Freitag, 10. Juni 2011

Babylon Warchild - Babylon Warchild


Release Date:
18. April 2011

Label:
Gold From Straw Recordings

Tracklist:
01. Call Of The Warchild
02. Hunger Pains (Feat. KDB)
03. Weapons Of Mass Deception
04. Farm Complex (Feat. Chief Kamachi)
05. No Time
06. Parliament Hillz
07. I Am (Feat. Reef The Lost Cauze)
08. Fire In The Sky (Feat. Fresco P)
09. Equal Power
10. Knowledge (Feat. Fresco P, Black, Symmetry & BK The General)

Review:
Sieht auf den ersten Blick aus wie irgendwo aus dem Osten, kommt aber aus Kanada: Babylon Warchild sind ein nicht alltägliches Trio aus Toronto, das sich anschickt, der so oft übersehenen Nachbar-Szene der USA ein wenig mehr Aufmerksamkeit zuzuschanzen. Die drei Beteiligten sind nicht vollkommen neu in der Szene, so ist Emcee und Producer Legitimate schon als Teil von School Of Thought und Emcee Unknown Mizery in den Reihen von Peep The Revolution in Erscheinung getreten. Komplettiert wird die Gruppe durch Rumplestiltz, der sich mit der ungewöhnlichen Beschreibung eines HipHop-Cellisten vorstellt. Auf dem noch weniger bekannten Gold From Straw Recordings veröffentlicht man das selbstbetitelte Debüt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Der Pessimist sagt: "Das hat gerade noch gefehlt". In einer Zeit, in der jeder Träger von mehr als einem Dutzend Gehirnzellen meint, sich in politische Botschaften stürzen zu müssen, kommt eine Formation mit dem Namen Babylon Warchild des Weges. Da kann man dem Schwarzseher so direkt erst einmal nicht widersprechen, denn wenn es nach Dummschwätzen eine Rapper-Lieblingsbeschäftigung gibt, dann ist es das Herumhacken auf Amerika, dem dekadenten "Modern Day Babylon". Auf der anderen Seite gehen sehr wenige Künstler die Thematik wirklich ernsthaft an, weswegen eine Gruppe mit seriösem Anliegen in diesem Themengebiet durchaus erfolgversprechend sein kann. Genau deshalb hat der Pessimist Hand in Hand mit dem gemeinen HipHop-Fan Grund zu höchster Freude, denn Babylon Warchild überraschen auf so ziemlich jeder Ebene positiv: Diese Jungs nehmen ihren Job als politisch motivierte Rapper ernst, vergessen dabei aber keinesfalls das Rappen selbst; aus sicherer Lunge spittet man von Anfang bis Ende. Weder Legitimate noch Unknown Mizery legen dabei außergewöhnliche oder innovative Styles an den Tag, doch das braucht es für die rundum überzeugende Darbietung gar nicht. Nicht minder liegt das Augenmerk auf den (neben u.a. Primacy, Laforty und Dynamo) zur Hälfte von Rumplestiltz produzierten Beats, die darüber entscheiden, ob dieses Album im Sumpf brachialer, kopierter Eintönigkeit AOTP'scher Machart vergessen wird oder ob man sich abzusetzen weiß. Zur großen Freude ist eindeutig Zweiteres der Fall, und an dieser Stelle kommt das live eingespielte Cello zum Tragen: Einem Song wie "Hunger Pains" wird so eine famos-betrübte 20-sekündige Einleitung vorangeschoben, bevor ein nicht minder wehmütiges Piano einer verstaubten Snare die Hand reicht, um die Zeilen über das harte Struggle-Dasein angemessen zu illustrieren, die mitunter in großartigen Metaphern kulminieren:

"We fly a burning flag, democratic process engulfed in flames
Where justice is a blind man begging for your change
"



Ein schöner Übergang von Cello-Intro zu tragendem Piano (im Hintergrund das unbezahlbare Vinyl-Kratzen) erfolgt ebenso erfolgreich in "Fire In The Sky", das diesen Grundriss erneut hervorragend in die Tat umsetzt. Während fast alle Songs einen ernsten Ton beibehalten, gibt es beim Tempo durchaus Variationen: Das eröffnende "Call Of The Warchild" setzt im Intro erneut gekonnt Cello ein, diesmal zur Untermalung von Interview-Schnipseln von Jacques Fresco, um dann in einem feurigen Banger aufzugehen, der sich gleich zu Beginn die volle Aufmerksamkeit des Hörers sichert. Derer können sich Babylon Warchild auch praktisch die gesamte Spielzeit sicher sein, lediglich im etwas robusten "Farm Complex" geraten die Streicher-Salven etwas monoton, doch dort ist ein Chief Kamachi zur Stelle, um bei der Systemkritik Hilfestellung zu leisten. Der zweite Philly-Prominente wird noch besser in Szene gesetzt, das eingängige "I Am" darf sich sogar mit einem der besten Reef-Auftritte der letzten Zeit brüsten. "No Time" zeigt, dass sich auch Legitimate aufs Produzieren versteht, der Schlusspunkt und letzte Ohrenschmaus geht allerdings wieder auf Rumplestiltz' Kappe, der "Knowledge", gespickt mit Auftritten abwechslungsreicher Gäste, seine vollen sieben Minuten wert macht.

Für ein vollwertiges Album ist "Babylon Warchild" mit seinen 10 Tracks und guten 40 Minuten zwar nicht wirklich üppig, doch dafür stimmt die Qualität: Mehr als der Hälfte der Songs darf man absolute Highlight-Qualitäten zusprechen und der Rest bewegt sich sicher über Auffüll-Material. Außerdem werden mit der Kürze etwaige Probleme wie lyrische Redundanz recht gut umschifft. Auch Rumplestiltz' oft zum Einsatz kommendes Cello funktioniert hervorragend und haucht der ohnehin starken Produktion mehr Leben ein. Wie sich das alles auf einem nächsten, eventuell längeren Album entwickeln wird und ob die Zutaten dann noch ausreichen, steht hier nicht zur Diskussion, im Moment darf man sich einfach daran erfreuen, dass "Babylon Warchild" sehr hörenswerte Minuten verspricht und knapp in den Sphären eines rundum hochwertigen Albums schwebt.

7.5 / 10

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