Samstag, 16. Oktober 2010

Wu-Tang Clan - Enter The Wu-Tang (36 Chambers)


Release Date:
09. November 1993

Label:
Loud / RCA

Tracklist:
01. Bring Da Ruckus
02. Shame On A Nigga
03. Clan In Da Front
04. Wu-Tang: 7th Chamber
05. Can It Be All So Simple
06. Da Mystery Of Chessboxin'
07. Wu-Tang Clan Ain't Nuthing Ta F' Wit
08. C.R.E.A.M.
09. Method Man
10. Protect Ya Neck
11. Tearz
12. Wu-Tang: 7th Chamber - Part II

Review:
Der Plan war die Weltherrschaft. Zumindest die Herrschaft über die HipHop-Welt. Und in der Tat ist man diesem Ziel so nahe gekommen wie keine andere Gruppierung, die je den HipHop-Ring bestieg. Der Grundstein von all dem ist ein Album, dessen Namen man nur zu erwähnen braucht, um Blicke voll wissender Zustimmung zu ernten. Ein Album, das im Jahr 1993 einschlägt. Die vorausgehende Gründungsgeschichte des Wu-Tang Clans ist legendär: Prince Rakeem, der Genius und der Specialist haben bereits negative Erfahrungen im Game und mit Labels gemacht und bilden den Kern eines neunköpfigen Kollektivs, das daraufhin hauptsächlich aus Staten Island und Brooklyn rekrutiert wird, um gemeinsam der Label-Politik zu trotzen und den eigenen Vorstellungen von gutem HipHop nachzugehen - "Enter The Wu-Tang".

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Bei einem Album wie diesem, das schon zu Erscheinungszeiten durchwegs Lob einfuhr und in heutigen Tagen einen unantastbaren Überklassikerstatus genießt, ist die kollektive Meinung schon so felsenfest eingemeißelt, dass Widerspruch einem Hochverrat gleichkäme. Glücklicherweise macht der Wu-Tang Clan es einem nicht schwer, in die Begeisterungsstürme mit einzufallen. Als vollwertige Clan-Mitglieder zählen zu diesem Zeitpunkt The RZA, The GZA alias The Genius, Ol' Dirty Bastard, Inspectah Deck alias Rebel INS, Raekwon The Chef, U-God, Ghost Face Killer und The Method Man. Masta Killa fing das Emceeing erst während der Aufnahmen an trägt daher nur zu einem einzigen Track bei. Die Idee hinter Album- und Gruppenkonzept ist Basic Knowledge: Die Bruderschaft teilt eine Vorliebe für Kung-Fu-Flicks, was zum eigenen Markenzeichen umgemünzt wird. Neben anderen ist vor allem "Shaolin And Wu Tang" der prägende Streifen für diese LP. Dank dem so markanten "W"-Logo gelingt die Adoption des Namens "Wu-Tang" vollkommen, das Album wird sogar gemäß des Films in eine "Wu Tang"- und eine "Shaolin"-Hälfte aufgeteilt. Doch wie auch im Film die beiden Styles letztendlich auf einen gemeinsamen Nenner zurückgeführt werden, ist diese Scheibe aus einem Guss. Für die instrumentale Unterhaltung sorgt Abt RZA, der ganz klar die lenkende Rolle im Clan einnimmt und sich um Kopf und Kragen produziert. Vielleicht waren es die Firehouse Studios, in jedem Fall umgibt dieses Album ein charmanter Lo-Fi-Charakter, den RZA mit den teils rohsten Beats, die die HipHop-Welt bis dato kannte, unterfüttert: Knochige Drumlines, stimmungsaufbauende Samples aus u.a. "Shaolin And Wu Tang" und minimalistische Sound-Zusätze geben den Ton an, auf dem sich die Emcee-Gemeinschaft austoben darf. In Sachen Styles könnte diese Truppe kaum verschiedener sein, trotzdem passt alles zusammen. Im Vordergrund stehen Namen wie Method Man (der mit dem vom legendären "Torture"-Skit eingeleiteten "Method Man" sogar einen Soloauftritt erhält) mit seiner relaxt-verrauchten Art, ein bellender, schreiender, ächzender ODB, der smoothe Raekwon oder der aggressive Ghostface. Das Verwunderlichste dabei ist wohl, dass all diese bis dato gar nicht bis kaum aktiven Emcees so viel Charisma und Klasse an den Tag legen. Selbst der später allgemein als schwächstes Glied ausgemachte U-God zerlegt mit seinem Eingangs-Verse "Da Mystery Of Chessboxin'". Auf diesem Track demonstriert außerdem der oft zu Unrecht in den Hintergrund gestellte und hier die Rhymes seines Lebens spittende Rebel INS einen seiner unschlagbaren Parts:

"Don't talk the talk, if you can't walk the walk
Phony niggaz are outlined in chalk
I'm mad vexed, it's what the projects made me
Rebel to the grain, there's no way to barricade me
Steamrollin' niggaz like a eighteen-wheeler
with the drunk driver drivin', there's no survivin'
"

Neben Tracks wie dem eröffnenden, düster-dreckigen "Bring Da Ruckus" hat RZA keine Bedenken, Kehrtwenden in das Album einzubauen: "Can It Be All So Simple" strahlt mit seinem Gladys-Knight-Sample eine sonst auf der LP nicht zu findende Ruhe aus, das mit Mef's Hook edelst überzogene "C.R.E.A.M." kombiniert dieses Element (diesmal mit einem Sample der Charmels) mit dem rohen Charakter der RZA-Beats. Doch Tracks hervorzuheben widerspräche jeder Logik: Hier reiht sich ein Klassiker an den nächsten, eine bombastische Rap-Performance geht zu Ende und die nächste setzt ein. Kein normaler Rap-Fan bekommt keine gute Laune, wenn in "Shame On A Nigga" das Kung-Fu-Sample langsam dem Beat und schließlich ODB's Auftritt weicht. Die beiden "Wu-Tang: 7th Chamber" mögen da geradezu in den Hintergrund rücken, doch sind sie als Teil des rohen Rückgrats der Platte nicht wegzudenken. Das gilt natürlich ebenso für die erste Single "Protect Ya Neck", deren Titel selbst sich zum epischen Slogan mauserte. Selbiges muss in potenzierter Form natürlich auch über "Wu-Tang Clan Ain't Nuthing Ta F' Wit" gesagt werden, bei dem sich jedes weitere Lob erübrigt. "Clan In Da Front" dagegen weist als GZA-Solo auf den später noch weitaus intensiver betriebenen Klaviergebrauch in RZA's Produktionen hin, während "Tearz" gegen Ende nochmals des Meisters meisterhafte Sample-Künste für die Nachwelt festhält.

Es gibt wahrscheinlich nicht viele Rap-Alben, die so oft kopiert wurden und trotzdem so einzigartig sind wie hiesiges. Sogar der Clan selbst - so gut die folgenden Jahre auch waren - landete nie wieder beim Vibe dieser Platte. In seiner Gesamtheit, mit den Skits, den Shoutouts an die damaligen Killa Bees und der Vorstellung des Clans, ist dieses Album eine Ikone in der Rap-Landschaft. Selbst ohne die enormen Auswirkungen (dem Entstehen einer elitären Rap-Gesellschaft mit einem regelrechten Fan-Kult, dem Entstehen eines eigenen Stils oder der Bedeutung für die Ostküste zur damaligen Zeit), selbst wenn man die LP wirklich nur auf die Musik reduziert, lässt sich der zugesprochene Klassikerstatus problemlos rechtfertigen. Denn diese Musik gehört auch heute noch zum Besten, was HipHop je passiert ist. Kurzum: "Enter The Wu-Tang" ist zeitlose Musik.

9.9 / 10

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