Dienstag, 23. März 2010

Guerrilla Alliance - Guerrilla Warfare


Release Date:
09. April 2010

Label:
Planet X Records

Tracklist:
01. Guerrilla Instincts
02. School Of Assassins
03. Wrath Of Kings (Feat. V.I.)
04. Sodom And Gomorrah (Feat. El*A*Kwents)
05. Architecture Of A Perfect Weapon
06. Sick Man Of Asia
07. Guerrilla Warfare
08. Inglorious Basterds
09. Audubon Ballroom (Feat. Stranga The Great)
10. Systematic Genocide (Feat. Schizo Da Madcapp)
11. Mark Of The Beast (Feat. G.I. 45)
12. The Hidden Fortress (Feat. Holocaust)
13. Revelationz (Feat. Armageddon)
14. The Prophecy (Feat. Shabazz The Disciple)
15. Nightmare Portal (Feat. Rook Da Rukus)
16. The Lost Symbol (Feat. Stranga The Great, Aztech, Eratic & Lone1)

Review:
Neben großflächigem Label-Sterben gibt es auch noch Künstler, die sich dazu entschließen, mit der Gründung eines Labels die eigene Unabhängigkeit sicherzustellen und der Welt die eigene Musik zu präsentieren. Das ist bei Planet X Records der Fall, dem Vega X als Kopf vorsteht, Macabean The Rebel als Vize dient und dem eine Handvoll Artists zugehört. Doch es sind die beiden Chefs, die uns hier interessieren, denn sie bilden zusammen die Guerrilla Alliance, die seit nunmehr zwei Jahren an ihrem Debüt arbeitet. Da beide bisher wenig in Erscheinung getreten sind und ihre Solo-Projekte (Vega X mit "Terrifying Consequences" und Macabean als Mac Blaze mit "Werdz From The Rebel: Part II", beide 2008) kaum Beachtung fanden, wird "Guerrilla Warfare" dem Konsument nicht nur als Vorstellung des neuen Labels, sondern auch als Vorstellung der Künstler selbst dienen.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Vorgenommen haben sich GA ja einiges: Nicht nur wollen sie mit einem Paukenschlag Planet X Records etablieren, auch will man die Grenzen des HipHop-Genres ein wenig ausdehnen und eines der inhaltlich gehaltvollsten Alben veröffentlichen. Wer sich an dem missratenen Cover vorbeikämpft, dem eröffnet sich, was Vega und Mac damit meinen: Ganz offen stehen sie zu ihrer Affinität zu Verschwörungstheorien, egal welcher Art. Als Produzent für das Spektakel fungierte hauptsächlich Macabean, aber auch Label-Kollege Vee Eye hatte unter anderen seine Finger im Spiel. Hinsichtlich des Sounds stehen die Zeichen also auf typische Eastcoast-Nahrung, anzunehmenderweise nicht in seiner entspanntesten Ausführung. Ein loser Rahmen sowie zweifelsohne ein großer Einfluss auf die Ansichten der beiden Emcees findet sich in Milton William Cooper's "Behold A Pale Horse", das schon die ersten Worte des Intros "Guerrilla Instincts" stiftet. Bevor man nun das inhaltliche Wollknäuel angeht, sei zuerst auf die Skills der Emcees eingegangen; hier nämlich scheinen Abstriche bei Zeit und Übung zugunsten der Studie obskurer Literatur in Kauf genommen worden zu sein: Vor allem Vega X gebärdet sich wie ein Barbar, der mit brachialem Stimmeinsatz seine Botschaften herausrappt (bzw. nahezu -schreit), ohne dabei Reimschemata, sauberem Flow oder anderen technischen Kriterien Respekt zu zollen. Dieser Stil wirft den Vergleich zu Holocaust auf, doch spielt Vega ein bis zwei Ligen weiter unten. Mac schließlich ist ein solider, aber keinesfalls auffälliger Emcee. Seine Aussage, dass dieses Album wie eine Dokumentation gehalten sei, liefert trotzdem eine schöne Beschreibung der LP. Nun zum amüsanten Teil des Albums, nämlich den Lyrics. GA stellen sich als sehr offene Leser (pseudo-)politischer Schriften heraus. Ihre Aufgabe sehen sie darin, der HipHop-Gemeinschaft neue Aspekte in vielen Bereichen zu bieten. Man muss eigentlich nur die einschlägigen, hanebüchenschen Theorien durchchecken - man wird sie alle finden, alle wurzelnd auf Unwissen, das durch Statuieren geheimer, fädenziehender Mächte gefüllt wird, denen in Form von Geheimgesellschaften ein verschleiertes Gesicht gegeben wird: Freimaurer, Illuminaten (somit natürlich auch Skull & Bones), CIA (stellvertretend für den riesigen Lügenkomplex Amerika), und so weiter - die Neue Weltordnung (ebenfalls unzählige Male erwähnt) lässt grüßen. Sogar die HipHop-Musik werde kontrolliert, sofern man "The Prophecy" glaubt. Der Song zeigt im Übrigen auch anschaulich, wie die Protagonisten gegen einen versierten Emcee wie Shabazz eingehen. Doch schlecht ist die LP deswegen keineswegs: "Architecture Of A Perfect Weapon" beispielsweise ist mit Gitarrenklängen stark produziert und eher ruhig, während erneut gegen kaschierende Staatspropaganda gewettert wird. Versteht sich von selbst, dass ständig Samples aus Reden, die das Albumthema behandeln, eingebaut werden. Ein Highlight findet man in "Sick Man Of Asia", das clever (erneut mit Akustikgitarre) produziert ist und die groben Raps in ein schönes Ambiente wirft. Andere Tracks, wie etwa der Titeltrack, sind stürmisch genug, um als perfekt passend für Vega X durchzugehen, entfalten dafür in ihrer Gesamtheit durch Überreizung eine geringere Qualität. Ähnlich "The Hidden Fortress", das von einem Bruce-Lee-Sample eingeleitet wird und bei dessen Beat auch ein Holocaust nichts retten kann. "Nightmare Portal" (mit einem klasse Rook Da Rukus) hingegen funktioniert wieder. Gemäßigte Sounds bietet "Systematic Genocide", für das GA plus Schizo in die Rollen von G.I., Al-Qaida-Soldat sowie CIA-Agent schlüpfen - dass Letzterer der Böse ist, sollte nicht schwer zu erraten sein. Um das Märchenbuch zu komplettieren, fehlt noch "Inglorious Basterds", GA's Ansichten über den 2. Weltkrieg, die nicht ohne Vril-Gesellschaft und Schwarze Sonne auskommen und mit einem Hinweis darauf, dass das Böse direkt ins eigene Land (Stichwort "Project Paperclip") importiert wurde, enden.

In gewisser Weise haben Guerrilla Alliance Recht: HipHop hat tatsächlich wenige Verschwörungstheoretiker vom Schlage dieser zwei Quacksalber. Man solle nichts glauben, was man nicht selbst beweise könne, sagte (ironischerweise) Bill Cooper selbst, und genau dort liegt das Problem der Guerrilla Alliance: Wenn dieses Album eine Doku sein soll, dann eine grottenschlecht recherchierte. Das mutet doch alles ein wenig sehr wie das Nachplappern der Thesen und Behauptungen anderer Köpfe an. Auf Seiten der Raps kommen noch einige Defizite hinzu, außerdem sind auch die Beats nicht durch die Bank weg erste Sahne. Nichtsdestotrotz ist "Guerrilla Alliance" - wenn auch wahrscheinlich auf voller Länge Mumpitz - lyrisch unterhaltsam und mit mehr Gehirnschmalz als viele andere Alben gefüllt, was zusammen mit der ansehnlichen musikalischen Verpackung durchaus hörenswert ist.

6.3 / 10

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