Donnerstag, 17. November 2011

Evidence - Cats & Dogs


Release Date:
23. September 2011

Label:
Rhymesayers Entertainment

Tracklist:
01. The Liner Notes (Feat. Aloe Blacc)
02. Strangers
03. The Red Carpet (Feat. Raekwon & Ras Kass)
04. It Wasn't Me
05. I Don't Need Love
06. You
07. God Bless That Man
08. Fame (Feat. Roc Marciano & Prodigy)
09. James Hendrix (Feat. The Alchemist)
10. Late For The Sky (Feat. Slug & Aesop Rock)
11. Crash
12. Where You Come From? (Feat. Rakaa, Lil Fame & Termanology)
13. ...
14. To Be Continued...
15. Falling Down
16. Well Runs Dry (Feat. Krondon)
17. The Epilogue

Review:
Bis heute ist es nicht eindeutig zu erklären, wie Evidence mit seinem ersten Soloalbum so viel Beifall einheimsen konnte. Fakt ist, dass sich das kurze Zeit später angekündigte Nachfolgealbum schnell mit großen Erwartungen konfrontiert sah. Doch das war nicht das einzige, was sich für Ev geändert hat: Plötzlich ist er ein gefragter Mann, kann es sich erlauben, erst einmal bei Decon anzuheuern und dort eine überbrückende EP zu veröffentlichen, während ihm die 2007er Kollabo mit Slug schließlich das Angebot beschert, das ihn zufriedenstellt: 2009 heuert Ev bei Rhymesayers an. Er produziert hier ein wenig, tritt dort ein wenig auf, hält so seinen Namen im Umlauf und bringt schließlich "Cats & Dogs" kurz vor dem Zeitpunkt, zu dem sich kein Schwein mehr dafür interessiert hätte, auf den Markt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Schlechtes Zeit-Management kennt man bei Rhymesayers nicht, weswegen man's auch mit der ordentlichen Verspätung noch geschafft hat, pünktlich zum Album-Release weitläufiges Interesse zu wecken. Unterfüttert wird dieses Interesse von einer dicken Liste an Beitragenden, von Premier über Sid Roams und Alchemist bis zu dem üblichen Standardpack an gerade angesagten oder zu erwartenden Gast-Rappern. Ein festes Konzept liegt der Platte dabei ebensowenig zugrunde wie schon bei der "Weatherman LP", doch parallel zur offensichtlichen Anspielung mit "Cats & Dogs" auf das Vorgängeralbum will das Cover auf die unauffälligen, gerne übersehenen Dinge hinweisen - sei das nun aufgrund von Ev's Leben in Venice ohne den Gangster-Alltag oder weil sein Album gerne ähnlich tiefgründig wäre. In jedem Fall gilt weiterhin: Wer Mr. Slow Flow raptechnisch unattraktiv findet, der sollte seine Zeit hiermit nicht verschwenden - Evidence schleicht sich immer noch konstant aber zähflüssig durch seine Tracks und ist dementsprechend auf die richtigen Instrumentals angewiesen, die ihm diese Eigenart erlauben. Da er einen guten Riecher für solche Beats hat, ist man zumeist auf der sicheren Seite. Gerappt wird nicht selten mehr oder weniger cleveres Wortspiel, oft sind es aber auch persönliche und Konzept-Songs, die Ev's doch recht normales Leben in etwas dramatisierter Form wiedergeben - vielleicht ist "Well Runs Dry" aber genau deshalb massenkompatibel, weil neben Ev auch jeder andere seine Brötchen zu verdienen hat. Produktionstechnisch wählt Ev einen soliden, aber irgendwo auch unspektakulären Untersatz - ein Phänomen, das sich wiederholt auf "Cats & Dogs" findet. Der Rest ist allerdings mehr als ordentlich: Sei es nun das selbstproduzierte "I Don't Need Love", das den Verlust der Mutter nochmal verarbeitet ("When Kanye was chasin' space ships all over the nation / I was at the graveside, face on the pavement"), mit seinem dominierenden Voice-Sample oder mit "James Hendrix" das andere Extrem, in dem die Step Brothers einfach wild drauf los rappen - Evidence liefert Vorzeige-HipHop, der fast überall salonfähig ist. Die ganz großen Momente gibt es allerdings nur selten, denn wenngleich die Re-Introduction in "Liner Notes" (mit einem kaum auffallenden Aloe Blacc im Hintergrund) oder das misstrauische "Strangers", das den engen Freunden zwar in Geld-, aber nicht in Weed-Angelegenheiten traut, Oberklasse sind, zum amtlichen Banger reicht es nicht. Doch wofür gibt es DJ Premier? Die Producer-Legende ist dieser Tage zwar kein Sure-Shot mehr, aber "You" geht so unbeschwert in die Vollen, wie man das von Premo Ende der 90er kannte. Da Guru ebenfalls nie hetzte, verwundert es kaum, dass Ev dazu nicht verkehrt klingt. Der zweite große Höhepunkt der LP ist "The Red Carpet", für das Alchemist sich alter Stärken besinnt und auf einem Voice-Sample seinen stärksten Beat seit längerer Zeit entfaltet. Die Gäste auf der ganzen Scheibe treten in guter Form auf, was Ev auf die persönliche Ebene der Zusammenarbeit zurückführt. Das ändert allerdings nicht viel daran, dass bei den drei verschiedenen Perspektiven auf "Fame" (Roc Marcy wurde wohl aus der Decon-Zeit mitgenommen) nicht viel passiert und auch "Late For The Sky" nicht gerade der optimale Boden für die an sich interessante Dreierkollabo ist, was wieder von Höchstnoten abhält. Weitere Stationen sind ein absichtlich fehlender dreizehnter Track ("The 13th floor was missin' in the towers" - was Ev sich in "To Be Continued..." bei der Anspielung auf die Freimaurer gedacht hat, wissen die Götter), ein sehr mittelmäßiges "Where You Come From" mit Standard-Hook von Lil Fame, lästigem Termanology-Auftritt und einem Alchemist-Beat, der wie ein Restposten von einem der letzten Prodigy-Alben klingt, sowie schließlich und letztendlich der "Epilogue", für den Ev noch einen älteren Premo-Beat mit bekanntem Sample aus dessen Studio abstaubt, um dem Album ein selbstbewusstes Outro zu verpassen.

Evidence' größte Stärke ist, dass er bei fast jedem gut ankommt. Das liegt nicht nur (wohl eher kaum) an seinem Rap-Stil als vielmehr an dem präsentierten Gesamtpaket und damit zu großen Stücken den in typisches, aber clever aufgereihtes Rap-Fundament gebetteten, semipersönlichen Texten sowie natürlich den Beats, die diesmal erfolgreich auch einige weniger bekannte Namen einbinden. Ev schafft es, so seinen eigenen Sound, der irgendwo zwischen Ost und West balanciert, zu präsentieren: einen Allrounder-Sound, der auf "Cats & Dogs" zu zwei satten Highlights führt und immer mindestens mittelmäßig (oft wesentlich besser), in seiner Gesamtheit (wie eben schon "The Weatherman LP") aber zu unfokussiert ist, als dass Ev ganz groß abräumen könnte. Diese fehlende Kompaktheit deutet zu einem gewissen Grad schon die Premo-Verpflichtung an.

6.7 / 10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen