Donnerstag, 17. November 2011

Big Noyd - Episodes Of A Hustla


Release Date:
16. September 1996

Label:
Tommy Boy Music

Tracklist:
01. It's On You
02. The Precinct
03. Recognize & Realize (Part 1) (Feat. Prodigy)
04. All Pro (Feat. Ty Nitty, Twin Gambino & Prodigy)
05. Infamous Mobb (Feat. Prodigy)
06. Interrogation
07. Usual Suspect
08. Episodes Of A Hustla (Feat. Prodigy)
09. Recognize & Realize (Part 2) (Feat. Mobb Deep)
10. I Don't Wanna Love Again (After Six Entertainment Remix) (Feat. Se'Kou)
11. Usual Suspect (Stretch Armstrong Remix) (Feat. Prodigy)

Review:
Er ist die Personifikation eines Mitläufer-Rappers aus dem Camp einer erfolgreichen Gruppe. Big Noyd gehört vom ersten Tag an (schon auf "Juvenile Hell") zum Anhang von Mobb Deep, schafft es aber, dank seines Verses auf "Give Up The Goods" einen eigenen Solo-Deal mit Tommy Boy an Land zu ziehen. Mitte der Neunziger zählen Mobb Deep zu den ganz Großen, was selbst für den Lakai Noyd rosige Aussichten mit einem Soloalbum verheißt. Doch ein Zwischenfall kostet ihn den großen Wurf: Während der Aufnahmen wandert er wegen versuchten Mordes ein und hinterlässt Tommy Boy ein halbfertiges Album, das schließlich als "Episodes Of A Hustla" irgendwo zwischen LP und EP seinen Weg in die Läden findet.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Unter 40 Minuten Spielzeit sind es, darüber hinaus wurde die Tracklist mit zwei Skits aufgebauscht, man erkennt also recht schnell, dass Tommy Boy die Aufnahmen, die Big Noyd noch fertigen konnte, so gut als möglich zusammengeflickt hat. Doch das soll nicht weiter stören, solange die Musik passt. Und in dieser Hinsicht sieht eigentlich alles sehr vielversprechend aus, denn wir befinden uns in der Ära von "The Infamous" und "Hell On Earth" und niemand Geringeres als Havoc zeichnet für praktisch sämtliche Beats der Platte verantwortlich, während Prodigy auf sechs der acht Tracks zu hören ist - alleine diese Tatsache macht es schwer erklärlich, wieso "Episodes Of A Hustla" heutzutage so untergegangen ist, im Prinzip ist es sowieso eine halbe Mobb-Deep-Scheibe. Genau deshalb wird auch jenen kritischen Zungen, die den Rapper Noyd als technisch wenig standhaft abstempeln und ihm lediglich eine Existenz als Feature-Rapper auf den Alben seiner Brötchengeber zugestehen, der Teppich unter den meckernden Füßen weggezogen. Dass die Scheibe auf inhaltlicher Ebene nicht viel mehr als den vom Rauch benutzter Handfeuerwaffen geschwängerten Street-Talk der legendären Projects zwischen der Vierzigsten und der Einundvierzigsten zu bieten hat, wird niemanden überraschen - wohl erwähnenswert ist allerdings, dass Noyd offenbar genau einzuschätzen wusste, welche Mischung aus Gästen aus dem Infamous-Camp und eigenen Raps ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Da er stets ähnlich gut wie auf "The Infamous" aufgelegt ist, darf sich niemand über Langeweile am Mic beschweren. Die wahre Magie der Scheibe passiert natürlich hinter den Boards, wo Havoc das Geschehen leitet. So viel sei gesagt: Es gibt wenig, was seinem Tun und Treiben zu jener Zeit das Wasser reichen kann, und genau an dieser Stelle liegt erst der Reiz von "Episodes Of A Hustla": Die Beats mögen nicht ganz so kohärent wie auf den IMD-Alben angesiedelt sein, doch für sich genommen packt Hav ein Juwel nach dem anderen aus. Den Anfang macht jedoch Charlemagne, der "It's On You" produziert, ein Intro, das klingt, als hätte Noyd es verpasst, darauf zu rappen. Doch das stört nicht groß, denn der Beat ist ein wahrhaftiges Sahnestück und stellt Noyd mit kurzen Cuts von "The Infamous" vor. Dann kann die Show losgehen: Dumpfe Snares pumpen an allen Ecken und Enden, fremde, düster-unheilvolle Samples tanzen durchs Bild und die Infamous-Posse spittet mittendrin ihre ungeschönten Zeilen: Im ersten Teil von "Recognize & Realize" klagt grandios ein Voice-Sample gegen Prodigy's kalten Windhauch einer Performance an, im zweiten Teil führt Havoc in "Hell On Earth"-Gefilde. Das klingt zwar nicht wie Noyd's Solo-Tracks, doch wen stört das schon. Die Bässe brummen und Noyd portraitiert sich im ersten Solo-Cut als "Usual Suspect" (dieses Bild unterstreichen auch die beiden Skits, die Noyd als von der NYPD gesuchten Mann darstellen). Im ebenbürtigen "Stretch Armstrong Remix" gibt es dann sogar noch den Prodigy-Verse, der gegen Ende des Originals eingespielt wird, in voller Länge. Im eher sperrigen "All Pro" (das erst nach einigen Malen seine Klasse offenbart) dürfen sogar Nitty und Gambino ran, im Titeltrack ist es dann wieder das so gut funktionierende Gespann Noyd-P. "Episodes Of A Hustla" ist nochmal ein Ungetüm eines Instrumentals: simpel, roh, kalt - kurzum, genau das, was man bei Havoc liebt, während Prodigy die Hook beisteuert und Noyd, immer auf der Hut vor dem Arm des Gesetzes, berichtet, was der QB-Hustler so treibt. Als potentieller Wackelkandidat und R'n'B-Nummer zu erwähnen ist noch "I Don't Wanna Love Again", doch Se'kou (die auch wirklich singen kann) macht ihre Sache durchwegs souverän und passt überraschend gut auf Hav's Produktion, die ihren Nachbarn an Trockenheit in nichts nachsteht.

Wer dieses Album gehört hat, der kann sich eigentlich nur fragen, wieso es so dermaßen untergegangen ist. Wer Mobb Deep der Neunziger Schule liebt, der braucht deren zwei Klassiker. Wer einen Nachschlag will, der braucht "Episodes Of A Hustla". Noyd scheint dabei ganz genau erkannt zu haben, wie entscheidend Hav und P für den Erfolg seines eigenen Projekts sind, was zwar darin resultiert, dass man es hier weniger mit einem Soloalbum als einer Kollabo zwischen Mobb Deep und Noyd zu tun hat, doch wieso sollte man sich darüber beschweren, wenn es eine maximale Qualitätsausbeute bedeutet. Trotzdem ist die Scheibe weit von den Mobb-Alben entfernt, was hauptsächlich daran liegt, dass man ihr anhört, dass sie eigentlich nur halbfertig ist. Hätte Noyd noch ein paar Hochkaräter mehr platzieren und die Tracks dann selbst sinnvoll zu einem Album zusammenfügen können, "Episodes Of A Hustla" hätte noch eine Stufe besser sein können. Doch auch so hat man es hier mit einem wahren Leckerbissen zu tun.

7.3 / 10

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