Samstag, 30. Oktober 2010

Black Milk - Album Of The Year


Release Date:
14. September 2010

Label:
Fat Beats Records

Tracklist:
01. 365
02. Welcome (Gotta Go)
03. Keep Going
04. Oh Girl (Feat. AB)
05. Deadly Medley (Feat. Royce da 5'9" & Elzhi)
06. Distortion (Feat. Melanie Rutherford)
07. Over Again (Feat. Monica Blaire)
08. Black And Brown (Feat. Danny Brown)
09. Round Of Applause
10. Warning (Keep Bouncing)
11. Gospel Psychedelic Rock
12. Closed Chapter (Feat. Mr. Porter)

Review:
Ein erster, vollkommen unbelastet unvoreingenommener Blick auf Black Milk's neustes Machwerk bereitet nicht gerade Grund zu überschwenglicher Freude: Ein (selbst unter der Entschuldigung der Schlichtheit) hingekotztes Cover und ein arroganter und vor allem einfallsloser Titel drängen die Frage auf, ob man es hier mit einem würdigen Nachfolger zum inzwischen zwei Jahre alten "Tronic" zu tun haben soll. Erwarten sollte man es zumindest, schließlich hielten sich seine Aktivitäten (Touren und Gastauftritte) in der Zwischenzeit im überschaubaren Bereich - das Random-Axe-Album beispielsweise wartet weiterhin darauf, releast zu werden.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Am besten sucht man die Erklärung in der Musik, denn genau dort ist sie zu finden: Gleich zu Beginn erklärt Milk den Titel. Grob ein Jahr ist zwischen Anfang der Aufnahmen und Einreichen der fertigen LP beim Label vergangen. Alles Erlebte wurde in diesem Album, dem Album dieses Jahres, verarbeitet. Während er für das Cover-Design eine Rechtfertigung schuldig bleibt, kann man sich nun also voll und ganz auf die Musik konzentrieren, von der schließlich einiges zu erwarten ist, nachdem "Tronic" die geschützten Sphären von herkömmlicher Sample-Arbeit hinter sich ließ, um sich mittels Experimentierfreudigkeit von anderen Produzenten abzusetzen. Das ist auch bei "Album Of The Year" das erklärte Ziel, diesmal allerdings ist die Marschrichtung eine andere und auch die Mittel unterscheiden sich. Live-Instrumente - das Schlagwort, bei dem sesselfurzende Kritiker feuchte Hosen bekommen - werden ins Album integriert und verdrängen die "Tronic"-Synthies größtenteils. Ein wenig Respekt muss man Milk für seine Entwicklung und die in dieses Album gesteckte Arbeit (streckenweise Eigenkompositionen) durchaus zollen, einen Freifahrtschein für Lobhudelei gibt es trotzdem nicht. Denn in Sachen Experimentierfreude ist "Album Of The Year" keineswegs eine Steigerung zu "Tronic". Black Milk mag ins Rennen schicken, was er will, die Musik, die einem entgegenschallt, klingt trotzdem wesentlich altbackener als noch vor zwei Jahren. Den direkten und besten Vergleich bietet "365", das als Opener Parallelen zu "Long Story Short" aufweist, diesmal aber logischerweise die vergangenen 365 Tage Revue passieren lässt. Das passiert über einen Beat, der viel eher nach "Popular Demand" als nach "Tronic" klingt und auch qualitativ in diesem Vergleich glasklar den Kürzeren zieht. Rap-technisch hört man schon an dieser Stelle, dass BM an sich gearbeitet hat, und während der Stil immer noch derselbe ist, so klingt das verbesserte Feintuning durchaus durch. Der Gehalt seiner Raps bewegt sich dagegen weiterhin zumeist knapp über dem Nullpunkt, etwas anderes wäre aber gar nicht wünschenswert. In "Over Again" eingebrachte Storytelling-Elemente zeigen, dass Black immer noch eindeutig als Producer besser ist, sein Ladies-Track ("Oh Girl") hätte aufgrund nicht vorhandener inhaltlicher Variation auch schon auf "Popular Demand" oder früher erscheinen können. "Distortion" dagegen verarbeitet die persönlichen Ereignisse des vergangenen Jahres, den Tod von Freund und Mentor Baatin sowie den Krankenhausaufenthalt von Manager HexMurda, und lenkt somit teilweise vom mittelmäßigen Instrumental ab. Black's saftige Drumlines sind nach wie vor als Markenzeichen vorhanden, nur fehlt ohne füllende Samples oder Synths oft ein herausspringendes Element im Instrumental, was aber dringend benötigt wird: "Deadly Medley" verfügt als eines der Highlights (zudem mit starker Rap-Performance) in Form von Gitarreneinsatz darüber, "Black & Brown" mit seinen Streichern ebenfalls. In "Gospel Psychedelic Rock" passiert allerdings entgegen des bunten Titels enttäuschend wenig. "Round Of Applause" wäre durchaus genießbar, verspielt sich das finale Lob dann aber duch unnötige Länge, in der Black instrumentale Ehrenrunden läuft. "Warning" verärgert dadurch, dass das am Ende kurz eingespielte Instrumental das des eigentlichen Songs erheblich überbietet, "Closed Chapter" ist mit siebeneinhalb Minuten wieder einen Tick zu lang, wobei es ansonsten seine Funktion als abschließender Track, in dem Black nochmals seinen Weg, Werdegang und seine Situation in der Szene zu Papier bringt, gut erfüllt.

Man mag - vollkommen zu Recht - enttäuscht von diesem Album sein, vor allem aufgrund des Fehlens jeglicher Überbretter (lediglich zwei Tracks schicken sich an, diese Position einzunehmen). In der Tat ist bei all den live eingespielten Instrumenten das Streben nach außergewöhnlichen Songs untergegangen, was die offensichtliche Zweitbedeutung des Albumtitels hinfällig werden lässt - "Album Of The Year" ist eine runde Sache, die besser als viele Scheiben ist, die aber auch weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Zweifel an Black Milk sind jedoch unberechtigt, denn wenngleich "Tronic" weiterhin sein bestes Album bleibt und man sich für "Album Of The Year" mehr innovative Elemente gewünscht hätte, untermauert der Herr aus Detroit doch seinen Status als nicht austauschbarer Producer der Oberklasse.

6.2 / 10

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