Sonntag, 26. September 2010

Blue Scholars - Bayani


Release Date:
12. Juni 2007

Label:
MassLine Media / Rawkus Records

Tracklist:
01. Baha'i Healing Prayer
02. Second Chapter
03. Opening Salvo
04. North By Northwest
05. Ordinary Guys
06. Still Got Love
07. Bayani
08. Loyalty
09. Fire For The People
10. Xenophobia
11. The Distance
12. Back Home
13. 50 Thousand Deep
14. Morning Of America
15. Joe Metro

Review:
Die Rap-Szenen abseits der großen HipHop-Ballungszentren sind meist recht überschaubar. So verhält es sich auch in Seattle. 2002 gründet sich dort eine der bekanntesten Gruppen der Stadt: Auf der Universität finden ein Produzent, der am Klavier ausgebildete und zuvor bereits in anderen Genres aktive Sabzi, und ein Emcee, der auch im Spoken Word nicht unerfahrene Geologic, zusammen und gründen die "Blue Scholars - eine klare Ansage, dass man es hier mit zwei gewöhnlichen Jungs zu tun hat. Das selbstbetitelte, lokal veröffentlichte Debüt verschafft dem Duo einen kleinen Hype, der schließlich zu einem nationalen Re-Release führt. Die wichtigste Stufe wird jeodch erst mit "Bayani" erklommen, für das Rawkus gewonnen werden kann und das weltweite Beachtung erfährt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
Die Bedeutung des Titels nachzuvollziehen fällt dank leicht auffindbarer Erklärung nicht schwer, ein schöner Kunstgriff ist die Wahl trotzdem. Sie umfasst die Wurzeln beider Mitglieder - die philippinischen von Geo und die iranischen von Sabzi - und sucht ein Wort, das in den beiden zugehörigen Sprachen eine Bedeutung hat. Mit "Held der Massen" bzw. "das Wort" zwar keine weltbewegenden, eine ähnliche Kreativität bei der Namensgebung wäre trotzdem bei vielen anderen Rappern wünschenswert. Beim Style dagegen erfreut man sich über die relative Einzigartigkeit, die Sabzi aus seinen Apparaturen zaubert. Waren seine Produktionen bis zu diesem Zeitpunkt zwar ganz klar in dieselbe lockere Richtung gerichtet, so ist "Bayani" ein erheblicher Schritt nach vorne, nach dem die Beats eine Fülle aufweisen, die ihnen zusätzlichen Hörgenuss sichert. Nach wie vor wird viel mit Klavier gearbeitet, was zusammen mit gefühlvollen Drumlines und der herzlich einladenden Atmosphäre, die sich schon nach dem "Baha'i Healing Prayer" (der Baha'i-Einfluss geht natürlich auf Sabzi zurück) im "Second Chapter" auftut, den Charme der Scheibe ausmacht. An dieser Stelle muss man jedoch auch allen Kritikern vorbeugen und klarstellen: Die Blue Scholars sind ganz tief im traditionellen BoomBap verstrickt und praktizieren diesen auf sehr entspannte Weise. Wem das zu herkömmlich ist, der sollte keine weiteren Gedanken an das Seattle-Duo verschwenden, denn er wird sich auch nicht daran erfreuen können, dass Sabzi mit seinen liebevollen Instrumentals in diesem überschaubaren Kosmos seine eigene Nische findet. Der zweite Beteiligte, Geologic, stellt sich schnell als geeigneter Partner heraus, der dem Hörer sehr ungehetzt alltägliche Gedanken präsentiert, aber auch als Sprecher fürs gemeine Volk fungiert. Gebettet sind die sozioökonomischen Rhymes aus der Sicht des Blue-Collar-Workers meist in die heimatliche Umgebung Seattles. Bahnbrechende Erkenntnise erhält der Hörer vom sozialismusfreundlichen Geo zwar nicht, trotzdem ist es immer angenehm, ihm zuzuhören. Nachdem die LP mit "Ordinary Guys" und "Still Got Love" einen sehr gemächlichen Start hinlegt, nimmt man mit Anpeilen der zweiten Hälfte deutlich Fahrt auf: Der Titeltrack startet mit strammen Snares und läuft sich dann in malerischen Streichern aus, ähnlich wie "Fire For The People", das jedoch stattdessem auf Piano setzt und sich so zum Highlight mausert. Die Abhandlung über Fremdenfeindlichkeit in "The Distance" hätte deutlich mehr Pepp verdient, kurz darauf findet die Platte jedoch ihren Höhepunkt: Der Aufruf "Back Home" geht als sachter Kopfnicker Richtung Irak, "50 Thousand Deep" spielt direkt vor der eigenen Haustür und taucht die 1999er "Seattle Riots", denen Geo als Augenzeuge beiwohnte ("And they call it a riot? I call it a uprising"), in (Polizei-)kritisches Licht. Mit "Joe Metro" setzt sich Sabzi dann mit einem kleinen Juwel eines Beats ein Denkmal, das Geo's Fahrt durch Seattle perfekt untermalt, das jedoch auf der ganzen Welt als Soundtrack für die Heimreise nach einem langen Tag (oder einer langen Nacht) ideal ist.

Ganz unwahr ist es nicht, wenn Kritiker diesem Album vorwerfen, es sei zu langweilig, zu gleichmäßig, zu altbacken, wenn Geo sich anhören muss, er rappe seine Parts zu teilnahmslos und lasse etwa bei "Fire For The People" das Feuer vermissen. Doch das sind keine Kriterien, die dieses Album ins Stolpern bringen, sie halten es lediglich davon ab, ein überragendes Gesamtergebnis zu erzielen. Denn wenngleich gerade Geo's ruhige Art und Sabzi's Beats das Wesen der Blue Scholars ausmachen, gibt es in der ersten Hälfte einige Tracks, die ein wenig Power vermissen lassen. Dass die Blue Scholars es besser können, beweisen sie schließlich in genügend der anderen Tracks. Aber auch mit diesen kleinen Fehlern klopft "Bayani" an der Vier-Kronen-Tür. Und da der Stern der Blue Scholars gerade erst aufgegangen ist, bleibt zu hoffen, dass man sich mit zukünftigen Alben noch steigert.

6.9 / 10

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