Dienstag, 15. Oktober 2013

50 Cent - Guess Who's Back

Release Date:
26. April 2002

Label:
Full Clip Records

Tracklist:
01. Killa Tape (Intro)
02. Rotten Apple
03. Drop Skit
04. That's What's Up (Feat. Lloyd Banks & Tony Yayo)
05. U Not Like Me
06. 50 Bars
07. Life's On The Line
08. Get Out The Club
09. Be A Gentleman
10. Fuck You
11. Too Hot (Feat. Nas & Nature)
12. Who U Rep With (Feat. Nas & Bravehearts)
13. Corner Bodega (Coke Spot)
14. Ghetto Qua'ran
15. As The World Turns (Feat. Bun B)
16. Whoo Kid Freestyle
17. Stretch Armstrong Freestyle
18. Doo Wop Freestyle

Review:
Wenn man darüber diskutiert, was als Debütalbum von 50 Cent zu gelten hat, muss man weiter zurückblick als ins Jahr 2003. Man könnte den von Jam Master Jay produzierten Longplayer nennen, der wohl in irgend einem Keller Staub fängt. Oder natürlich, als Curtis sich in Folge des Nichterscheinens eines Debüts von JMJ Records loskaufte, da er über die Trackmasters einen Deal bei Columbia ergattert hatte, "Power Of The Dollar", das kurz vor Release gestrichen wird, als Columbia spitzkriegt, dass 50 sich neun Kugeln gefangen hat. Zu diesem Zeitpunkt hat er allerdings bereits einen Vorschuss in Höhe von 125.000 Dollar in der Tasche, weswegen er nicht zurück zum Hustler-Leben muss, sondern die Mixtape-Szene in Angriff nehmen kann, was uns zum musikalisch vielleicht interessantesten Release des Mannes bringt: In Kanada (da er in NY auf der schwarzen Liste aller angesteuerten Studios steht, woran angeblich Supreme seinen Anteil hatte) legt er das Fundament für seine jahrelange Dominanz der Mixtape-Szene, stellt aber auch das mehr wie ein Album anmutende "Guess Who's Back?" zusammen.
WRITTEN FOR Rap4Fame

Auf dem ansonsten völlig unbedeutenden Indie Full Clip wird die Platte veröffentlicht, sie enthält einige Tracks von dem nie öffentlich erschienenen, vielmals gebootlegten und ohnehin nicht überragenden "Power Of The Dollar", einige von Mixtapes (als Beispiel sei hier "50 Cent Is The Future" genannt) und gibt insgesamt einen guten, für die meisten außerdem hauptsächlich mit exklusiven Tracks bestückten Überblick über den jungen 50 Cent, der zudem keine reine Compilation ist, sondern u.a. mit Skits durchaus Albumcharakter aufweist. Damit ist klar: Vergleiche mit "Get Rich Or Die Tryin'" verbitten sich, hier regiert der weniger massentaugliche 50, der ohne große Rücksicht auf Verluste darauf bedacht ist, sich einen Namen im Geschäft zu machen. Das bezeugen auch die Produzenten: Quasi alle früheren Partner (ausgenommen JMJ) sind mit von der Partie (wenngleich "Guess Who's Back?" an sich komplett ohne Credits daherkommt), von den Trackmasters über den ebenfalls unter JMJ aufgestiegenen Sha Money XL, Red Spyda, Terence Dudley, Clark Kent und QB-Veteran L.E.S. Eine Gemeinsamkeit mit dem späteren 50 Cent ist das Vermächtnis von Jam Master Jay, der dem ungeschliffenen Curtis in den ausgehenden Neunzigern zeigt, wie man aus nackten Bars einen ordentlichen Song formt und, wie 50 selbst betont, wie ein gescheiter Chorus aussieht. Dieser Punkt mag der vielleicht wichtigste bei der Betrachtung von "Guess Who's Back?" sein, denn wo sich 50 mit den typisch grau-rauen NY-Instrumentals jener Zeit und dem Gangster-Talk noch nicht überragend von der Konkurrenz abhebt, sind es oft eingängige und schlichtweg gute, passende Hooks, die seine Songs zieren und den Wiedererkennungswert in die Höhe treiben. Genau aus diesem Grund erinnert man sich an "Corner Bodega" weniger als an andere Tracks, wenngleich das L.E.S.-Instrumental ein Highlight seiner früheren Werke ist und die expliziten Ausführungen über seine Drogen-Geschäfte keinesfalls schlecht sind - die Hook ist nur mittelmäßig. Selbiges gilt für "Who U Rep With", das trotz seiner typisch trockenen Snares QB'scher Machart und dem Auflaufen der kompletten Bravehearts (inklusive Horse und Millenium Thug, wobei Ersterer schon bald aussteigen und Zweiterer später für Wiz einspringen würde) nicht so recht auf Touren kommt. Andernorts dagegen zeigt sich, dass 50 einst sehr vielversprechend war: "Rotten Apple" ("Rap is full of good guys, 50 Cent is the villain") dünstet den Smog des Big Apple mit jeder Sekunde aus, "Get Out The Club" erweist sich als soundlich minimalistische Tirade gegen arrogante Club-Primadonnas. Aus der Zeit auf Columbia und von "POTD" finden sich noch "As The World Turns" sowie "Life's On The Line", das mit dem Murder Inc. auf die Schippe nehmenden Mitgrölrefrain und einigen weiteren direkten Zeilen an den damals wesentlich populäreren Ja Rule noch heute Spaß macht. Vor allem aber der vielleicht bedeutendste Song aus dem alten Millenium ist mit von der Partie: "Ghetto Qu'ran", bei dem nicht nur explizite Crime-Stories aufgetischt werden, sondern das von 50 genutzt wird, um seine Erfahrungen aus den Hustler-Zeiten unzensiert in einen Song zu packen. Der Song startet vor der eigenen Haustür, beim Supreme Team, das den Drogenfluss in South Jamaica Queens ab den 80ern kontrollierte, nennt nicht nur die Köpfe (Preme und sein Neffe Prince), sondern auch die halbe Belegschaft sowie einige ihrer (Un-)Taten, u.a. den kaltblütigen Mord an kolumbianischen Zulieferern. Das Namedropping bleibt konsequent und klappert dabei auch andere Boroughs (z.B. Harlem mit Rich Porter) ab. Ob der Song nun der Auslöser für das Attentat war, ändert nichts daran, dass es sich hier um einen von Fiftys besten Songs handelt. Was direkt zum nächsten Highlight führt, dem ersten Song nach 50s Krankenhausaufenthalt: "Fuck You", Clark Kents Großtat, die eigentlich als Track auf dessen Album mit Sauce und Ace Of Spades als weiteren Features geplant war. Doch 50 lässt sich in drei Versen u.a. über Tone & Poke (Trackmasters), die ihn laut Eigenaussage als Ghostwriter für Nonames ausnutzen wollten, sowie Columbias Tommy Mattola aus und adressiert kurz das Attentat ("They keep asking me questions / Like "50, who shot ya? You think it was Preme, Freeze or Tah, Tah?" / Nigga, street shit should stay in the street, so, keep it on the low / But everybody who's somebody already know"). Abgerundet wird der Song durch eine aus Styles, Nas, Pun und Pain In Da Ass grandios zusammengecuttete Hook. Neben weiteren hörenswerten Songs ("Too Hot" oder dem Storytelling-Track "50 Bars", in dem wieder Namen aus der Verbrecher-Szene fallen) findet sich noch ein sehr unnötiger Freestyle auf Wu-Tangs "Y'all Been Warned" mit der Gorillaeinheit sowie weitere Freestyles als Abschluss der LP.

Bekanntermaßen war es dieses Tape, das über Paul Rosenberg seinen Weg zu Eminems Ohren fand, der daraufhin Fifty das Tor zu den Millionen öffnete - aber auch weg von dem hungrigen, qualitativ wesentlich ansprechenderen Stil, der ihm den Weg für all seine späteren Ausflüge in den Candy Shop ebnete. Als Scheibe ist "Guess Who's Back?" interessanter als "Power Of The Dollar", da es einerseits sowohl Tracks enthält bevor als auch nachdem 50 im Mai 2000 angeschossen wurde, andererseits aber auch, weil es als Indie-Scheibe auf radiotaugliches Material wie "Thug Love" verzichten kann (und dies auch tut). Für einen kompletten Überblick über die Zeit vor "Get Rich Or Die Tryin'" fehlen zwar einige Stücke ("How To Rob" hätte man ebenso wie "Da Heatwave" oder "Gun Runner" statt der überflüssigen Freestyles mit ins Aufgebot packen können), alles in allem hat man es hier trotzdem mit der besten Scheibe zu tun, die es je von 50 zu hören gab.
6.8 / 10

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