Freitag, 26. November 2010

Billy Woods - Camouflage


Release Date:
2003

Label:
Backwoodz Studioz

Tracklist:
01. The Fire Next Time (Intro)
02. Minimalism (Feat. Vordul Mega & Kill Gatez Jr.)
03. The Things They Carried
04. Wonderful World (Feat. Privilidge)
05. Dead Broke (Dub Plate)
06. Macross Plus
07. Amazing Grace
08. BFGS (Feat. Vordul Mega)
09. Pipe Dreamin'
10. Malt Liquor (Freestyle)
11. Peter Luger
12. Georgia Ave. 3:07am
13. Undeclared Wars (Feat. Vordul Mega)
14. Stormy Weather
15. James Bon Elevators (Freestyle) (Feat. Vordul Mega)
16. Fanaticism
17. Dead Drummer Boyz (Feat. Kill Gatez Jr.)
18. Dirge (Feat. Vordul Mega)
19. Bright Lights, Big City
20. Times Have Changed (Outro)

Review:
Dieses Album ist das Dokument der Gründung eines Labels, das in Fachkreisen inzwischen hohes Ansehen als hochwertiges Indie-Label der Ostküste genießt. Die Rede ist von den Backwoodz Studioz. Doch gehen wir noch einen Schritt zurück. Im Jahr 2001 wird Vordul Mega mit Can Ox berühmt, nur um dann erst einmal abzutauchen. Von der Bildfläche verschwunden, beteiligt er sich an den Aufnahmen des Debüts eines alten Freundes, Billy Woods. Den prägt eine bewegte Vergangenheit, in der der ursprünglich aus DC stammende Emcee u.a. in Simbabwe und Jamaika wohnte. 2002 jedoch ist er in New York sesshaft, was zum Zusammentreffen aller Beteiligten und zu "Camouflage" führt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Beteiligt sind so ziemlich alle, die ursprünglich mit Backwoodz in Verbindung gebracht wurden: Philly-Emcee Priviledge tritt erstmals auf, Kill Gatez Jr. und Vordul Mega gelten als feste Feature-Partner auf der LP, während auch der spätere Hauptproduzent der Backwoodz, James Bon a.k.a. Bond a.k.a. 007, seinen Einstand feiert und gleich den Großteil der Platte übernimmt. Ebenfalls Beat-Bastler aus Backwoodz-Kreisen und dreimal vertreten sind Aerotaxi. Die Basis und größte Stärke der LP bildet jedoch nur das Gespann Woods-Bond: Billy ist der anonyme Fremde, bei dem man sich immer fühlt, als säße man mit ihm am Erzähltisch. Offbeat gerhymte Ideenfetzen und sarkastische Nadelstiche, denen der Weed-Geruch anhaftet, die mal ergreifend ernst und mal unbedacht sinnlos zu Papier gebracht wurden, zeichnen ihn aus. Das funktioniert gewiss nicht auf jedem Instrumentalteppich, doch in Bond findet er einen Partner, der schon mit seinen ersten Lebenszeichen in der HipHop-Szene einen ungewöhnlich starken Riecher für gute Samples beweist. Film-Zitate kleistert er mit den verschiedensten musikalischen Elementen - mal herkömmlicher BoomBap, mal ausgefallen-verschrobene Gebilde - auf eine Tapete und nennt es danach einen Beat. Genau das ist die hier erstmals vorgestellte Magie der Backwoodz Studioz: "Peter Luger" beginnt als Paradebeispiel mit einem wunderschönen (und herrlich geflipten) Voice-Sample, nur um bei halber Spielzeit über ein Film-Sample in eine schwermütige, eigenwillige Nummer umzuschlagen. Fast alle Beats wiegen sich entweder in einem melancholischen Anstrich oder wandeln wie in "Minimalism" den schmalen Grat als schwer verdaulicher Kopfnicker. Für einen Song bedient man sich sogar bei einem Beat von "Fantastic Damage", was als "James Bon Elevators" exzellent ins Album integriert wird. Das Gefühl, hier in einer musikalischen Collage zu sitzen, schüren William Woods und Bond gekonnt durch plötzlich abreißende Instrumentals, Beat-Umschwünge, kaum beachtete Konventionen bei ihren Song-Strukturen und natürlich die schon erwähnten Film-Samples. Diese Vorgehensweise funktioniert in vielen Songs bestens, als Gesamtheit macht sie jedoch noch viel mehr Spaß. Da fließen die intensiven Streicher aus "Macross Plus" in die südländischen Gitarren von "Amazing Grace" über und kurze Zeit später findet man sich im Electro-bestückten "BFGS" wieder. Damit sei eine weitere Komponente der LP angesprochen, denn neben den anderen starken Gästen ist es doch Vordul, der heraussticht und der zumeist auf den schwermütigen Stücken gastiert. Bevor also die lockeren Voice-Samples aus "Stormy Weather" einsetzen, wird der Hörer durch das mit Piano atmosphärisch dicht gewebte "Undeclared Wars" geschickt. Wenig später trifft der Hörer in "Fanaticism" einen Track, der als Remix ("Cross My Heart") auf "The Chalice" wieder auftauchen wird und auch im Original einen beruhigenden Charme aufweist. Grandioses Highlight ist zum Schluss "Dirge" - so ergreifend melancholisch wie ein Klagelied nur sein kann, während man nicht weiß, ob es Bond mit seinem Instrumental, der desillusionierte Woods oder der schwer depressive Megallah ist, dem man die meisten Punkte geben soll:

Billy:
"There's a noise in my head, last thing my father said
On the side of a road, then he was dead / Saw my first body at seven
[...]
So yeah, I don't sleep that good, get up and roll a wood
Feed the cancer in my chest / Tumors killed half my family, AIDS gon' take the rest
Fuck I need a vest! Diabetes killed more niggas than bullets / Got a gat, please pull it!
My aunt died waiting for a liver so I'd rather go like my cousin, I said 'Pull the trigger'
Somebody murked him, left the body in the street / We ain't even know he was gone for a week
"


Vordul:
"It's like I'm losin' focus / Every day try'na write down the thoughts, feelin' hope
Try'na grow with that and then float, above all the bullshit, that's why we pull spliffs
Goin' through this, every day / That's why we try'na get our pennies up, everybody try'na get hennied up
Cause it's like, we don't give a... what
And I'm just try'na spit for my brothers, livin' in the struggle, just try'na get on, always try'na bubble
You know, in the cut, strikin infectious thoughts, inject the vein
As we rush through the coldness and hold this close to the heart
Every time I write try'na throw the dart, with the aim, you know how we hold it down, flowin'
Every day try'na go on, try'na grow on, try'na flow, never wrong, and we's so close to gettin' it
But everybody's still livin' in fear and I'm just try'na get through these years
"

Zugegeben, es braucht seine Zeit, um mit dem Backwoodz-Stil zurechtzukommen. Doch wer sich erst einmal mit ihm angefreundet hat, der wird ihn schnell zu schätzen lernen. Nichts anderes gilt für das erste Werk des Labels, Billy Woods' Debüt. Im Gegensatz zu späteren Scheiben ist es vielleicht noch recht "konventionell" - und dabei meist in halbdunkler Atmosphäre gehalten. Es sind Bond's Beats, die William Woods so prächtig in Szene setzen, es passiert hier zum ersten Mal, dass das Trio Megallah-Bond-Woods einen seiner grandios-melancholischen Tracks fertigt. Natürlich gibt es im kantigen Wust der musikalischen Eindrücke hier und da Unsauberkeiten, doch als Gesamtheit ist "Camouflage" ein Unternehmen, das man nur empfehlen kann.

7.8 / 10

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