Freitag, 21. September 2012

Algorithm - Dawn Of A New Error

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A Tribe Called Quest - People's Instinctive Travels And The Paths Of Rhythm


Release Date:
17. April 1990

Label:
Jive Records

Tracklist:
01. Push It Along
02. Luck Of Lucien
03. After Hours
04. Footprints
05. I Left My Wallet In El Segundo
06. Pubic Enemy
07. Bonita Applebum
08. Can I Kick It?
09. Youthful Expression
10. Rhythm (Devoted To The Art Of Moving Butts)
11. Mr. Muhammad
12. Ham 'N' Eggs
13. Go Ahead In The Rain
14. Description Of A Fool

Review:
Die Geschichte zu einer der legendärsten Crews der HipHop-Geschichte beginnt schon im Jahr 1972 in Queens: Mutter bzw. Großmutter der später als Q-Tip und Phife Dawg bekannten Zweijährigen nehmen ihre Sprösslinge mit in dieselbe Kirche. Einige Jahre später schließen Tip und Phife in der Grundschule Freundschaft - Tip wurde von seinem Vater eine starke Jazz-Prägung mit auf den Weg gegeben, Phife von seiner Mutter zur Poesie animiert. Der nächste Schritt geschieht auf Tips High School, wo man Ali Shaheed Muhammad kennenlernt, der dank eines DJ-Vaters schon seit seinem achten Lebensjahr auflegt und seit dem dreizehnten produziert. Phife, der mit einem gewissen Jarobi White übers Basketballspielen Freundschaft geschlossen hat, besucht aufgrund dieses Sports öfter die High School, Jarobi beatboxt für Tip. Ein wichtiger Faktor sind dann die gleichgesinnten Jungle Brothers, mit denen Tip Freundschaft schließt und die der ursprünglich von Tip als Crush Connection und später als Quest vereinten Gruppe den Namen A Tribe Called Quest verpassen. Eine erste Demo wird von Geffen produziert, ein Album will dort anscheinend aber niemand. Ganz anders bei Jive, die den Tribe verpflichten und 1990 schließlich auch das Debüt veröffentlichen.
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 "People's Instinctive Travels And The Paths Of Rhythm" ist zu diesem Zeitpunkt der bahnbrechende nächste Schritt aus den Reihen der Native Tongues, die von den JBs zusammen mit De la Soul und ATCQ gegründet wurden, enge Bindungen zur Zulu Nation pflegen und der Inbegriff für den alternativen HipHop jener Zeit sind. Obgleich es schwer vorstellbar ist, dass in einer Szene, die zusehends härter wird und für Spaß immer weniger Platz einräumt, eine Bewegung losmarschiert, die ihre lockeren und meist inhaltsbedachten Reime über Jazz-Samples kickt, begeistert der Tribe genau damit. Schlüssel zum Erfolg sind natürlich Tip und Phife am Mic, die bereits hier (wenngleich Q-Tip wesentlich öfter zu hören ist) meisterhaft zusammenspielen, aber auch der regieführende Ali begeistert mit Produktionen, die ihrer Zeit voraus sind: Über satte Drum- und herzhaft füllige Basslines sampelt Mr. Muhammad, was das Zeug hält, von Jazz über die Beatles bis zu typischem Soul. Das Besondere ist die Art und Weise, wie diese Songs, die allesamt alles andere als überladen sind, aus simplen kombinierten Loops eine Atmosphäre beschwören, die nicht nur Laune macht, sondern auch die afrozentristischen und Conscious-Raps freundlich aufnimmt. "Go Ahead In The Rain" ist ein Paradebeispiel, krallt sich in direkter und doch genialer Weise den Funk des Slave-Samples, während Q-Tip aufmunternde Zeilen zum Besten gibt und zu Eigenwahrnehmung aufruft. Eine weitere Stärke sind die zu findenden Ideen - wie Jarobi auf "I Left My Wallet In El Segundo" gekommen ist, wissen die Götter, das Ergebnis ist ein lächelnder Evergreen. Das vierte Mitglied ist am Mic übrigens kaum zu vernehmen, übernimmt nach "Push It Along" allerdings die Vorstellung des Tribes in einem eigens untermalten Zwischenspiel, das (immer mit Jarobis Worten versehen) wie ein roter Faden immer wieder zwischen den Songs eingespielt wird. So auch vor "Can I Kick It?", dem Klassiker mit dem so prägnanten Frage-Antwort-Chorus und dem genialen Zusammenspiel aus Bass und Snare, die den Song in Tips und Phifes Part einteilen. Doch die Platte hat natürlich noch mehr zu bieten, unter anderem ein großartiges "Luck Of Lucien", das dem bei Billy Brooks entlehnten Beat neues Leben einhaucht und auch dessen Bläser für ein weiteres Stück Jazz-Rap bemüht, das diesmal in Form von Zeilen an die Titelfigur Lucien Ratschläge erteilt. "Rhythm" zeigt Ali in innovativer Form, während das vegetarische Plädoyer "Ham 'N' Eggs" tatsächlich mit Langeweile zu kämpfen hat. Als Entschädigung warten edle Momente wie "Bonita Applebum", in dem Tip einer sowohl schönen als auch starken, klugen Frau den Hof macht. Zum Abschluss wartet ein weiteres Highlight, "Description Of A Fool", in dem nochmals die komplette Verspieltheit, aber auch das soziale Bewusstsein der Scheibe zum Vorschein kommt.

Zwar wird dieses Album oft vergessen, da ihm - im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern - noch weitere Großtaten folgen sollten, doch deshalb ist es trotzdem ein klasse Debüt. Mit ihrer völlig unbeschwerten Art bringen ATCQ nicht nur frischen Wind in die Szene, sondern lockern diese auch auf. Die Art, wie die Samples verbaut werden, ist Pionierarbeit, die Raps sind klug, afrozentristisch, aber nicht so provokant und anstößig wie anderswo. Die größte Errungenschaft von "People's Instinctive Travels And The Paths Of Rhythm" mag allerdings seine Zeitlosigkeit sein, denn nicht nur waren ATCQ ihrer Zeit voraus, man kann dieses Album auch heute noch problemlos anhören, sich der starken Grundstimmung erfreuen, aber auch die einzelnen Songs wertschätzen.

8.6 / 10

Bigg Jus - Plantation Rhymes


Release Date:
30. Oktober 2001
Label:
Sub Verse Music
Tracklist:
01. Tongue Sandwich
02. Heavenly Rivers Intro
03. Dedication 2 Pray
04. Gaffling Whips (You've Changed Remix)
05. Plantation Rhymes (Runaway Mix)
06. Dedication 2 Peo
07. The Story Entangles (Feat. Angel Donyel)
08. I Triceratops
09. Dedication 2 Peo (Instrumental)
10. Gaffling Whips (Instrumental)
11. Gaffling Whips (Original Dent Puller Version)
12. Lock Jaw (Feat. Gerk)
13. The Story Entangles (Instrumental)

Review:
Als einer der wenigen, die über die Graffiti-Szene ihren Weg ins HipHop-Geschäft finden, begibt es sich, dass Big Justoleum Lune TNS zu jener Zeit die folgenreiche Bekanntschaft mit El-P macht, die in den Neunzigern zum Company-Flow-Projekt mit all seinen Folgen führt. Dabei ist der New Yorker von Anfang an auch in eigene Projekte verstrickt, so hebt er '98 nach dem vorschnellen Ableben des vielversprechenden 3-2-1 Records zusammen mit Fiona Bloom und Peter Lupoff das Kult-Label Sub Verse als eines der Outlets für die gerade zahnende Untergrund-Szene aus der Taufe. Als Company Flow (nie als Langzeitgruppe geplant) dann schließlich unter dem Rummel, den der Debüt-Klassiker entfacht, zerbricht, wendet sich Jus seinem Label zu, veröffentlicht Alben diverser Künstler, arbeitet aber auch am eigenen Solo "Black Mamba Serums". Das soll 2001 droppen, wird aber aufgrund eines (durch 9/11 bedingten) Sinneswandels (Jus selbst sagt, er hatte böse Vorahnungen) vorerst auf Eis gelegt. Um den Fans dann aber doch irgendetwas zu geben, nimmt der inzwischen schon in Atlanta hausende Jus einige der Album-Tracks und schnürt aus ihnen die "Plantation Rhymes"-EP.
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 Denkt man an Company Flow zurück, so war eindeutig El-P derjenige, der im Vordergrund stand, der die Beats produzierte und der das Album dirigierte. Juss war das mit ausgefallenen Flows spittende Gegenstück, während er hier komplett auf eigenen Füßen zu stehen hat, da er nicht nur den Großteil aller Beats selber zimmert, sondern auch auf Unterstützung am Mic praktisch verzichtet. Doch keine Sorge, Jus hat alles im Griff und darüber hinaus sowohl am Mic als auch hinter den Boards Styles über Styles parat. Nicht von ungefähr kommt seine Aussage, dass seine Musik nicht mit anderer HipHop-Musik, die zeitgleich auf dem Markt zu finden ist, vergleichbar sei. Ganz so einzigartig ist "Plantation Rhymes" dann zwar nicht, verdammt gut es sie trotzdem, was wiederum daran liegt, dass Justoleum so eigenwillig an seine Songs herangeht. Mal ist das Tempo schleppend langsam, mal flowt Jus flink und behände, praktisch immer wird auf typische Konventionen - drei von Hook getrennte Verse - gepfiffen, stattdessen werden in einem Song mehrere Beats untergebracht, manchmal setzt der Beat gar komplett aus. Der Dirigent dieses kreativen Wahnsinns steht selbstsicher mit einem sehr vielschichtigen, teils eigenwilligen Flow im Geschehen und denkt nicht daran, den Hörer mit inhaltslosem Gelaber zu langweilen. Dank seines Writer-Hintergrunds finden sich (man erinnere sich an "Lune TNS") auch hier starke Prägungen seiner ersten HipHop-Leidenschaft, ganz generell bezieht er sich immer wieder auf die Wurzeln der Kultur. "Dedication 2 Pray" kombiniert schwermütige Streicher mit rapiden Rhymes, die vor allem der NY-Writer-Szene gewidmet, aber als Lehrsatz über alle Elemente konzipiert sind. Der Titeltrack ist in seinem vertretenen Mix ein Spiegelbild von Jus' Musik und pendelt zwischen drei Beats hin und her: ausgefallene Samples jagen sich und Style-Biter ("Plantation rhymes, cause most you emcees rhyme like slaves") werden gegrüßt. In dieses dichte Reim- und Klangerlebnis wird man allerdings schon in "Tongue Sandwich" geworfen, das einem mit seiner Art, gegensätzlich klingende Drums und Sounds zu einem schwer interessanten und letztendlich auch packenden Einstieg aufeinanderzujagen, in der Tat wenig Vergleichbares in den Sinn kommen lässt. Wen wundert's, wenn Jus in "Heavenly Rivers Intro" gleich weitermacht und nach harmonisch-ruhigen ersten 40 Sekunden harte Drums ansetzt, um nochmal die Style-Kopierer an die Wand zu stellen. Ähnlich experimentell ist das königlich betitelte "I Triceratops", "Dedication 2 Peo" dagegen lässt etwas fröhlichere Klänge und autobriographische Zeilen dominieren, während "Lock Jaw" als Gast-Song von Dregas eingängig-düster produziert und vom etwas belegt flowenden Gerk mit allerlei drohenden Raps glasiert wird. Eine letzte Überraschung schüttelt Jus aber noch aus dem Ärmel: "The Story Entangles" reißt den Hörer für einen Moment aus dem Geschehen der EP und induziert eine Seelenruhe, die man kaum für möglich gehalten hätte: Doch der Song, der den Hörer mit einem langsam herabperlenden Piano-Loop einwickelt und nur vom sachten, sinnlich-verlockenden Gesang von Angel Donyel bedeckt ist, übt eine bezaubernde Magie aus, bei der man es mehr als billigt, einige Minuten nichts von Jus zu hören.

Da "Plantation Rhymes" fast vollständig Teilmenge der originalen "Black Mamba Serums" ist, ist es natürlich nicht vollkommen einzigartig, doch was Bigg Jus allgemein im Zuge dieser Aufnahmen fabriziert hat, sucht in der Tat seinesgleichen. Nicht weil es so herausragend gut wäre, sondern schlichtweg weil Jus seinen ganz eigenen Stil entwickelt. Gut ist die Musik dabei natürlich trotzdem, an nicht wenigen Stellen sogar herausragend. Gleichsam ist sie etwas sperrig, öffnet sich nicht sofort und ist auch beim zigsten Mal nicht für jedermann. Als kleiner Leitfaden sollte gelten: Wer mit Company Flow etwas anfangen konnte, der kann es sich kaum leisten, nicht mindestens mal ein Ohr zu riskieren, denn Jus gehört zu den besten Künstlern, die die Underground-Szene um die Jahrtausendwende zu bieten hatte.

8.0 / 10

Mekalek - Live And Learn


Release Date:
06. Juni 2006

Label:
Glow-In-The-Dark Records

Tracklist:
01. Even Though (Feat. Time Machine)
02. 2 Nights Ago (Feat. Jesse Calico)
03. The Gritty Bop (Feat. Percee P)
04. Beat Break #1
05. Live And Learn (My Life) (Feat. Big Name)
06. Love Life Money Guns (Feat. Fedd Hill)
07. Beat Break #2
08. Here It Is (Feat. Time Machine)
09. Top Of The World (Feat. Shawn Jackson)
10. Beat Break #3
11. Face Your Life (Feat. Raw Poetic)
12. Running In Place (Feat. Sparks)
13. Beat Break #4
14. Triple J (Feat. Shawn Jackson, Jaysonic & Jahpan)
15. Interlude: Cocktail Freestyle (Feat. Cool Calm Pete)
16. 2 For Me, 1 For You (Feat. Starrs & Murph)
17. Beat Break #5
18. Dream Come True (Feat. Shawn Jackson)
19. Incredible Feeling (Feat. Jahpan)
20. Beat Break #6

Review:
Wem DJ Mekalek nichts sagt, der wird vielleicht beim Nennen des Namens Time Machine hellhörig. Die entspannte Seele, um die es hier geht, macht nämlich ein Drittel des erfolgreichen Trios aus und fungiert seit Anbeginn als Produzent und DJ. Als DJ unternimmt er schließlich auch seine ersten Schritte, hostet eine Radio-Show bei WRIU, dem College-Radio seiner Heimat Rhode Island. Anfangs gibt es von ihm hauptsächlich Mixtapes zu hören, doch nach und nach freundet er sich mit seiner ASR-10 an (die ihn bis heute begleitet). Dann erfolgt die Zündung der Karriere mit Jaysonic und Comel als TM, man startet das eigene Label Glow-In-The-Dark und fährt mit dem ersten Album "Slow Your Roll" erste Wellen des Lobs ein. 2005 folgt "TM Radio", das auch die ersten Releases anderer Künstler auf dem eigenen Label zusammenfasst, 2006 dann unternimmt Mek mit "Live And Learn" einen Soloausflug.
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 Einen Bruch mit TM bedeutet das natürlich nicht, seine zwei Kollegen sind fester Bestandteil der Gästeliste, in der auch sonst hauptsächlich geistig verwandte Leute eingetragen sind, alle fast durchgehend unbekannt. Damit muss auch niemand Angst haben, hier eines dieser Alben vor sich zu haben, das sich schon aufgrund seiner eigenen Gäste so sehr gefällt, dass es vergisst, selbige an einen roten Faden zu binden. Mekaleks Produktion ist dieser Faden, dem jeder Emcee folgt, ohne sich dabei selbst auf Kosten der Gesamtqualität zu sehr in den Vordergrund spielen zu wollen. Deswegen sind die Auftritte nicht minderwertig, man fühlt sich lediglich wie bei einer großen Gemeinschaft, die schon seit längerer Zeit zusammen Musik macht. Wer "Slow You Roll" kennt, der weiß schon grob, was einen erwartet, wenngleich sich Mekalek mit jedem neuen Projekt weiterentwickeln möchte. Trotzdem besteht "Live And Learn" aus fruchtigen Klängen und tonnenweise Samples, die der nie einer musikalischen Ausbildung unterworfene Mekalek wie ein Altmeister sucht, findet und zusammenbastelt. Zusammengefasst macht er Gute-Laune-Musik, das Spektrum reicht allerdings von nachdenklichen Tönen für den Walkman bis hin zu Partystücken (nicht zu verwechseln mit Club-Tracks). Mit letzterer Sorte heißt man den Hörer in "Even Though" willkommen: Vögel zwitschern, eine Melodie zieht im Hintergrund ihre Kreise, Mekalek bearbeitet die Turntables und baut so langsam Spannung auf, bis Jaysonic irgendwo in der dritten Minute zum Mic greift und den Hörer mit dem Slogan "Even though what we do is dumb, we're gonna do it anyway, cause we're young and it's fun / [...] / And the only thing staying the same / No matter what else, is that things gonna change". Auch mit ihrem zweiten Auftritt im herkömmlicheren Kopfnicker "Here It Is" erfreuen TM. Als wichtige Komponente der Scheibe erweisen sich die "Beat Break"s, die allesamt mit sehr angenehmer Stimmung bestechen, den Hörer daran erinnern, wo er sich hier befindet und treffend in die folgenden Tracks überführen. Ein solcher ist der Titeltrack, auf dem Newcomer Big Name haust. Ein weiterer Newcomer ist Shawn Jackson, dessen zwei Jahre altes "Dream Come True" es zusammen mit "Top Of The World" auf die LP geschafft hat. Gemessen an diesem Album hätte man jedoch kaum erwartet, dass er einige Jährchen später einen Hype erleben würde, während vom Trio Fedd Hill, die mit ihrer (für die Platte ungewöhnlich) ernsten Ausführung übers harte Leben ohne Geld bei den Highlights mitspielen, niemand mehr etwas hörte. Percee P, mehr oder weniger der Star der Scheibe, lebt mit seinen starken Reim-Schemata den "Gritty Bop", den Mekalek zu disharmonisch inszeniert, was nicht wirklich zum Rest der Scheibe passen will, aber auch für sich kein Überbrenner ist. Besser gefallen da schon Panaceas Raw Poetic mit seiner markanten Performance, Sparks mit dem abgeklärten R.I.P.-Song "Running In Place", das "Triple J" und vor allem auch Cool Calm Pete, der zu entspanntem Trompetenspiel einen "Cocktail Freestyle" kickt.

Den Abschluss macht ein sehr besinnlicher "Beat Break", der dem Hörer noch einmal vergegenwärtigt, dass man es hier mit einer der unverfänglichsten Angelegenheiten des Jahres 2006 zu tun hat, von der kein Rap-Fan ausgeschlossen werden muss. Mekalek hat, vor allem bzgl. der Ausschöpfung seiner Möglichkeiten, noch Potential nach oben (was man auf "Life Is Expensive" dann auch hören würde), doch was er hier fabriziert ist schlicht und ergreifend schön anzuhören. Solche Musik birgt natürlich die Gefahr, als Hintergrundmusik zu enden; und zu diesem Zweck kann man sie in der Tat auch nutzen, doch auch wer im Winter ein wenig musikalischen Sonnenschein braucht oder wer im Sommer ein wenig Musik braucht, um sich in die Sonne zu legen, der wird "Live And Learn" schätzen, denn nur weil Mekaleks Beats leichte Köst sein mögen, ist dieses Album noch lange nicht gehaltlos.

6.9 / 10

The Lost Children Of Babylon - El's Appendices (The Scroll Of Lost Tales)


Release Date:
13. Dezember 2011

Label:
LCOB Productions / Fat Beats Records

Tracklist:
01. Intro
02. Street Apostles (Feat. Rasul Allah, Richard Raw, Amun Sen Hotep Re & Cosmic Crusader)
03. Verbal Massacre (Feat. Lex Starwind & Jon Murdock)
04. Shang Tzu (Feat. Atun Sen Geb, Rasul Allah, Amun Sen Hotep Re & Cosmic Crusader)
05. Mechanics Of The Mind (Feat. Rasul Allah, Atun Sen Geb, Amun Sen Hotep Re & Bad Newz)
06. Linguistics (Feat. Richard Raw)
07. Sunz Of The Green Light (Feat. Rasul Allah, Cosmic Crusader, Atun Sen Geb & Ancient Kemet)
08. Mos Definitely (Feat. Jon Murdock, Scientifik & Lex Starwind)
09. Midnight In The Garden Of Good And Evil (Feat. Atun Sen Hotep Re, Richard Raw, Ancient Kemet, Cosmic Crusader & Has-Lo)
10. Right Knowledge (Feat. Amun Sen Hotep Re, Rasul Allah, Atun Sen Geb & Ancient Kemet)
11. Nuwaupian Swordsmen (Feat. Has-Lo, Atun Sen Geb, Rasul Allah & Cosmic Crusader)
12. The 4th Dimension (Feat. Richard Raw, Atun Sen Geb, Bad Newz, Rasul Allah & Amun Sen Geb)
13. High Calibur (Feat. Jon Murdock & Lex Starwind)
14. The Entered Apprentice (Feat. Richard Raw, Cosmic Crusader & Rasul Allah)
15. Where Light Was Created Part 2 (Kundalini Energy) (Feat. Rasul Allah)
16. Full Hammer (Feat. Scientifik & Jon Murdock)
17. The All Seeing Eye (Feat. Cosmic Crusader)
18. Dream Spiral (Feat. Rasul Allah, Cosmic Crusader & Richard Raw)

Review:
Der Anfang der 2000er bedeutet für die Lost Children Of Babylon eine produktive Phase. Nicht nur erscheinen die beiden weithin bekannten ersten Alben, es wird noch wesentlich mehr Material aufgenommen, unter anderem plant Rich Raw ein (komplett von Man-E produziertes) Soloalbum und auch Cosmic Crusader plant ein eigenes Album. Darüber hinaus ist auch schon das nächste Gruppenalbum, "El's Appendices", aus den Kinderschuhen entwachsen, wird aber vorerst zurückgehalten (und als vierter Teil der "Akashik Records" geplant) und mit dem Aufkommen des "9/11 Report"-Konzepts zurückgestellt. Da die LCOB und ihre Ambitionen in den Folgejahren irgendwo hinter Nibiru umhergeistern, verwundert es kaum, dass das ursprüngliche dritte (bzw. vierte) Album in Vergessenheit gerät - umso überraschender, dass es nun doch noch eine Veröffentlichung erfährt.
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 Fat Beats stellen den Vertrieb für das Album, das schon auf den ersten Blick ganz zweifelsohne nicht mehr die Form hat, die es wohl vor knappen zehn Jahren hatte. Was sich jedenfalls nicht geändert hat, ist die Mentalität, denn im Inlay wird die Freiheit von Nuwaupian-Oberhaupt Malachi Z. York gefordert. Abgesehen davon finden sich Jon Murdock und Lex Starwind, die beiden unliebsamen Neuzugänge, im Lineup, was bestätigt, dass auch neue Tracks hinzugefügt wurden. Auf der anderen Seite wird der interessierte Hörer sich freuen, dass sowohl Ancient Kemet und Amun Sen Hotep Re, die beide in jüngerer Zeit nicht mehr auf Releases zu finden waren, mit von der Partie sind, ebenso wie Richard Raw, der zwar momentan als Tehuti Mos seine eigene LCOB-Renaissance plant, aber kein Teil der Gruppe mehr ist. Nun mag man sich noch wundern, wieso die Producer-Credits kein einziges Mal DJ Man-E ausspucken, überraschend oft dafür aber das Duo Has-Lo (ja, jener Philly-Native aus dem Mello-Music-Roster) und Odin Smith. Dies rührt von schlichtweg falschen Credits her, denn obgleich Atun Sen Geb auf seinem 2004er Solo mit den beiden zusammenarbeitete und so diese Verbindung legte, gehen tatsächlich weitaus weniger Tracks auf deren Konto. "Linguistics" beispielsweise ist älter und als (verdammt guter) Appetizer des nie realisierten Rich-Raw-Man-E-Albums zu verstehen. Der große Flickenteppich, als den man dieses Album nun vermuten könnte, ist es trotzdem nicht: Das "Intro" (ein Sample aus dem Herr-Der-Ringe-Intro) setzt die Marschrichtung und in "Street Apostles" gehen die Herren der früheren LCOB-Tage über ein ernstes, eingängiges Piano-Gerüst in ihre meditativ-rhythmischen Vollen. Auch sonst klingt die Scheibe trotz einiger mehr oder weniger gut in den Albumfluss gebogener Fremdkörper - wenig überraschend sind es die vier Tracks mit Beteiligung von Jon Murdock, die nicht immer schlecht, aber immer zu grobschlächtig ausfallen - recht rund und nach den früheren Tagen, aus denen sie ursprünglich datiert. Zu den Highlights zählt das über deckende Streicher fließende "The Entered Apprentice" mit dem wie immer harmonierenden Kerntrio, aber auch "Sunz Of The Green Light" (mit einleitendem Sample aus "Poltergeist") besticht mit astreiner Produktion und seinem Lineup, das den ersten Auftritt von Ancient Kemet verheißt - und wovon auf solchen Tracks geredet wird, sollte inzwischen ohnehin klar sein. Daneben beweisen Has-Lo und Odin Smith, dass sie sich mit ihren Beiträgen gut in den LCOB-Sound zu fügen wussten, während Has-Lo an einigen Stellen sogar das Mic ergreift und beispielsweise in "Nuwaupian Swordsmen" unauffällig eröffnet oder in "Midnight In The Garden Of Good And Evil" die Hook flüstert. Schlussendlich darf man sich noch über ein Cosmic-Solo ("The All Seeing Eye") freuen, während der beste Moment bis zum Schluss aufgehoben wird: "Dream Spiral" (hier dient ein Zitat Morpheus' als Einleitung) stammt aus den "Equidivium"-Tagen und ist nicht weniger als ein Meisterwerk aus der Kunstschmiede Man-Es, dem Richard Raw mit einer Abhandlung der ägyptischen Mythologie (von der Dreifaltigkeit des Amun-Re und dem Kampf zwischen Seth und Osiris) so perfekt aufsitzt, als hätte es nie anders sein sollen.

"El's Appendices" vereint quasi den kompletten Werdegang der LCOB - von den Glanztagen mit DJ Man-E über die bisher vielen nicht bewusste Etappe mit Has-Lo und Odin Smith, die Zeit, in der Stretch The Mad Scientist den "9/11 Report" stemmte, über die Verbindung zu White Lotus (stellvertretend für das große LCOB-Productions-Netz) hin zu den jüngeren Tagen mit Murdock und Starwind. Dabei ist es ohenhin erstaunlich, wie gut sich die Platte am Stück anhören lässt, denn wenngleich nicht jeder Song die einst selbstverständliche Originalität bieten kann, sind es doch nicht wenige Schmankerl, die nicht nur den LCOB-Fan erfreuen sollten und "El's Appendices" somit zu einer lohnenden Anschaffung machen.

6.8 / 10

Molemen - Ritual Of The...


Release Date:
10. April 2001

Label:
Molemen Records

Tracklist:
01. Ritual Of The Mole (Feat. JP Chill)
02. Reign (Feat. J.U.I.C.E.)
03. Challenge Me (Feat. Mr. Metaphor, Breez Evahflowin & C-Rayz Walz)
04. Get Outta Dodge (Feat. Matlock)
05. Taste Of Chicago (Original '97) (Feat. E.C. Illa & Rubberoom)
06. NHB
07. The Equinox (Feat. Vakill)
08. Unbreakable (Feat. Prime)
09. How I Won The War (Feat. Slug)
10. Keep The Fame (Remix '01) (Feat. Vakill, Rhymefest & Percee P)
11. Dime Ahora Mismo
12. Persevere (Feat. Mass Hysteria)
13. Game (Feat. Sebutones)
14. No Guarantees (Feat. Rasco)
15. Keep The Fame (Original '97) (Feat. Vakill, Rhymefest & Percee P)
16. Not Impressed (Feat. Qwel)
17. Triste
18. Put Your Quarter Up (Feat. Slug, Aesop Rock & MF Doom)
19. Face Down (Feat. Grand Daddy I.U., Vakill & Meta Mo)
20. Taste Of Chicago (Remix) (Feat. E.C. Illa & Rubberoom)
21. How We Chill Pt. 2 ('96) (Feat. Rhymefest & J.U.I.C.E.)

Review:
Dass Vakill, als er 1991 mit Panik und Mixx Massacre eine Gruppe gründet, den Namen Molemen erdenkt, ist zwar zutreffend, aber irgendwie auch redundant - zur damaligen Zeit gibt es ja sowieso keinen Gegensatz zum Rap-Untergrund, was sich in den folgenden zehn Jahren auch kaum ändert. Nur der Name wird angebrachter, denn genau dort - im Untergrund - befindet sich das Fundament, auf dem dieses Projekt steht. Anfangs dreht sich noch alles um Mixtapes, doch Panik, der schnell die Führungsposition einnimmt, produziert auch selbst. 1996 schließlich kommen PNS und Memo, beide ebenfalls ungefähr seit Anfang der Neunziger mit dem Schrauben von Beats beschäftigt, ins Bild und das später in dieser Besetzung bekannte Produktions-Trio ist komplett. Erste Spuren hinterlässt man mit einigen Singles und zwei EPs (die 2000 dann zusammengelegt und re-releast werden), 2001 folgt mit "Ritual Of The..." das offizielle Debüt.
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 Und bei diesem Debüt zahlt es sich schließlich aus, dass man maulwurfsgleich den Chicagoer Untergrund untergraben hat. Nicht zuletzt da die überschaubare und kollektiv zu wenig beachtete Szene recht gut untereinander vernetzt ist können die Molemen praktisch auf alles zugreifen, was in der eigenen Stadt Talent hat. Dabei belässt man es (im Gegensatz zu "Chicago City Limits") aber nicht ganz, denn die Connections reichen sogar noch weiter, gleichsam nach Osten und Westen. Das Ritual der Molemen ist also keine reine Chi-Town-Platte, trägt eher den Charakter eines herkömmlichen Produzentenalbums, doch obgleich es nicht einmal die Beats eines einzelnen Produzenten sind, vereint die Platte doch alle Gäste unter einem gemeinsamen Sound, dem Molemen-Sound. Und der wiederum ist nicht in Kuschellaune. Rohe, ungeschlachte Töne warten auf den Hörer, ungeschliffene Drumlines und ein vollkommen unverbrauchter Stil, den alle drei Molemen an den Start bringen. Der Wind weht ganz klar aus Osten, teilweise könnte man hier auch die rohe Ware New Yorks vermuten, doch zumeist sind noch genug andere Komponenten im Spiel, um ein eigenes Bild zu malen, das am Chicago-Sound der folgenden Jahre nicht ganz unbeteiligt ist. Dabei erfolgt der Anfang noch im ersten Gang, denn trotz Freestyle-Legende J.U.I.C.E. passiert in "Reign" sehr wenig. Doch dann feuern Molemen einen Kracher nach dem anderen ab: Egal ob Prime aus dem direkten Umfeld in "Unbreakable" mit vorstellenden Zeilen ("Who's that kid that's rockin' headphones in the back of the bus? Recitin' verses loud as fuck while still taggin' shit up") oder Bay-Rapper Rasco, der seinen Hörern keine Garantien in diversen Belangen geben kann, es geht immer gepflegt zur Sache. Dass dazwischen einige ältere Tracks geführt werden, stört da kaum: "Keep The Fame" besticht im Original als auch im Remix vor allem mit seiner starken Kombo (und einem noch extrem jungen Vakill), "Taste Of Chicago" mit den Hardlinern von Rubberoom und E.C. Illa ("I'm from the the Chi-to-the, so I don't give a fuck what you screamin' / All you need to know is I stay in the coldest place to be in") ist im Remix sogar noch einen Tick besser. Noch besser sind die eingängigen Streicher von "How We Chill Pt. 2", das Rhymefest schon 1996 ordentlich Talent attestiert. Für weitere Kracher muss man nicht lange suchen, die Scheibe ist voll davon: Ein junger Matlock bekämpft über einen minimalistischen Piano-Loop Wack-Rapper, der Verbund von Brooklyn Ac und Stronghold entsendet ein wildes Dreigespann für das brachiale "Challenge Me" (vor allem C-Rayz geht dabei in die Vollen), die kalifornischen Sebutones bekommen für ihr paranoides "Game" ein verstörend dunkles Instrumental, Qwel battelt über knochenharte Snares so, wie man es von ihm kennt, und was Vakill im bitterbösen "Equinox" abzieht, reiht sich bei den besten Tracks seiner Karriere ein. Die drei Produzenten geben noch jeweils ein der Albumatmosphäre behilfliches Instrumental bei, von denen vor allem Paniks trauriges "Dime Ahora Mismo" im Gedächtnis bleibt. Ein absoluter Hingucker ist "Put Your Quarter Up", wobei der Beat hier dem Mega-Lineup nicht ganz gerecht wird. Viel besser macht sich Slug alleine in "How I Won The War", das sich - in Slugs überragender damaliger Art - dem Wehrdienst verschließt:

"The second time they found me they wanted to drown me
Yes, man doesn't like being made into mice
Started running their spiel about love and dedication
How I should feel, as if I owe their nation my life
"Look boy", they said, "Don't you love your freedom?"
I told them "Freedom is a road seldom travelled by the multitudes"


Die Scheibe mag nicht ausschließlich Namen aus Chicago beherbergen, doch sie fühlt sich trotzdem so an. Dafür sind die Molemen verantwortlich zu machen, die es doch tatsächlich schaffen, aus diesem auf den ersten Anblick wie eine normale Producer-Platte (mit allein seinen Mängeln - wobei einige dieser Mängel ansatzweise auch an den Molemen nagen) aussehenden Machwerk ein echtes Album zu formen. Das gelingt, da das Trio einerseits untereinander harmoniert und bei der Aufteilung der Beats (Panik stemmt übrigens gut doppelt so viel wie seine zwei Mitstreiter) kein Bruch erfolgt und andererseits wegen des angestrebten Sounds, der kompromisslosen HipHop der härteren Gangart vorschreibt. Dazu kommt dann noch ein übertrieben gutes Lineup, bei dem sich selbst die Gäste aus CA oder NY einfügen und selbstlos dazu beitragen, "Ritual Of The..." zu einem Aushängeschild Chicagoer HipHops zu meißeln.

7.5 / 10

M.O.P. - To The Death


Release Date:
07. April 1994
Label:
Select Records
Tracklist:
01. Crimetime 1-718
02. Rugged Neva Smoove
03. Ring Ding
04. Heistmasters
05. Blue Steel
06. Who Is M.O.P.??
07. To The Death
08. Big Mal
09. Top Of The Line
10. This Is Your Brain
11. Drama Lord
12. F.A.G. (Fake Ass Gangsta)
13. How About Some Hardcore
14. Positive Influences
15. Guns N Roses

Review:
Billy Danze und Lil Fame kennen sich schon so lange, dass sich keiner der beiden erinnert, wann diese Blutsbruderschaft ihren Anfang nahm, was der Grund ist, warum das Duo bis heute besteht. Als ausgehende Teenager haben die zwei allerdings noch keine professionelle Rap-Karriere im Kopf, treiben sich als Tunichtgute in den Straßen von Brownsville herum. Beide kicken hin und wieder Freestyles, Fame ist zudem als DJ tätig. Doch erst als er '91 mit Laze E Laze an der "The Hill That's Real"-Compilation arbeitet, wird die Sache ernster. Danze wird zur nächsten Single eingeladen, die direkt bei Select Records Anklang findet, und ehe man sich's versieht, sind die zwei als Mash Out Posse auf dem Label gesignt und nehmen das Debüt "To The Death" auf, das 1994 in den Plattenläden steht.
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 In einer Zeit, in der Bürgermeister Dinkins öffentlich und aufs Ärgste gegen den sich gerade bildenden Hardcore-HipHop ins Feld zieht, haben M.O.P. alles andere als Anpassung im Sinn, man kennt nur den Straßenalltag vor der eigenen Haustür und der findet in genau jener Musik ein Abbild, weswegen es kaum verwundert, dass sich M.O.P. als Inbegriff dieser New Yorker Hardcore-Raps einen Namen machen. Dessen sind sich Fame und Danze selbst bestens bewusst, das angestrebte Image lebt im Wesentlichen von seiner aggressiven Art. Die Kunst, die dabei gemeistert wird, ist eine unmittelbare Authentizität, die den Hörer davon überzeugt, dass selbst der geringste Zweifel an dem, was M.O.P. auf den zehn vollwertigen Songs von sich geben, dazu führt, dass eine Faust aus den Boxen gen Hörer donnert. Doch selbst so geht es hier wunderbar zur Sache: Danze und Fame schreien und grölen sich die Stimmen heiser (genau genommen starten sie schon heiser), zeichnen sich durch kurz angebundene, aussagekräftige Hooks aus, die mitgebrüllt werden wollen. Auf instrumentaler Seite hält ein damals ebenfalls frisch in der Szene Wind machender DR Period dem Duo den Rücken frei und arrangiert praktisch alle Beats. Die entsprechen den Erwartungen: roh, simpel, kraftvoll, effektiv. Snares knallen dem Hörer um die Ohren und es finden sich die typischen Elemente jener Zeit. Damit ist auch schon überrissen, worum es von Anfang bis Ende geht, denn von Variation wird nicht viel gehalten: Natürlich gibt es klassische Representer wie "Rugged Neva Smoove" (ein Jammer, dass Premiers Remix nicht auch noch auf der Platte zu finden ist), die dem uninformierten Hörer klarmachen, mit wem er es zu tun hat und was passiert, wenn er sich mit dem BK-Duo anlegen will. Oft scheinen die Baupläne, auf denen auch die spätere Karriere der beiden basiert, durch. So ist im freshen "Heistmasters" bereits von "Ante up nigga, gimmie the cash" die Rede, während die Posse mit detailreichen und gewaltbereiten Bildern sogar einen Fuß ins Storytelling-Wasser hält. Als wären die Songs nicht genug, wird im Skit "This Is Your Brain" nochmals darauf hingewiesen, wie fatal Stress mit M.O.P. sein kann, während "Big Mal" den verstorbenen Bruder Fames grüßt. Titel wie "Drama Lord" oder "Blue Steel" erklären sich selbst und zeigen, dass hier nicht nur mit Messern gespielt wird. Die Botschaft des Albums ist eindeutig mit der Mentalität in Gangs zu identifizieren: Halt den Finger immer am Abzug, Momente für Schwäche gibt es nicht. Deshalb sucht man einen Track an die Ladies auch vergebens. Stattdessen wird mit der ersten Single Leuten wie Dinkins direkt die Frage "How About Some Hardcore" an den Kopf gepfeffert und zwar in so guter Aufmachung, dass der Track selbst heute wenig von seiner Aggressivität und Energie verloren hat. Auf die Frage, ob man "Positive Influences" vermittelt, hat man nur ein Lachen übrig, stattdessen geht es allen "F.A.G.s" an den Kragen, während man selbst natürlich "Top Of The Line" (mit seinem Sax eines der Highlights) ist.

Was die jungen M.O.P. und ihr Erstlingswerk vor allem auszeichnet ist die unbändige Energie, die investiert wurde. DR Period's Werk ist nicht durchgehend goldwert, doch in den schwächeren Momenten springen die zwei Schreihälse ein und spucken so aggressiv, als hätten sie gerade den beschissensten Tag ihres Lebens hinter sich und müssten sich irgendwo abreagieren. Dieser massige Impuls befeuert und überträgt sich auf den Hörer; und genau das macht den Charme von M.O.P. aus, genau das wertet "To The Death" vom ordentlichen Werk, das unter den vielen großartigen Releases seines Jahrgangs unterginge, zu einem Album auf, das auch heute noch klasse ist, wenngleich zum Klassiker doch ein Stück fehlt. M.O.P. muten dem Hörer mit ihrem Erstling nicht zu viel zu (eine Dreiviertelstunde ist es), ihr Anliegen (und die Stärke der LP) ist aber am besten mit ihren eigenen Worten zusammenzufassen: How about some hardcore?


6.8 / 10

Gangrene - Vodka & Ayahuasca


Release Date:
20. Januar 2012
Label:
Decon Records / Groove Attack
Tracklist:

01. Intro (The Mixings)
02. Gladiator Music (Feat. Kool G Rap)
03. Flame Throwers
04. Drink Up (Feat. Roc Marciano)
05. Auralac Bags
06. Vodka & Ayahuasca
07. Dump Truck (Feat. Prodigy)
08. Due Work
09. Odds Cracked
10. Top Instructors
11. Dark Shades (Feat. Evidence & Roc C)
12. The Groove
13. Livers For Sale
14. Outro (The Downsides)

Review:
Die Reaktionen auf den Erstling des Zusammenschlusses von Oh No und Alchemist als Gangrene waren nicht unbedingt durchgehend die allerbesten, einen Namen konnten die beiden ohnehin schwer angesehenen rappenden Producer ihrem Projekt jedoch machen, der zudem mit genug Experimentierfreude in Verbindung wird, dass Gangrene keine Gefahr laufen, als 08/15-Duo bei einem zweiten Album schon keine interessierten Hörer mehr rekrutieren zu können. Sonderlich viel Anderes trieb man seit "Gutter Water" auch gar nicht, Decon entschieden sich, die beiden mit dem heißen Eisen Roc Marciano auf eine EP zu packen, die die Spanne zu den jeweiligen neuen Alben verkürzen sollte, welches im Falle Gangrene auf den Namen "Vodka & Ayahuasca" hört.
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 Dass sich seit dem letzten Album auch am Gemütszustand der beiden Weedköpfe wenig geändert hat, deuten schon ein verrücktes, aber stilvolles Cover sowie der Albumtitel an, der nicht nur Standardgesöff ins Feld führt, sondern dem Großteil der Hörerschaft außerdem das Halluzinogen Ayahuasca vorstellt, das aus der gleichnamigen Lianenpflanze hergestellt wird. Der Zweitling wird also wie schon "Gutter Water" in gewissen Gebieten eher eingeschränkt sein, trotzdem ordentlich Experimentierfreude an Tag legen und höchstens durch Schrägheit denn durch Langeweile negativ auffallen. Doch Al und Oh scheinen aus ihrem Debüt gelernt zu haben, denn sie verbuchen eine Steigerung. Während manch einer enttäuscht feststellen wird, dass der auf "Greneberg" angedeutete, etwas smoothere Pfad (namentlich in "Papercuts") nicht weiterverfolgt wird, vergüten Gangrene das zumindest mit kreativ aufgebauten Beat-Konstrukten, denen die üblichen, verrauchten Raps aufsitzen. Die sind erwartungsgemäß keine umwerfenden Besonderheiten, denn sowohl der Doc als auch der Alchemist sind nach wie vor wesentlich fähiger hinter den Boards als am Mic. Für Stücke wie den von treibendem Bass und einstimmenden E-Gitarren getragenen Titeltrack reicht es aber allemal, in "Dump Truck" schraubt ein hoch motivierter ALC dichte Sound-Geflechte zusammen, die sich dem Hörer in den Schädel bohren und sogar den nurmehr lethargischen Prodigy dazu bringen, die Messer zu schleifen und sich seinen Gastplatz redlich zu verdienen. Der mit insgesamt nur fünf Beats präsente Alchemist vermag ansonsten keine derartigen Akzente mehr zu setzen, trotz der auf seine Kappe gehenden, gastbesetzten Nummern "Drunk Up" und "Dark Shades". Erstere versucht (wie schon von "Greneberg" bekannt) vergeblich und etwas zu sehr, die harte Schiene entlangzuschlittern, Zweiterer brettert mit ähnlicher, gitarrenlastiger Ausstattung los und ist genau deshalb mit Evidence schwer fehlbesetzt. Leider ist "Gladiator Music" auch nicht das Gelbe vom Ei: Laut und wild will man dem Titel gerecht werden, das Ergebnis klingt dann aber doch etwas zu chaotisch, sodass auch Ex-Flow-Gott G Rap nicht zu erhoffter Hochform auflaufen kann. Die besten Momente (inzwischen folglich Oh No zuzuschreiben) spielen einfach frei drauf los: "Auralac Bags" macht aus weniger mehr, das viel zu kurze "Odds Cracked" könnte angesichts (bzw. trotz) seiner zwei Rapper mitreißender kaum sein, "The Groove" überzeugt mit satter Klavierunterlage und "Flame Throwers" schließlich mit nett pumpender Drumline. Da sollte es eigentlich niemanden stören, dass inhaltlich außer kunterbuntem, explizitem Nonsense-Rap nicht viel passiert.

Gewissermaßen ist es genau das, was zu erwarten war, lediglich ein klein wenig besser: Alchemist und Oh No knüpfen genau da an, wo sie bei "Gutter Water" aufgehört haben, spinnen ihre Masche des etwas abgedrehten, schwer verrauchten Acid-HipHops konsequent weiter und verfeinern sie dabei sogar noch. Wer lockere Töne sucht oder erwartet hat, der sollte sich nicht weiter mit dem Album aufhalten, wer Gangrene dabei begleiten will, wie sie sich mit eigenwilligen und bewusst etwas sperrigeren Sounds durch die selbst produzierten Rauchschwaden kämpfen, der mag mit "Vodka & Ayahuasca" seinen Spaß haben. Des Weiteren fällt auf, dass Oh No nicht nur den größeren Anteil des Albums übernimmt, sondern dabei auch noch eine bessere Figur als sein Partner macht. Ist aber auch egal, denn Gangrene beweisen in jedem Fall, dass sie als Duo auch auf Dauer funktionieren können, und legen hier ein knapp gutes Album vor.

6.7 / 10

Sonntag, 16. September 2012

7th 7ign - Presents: The Fieldz Of Terror Compilation Album Vol. 1


Release Date:
03. November 2011

Label:
Iron Chamber Entertainment / 7th Infantry Recordings

Tracklist:
CD1:
01. Code Red - Intro
02. 7th 7ign - Genocide
03. Grone Da Radikal - What We Die For
04. Verbal Godz - Get Clapped
05. Graveyard Shifter - Vietnam Retro
06. Rogue morose - Awakening
07. Phokez - The Wrong Box
08. CRO Madface & Zeus - From U.S. To Croatia
09. Majesty & Wendy Willis - Crime Story
10. Ammoeinser & Rook Da Rukus - Break The Circle
11. Blueyes One & Papifredo - Why
12. Hattory Production & Detin 8 - Los Angels
13. Dtach - Next Dimension
14. Gutmistrz Drahuda - Legend Of Gutmistrz
15. Imperial Skillz Empera & Si-Klon - Cydonia

CD2:
01. Dr. iLL - Durti Crates
02. Mighty Kalipssus & Rook Da Rukus - Dem Cyaan't Test Di Sound
03. Souljahz 4 G.O.D. & Tony Tone - Money Rules The World
04. Ken Brisbon - Hard To BA Nigga
05. Kogeemo - Back Into The Light
06. 7 2 The Sign - Burning Flags
07. Esupreme - Black History
08. Mainframe Trax Family - Lyrical Assault
09. Beeone - Hood Biz
10. The Lab Ratz - Caged Animalz
11. Genocide Regime & Tekneek - Witchcraft Wizards
12. The Outtimers - Classified
13. Secret Swords - Soylent Green
14. Man Agod & Skull Damage - Lesson Learned
15. Zillaintry - Sewer Music

Review:
Das Watchmen-Projekt mag sich als wenig beständig herausgestellt haben, den Mitgliedern jedenfalls hat es geholfen, Fuß in der Szene zu fassen. 7th 7ign war (zugegebenermaßen, fast komplett unbemerkt) zuvor schon aktiv und bereitet, wie auch andere Ex-Watchmen, nun sein nächstes Solo ("The Killing Fieldz") vor. Davor gibt es jedoch ein besonderes Projekt: Unter dem Motto eines schwer bewaffneten Compilation-Albums rief er im Internet Newcomer dazu auf, ihm Tracks zu schicken, die er dann selektierte, um aus ihnen die Compilation "Fieldz Of Terror Vol. 1" zu formen, die er dann auch mehr oder weniger selbst stemmt.
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 Die Motive, die 7th zu dieser Scheibe trieben, bleiben verborgen, denn dieses Schaulaufen der Niemande findet fast komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Somit legt er seine Hand für eine Horde Grünschnäbel ins Feuer, ohne sich große Rendite versprechen zu können. Immerhin darf man als Hörer darauf hoffen, dass 7th 7ign, der bisher bei seinen eigenen Beats immer ein gutes Ohr für Beats bewies, eine genießbare Auswahl getroffen hat. Der eine oder andere Name mag dem einen oder anderen sogar bekannt vorkommen, Prominenz ist beileibe keine vertreten. Die Löcher, aus denen die MC-Scharen gekrochen kommen, verteilen sich u.a. über Amerika als auch über Europa, jegliche Chancen auf ein zusammenhängendes Konzept sollte man also schnellstens in den Wind schlagen. Trotzdem wird man überrascht sein, denn einige der Songs sind durchaus sehr fein: Vor allem auf der ersten Scheibe findet der New-York-Rap, an dem sich die komplette Compilation ausrichtet, einige schöne Ausführungen. "What We Die For" stellt Grone Da Radikal mit einer eingängigen Hook und schnörkellos gutem Streicher-Arrangement als ersten Akteur in den Terrorfeldern nach 7th selbst vor. Der Terror-Pate 7th lässt in "Genocide" ein bekanntes Laura-Lee-Sample für einen soliden Auftritt antreten, räumt aber dann komplett dem Junggemüse das Feld: Graveyard Shifter schleicht sich mit klagender Geige durch sein "Vietnam Retro", Hattory Production und Detin 8 probieren's in "Los Angeles" nochmal mit dichtem Streicheraufgebot und machen dabei eine äußerst gute Figur. Kurzum, als Fan von NY-Straßenkost ist man mit der ersten CD vollauf bedient. Was direkt zur Frage führt, wieso es denn unbedingt 30 Tracks sein mussten, denn der Qualitätsabfall im weiteren Verlauf ist mitunter erschreckend. Wo der Atlantas Grindhouse Gang repräsentierende Dr. iLL noch auf einem gut produzierten Beat lediglich seine überschaubaren Fähigkeiten demonstriert, blamiert sich die Mainframe Trax Family in "Lyrical Assault" mit einer (schlecht auf die Raps abgestimmten) Amateurproduktion, verfeuert Esupreme ("Black History") ein ineressantes Konzept dadurch, dass er nicht über eine simple (ungereimte) Aufzählung hinausgeht und ruinieren sich die Lab Ratz ihr ohnehin grenzwertig auf böse getrimmtes "Caged Animalz" mit einem Abturner einer Hook. Lediglich "Hard To Be A Nigga" überzeugt mit gelungen aufgekochter, altbekannter Kost, während auch das schwer anrumpelnde "Money Rules The World" sowie "Witchcraft Wizards" einen gewissen Charme haben. Ansonsten orientiere man sich lieber an der ersten Platte, wo zwar in "Crime Story" ebenfalls ein Beispiel vergeigter Hooks anzutreffen ist, insgesamt aber eindeutig die Höhepunkte der Scheibe sitzen, so etwa auch "Get Clapped", für das die Verbal Godz ungehemmt bei Yann Tiersens Filmmusik für "Die fabelhafte Welt der Amelie" abgreifen.

Man mag ja im Voraus seine Zweifel gehabt haben, ob hier überhaupt ein einziger Neuling etwas Sinnvolles von sich geben würde. Solche Bedenken kann 7th 7ign mit seinen Truppen zerstreuen, er legt sogar überraschend stark los und vereint im Anfangsteil seine Gäste unter dem bedingungslosen Banner von Underground-Rap, Punchlines und düsteren Klängen. Doch irgendwann im Hörverlauf kommt der Zeitpunkt, an dem man dieser Compilation ein Ende hätte setzen müssen. Vielfalt und Masse schön und gut, der Hörspaß hat darunter zu leiden, weswegen "The Fieldz Of Terror" als Ganzes sehr ausgeglichen abschneidet. Wer allerdings mit 7th 7ign sympathisiert, der wird sich über den besseren Teil der Doppel-CD freuen.

4.7 / 10

Twin Perils - Speak And Destroy


Release Date:
15. November 2011
Label:
Holographic Pagoda Recordings
Tracklist:
01. Open infiltration
02. Torpedo alley
03. Desert Siege
04. Systematic Elimination
05. Trained Transcendents
06. Avenging Souls
07. Bomb Shelter
08. Secluded Area
09. Wrath Of Heaven
10. Army of Two
11. Red Storm Rising
12. Forbidden City
13. Death Symbol
14. Shattered Dimensions
15. Target Acquisition
16. Swinging Lanterns
17. The Mist
18. Torture Pits
19. Bioshock
20. Mercenary Barracks
21. Iron Sights
22. Return Of The Cavalry
23. Trail Of Tears
24. Scattered Shrapnel
25. Vanishing Point

Review:
Dass das vermummte Duo aus Brooklyn ein ganzes Jahr nichts von sich hören ließ, hat einen einfachen Grund: Die Twin Perils hatten einen PC-Crash zu verkraften - vielleicht ist der auch der Grund, warum das angekündigte Soloalbum von Lone Ninja ("Fatal Peril") bis dato nicht erschienen ist. Ansonsten hat sich bei den beiden rein gar nichts geändert, mit erstaunlicher Kontinuität und wohl dank einer inzwischen ausreichend großen Fanbase operiert man weiter vom eigenen Label Holographic Pagoda aus und veröffentlicht nun das mittlerweile dritte Gruppenalbum, "Speak And Destroy".
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 Das Cover ist angesichts der bisherigen Releases ebenso unkreativ wie der Albumtitel - da wundert es nicht, dass sich auch sonst nichts geändert hat: June Marx produziert und rappt, Lone Ninja rappt. Die Qualitätssteigerung, die dabei in der bisherigen Diskographie zu beobachten war, beschränkte sich dabei immer auf ein Minimum, was die Perils nicht aus dem Feld des guten Mittelfelds hinauszuführen vermochte, ihnen aber sehr wohl einen gewissen Hörbarkeits-Faktor bescheinigte, während man sich konstant auf eine Grenze zubewegte, die sich mit dem bisher erbrachten Aufwand nicht überschreiten lassen würde. Wie sich herausstellt, sind die Perils nun an ebendieser Grenze angekommen - und verzweifeln daran. Schon das Konzept eines Albums mit 25 Tracks, die sich dafür in ihrer Länge auf durchschnittliche zweieinhalb Minuten einpendeln, erscheint fraglich und soll sich als schweres Defizit herausstellen. Die Songs selbst bieten keinerlei Überraschungen, es schwebt immer noch ein leicht diesiger Lo-Fi-Nebel über der Scheibe, der sich in eigenen Drum-Sets (nahezu gebrechliche Snares und eine staubig dröhnende Kick) äußert, die Songkonzepte erklären sich schon mit ihren Titeln als (wie man das von den Perils eben kennt) sehr eindimensional militaristisch. Dass in Tracks wie "Target Acquisition" oder "Systematic Elimination" schwer bewaffnetes Phrasendreschen in inzwischen bewährter Manier zelebriert wird, war abzusehen und bringt auch den einen oder anderen guten Song mit sich. Das weitaus größere Problem ist die Strukturierung der Scheibe: Nahezu jeder Song wird von einem Film-Sample eingeleitet, was somit so sehr zum Programm wird, dass der Abwechslungsfaktor und die Originalität eines solchen Kunstgriffs komplett verloren gehen. Zudem wirkt die Auswahl der Samples derart willkürlich - entweder will man den Titeln Rechnung tragen oder einfach nur einen seriös-dramatischen Einstieg finden -, dass ein Zusammengehörigkeitsgefühl der einzelnen Songs komplett vermisst wird. Leider ist Lone Ninja des Weiteren immer noch nicht aus seinem Rap-Halbschlaf erwacht, womit es der LP unmöglich ist, dauerhaft Spannung aufzubauen. Die besseren Tracks ("Death Symbol", "Forbidden City", "Bomb Shelter" und allen voran "Swinging Lanterns") ersticken nahezu in der Menge der sie umgebenden Stücke, wahre Highlights finden sich sowieso keine. Zwar will June Beat-technisch oft einen höheren Gang einlegen (den Großteil machen immer noch die verschleierten "Halbschatten-Kopfnicker" aus), kommt dabei aber nie an die Schlagkraft von "Howling Wilderness" vom letzten Album heran. Wenn am "Vanishing Point" dann endlich alles vorbei ist, hat man vom Perils-Sound mehr als genug gehört.

Die Perils stürzen qualitativ keineswegs übertrieben ab, sie beweisen nur, wie fragil das Gleichgewicht war, auf dem sie den (sehr relativen) Erfolg ihrer bisherigen Projekte erreichten. Es ist nicht viel, was "Speak And Destroy" von "Word Supremacy" unterscheidet, schon der Zweitling war beispielsweise 22 Tracks lang. Und trotzdem meisterten die Perils es noch wesentlich besser, ein ganzes Album zu kreieren, ihre Film-Samples wohldosiert und angemessen einzusetzen, die eigentlich von Beginn ihrer Karriere an gegebene Eintönigkeit zu verstecken. Bei "Speak And Destroy" will dies alles nicht so recht zusammenspielen, das Resultat ist ein anstrengendes, viel zu langes Album, das sich am Stück kaum hören lässt und das man lieber auf die bessere Hälfte gekürzt hätte.

4.2 / 10

Kidz In The Hall - Occasion



Release Date:
22. November 2011

Label:
Duck Down Records

Tracklist:
01. Real Life
02. Occasion
03. Break It Down
04. That Good (Feat. Esthero)
05. Make It Up Tonight (Feat. Sulaiman)
06. Crash Dummy (Feat. Killa Kyleon)
07. Pour It Up (Feat. Bun B & David Banner)
08. She's Smokin
09. Player Of The Century (Feat. Freddie Gibbs)
10. Star (Feat. Tabi Bonney & One Chance)
11. Won't Remember Tonight (Feat. Marsha Ambrosius)
12. Friends
13. Walk On Air
14. I Swear (Feat. Vic Spencer)

Review:
Kaum zu glauben, aber die Kidz In The Hall gibt es seit nunmehr acht Jahren. Von der Newcomer-Hoffnung auf Rawkus über Duck Downs Anzug tragendes, für Abwechslung engagiertes Neusigning mit Ivy-Hintergrund hin zu den Semi-Hipstern, die auch ja in HipHops Postmoderne lokalisiert sein möchten, beziehen Naledge und Double-O ihren Zuspruch schon seit geraumer Zeit nicht mehr (bzw. nur sehr sporadisch) vom konventionellen HipHop-Publikum. Genau deshalb hält Dru-Ha sie wahrscheinlich weiterhin im Stall, man will schließlich nicht nur aus angegrauten Neunziger-Veteranen bestehen. Abgesehen davon war das Duo damit beschäftigt, in ihrer von MTV gestützten Show "Here Now" zu feiern und das neue Album "Occasion" aufzunehmen.
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 Damit waren die Kidz wie gesagt eigentlich ausschließlich mit Feierei beschäftigt, denn das bahnbrechende und vollkommen überraschende Konzept des mittlerweile vierten Albums ist - ganz genau - das Zurseitelegen der Alltagsprobleme und das Feiern. Dafür müssen die Beats, die auf früheren Alben anscheinend noch zu hart waren, abgeschliffen und angepasst werden. Eigentlich ist es vollkommen idiotisch, an dieser Stelle zu überlegen, was die zwei Matschbirnen zu solchen Maximen getrieben hat, denn schon damit würde man sich wahrscheinlich mehr Gedanken zu dieser Scheibe machen, als es die beiden Interpreten selbst taten. Das an sich ist noch kein Kapitalverbrechen, denn die Notwendigkeit inhaltlichen Gehalts wurde in der Musikgeschichte schon zuhauf widerlegt - im HipHop bricht damit nur ein Ast weg; der Fokus ruht also anderswo umso konzentrierter. Damit wäre man bei den mageren Reimkünsten angelangt, nur um auch diesen Aspekt potentieller Qualitätssicherung mit einem Satz schnellstens wieder beiseite zu schieben. Nachdem sich die Erwartungswerte bzgl. Wortwitzes und - noch allgemeiner - Konzepten als wahr und somit sehr überschaubar erwiesen haben, landet man bei dem, was Double-O als instrumentalen Teppich erklärt - und damit unweigerlich bei der Erkenntnis, dass dieses Album Sondermüll ist. "99 percent of my fans wear high heels" heißt es im von E-Gitarre und Synths zugeleierten "Break It Down". Dieses Kastrationsbekenntnis zur eigenen Musik ist angesichts der Ambitionen des Albums nicht nur leicht sexistisch, sondern natürlich auch ein Schuss ins eigene Bein, ein Eingeständnis der eigenen Eindimensionalität, das allerdings vollkommen überflüssig ist. Denn wer hier nicht von selbst abwinkt, der hat es nicht anders verdient. Songs wie "She's Smokin'" sind miserable Versuche, die spätabendliche Afterhour musikalisch zu begleiten, "Friends" eignet sich höchstens als Motivationsmusik für einen Suizidalen mit schwer zynischen Zügen. Und wo man sich gelegentlich über das Jauchegrubenniveau der restlichen Tracks hievt, treten nervtötende Gäste (Killa Kyleon), schwache Hooks ("Make It Up Tonight") oder schlechte Rap-Darbietungen der Gastgeber einmal kräftig zu, damit auch ja alles schön ungenießbar bleibt. Richtig schlecht mögen die Raps vielleicht gar nicht sein, doch schon ab dem fünften Track hängt dem Hörer das immergleiche verbale Gesabbel so sehr zum Hals heraus, dass eine objektive Beurteilung dieses Umstands unmöglich scheint. Das sollen UPenn-Absolventen sein? Beim Schaulaufen der degenerierten Songs, das schon in "Occasion" einen frühzeitigen, traurigen Höhepunkt findet, ist das schwer zu glauben. Bun B und David Banner werden auf einer Untat eines hektischen Beats in die Wüste geschickt, das Auftreten von Freddie Gibbs im stinklangweiligen "Player Of The Century" bekommt man nur noch am Rande mit. Die besseren Momente finden sich in "Won't Remember Tonight" und "That Good", etwas Besonderes hat man deshalb allerdings noch lange nicht vor sich. Dass sich mit "I Swear" dann nochmal auf die eigene Schulter geklopft wird, mutet nurmehr wie ein schlechter Witz an.

Bei den alten Griechen ergingen sich die Wohlsituierten in den erhabenen Künsten der Philosophie und fingen an, sich u.a. kosmologische Fragen zu stellen. Wenn man sich nun vor Augen hält, was 2011 im musikalischen Spiegel des Lebens zweier geistig Halbstarker wie Double-O und Naledge, die offenbar ebenfalls keine Geldmängel mehr haben, zu hören ist, kann man nur den Kopf schütteln. An und für sich ist keines der Elemente, die in diesem Album zu finden sind, ein Todesurteil, die in schlechter Weise kombinierte Summe ist es allerdings, die "Occasion" zu einer Nichtigkeit einer musikalischen Äußerung verkommen lässt, die zwar sogar ihre zwei bis drei Party-tauglichen Songs vorzuweisen haben mag, als Album und vor allem auf lange Sicht aber so dermaßen unbedeutend ausfällt, dass man die Kidz In The Hall am liebsten in den frühzeitigen Ruhestand schicken würde.

1.8 / 10