Sonntag, 16. September 2012

Nujabes - Spiritual State



Release Date:
03. Dezember 2011

Label:
Hyde Out Productions

Tracklist:
01. Spiritual State (Feat. Uyama Hiroto)
02. Sky is Tumbling (Feat. Cise Star)
03. Gone Are The Day (Feat. Uyama Hiroto)
04. Spirale
05. City Light (Feat. Substantial & Pase Rock)
06. Color of Autumn
07. Down on the Side
08. Yes (Feat. Pase Rock)
09. Rainy Way Back Home
10. Far Fowls
11. Fellows
12. Waiting for the Clouds (Feat. Substantial)
13. Prayer
14. Island (Feat. Uyama Hiroto & Haruka Nakamura)

Review:
Ebenso wie sein Wirken in der westlichen Welt einen eher überschaubaren Hörerkreis beeinflusste, hielt sich auch die Vergötterungswelle nach Nujabes' beinahe zwei Jahre zurückliegendem, tragischem Tod in Grenzen. In Japan mag das anders (gewesen) sein, jedenfalls blieb auch die sonst so beliebte Leichenfledderei (vielleicht weil es einfach kein Material gab) aus, lediglich das von Seba Jun selbst begründete Hyde Out Productions kündigte recht bald die Veröffentlichung eines dritten, Post-Mortem-Albums an, mit dem man sich bis jetzt Zeit ließ. Mit "Spiritual State" liegt nun also das letzte Vermächtnis des einmaligen japanischen Produzenten vor.
WRITTEN FOR Rap4Fame

 Dass man der Sache kritisch gegenüberzutreten hat, sollte klar sein, auch ein Vergleich mit "Metaphorical Music" oder "Modal Soul" ist nicht angebracht. Bei anderen Künstlern sollte man ja schon froh sein, wenn das Vermächtnis mit einem solchen Album nicht mit Füßen getreten wird, in diesem Fall darf man allerdings sogar auf etwas mehr hoffen, sofern man Hyde Out eine gewisse Qualitätskontrolle zugesteht. Vielleicht liegt es daran, dass selbst das unsortierte Material, das aus Nujabes' Hinterlassenschaft zusammengekratzt wurde, einen entsprechend hohen Standard hält oder daran, dass Seba, dessen Diskographie gemessen am Output, der heutzutage bei einigen Künstlern zu beobachten ist, gegen die leere Menge strebt, sehr selektiv mit dem war, was auch tatsächlich aufgenommen wurde, jedenfalls muss sich für "Spiritual State" niemand schämen. Dem Aspekt der Gesamtkomposition, der genau durchdachten Platzierung der Tracks, darf natürlich nicht das volle Gewicht beigemessen werden, denn wie zu erwarten war und wie sich auch schnell herausstellt, sind es mehr die Einzelstücke, die auf eigene Faust in die entrückt schöne Welt von Nujabes führen. "Spiritual State" gibt da als Album-Opener direkt das beste Beispiel ab, spannt mit herzlichem Klavierspiel seinen Spannungsbogen genau über seine sechseinhalb Minuten Spielzeit und erreicht damit eine Klasse, die sowohl von Schwermut als auch einer beruhigenden Entspanntheit zehrt, insgesamt vollkommen für die unschuldige, elegante Schönheit steht (nebst Rasseln kommt kein Schlagwerk zum Einsatz), die Nujabes zugeschrieben wird, und die die Heerscharen an Nujabes-Plagiatoren zurück in die Schulbank schickt. "Spiral" geht in eine ähnliche Richtung, sammelt seine Punkte aber mit einer satten Kick als Unterstützung. Die von Nujabes gewählten Instrumente sind oftmals Klavier und Akustikgitarre, Ersteres regiert die Tracks, in denen MCs zugegen sind. Gerade hier schleichen sich allerdings schwächere Momente ein: "Waiting For The Clouds" erscheint wie auch "City Lights" etwas matt, Substantial wirkt kraftloser als gewohnt. Pase Rock, nie der weltbeste Rapper, passt zwar ganz gut in "Yes", mit acht Minuten hätte man sich hier allerdings kürzer fassen können. Klarer Gewinner am Mic ist Cise Star, das Cyne-Mitglied profitiert zwar zugegebenermaßen in "Sky Is Tumbling" von vielschichtigen Klavierläufen, zeigt sein Gefühl für Nujabes' Untersatz aber (u.a.) auch mit einer starken Hook, was einmal mehr zum Wunsch nach mehr gemeinsamen Tracks von Cyne und Nujabes führt. Doch die besten Minuten feiert Nujabes alleine: Zwar wirken einige Tracks ("Color Of Autumn" oder "Fellows") streckenweise etwas unausgereift, Diamanten gibt es aber zur Genüge: "Gone Are The Days" swingt charmant um die Ecke, "Dawn On The Side" ist eines der Nujabes-typischen, nachdenklichen und besänftigenden Edelstücke, "Rainy Way Back Home" verbindet meisterlich Klavier und Gitarre und steuert damit wie auch "Prayer" in die melancholische Richtung. Letzte noch unerwähnte Großtat ist damit "Far Fowls" als (gewohnt atmosphärische) Kombination aus Flöte und Gitarre.

"Spiritual State" zählt als Nujabes' drittes Album und macht seinen zwei Vorgängern keine Schande. Die posthume Greueltat, die vielen anderen Künstlern angetan wurde, bleibt aus, was einerseits für die Verantwortlichen bei Hyde Out spricht, andererseits aber auch für Nujabes und dessen Klasse. Was die Scheibe von ausschließlichem Lob abhält, ist einerseits das Fehlen von Nujabes, der zweifelsohne eine etwas zusammenhängendere Gesamtkomposition vorgenommen hätte (manche Übergänge muten doch etwas abgehackt an), andererseits ist es die (geringe) Zahl eher mittelmäßiger Songs, die resultierend sondiert dasteht und so mehr ins Auge (bzw. Ohr) sticht. Trotzdem ist "Spiritual State" eines der besten Alben des Jahres, für den Nujabes-Fan Pflicht und für alle, die mit der jazzigen Sorte HipHop etwas anfangen können eine unbedingte, nur knapp die vier Kronen verpassende Empfehlung.

7.2 / 10

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