Samstag, 7. August 2010

Jedi Mind Tricks - The Psycho-Social, Chemical, Biological And Electro-Magnetic Manipulation Of Human Consciousness


Release Date:
04. November 1997 / 02. Juli 2002

Label:
Superegular Records / Babygrande Records

Tracklist:
01. Intro
02. The Winds Of War
03. Chinese Water Torture (Feat. Breath Of Judah)
04. The Three Immortals (Feat. Breath Of Judah & Apathy The Alien Tongue)
05. Neva Antiquated (Dark Jedi Remix) (Feat. The Sun Pharaoh)
06. Omnicron (Feat. Apathy The Alien Tongue & The Sun Pharaoh)
07. As It Was In The Beginning... (Feat. The Lost Children Of Babylon)
08. Books Of Blood: The Coming Of Tan (Feat. El Eloh)
09. Incanatrix
10. The Immaculate Conception
11. The Apostle's Creed (Feat. Apathy The Alien Tongue & Yan The Phenomenon)
12. I Who Have Nothing

Review:
Resultierend aus dem simplen Umstand, dass in den Neunzigern so viel gutes Material die noch nicht als Mainstream definierte Speerspitze der HipHop-Szene antrieb, blieb vielen verborgen, was sich im Untergrund abspielte. Und während der Osten in seine goldenen Jahre eintrat und die Geburt zahlreicher Klassiker miterlebte, während der Ost-West-Beef fast die gesamte mediale Aufmerksamkeit verschlang, braute sich in Philadelphia etwas zusammen. Ikon The Verbal Hologram und Stoupe The Enemy Of Mankind, zusammen bekannt als Jedi Mind Tricks, nehmen ihre ersten Tracks schon 1993 auf und nutzen die Jahre der Anonymität, ihren Style weiterzuentwickeln, um nach einer ersten Kostprobe (der "Amber Probe" EP '96) ihr Können, beeinflusst von ihren damaligen Ansichten, in einer kreativen Eruption kulminieren zu lassen - der "Psycho-Social, Chemical, Biological And Electro-Magnetic Manipulation Of Human Consciousness".


WRITTEN FOR Rap4Fame
Um selbstständig operieren zu können, fungiert als Label das eigene Superegular Records, welches das zwölf Tracks starke Album nur auf Vinyl releast. Erst ein Re-Release von Babygrande fing die Musik auf einem Silberling ein und addierte sechs weitere, unveröffentlichte Tracks aus den frühen Jahren, die hier außer Acht gelassen werden. Beim Titel (selten zierte ein Album ein schillernderer) bedienen sich JMT bei Val Valerian, dessen Ufologie bzw. auch -glaube nicht der einzige Hinweis sind, woraus sich Ikon's Gedankengut zusammensetzt. Genau das teilt er nämlich mit den Lost Children Of Babylon, einer inzwischen kaum minder bekannten Philly-Formation, die niemand Geringeren als Killah Priest als Mentor benennen kann. Hier nun allerdings eine Querverbindung zu den Sunz Of Man herzustellen, schösse teils an der Realität vorbei. Parallelen finden sich insofern, als sich auch die JMT und die LCOB für ihr spirituelles Bild bei anderen Ideenskizzen und Ideologien bedienen: Klassische Elemente der exoterischen Religionen gehen einher mit ägyptischer, sumerischer sowie weiteren antiken Mythologien und vermischen sich mit dem schon erwähnten Glauben an außerirdische Lebensformen, deren Urpsrung die üblichen Abstiegen sind - Nibiru grüßt ebenso wie die neunzehnte Galaxie und die Nuwaubianer. Wer an dieser Stelle lieber handfeste Street-Raps vor sich hätte, sollte sich nicht weiter mit der Scheibe aufhalten, wer allerdings diesem komplexen Wirrwarr, das kurzum als Science-Rap zusammengefasst sei, etwas abgewinnen kann, der wird sich an der Welt erfreuen, in welche die beteiligten Emcees ihre Hörer schicken. Als Meister hinter den Kulissen steht selbstverständlich Stoupe, der schon auf diesem ersten Album sein Ausnahmetalent und Gespür für nicht alltägliche, grandiose Samples unter Beweis stellt. Man mag es verrückt nennen, doch "Chinese Water Torture" wird durch das Geräusch aufprallender Wassertropfen illustriert und gehört damit - wenngleich der schwächste Track der LP - einfach zum Charakter der Scheibe dazu. In der Regel sind es deckende Streichergefüge, die Stoupe nutzt, um eine dichte Atmosphäre zu kreieren, die, verstärkt von allerhand Effekten, in ihren mystischen Wesenszügen der perfekte Untersatz für Ikon und Konsorten darstellt. So funktioniert auch "The Winds Of War" und schwingt sich kurzerhand zum ersten Höhepunkt auf. Neben seinen Inhalten ist Ikon außerdem technisch eine wahre Wonne: Geprägt von seinen Lyrics fordert die richtige Erscheinung des Hologramms einen komplexen Flow, den Ikon problemlos bereitstellt, während die LCOB-Kollegen die Show durch teils melodisch-eindringliche Raps abrunden. Man weiß bei der Suche nach erwähnenswerten Tracks gar nicht, wo man anfangen soll: Das von mystischem Summen unterlegte "As It Was In The Beginning..." steht auf einer Ebene mit den düsteren Streichern in "The Three Immortals" oder dem klaviergeleiteten "Neva Antiquated", das seinem Original (welches man durchaus auch auf die LP hätte packen können) starke Konkurrenz macht. Als Vorbote der noch nicht entstandenen AOTP ist ein junger, im Themenpool seiner Kollegen badender (man achte auf den Beinamen) Apathy mit von der Partie. Einen Bericht außerirdischer Lebensformen gibt es in "The Coming Of Tan", dessen Titel nicht umsonst bei Riley Martin entlehnt wurde. Bevor Ikon in "I Who Have Nothing" erstmals ein paar persönliche, verbitterte Gedanken und Gefühle im Angesicht seiner esoterisch-kosmologischen Unerfülltheit ins Mic schickt, übertreffen sich JMT noch einmal mit "The Immaculate Conception" selbst, wobei Stoupe mit einem atemberaubend guten Voice-Sample und Stoupe mit bildhaften Rhymes auftrumpfen. So sei nun noch eine Kostprobe der Ausflüge dieser lyrischen Astronauten gegeben:



"The wars of gods and men, I condemn them who believe
In ancient fallacies and the heresy of thieves
Burn the unholy in your filthy religion
Paganism and the prism of three-dimensional prison

With Egyptian archeological finds, dwelling in the dungeon of time
Monomaniacal beat seeker, swarming like locusts into your speaker

Study the lost prophetic books of the bible
That recites further body energies, spiritual survival
Flying discs seen in Ezekiel 1,3
Granted Kingu a tablet of destinies
"

Dieses Album dokumentiert das erste, ursprüngliche mentale Stadium der Jedi Mind Tricks. Jenes, das ihnen erstmals den Ruf einzigartiger Neuerer im HipHop einbrachte. Wer denkt, er kenne die JMT aufgrund aller späteren Releases, dem fehlt die Essenz der Gruppe. "Violent By Design" mag bedeutender und besser gewesen sein, doch die lyrische Dichte, die ihr frühes Bestreben nach theo- und philosophischen Erfahrungen im selbst deklarierten Spiritual HipHop einzementierte, war später bei den JMT nicht mehr zu finden. Stoupe, der kurz vor dem Höhepunkt seines Schaffens steht, leistet seinen Beitrag mit exzentrischer Sample-Wahl, deren mystischer Charakter bis heute kaum je wieder erreicht wurde. Das alles macht "The Psycho-Social, Chemical, Biological And Electro-Magnetic Manipulation Of Human Consciousness" zu einem einmaligen Album, dessen Status als Underground-Klassiker mehr als nur gerechtfertigt ist.

9.3 / 10

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