Sonntag, 22. Mai 2011

Masta Ace - Disposable Arts


Release Date:
18. Oktober 2001

Label:
JCOR Records

Tracklist:
01. The Release
02. Too Long (Feat. Apocalypse)
03. Block Episode (Feat. Punch & Words)
04. Commercial
05. Don't Understand (Feat. Greg Nice)
06. Goodbye Lisa
07. Hold U (Feat. Jean Grae)
08. Every Other Day
09. Roommates Meet
10. Take A Walk (Feat. Apocalypse)
11. Something's Wrong (Feat. Strick & Young Zee)
12. The Classes
13. Acknowledge
14. Enuff (Feat. Mr. Lee Gee)
15. Watching The Game
16. Unfriendly Game (Feat. Strick)
17. Alphabet Soup
18. Dear Yvette (Feat. Jane Doe)
19. I Like Dat (Feat. Punch & Words)
20. P.T.A. (Feat. King T & J-Ro)
21. Type I Hate (Feat. Rah Digga & Leschea)
22. Dear Diary
23. Last Rights
24. No Regrets

Review:
Die Karriere von Masta Ace weist Eckpunkte auf, von denen andere nur träumen können: Natürlich muss an dieser Stelle der Name Juice Crew fallen, auch die Erstbesetzung der Crooklyn Dodgers führt den Namen Ace. Dazu kommen nach dem Debüt bei Cold Chillin' noch zwei Alben mit Masta Ace Incorporated, Zweiteres erscheint Mitte 1995. Danach kommt es zur Trennung von Masta Ace Inc. und auch sonst wird es eher ruhig um den Master: Die Zahl der Auftritte ist überschaubar (u.a. werden Features auf den Yosumi-Compilations verbucht), es wird ein wenig getourt. Ganze sechs Jahre dauert es, bis Ace sich zu seinem zweiten echten Soloalbum, "Disposable Arts", aufrafft.

WRITTEN FOR Rap4Fame
Ace war nicht nur erfolgreich Teil der Prä-90s-Zeiten, auch die Neunziger selbst durchschritt er als relevanter Künstler. Nun gilt es, den Sprung in ein neues Jahrtausend und ebenso in eine Szene, die sich seit dem 1995er "Sittin' On Chrome" stark verändert hat, zu meistern. Inzwischen darf sich Ace getrost als Veteran bezeichnen, doch nicht nur deshalb kämpft er nicht mehr an vorderster Front: Das Missfallen gegenüber einer in die falsche Richtung steuernden Szene, das schon in den Neunzigern einsetzte, ist weiter gewachsen und hat Ace in dieser Hinsicht verbittern lassen. Seine eigene Stellung in dieser Szene sieht er dabei nicht ohne Selbstironie, treffend auf dem Cover als Anspielung auf "Sittin On Chrome" illustriert. Um seine Ambitionen - Unmut und der Wunsch nach dem echten, für Ace verblassenden HipHop - ansprechend an den Mann zu bringen, wählt er ein Konzeptalbum. Nicht ganz im Stile von Prince Paul, doch es gibt eine Rahmenhandlung, in die die Tracks lose eingelassen sind und die in Skits erzählt wird. Bei den restlichen Parametern gibt es durchaus kleine Überraschungen, hauptsächlich bezüglich der Unbekanntheit vieler Gäste und fast aller Produzenten. Dank eines gesunden Ohrs gelingt es Ace jedoch, trotz vieler verschiedener Köche eine hervorragende Beat-Karosserie zu fertigen, die seine so natürlich klingenden Rhymes sicher nach Hause bringt. Den Anfang macht die LP mit Ace's Entlassung nach langjährigem Knastaufenthalt, auf den mit "Too Long" direkt realisiert wird, wie viel sich geändert hat. Doch zuerst geht es zurück nach Brooklyn, wo nicht nur die Ex wartet. In "Block Episode" gibt ein überragendes Storytelling-Dreigeflecht die ziellose Gewalt wieder, die vor der Haustür wartet. Neben den nicht minder behänden Punch & Words ist es vor allem Ace, der den Hörer mit seinem Storytelling sofort auf und an seiner Seite hat. Die Entscheidung, nicht selbst irgendwann einen Querschläger einzufangen oder anderweitig frühzeitig das Zeitliche zu segnen, bringt Ace zum Entschluss, sich beim IDA ("Institute of Disposable Arts", mit Werbesprecher Tonedeff) zu einem auf lange Sicht lukrativen HipHop-Studium einzuschreiben. Bevor er dort eintrifft, gibt es einen astreinen Gute-Laune-Track mit Hype-Mann Greg Nice ("Don't Understand", mit einer Botschaft, die Ace's Einstellung trotz seiner Verbitterung gegenüber dem Genre unterstreicht: "I love Rap no matter how much I say I hate it") und einen schlicht und ergreifend schönen Lovesong, der in Jean Grae das perfekte Gegenüber findet und wie später auch "Dear Yvette", das als Brief an eine vom rechten Weg abgekommene ehemalige Freundin aufgezogen ist, Ace in seiner Rolle als Gentleman zeigt. Nach dem mit etwas erzwungen klingendem Reggae-Einschlag versehenen "Every Other Day" kommt man schließlich in den Genuss von Paul Barman als nerdiger Zimmergenosse, der hin und weg darüber ist, dass Ace aus Brooklyn kommt. Grund genug, einen Spaziergang ("Take A Walk") zu unternehmen, der das wahre Gesicht der Hood zeigt. Es folgt in "Something's Wrong" ein Frustventil mit einem jungen und hungrigen Strick sowie "Acknowledge", in dem Ace mächtig Dampf ablässt, wenngleich in die falschen Richtungen: Die im ersten Verse gedissten High & Mighty trifft es nur aufgrund eines kurz darauf aus der Welt geräumten Missverständnisses, Boogieman wird im zweiten Verse zwar in seine Einzelteile zerlegt, ironischerweise ist dies aber auch mehr oder weniger der einzige Existenznachweis für diesen Nobody aus Nottz' Gefolgschaft - was natürlich nichts an der Klasse des Tracks (man höre JS-1's Cuts) ändert. Eines der Highlights der Platte ist fraglos "Unfriendly Game", eine einzige große Football-Metapher:

"It's Monday night, we on some watch the game shit
But I can go outside and still see the same shit
[...]
And if they make a wrong move they penalized
Not by the referee, but by Pookie brother Jeffery
[...]
He's the one that makes the deals happen
Smokin' big cigars, while his stars are in the field scrappin'
But tonight the line of scrimmage got penetrated
The block got raided, and everybody got traded
Now they wearin' stripes in a pen
"



An nächster Stelle führt ein Song die Storyline fort: "Alphabet Soup", dessen Beat als Respekt zollender Kopfnicker Richtung "A Prince Among Thieves" verstanden werden kann, spielt aus der Sicht von zwei vom rollenden Rubel träumenden Hoodrats aus der Crew des Ex-Mackers von Lisa (ebenso Ace's Ex), die auf deren Auto angesetzt wurden. Die unterschwellige Attacke auf den fadenscheinigen Scarface-Traum eröffnet sich im folgenden Skit, der in Nachrichten-Form von einem "Carjacking gone wrong" und zwei jungen toten Männern berichtet. Damit verabschiedet man sich vom konkreten Handlungsverlauf, in "I Like Dat" kicken Punch, Words und Ace selbstbeweihräuchernden Sex-Talk, das sehr mittelmäßige "P.T.A. hängt materialistischen Zielen hinterher und "Type I Hate" gibt sich vier Minuten lang gepflegtem Lästern über Paparazzi, falsche Freunde und ähnliche Schmeißfliegen hin. Gegen Ende der LP wird Ace nochmals persönlich: "Dear Diary" ist eine Unterhaltung, in der Ace von seinem zweifelnden Selbst Vorwürfe gemacht bekommt, u.a. über das Boogieman-Battle ("Whoever let you back in the door should get a smack in the jaw / Cause you sure shouldn't be rappin' no more / You already proved that at the Lyricist Lounge affair / Tryin' to battle with rhymes you wrote on the way there / Maybe next time you'll know not to play fair / Say your best written shit and school 'em like daycare"), "Last Rights" birgt die Auflösung der Handlung und "No Regrets", in dem Domingo das perfekte Instrumental findet, um Ace über seine Karriere reflektieren zu lassen, setzt ein letztes und eindeutiges Ausrufezeichen hinter dieses Album.

Heutzutage gibt es viele Artists wie Ace, die das Game aus der zweiten Reihe betrachten und inhaltlich Ähnliches abliefern. Trotzdem macht es auch heute noch Mordsspaß, dieses Album zu hören. Ace's sympathische Art macht es einfach, den ohnehin teils großartigen Songkonzepten zu verfallen, doch selbst gewöhnliche Themen finden eine gelungene Umsetzung. Und dann wäre da noch das Phänomen der Beats: Es lässt sich kein Charakteristikum finden, das die Produktionen von vielen anderen abheben könnte, trotzdem steht das, was sich Ace zusammengewählt hat, über dem großen Rest - wenn Standard-BoomBap, dann bitteschön genau so. Da selbst die Skits so unterhaltend gestaltet wurden, dass man auch nach dem zwanzigsten Mal nicht zwangsweise skippen muss, ist "Disposable Arts" in jeder Hinsicht ein Must-Have.

8.7 / 10

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