veröffentlichtes Street-Album in Erinnerung haben, und selbst davor arbeitete der Mann emsig im Schatten der Szene. Spätestens, als seine Kollabo mit Marco Polo bei Duck Down unter Dach und Fach kommt, zahlt sich das harte Connections-Knüpfen auch nach außen hin aus: Torae ist als fester Teil der Nostalgiker-BoomBap-Szene installiert. Dem Kult-Label hinterherlaufen möchte er aber offenbar nicht, denn "For The Record" erscheint (mit Vertrieb von Fat Beats) über das eigene Internal Affairs.
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 Weitaus mehr als dieser Umstand, das schlichte, als nicht von der Musik ablenkend intendierte Cover oder die (ungewohnterweise) sehr karge Gästeliste ist es das Lineup der Produzenten, das offen darlegt, in welchen Kreisen der Brooklyn-MC immer noch verkehrt: Nottz, Pete Rock, Large Pro, Premo, 9th Wonder, Khrysis, Illmind, Diamond D und Marco Polo schauen vorbei und legitimieren Torae's Solo bereits vorab als Platte, die Ewiggestrigen als auch Backpackern gleichermaßen schwer interessant erscheinen sollte. Es fehlt also nur noch, dass diese etwas angestaubte Elite-Riege auch einen ihrer besseren Tage erwischt hat, als Torae der jeweilige Beat ins Postfach gesteckt wurde. Das ist natürlich nicht ganz der Fall, wieder einmal ist es derjenige, der ein für die heutige Zeit typisches BoomBap-Album erwartet, der dem Endergebnis am nächsten kommt. Das Album führt zwar grob durch eine Art Geschichte, im Prinzip ist es jedoch Altbekanntes, präsentiert von einem MC, der mit seinem Mix aus Battle- und Conscious-Lines noch nie in irgendeiner Weise herauszustechen vermochte und seine Punkte bisher durch solide Leistung einstreichen konnte. "Shakedown" ist ein Paradebeispiel: 9th Wonder trägt einen seiner besseren Beats bei, Torae spuckt ambitionierte Battle-Raps und trotzdem bleibt der Weg ins Langzeitgedächtnis verwehrt, denn letztendlich besitzt der Song hinsichtlich Einzigartigkeit die Aura eines Sandkorns. Das Album startet übrigens mit einem Skit eines High-School-Abschlusses, in dem Tor seine Ziele, als Rapper erfolgreich zu werden, darlegt. Das Album selbst ist irgendwo schon der Erfolgsnachweis, was allerdings noch lange keine Lobeshymnen rechtfertigt, denn die großen Momente wird man vergebens suchen: Auch Altmeister Large Pro steuert mit "Do The Math" ordentliches, aber austauschbares Material bei, dem Torae mit seinen zahlreichen und teils wenig geistreichen "Was wäre wenn?"-Szenarien nicht sonderlich weiterhilft. Der wichtigste Pluspunkt dieser Scheibe ist jedoch, dass jene sehr ordentlichen Tracks fast die komplette Tracklist abdecken, dass sowohl ein sehr transparentes "Thank You" als auch das der Ex hinterherhängende "Over You" angenehm durch den Player laufen. Einen der unangenehmsten Momente verbucht Torae zusammen mit Illmind und Pav Bundy im blutleeren "What It Sound Like", während Premier einen zwar sehr standardmäßigen aber gleichermaßen herzhaft guten Titeltrack zimmert, in dem selbst der durchschnittlich charismatische Torae aufgeht. Auch Pete Rock lässt einen Signature-Beat springen, an dem es wenig auszusetzen gibt - höchstens, dass man kaum darauf achtet, was Torae eigentlich so erzählt. Denn inhaltlich ist "For The Record" doch etwas dünn gestrickt, über ein paar persönliche Nummern kommt das Album nicht hinaus. Mit einer solchen ("Reflection"), die erneut Torae's Verbundenheit zum HipHop bekundet, geht der Protagonist in die Zielgerade, um dann mit Danksagungen an die Beteiligten (Premo, Marco Polo, etc.) in "Panorama" abzuschließen.

Torae wird immer einer dieser Künstler sein, bei denen man genau weiß, was man mit einem Album bekommt. Deswegen ist es in keinerlei Hinsicht überraschend, wie "For The Record" letztendlich ausfällt. Es ist ein Album, das so sehr im offiziellen Neuzeit-BoomBap-Gewand daherkommt wie nur irgend möglich, das seine Werte an Punchlines und einer True-Schooler-Attitüde festmacht und das aufgrund des Altersnunterschieds zwischen Torae und seinen ihm Beats spendenden Paten die Dankbarkeit und Respektzollung an die goldene Generation nicht zu kurz kommen lässt. Wer ein solches Album sucht, der ist mit dem offiziellen, in sauberer Handarbeit gefertigten Debüt des Brooklynites gut bedient, sollte aber nicht erwarten, in irgendeiner Hinsicht vom Hocker geworfen zu werden.

5.7 / 10

Cappadonna - The Pilgrimage


Release Date:
15. November 2011
Label:
Chamber Musik Records / Fat Beats Records
Tracklist:
01. A-Alike B-Alike C-Alike
02. Dart Imports
03. Energy Guard
04. Hoody Hoodpecker (Feat. Matlock & Killa Black)
05. Good Wine (Feat. Chedda Bang)
06. Put God First (Feat. Solomon Childs & Inspectah Deck)
07. Hold On
08. Honeys Look Good (Feat. Inspectah Deck)
09. For You (Feat. Killa Black)
10. Friendemies (Feat. Chedda Bang)
11. Can't Believe It's Him
12. Cuban Link Kings
13. Trials & Tribulations (Feat. Killa Black & Elite)

Review:
Erinnert sich noch jemand an Cappadonna's letztes Album, "Slang Prostitution"? Wahrscheinlich nicht - mehr als ein, zwei Songs hat man zugegebenermaßen nicht mitgenommen, dabei bemühten sich Label und Konsorten anno 2009 redlich darum, Cappa's stillstehende Solo-Karriere wieder anzukurbeln. Ein mit reichlich Wu-Tang-Features vollgepacktes Album hätte so etwas eventuell geschafft, doch obwohl Donna bei "8 Diagrams" scheinbar offiziell in die Reihen des Clans eingegliedert wurde und auch auf den letzten Veröffentlichungen der Generäle immer wieder vorbeischaute, treibt er selbst sich etwas abseits herum, nämlich immer noch auf Chamber Musik. Die kündigen "The Pilgrimage" schon seit geraumer Zeit an und können es nun mit Fat Beats im Rücken auch stolz präsentieren.
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 Wenig überrascht hat es, dass "The Pilgrimage" letzten Endes doch ähnlich unbeachtet veröffentlicht wurde wie sein Vorgänger, was allerdings nicht heißen soll, dass das Album absolut keine Beachtung verdient hätte. Denn wider Erwarten kommt Cappa einigen hier und da getroffenen Andeutungen, zum "Pillage"-Stil zurückzukehren, zu gewissem Grad nach: Der teils sehr komische Sound des Vorgängers jedenfalls wurde zurückgelassen, es regieren vorwiegend die Eastcoast-Sounds, die einen in Wu-Tang-Gefilden willkommen heißen. "Hoody Hoodpecker" eignet sich als Beispiel und wird eingeleitet von einem Sample aus der "Kung Fu"-TV-Serie, um dann von G-Clef ein recht simples Lo-Fi-Streicher-Gerüst untergelegt zu bekommen - Cappadonna klingt dazu zwar fraglos nicht mehr so wie vor 13 Jahren, ein angenehmer Zeitgenosse am Mic ist er deswegen immer noch. Die nächste positive Überraschung ist die Gästeliste, die auf den ersten Blick nicht unbedingt attraktiv aussieht: Solomon Childs und Deck sind die einzigen Wu-Recken, die auftreten, daneben sind es zwei Kumpel aus der eigenen Hood in Staten Island, nämlich Chedda Bang und Killa Black, die Cap zur Seite stehen und dabei zwar keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, als Unterstützung aber einen erstaunlich guten Job verrichten. Zu Beginn seines Albums kommt Barack O-Donna jedoch recht gut alleine zurecht, "A-Alike B-Alike C-Alike" öffnet den Vorhang als leicht bekömmlicher Kopfnicker, auf dem ein gealterter Cappadonna genau die richtige Menge Platz bekommt, seine Anliegen vorzutragen, ohne mit der Tür ins Haus zu fallen. Im Großen und Ganzen lässt sich der Inhalt so zusammenfassen: Cap ist älter geworden und sieht sich damit als wesentlich weiser, appelliert etwa im soften "Hold On" an Verantwortungsbewusstsein und ruft zu positivem Denken auf. Das hindert ihn nicht daran, mit "Dart Imports" einen schönen, von Cap's Shaolin-Stil geprägten Battle-Track vorzulegen, der sich auf instrumentaler Ebene schön entfaltet. Zwar bleibt die Scheibe großteils in ähnlichen Gefilden, in der zweiten Hälfte finden sich dann trotzdem einige durchschnittliche Tracks, namentlich "Friendemies" oder "Can't Believe It's Him" (mit etwas dämlicher Hook). "Put God First" ("The average man dies at the age of 25 / Put god first, that's the only way to survive") verliert durch die Abgenutztheit des J.J.-Band-Samples ein wenig an Reiz, weswegen Deck's zweiter Auftritt dann noch für den deplatzierten Club-Song "Honeys Look Good" verfeuert wird, scheint sich jeglicher Logik zu entziehen. Glücklicherweise läuft man mit Chedda Bang im Streicher-satten "Good Wine" zu Topform auf, "Energy Guard" versteht es wiederum gut, sein Kung-Fu-Sample vorzuspannen. Der gemischte Gesamteindruck wird gegen Ende nochmal nach oben gezogen, denn "Cuban Link Kings" wird (nach einem eineinhalbminütigen Interlude) seinem Namen mit einem Schmankerl eines Beats und einem bestens aufgelegten Donna mehr als nur gerecht, "Trials & Tribulations" fungiert perfekt als schwermütiger Abschluss.

Dass der Großteil der Welt Cap's fünftes Album verschläft, ist wohl kein Verbrechen, ganz so unbedeutend oder gar schlecht, wie manch einer vermutet haben mag, ist "The Pilgrimage" dann allerdings ganz und gar nicht. Denn Cappa schlägt den richtigen Weg ein, bringt es zu einer ganzen Reihe hörenswerter Tracks und fällt nur einmal unter das Durchschnittswaren-Gitter. Damit muss man die großteils unbekannten Beat-Bastler nicht einmal gegen größere Namen austauschen, sehr wohl dagegen hätte die Gegenwart einiger weiterer Wu-Brüder erfreut, wenngleich es wesentlich verkehrtere Lakaien als Killa Black und Chedda Bang gibt. "The Pilgrimage" zeigt also viele erfreuliche Aspekte, unterstreicht Cappa's noch gegebene Relevanz und verpasst knapp die dreieinhalb Kronen. 

6.3 / 10

Mobb Deep - Black Cocaine


Release Date:
25. November 2011
Label:
Sony RED Distribution
Tracklist:
01. Dead Man's Shoes
02. Black Cocaine
03. Conquer
04. Get It Forever (Feat. Nas)
05. Last Days

Review:
Über fünf Jahre nach dem letzten Album wagt sich eines der bedeutendsten Duos der Neunziger wieder in gemeinsame musikalische Gewässer: Nachdem Prodigy inzwischen wieder auf freiem Fuß ist, in jüngerer Zeit aber vor allem durch sein Buch (welches es fertig brachte, sogar langzeitige Weggefährten wie Nitty zu verstimmen) auffiel, wird es Zeit für ihn und Partner Havoc, zu zeigen, welche Stilrichtung der ergatterte Deal bei Sony RED mit sich bringen wird. Den ersten Vorgeschmack soll jedenfalls diese EP geben, die mit "Black Cocaine" betitelt wurde und ohne große Trödeleien ihren Weg aus dem Studio findet.
WRITTEN FOR Rap4Fame

 Mit fünf Tracks sehr überschaubar gehalten, laden sich IMD zwei Gäste sowie mehrere Produzenten ein - denn Havoc selbst schraubt nur einen Beat, während Young Free und Beat Butcha ihr Glück versuchen dürfen und Kumpel Alchemist zweimal vertraut wird. Erwartet haben wird wohl niemand allzu viel, ein Erfolg wäre schon das Andeuten einer vielversprechenden Marschrichtung für das für 2012 angekündigte Album. Doch da enttäuschen Mobb Deep schon mit dem ersten Song: Bounty Killer (bzw. ein Sample des Mannes) die ersten Worte der EP sprechen zu lassen ist so oder so nicht die sinnvollste Idee, doch was sich anschließt ist nicht im Mindesten besser: Uninspiriertes Klang-Geleier soll eine gefährliche Stimmung kreieren und wäre dabei vielleicht noch mäßig erfolgreich, wenn P und Hav nicht rappten, als wären sie schon seit Jahren auf einen Gehstock angewiesen - von der Schärfe und Prägnanz der drohenden Raps ("You're not real, you're lookin' real unfamiliar") ganz zu schweigen. Doch da man nun weiß, dass Mobb Deep immer noch das Rückgrat der Szene sind und man ihnen besser aus dem Weg geht, darf man sich nicht beschweren, wenn man sich im Chorus von "Black Cocaine" fragt, was man hier eigentlich immer noch sucht - denn was Prodigy als solchen verkauft ist Sprachdurchfall der primitivsten Sorte, der einen von Alchemist etwas künstlich, aber solide produzierten Song befleckt. Wesentlich interessanter ist ohnehin der zweite Track mit Beteiligung vom Alchemist, schließlich gibt es auf "Get It Forever" noch eine Reunion mit Nas, die gar nicht an Klassiker wie "Live Nigga Rap" anknüpfen müsste, um als Erfolg feierbar zu sein. Doch auch hier geben sich Mobb Deep keine Mühe: Die Schilderungen, dass die beiden immer noch das große Geld scheffeln, sind in keinster Weise interessant aufbereitet, dagegen wirkt ein recht ordentlich aufgelegter Nas mit einigen Zeilen über das Straßenleben wie ein lyrischer Großmeister. Da zudem Alchemist mit etwas gefühllosem E-Gitarren-Geschrammel jeglichen Sinn für einen kalten QB-Banger verschnarcht, kann man diesen Song getrost vergessen. Damit verbleibt schon nicht mehr viel, denn als riesengroße Überraschung stellt sich auch "Last Days" als nicht bahnbrechend heraus, wenngleich der Mobb (dass Prodigy mit Zeilen wie "Look my mouth dry, stomach all hurtin', I need this / Y'all bellies got fat while I was jailin', I need this" antanzt, überrascht wenig) hier wesentlich dynamischer vors Mic tritt und Young Free mit seinem Beat eine Steigerung zu den bisher erwähnten Songs erreicht. Letztendlich ist da noch Havoc's eigene Produktion ("Conquer"), die mit dramatischen, von Hörnern angeführten Samples zwar wieder nicht den klassischen IMD-Ton trifft, die oberflächlichen Rhymes aber in ein gut hörbares Licht taucht.

Kurz und bündig: In dieser Verfassung brauchen Havoc und Prodigy gar nicht erst daran denken, ein neues Album aufzunehmen. Tun werden sie es wohl trotzdem, weswegen es einige Probleme zu überwinden gilt: Da wäre die Produktion, bei der sich (zumindest hier) The Alchemist als nicht mehr des einst im Schlaf beherrschten und so gut zu Mobb Deep passenden Sounds mächtig erweist, während die jüngeren Unternehmungen des Havoc (man denke an seine Soloprojekte) ebenfalls Grund zur Sorge geben und definitiv keine verlässliche Quelle darstellen - irgendwo muss also fähige Rückendeckung aufgetrieben werden. Die wird allerdings auch nichts bringen, wenn das legendäre Duo so gemächlich und lyrisch morsch durch die Booth watschelt, wie es auf "Black Cocaine" zu großen Teilen passiert. Man sollte es eigentlich noch besser können, viel schlechter als diese unrühmliche EP wird es deswegen (hoffentlich) nicht.

3.7 / 10

Willie Stubz - The Industry


Release Date:
25. April 2003

Label:
SPKilla Muzik

Tracklist:
01. Intro (Feat. DJ JCNY)
02. Come Wit Me
03. Welcome 2 Da Ghetto
04. QU-EE-NS (Feat. Capone & Nature)
05. Keep It Poppin
06. In These Streets (Feat. Marly Gats & Johnny Blanco)
07. Anything
08. I Remember Them Days (Feat. Complexion)
09. Get In 2 U
10. The Industry (Feat. N.O.R.E. & Musaliny)
11. STUBZ Has Returned Again
12. Verbal Attack (Feat. Juju)
13. After The Show (Feat. Greg Nice)
14. GetChu Hye
15. Make It Happen (Feat. Al Ferguson & Kruk)
16. My Destiny
17. Words
18. Can't Fade Us (Feat. Al Ferguson & K-Rime)
19. Keep It Gansta (Feat. Gold, Troy Outlaw & Musaliny-N-Maze)
Review:
Willie Stubz ist einer von so vielen Rappern aus den Tiefen New Yorks mit einer kaum einzigartigen Geschichte. Wie so viele andere entdeckt er in den Neunzigern sein Talent fürs Reimen und kommt zu dem Schluss, dass sich daraus Profit schlagen lässt. 1996 läuft er dann einem aufstreben DJ namens SPK (alias SP Killa) über den Weg, der gerade das Produzieren für sich entdeckt. Man beschließt, gemeinsame Sache zu machen. Die ersten Aufnahmen finden Anklang, ein gewisser Melvin "Megadon" Gonzalez signt die beiden bei seinem Label Pentagon. Da Stubz aus der Queens-Nachbarschaft Corona stammt, taucht er außerdem auf zwei Beatnuts-Alben auf und bekommt eine eigene Single von Psycho Les produziert, was schließlich das Interesse von Tommy Boy weckt und neben einem vielversprechenden Deal u.a. einen Auftritt auf dem "Black Mask"-Soundtrack nach sich zieht. Als Tommy Boy sich dann 2002 von Warner trennt, verliert Stubz jegliche Priorität und verlässt das Label. Ein weiterer Rückschlag ist die Ermordung von Gonzalez, nach der Stubz komplett ohne Label dasteht. So wird, nachdem man keinen neuen Vertriebspartner findet, "The Industry" 2003 selbst auf den Markt geworfen.
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 Dass die Scheibe komplett ohne Budget auskommen muss, ist für Willie kein Hindernis, schließlich hat er mit SPK seinen Produzenten direkt an seiner Seite und dank der verbrachten Jahre im Geschäft die eine oder andere Telefonnummer, was "The Industry" eine ordentliche Gästeliste einbringt. Der in den Credits hinter fast jedem Song stehende Name RoomLab Beats erklärt sich des Weiteren als Zusammenschluss von SPK, Kevin Kyze und Ric Rude, den der NY-Fan eventuell schon kennt. Dieses Team liefert den einheitlichen Soundtrack für ein Album, das mit seinem Namen und bei Beachtung von Willie's Vorgeschichte als rachsüchtiger Feldzug gegen profitgeile Label-Politik angemommen werden könnte. Doch selbst wenn Willie ordentlich unter die Räder gekommen ist, gibt es davon nichts zu hören, denn "The Industry" ist von vorne bis hinten ein typisches und textlich vor allem sehr durchschnittliches Street-Album, wobei die Geschichten vom harten Überleben in Corona wiederum recht selten zu hören sind. Stubz verbringt viel Zeit damit, sich beim großen Ziel, Geld zu scheffeln, Mut zuzusprechen, sich selbst in Szene zu setzen und nebenbei von Fakes abzugrenzen. Da der Anfang jedes guten Albums ein vollkommen sinnfreies Intro ist, glänzt Willie zu Beginn direkt in der Disziplin, die erste Minute des Albums komplett zu verschwenden, bis endlich "Come Wit Me" loslegt. Dort macht der Emcee mit dem heiser-rauen Stimmorgan eine gute Figur und gibt einen Abriss über seinen bisherigen Werdegang, vom Aufwachsen in Corona bis zu den Zielen, die noch vor ihm liegen. Mit "QU-EE-NS" geht es kurz darauf mit Nature und Pone (dessen Stelle ursprünglich Royal Flush zugedacht war) in die Vollen, wenn die drei New Yorker Hustler ihr Borough zum Thema machen. Die streicherlastige Unterlage könnte man ohne weiteres in die besseren Tage der Queensbridge stecken und sie zählt auch hier zum Besten, was es zu hören gibt. Denn zumeist legt die RoomLab-Gemeinde einen etwas softeren Gang ein, kreist irgendwo zwischen dem aufweichenden QB-Sound des Release-Jahres und den freundlicheren Werken der Beatnuts. Kein Wunder also, dass auch Hype-Mann Greg Nice seinen Weg aufs Album findet, wobei "After The Show" munter pfeifend und mit Greg's Flair schwer in Ordnung geht. Selbiges gilt eingeschränkt für den sehr voraussehbaren Ladies-Song "Get In 2 U", vor allem aber für "GetChu Hye", das von Psycho Les als einzige auswärtige Produktion mit entspannt-dezenter E-Gitarre schmackhaft gemacht wird. Willie fühlt sich mit seiner markanten Stimme überall wohl, hat nur leider viel zu wenig zu erzählen, weshalb das Album für alle, die auf textliche Vielfalt Wert legen, schnell redundant wird. Unter den weniger weichen Tracks (denn richtig harte gibt es leider keine) bleiben vor allem das wunderbar auf Stubz' Stimme zugeschnittene "Keep it Poppin'" und das abschließende "Keep It Gangsta" hängen, bei dem Noreaga's Handlanger zugegen sind. "Verbal Attack" dagegen ist mit seinen zweieinhalb Minuten weder lang noch übermäßig aufregend (trotz Juju). Da gefällt das angenehm smoothe "I Remember Them Days" mit Coronas hauseigenen, harmonisch-gefühlvollen Sängern von Complexion als R.I.P.-Nummer schon um Längen besser. Ebenfalls hörenswert ist die fröhlich unterlegte Willkommensheißung "Welcome 2 Da Ghetto" ("Get out the street now! - But that's all I know / Besides, where the fuck am I supposed to go?"). Nachdem noch die Geldhatz motiviert ("Make It Happen") und der eigene Weg trotz aller Hürden festgelegt wurde "My Destiny") hat der Spaß auch schon wieder ein Ende.

Nach einer Stunde weiß man, dass Willie Stubz selbst in einem Paralleluniversum, in dem sein Debüt mit tatkräftiger Unterstützung von Tommy Boy erschienen ist, nicht der nächste Messias der Szene geworden wäre. An den Grundvoraussetzungen mangelt es sicherlich nicht, denn dank Stimme und sehr solidem Flow hört man dem Mann gerne zu. Zu erzählen hat er hingegen nicht allzu viel, was das potentielle Zielpublikum aber weniger stören dürfte als die Tatsache, dass RoomLab Beats bei den Produktionen zu wenig gewagt haben und zu oft im Niemandsland der stilistischen Orientierungslosigkeit des NY-Street-Sounds zu jener Zeit steckenbleiben. Die guten Ansätze sind da (vor allem in die partytaugliche Richtung) und machen "The Industry" trotz Fehlen richtiger Kracher zu einer gut durchhörbaren Angelegenheit.

6.2 / 10