Freitag, 23. September 2011

Timbo King - From Babylon To Timbuktu


Release Date:
30. August 2011

Label:
Nature Sounds

Tracklist:
01. The Book Of Timothy (Intro)
02. Wardance (Feat. RZA)
03. Bar Exam
04. From Babylon To Timbuktu (Feat. William Cooper)
05. The Two Babylonians (Interlude)
06. High Ranking (Feat. R.A. The Rugged Man)
07. Show Us The Way
08. Outside Intelligence (Feat. Killah Priest & Beazy)
09. Identity Crisis (Interlude)
10. Youth
11. The Autobiography Of Timothy Drayton
12. The Rebellion (Feat. Hell Razah & Junior Reid)
13. Tombstone
14. Book Value
15. Brain Food (Feat. Keisha, Akir & Vision)
16. Timbuktu (Interlude)
17. Thinking Cap
18. Ruling Class

Review:
Man mag sich streiten, wer alles zur Wu-Familie zu zählen ist, bei Timbo King gibt es jedenfalls keine Diskussion. Der Mann war so oft als Hintergrundfigur vertreten wie wenige andere - vom Auftritt auf dem "Who's The Man"-Soundtrack, der den Battle-MC, der in jungen Jahren mit seiner Mutter nach Bushwick zieht, erstmals auf CD bringt, über die ein Jahr später erschienene EP mit Spark 950, den Eintritt in die Hallen des Wu-Universums (wie er dann erfährt ist Popa Wu sein Onkel), was zu unzähligen Feature-Auftritten und mit seinen Jugendfreunden der Royal Fam fast zu einem Album auf Capitol im Jahr 1996 führt, bis hin zur Black Market Militia. Bis er sich im neuen Jahrtausend und in der Indie-Szene vollends zurechtfindet, dauert es jedenfalls eine sehr lange Zeit (gesignt ist er auf Nature Sounds schließlich nicht erst seit gestern), doch nun passt anscheinend alles und "From Babylon To Timbuktu" (seit über fünf Jahren in der Planung) kann endlich erscheinen.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Wer sich über das komische Cover wundert, der muss sich nur jenes von Rudolph Windsors albumtitelstiftendem Buch ansehen, was zudem dazu führen wird, dass man das (theoretische) Titelkonzept gleich mit aufschnappt, die Studie schwarzer Völker in Afrika und dem Mittleren Osten. Doch Timbo scheint sich bloß den Titel entliehen zu haben, denn ausgiebige Predigten über "historische" Begebenheiten, wie man sie von Kollegen wie Hell Razah oder anderen Wu-Acts ja schon kennt, sind nicht der Kern der Platte, sie lässt sich viel allgemeiner als Conscious-Scheibe beschreiben, denn Botschaften hat Timbo durchaus im Gepäck. Des Weiteren war dieses Projekt nach 60 Second Assassin's ja das zweite, das komplett von Bronze Nazareth produziert werden sollte, von diesem Plan wich man nun aber ab, und während Bronze immer noch der präsenteste aller Produzenten ist, der zudem sämtliche Interludes beisteuert und damit klar den groben Rahmen setzt, werden u.a. Nature-Sounds-Boss Dev-1 oder BP eingestreut. Das lässt den Sound der Scheibe definitiv vielseitiger werden, große Überraschungen wird man allerdings kaum finden. So bilden die karibischen Einflüsse mit Gastauftritt von Junior Reid in "The Rebellion" schon die größten Abweichungen von der Norm, die aber gelungen ins Album eingewoben werden. Ebenfalls ein Sonderling ist Vinny Idol's "Wardance", das Timbo - weswegen auch immer - bewusst einbaute und das gemäß seines Produzenten wesentlich besser zu einem mittelmäßigen D-Block-Mixtape gepasst hätte, denn es passiert bis auf RZA's Hype-Rufe nicht viel. Beats wie Bronze's "Youth" waren dagegen voll und ganz zu erwarten (sind vielleicht höchstens etwas ruhig, wenn man bedenkt, dass die ursprüngliche Aussage war, dieses Album sei härter als "Remarkable Timing") und überzeugen vor allem durch einen Timbo King, der als erfahrener Graurücken auftreten sowie seine Stimme und seinen Flow souverän ausspielen kann und in diesem Fall u.a. des Nachwuchses gedenkt. Dafür hält er in "Tombstone" wenig später den Meißel bereit und flowt über die beste Beat-Arbeit der Scheibe, die natürlich von Bronze Nazareth stammt. Neben ein wenig Standardweisheit hier und da (oder, wie im Falle "Book Value", dem Hinweis auf Timbo's Weisheit) interessiert vor allem "The Autobiography Of Timothy Drayton", da der hier erzählte Werdegang interessant und vor allem lang genug ist, einen Song zu füllen, und im Rückblick den richtigen Ton zwischen Verbitterung ("A&Rs don't sign acts older than them") und Nüchternheit ("Made it happen with the RZA and the Wu-Tang deal / No regrets how I feel, bad management still") trifft. Weitere Highlights umfassen den stimmigen Kopfnicker "Show Us The Way" und das Zusammentreffen mit Labelmate R.A. im bläsergetriebenen "High Ranking" zu einer Runde gepflegtem Battle-Rap. Bevor man das Album aber dann sicher nach Hause schaukelt, schleicht sich mit dem von Akir nervtötend produzierten "Brain Food" noch ein Fehltritt ein, für den zudem die nicht minder anstrengende Hook von Kiesha Gift ist.

Nach den versöhnlichen letzten Songs kann man dann schnell zu einem sehr nüchternen Fazit kommen: Timbo hat die Zeit genutzt, ein ordentliches Album auf die Beine gestellt und dabei vor allem wenig anbrennen lassen. Genau da liegt dann aber irgendwo auch der Haken, der Größeres verhindert: Es gibt keine Überraschungen. Dabei soll gar nicht verschwiegen werden, wie viele gute Songs es zu hören gibt, doch gerade bei der raptechnischen Lockerheit, mit der Timbo dieses Ding durchzieht und die andeutet, wie gut ein Album von diesem Mann im Jahr 1998 wohl hätte sein können, wäre noch Luft nach oben gewesen. Das war's auch schon: Wer Lust auf ein besonderes Album hat, der wird nie im Leben zu "From Babylon To Timbuktu" greifen, wer allerdings ein rundum potentes Album im ungefähr Wu-verwandten Stil sucht, der wird hiermit vollkommen zufriedengestellt. Das reicht zu einem knapp guten Endergebnis, zu mehr aber nicht.

6.6 / 10

Access Immortal - Last Summer In Brooklyn 2


Release Date:
21. Januar 2011

Label:
Eigenvertrieb

Tracklist:
01. I'm Not You
02. Redcoats Are Coming
03. Boondocks (Feat. Thanos)
04. Capital A
05. Faith And A .45 (Feat. Godilla & King Magnetic)
06. In The Rain (Feat. Shameka)
07. Try Harder
08. What The Fuck (Feat. Medinah Starr)
09. 59Fifty (New Era)
10. Different Breed (Feat. Daze & J.D. Nero)
11. Rise Up
12. Blockbusters (Feat. Mouthpiece)
13. Insomnia (Feat. Jukstapose & Verse Essential)
14. Tell The World
15. Where We At (Feat. Fess Gotchu)
16. Yakuza (Feat. Vast Aire & Double AB)
17. This Can't Be Life
18. La Familia (Feat. Karniege & Medinah Starr)
19. Kings of Kings
20. Bag Full of Shwag (Feat. Verse Essential)
21. Make It Reign (Feat. Fresh Daily)
22. You Don't Know Us
23. Angel Dust (Feat. Fess Gotchu, Mello, Mighty Ravage, Karniege, Gage One & Verse Essential)

Review:
Beständigkeit ist die Eigenschaft, durch die sich Access Immortal innerhalb der letzten Jahre auszeichnete, denn der große Erfolg war ihm noch nicht beschert. Inzwischen scheint er auch nicht mehr auf auswärtige Labels zu setzen, denn hinter seinem neusten Projekt steht nicht einmal mehr Introspect Records. Der zugehörige Vorgänger war 2008, um das positive Feedback zu "American Me" weiterleben zu lassen, ein mittelmäßiges Mixtape, weshalb hiesiges Projekt natürlich nicht mit stürmischer Freude erwartet wird. Doch ganz offensichtlich ist Teil Zwei von "Last Summer In Brooklyn" kein Mixtape, sondern ein vollwertiges Album, das übrigens irgendwie auch eine Trilogie beschließen soll, welche Access' letzte drei Projekte umfasst und sie unter dem Motto ungefilterter Musik, an die keine enormen Erwartungen gestellt werden, einigt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Bisher wusste man bei Access immer, woran man war, was sich hiermit definitiv nicht ändert. Der Mann mit der eher weichen Stimme setzt weiterhin auf BoomBap mit Herz und ohne Experimente. Wem das zu langweilig ist, der ist von Anfang an an der falschen Adresse. Beats kommen einerseits natürlich von Langzeit-Partner Vanderslice, aber auch von unbekannteren Namen: Da Natural, Thought Product, Juanlobo, Todd Sykes oder auch The Cratez tragen u.a. dazu bei, dass man sich auf "Last Summer In Brooklyn 2" mehr oder weniger so fühlt wie schon auf früheren Releases. Immer noch bestimmt das tägliche Leben in den Straßen Brooklyns das lyrische Geschehen, für größere andere Geschichten findet ACS keine Zeit. Das hat zur Folge, dass er sich oft wiederholt und Tracks demnach überflüssig werden, sobald der Beat nicht die nötige Energie aufbringt. Dass dies bei 23 Anspielstationen wiederum hin und wieder vorkommt, versteht sich von selbst. Trotzdem muss angemerkt werden, dass ein recht sicherer Geschmack bei der Wahl der Beats dafür sorgt, dass der BoomBap-Durstige ordentlich bedient wird. Ein kleiner Knaller ist "Try Harder", alleine deshalb, weil er so sehr nach DJ Premier klingt, dass man kaum glaubt, dass in Wirklichkeit Alterbeats an den Reglern saß. Nach diesem wunderbaren Kopfnicker fehlt dann das Verständnis für eine Schlummernummer wie "What The Fuck You Want", in der auch Medinah Starr nicht sonderlich gut aussieht. Außerdem legt es einen der Schwachpunkte der LP offen: Bei seinen Hooks, wenn man sie denn überhaupt von den Strophen unterscheiden kann, bekleckert sich ACS selten mit Ruhm. Die Wahl seiner Gäste ist ebenfalls nicht perfekt, denn neben einigen wohlbekannten Wortakrobaten aus dem direkteren Umfeld haben sich auch einige Halbtalentierte ins Lineup verirrt, bzw. Leute, die so unauffällig sind, dass man sie sich auch hätte sparen können. Dazu zählen etwa Fess Gotchu und Daze. Mouthpiece mag dem einen oder anderen Südstaaten-Head bekannt sein, in der farblosen Mixtur namens "Blockbusters" ist er jedenfalls alles andere als beeindruckend. Dann doch lieber die andächtigen Streicher, die durch "Insomnia" ziehen, während darüber gerappt wird, dass man Tag und Nacht am Husteln ist. Auch das Voice-Sample aus "59Fifty" ist eine feine Sache, die dem Song eine sehr starke Atmosphäre verleiht, in die auch Access bestens passt. Ein weiteres Highlight ist "Yakuza", vorwiegend aufgrund der Gäste, während in "Angel Dust" trotz großen Auflaufs nicht viel passiert. Fresh Daily stellt sich als sinnvolle Addition im eher ruhigen "Make It Reign" heraus, neben einem Haufen gut anhörbarer Musik (z.B. "Capital A" und "Redcoats Are Coming") fallen dann noch zwei schwache Stücke auf, nämlich einerseits "This Can't Be Life" und "You Don't Know Us", beide mit wenig berauschender Hook.

Bei knappen 80 Spielminuten ist es offensichtlich, dass es Access Immortal nicht an Material gefehlt hat. Was stattdessen hätte walten können wäre eine größere Strenge bei der Auswahl des finalen Materials. Ganz ungeachtet der Musik sind 80 Minuten praktisch immer zu lange, in diesem Fall allerdings auch noch vollkommen unverständlich, denn hätte man den schwächsten Anteil, bei dem es sich in der Tat um Füllmaterial handelt, weggelassen, wäre das Ergebnis doch ein ganzes Stück besser gewesen. Auch so ist "Last Summer In Brooklyn 2" eine nette Angelegenheit, die wie schon Access' erste Alben für diesen traditionellen HipHop ein feines Händchen beweist, gemacht für alle, die auch genau danach suchen, insgesamt ist das Album jedoch ermüdend lang und sackt somit fast ins Mittelmaß ab.

5.7 / 10

Median - The Sender


Release Date:
16. August 2011

Label:
The Foreign Exchange Music

Tracklist:
01. Take A Chance (Feat. Phonte)
02. Bright Individual
03. Open My Thoughts
04. Turn Ya On (Feat. Phonte & Big Remo)
05. Crazy Visions
06. Okie Dokers (Feat. Khrysis)
07. Fresh Breath (Feat. Sundown & King Mez)
08. Sizzlin (Feat. Rapsody)
09. Right On (Feat. Halo)
10. Hi Five
11. Special (Feat. Phonte, YahZarah & Bahamadia)
12. Kiss the Sky (Feat. Sy Smith)
13. The Sender

Review:
Schon über Median selbst gibt es nicht übermäßig viel zu berichten, über das, was er die letzten vier Jahre getrieben hat, allerdings noch viel weniger, notiert werden kann eine überschaubare Reihe an Gastauftritten. Doch auch für ihn gilt: Als seine 2005er EP veröffentlicht wurde, selbst als 2007 mit "Median's Relief" sein Debüt erschien, war die Justus League, welcher der Emcee aus Raleigh, NC seit den Neunzigern angehört, noch ein bedeutsamerer Name. Wie die meisten seiner JL-Kollegen sieht auch Median keinen Grund, sich deshalb von seinen Ursprüngen zu entfernen und hält auch noch 2011 an der League fest, ist bei Foreign Exchange Music untergebracht und veröffentlicht seinen Zweitling "The Sender" digital.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Nicht nur hält Median an alten Werten fest, mit acht von Khrysis und 9th Wonder produzierten Songs sollte eigentlich kein Zweifel bestehen, dass hier der gleiche musikalische Wind wie schon seit Jahren weht, der es inzwischen äußerst schwer hat, überhaupt noch Gehört zu finden. Ganz im Gegensatz zum Jahr 2007, wo "Median's Relief" erheblich mehr Aufmerksamkeit zuteil wurde. Ironischerweise legt Median hier an nicht wenigen Stellen einen weiteren Grund vor, warum dem so ist. Im Prinzip war es abzusehen, dass einmal mehr die 9th-Wonder'schen Drums sacht im Hintergrund ihre Runden drehen und das Parkett ausmachen würden, während entspannte Streicher und Soul-Samples darauf ihren Tanz aufführen. Insgesamt muss sogar festgestellt werden, dass die Rechnung recht oft aufgeht, denn ganz gleich auf wie vielen Alben er schon praktiziert wurde, wenn sich der Justus-League-Sound mit liebevoll zusammengesteckten Beats präsentiert, dann ist er immer noch eine schöne Begleitung für sommerliche Tage: "Bright Individual" beispielsweise hält eine von Khrysis' besseren Arbeiten parat und passt wunderbar zu Median's heller, sehr beruhigender Stimme. Thematisch wird man von harmlosem Conscious-Rap umarmt, ohne dass je wirklich viel passieren würde. Das ist zwar schade, führt somit allerdings zu einem sehr einfach anhörbaren Album. Als kleine Besonderheit gibt es außerdem Raps von Phonte, dieser Tage keine Selbstverständlichkeit mehr, wobei gerade Kev Brown's Opener "Take A Chance" vor Langeweile kaum zu retten ist und auch "Turn Ya On" genau das ist, was die Justus League vermeiden sollte - schleppende Klänge und eine standardmäßige Hook dazu. Auch "Okie Dokers" tritt keine Begeisterungsstürme los, Khrysis' gemächliche Erscheinung am Mic passt aber zumindest in den Song. Wesentlich besser gerät das angenehm-sympathische "Sizzlin'", das nicht etwa ein heißer Club-Banger, sondern wieder J-League in bester, relaxter Ausführung ist, was ebenso für "Crazy Visions" sagen lässt, dem Khrysis nebst der Drumline und dem Voice-Sample noch Rasseln im Hintergrund beimischt, woraufhin Median von diesem und jenem (allem, was er in seinem Amerika so zu sehen bekommt) erzählt. "Special" fährt mit Bahamadia einen speziellen Gast auf, versumpft allerdings wieder in Langeweile und findet dort mit "Kiss The Sky" gleich einen guten Freund. Unter den restlichen Songs finden sich zum Glück noch einige nettere Momente, außerdem noch drei Werke von 9th Wonder, von denen allerdings nur eines so richtig Spaß macht: "The Sender" ist der krönende Abschluss dieses mittelmäßigen Albums, der zumindest ein wenig entschädigt und mit wunderschönem Soul-Sample als kleines Juwel zu vermerken ist.

Median ist niemand, dem man's nicht gönnt, aber hier liefert er einfach zu wenig, als dass man große Lobesreden schwingen könnte. Dabei ist der Mann eine sehr angenehme Erscheinung am Mic, weswegen man hoffen darf, dass er sich für zukünftige Projekt etwas mehr traut, den altbackenen 9th-Wonder-Sound mit kreativen Elementen aufmischt. Und wer einige seiner älteren Tracks kennt, der weiß, dass auch inhaltlich etwas mehr drin gewesen wäre als der im immergleichen Tonfall und in der immergleichen Stimmung vorgetragene Mix. "The Sender" schafft es immer noch zu einer Handvoll richtig guter Tracks, doch angesichts des vielen viel zu langweiligen Materials reicht das leider nicht aus, weswegen Median es nicht aus dem Durchschnitt schafft.

5.1 / 10

The Game - The R.E.D. Album


Release Date:
23. August 2011

Label:
DGC Records

Tracklist:
01. Intro
02. The City (Feat. Kendrick Lamar)
03. Drug Test (Feat. Dr. Dre, Snoop Dogg & Sly)
04. Martians Vs. Goblins (feat. Lil Wayne & Tyler, The Creator)
05. Red Nation (Feat. Lil Wayne)
06. Dr. Dre 1 (Interlude)
07. Good Girl, Bad Girl (feat. Drake)
08. Ricky
09. The Good, The Bad, The Ugly
10. Heavy Artillery (Feat. Rick Ross & Beanie Sigel)
11. Paramedics (Feat. Young Jeezy)
12. Speakers On Blast (Feat. E-40 & Big Boi)
13. Hello (Feat. Lloyd)
14. All The Way Gone (Feat. Mario & Wale)
15. Pot Of Gold (Feat. Chris Brown)
16. Dr. Dre 2 (Interlude)
17. All I Know
18. Born In The Trap
19. Mamma Knows (Feat. Nelly Furtado)
20. California Dreams
21. Outro

Review:
Eigentlich hat The Game einen radikalen Sinneswandel durchlaufen, den er dadurch äußert, dem Artikel in seinem Künstlernamen den Laufpass zu geben - doch das sei hier einmal bewusst ignoriert. Denn eigentlich hätte "LAX" auch sein letztes Album sein sollen, was die Herren bei Interscope aber anscheinend anders sahen. Also muss der Mann, der den Westen alleine zurückgebracht hat, nochmal ran - nicht unter Aftermath, wie viele vermuteten, sondern unter dem Geffen-Ast Interscopes. Zum üblichen Ablauf vor der Veröffentlichung von "The R.E.D. Album" zählen natürlich zahlreiche Verschiebungen (erstes gesetztes Release-Date ist Ende 2009), auch einige Disses halten Game im Gespräch.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Der Titel selbst soll auf "Rededication" (schließlich sollte es dieses Album ja eigentlich gar nicht geben) und "Redemption" (da es immer Hater gibt, denen es etwas zu beweisen gilt) hinweisen und keineswegs die Bloods-Verbindung andeuten, weswegen man, um keine Verwirrung aufkommen zu lassen, das Cover komplett ohne die Signalfarbe gestaltete. Doch das nur am Rande, schließlich hat Game über 70 Minuten Musik, die es zu diskutieren gilt. Bei den Produzenten findet sich eine bunte Gesellschaft ein, ähnlich wie bei den Gästen, die schon andeuten, dass man es jedem recht machen will. Bei genauer Betrachtung gibt die Tracklist selbst in ihrer Reihenfolge wenige Überraschungen her, alles ist eine logische Konsequenz auf dem Weg zum Album, das jeder lobt: Dr. Dre (wenn er schon keinen Beat beisteuert) wird verpflichtet, in In-, Outro und Interludes die Geschichte des Protagonisten zu umreißen, die als typischer Werdegang eines Comptoners beginnt und in Form des von Khalil mit schweren Streichern unterlegten "Ricky" in allgemeiner Form und als Interpretation des Alltags, den der Kultstreifen "Boyz N The Hood" portraitiert, auch behandelt wird. Davor muss man sich allerdings wichtigeren Dingen widmen: Im dick mit Chören im Hintergrund aufgetragenen "The City" muss die eigene Karriere sezziert werden - als wolle Game sich selbst Mut zusprechen. Es fällt übrigens auf, dass Game die letzten Jahre anscheinend viel geraucht hat, denn seine Stimme klingt etwas rauer, aber auch kraftloser. Warum übrigens der nicht zum Songkonzept passende Kendrick Lamar gefeaturt wurde, wird nicht klar, in Sachen Rap überflügelt er seinen Gastgeber jedenfalls. Nachdem dann eine nette Dame einen Vortrag zur Farbe Rot (und ich dachte, die wäre gar nicht Thema des Albums?) gehalten hat, rollt mit "Drug Test" der obligatorische Westcoast-Banger ein, von Khalil ansehnlich zum Mitnicken produziert, wobei man von Snoop und Dre nicht viel mitbekommt. Nach einem sehr gelungenen "Good Girls Gone Bad", das die schlechte Behandlung betont, die die Frauen- von der Männerwelt erfährt, reihen sich langsam die Pflicht- und gewünschten Auftritte ein: Anscheinend besteht 2011 immer noch die Notwendigkeit eines Jeezy-Tracks: "Paramedics" soll nämlich genau das sein, klingt auch so und ist dabei weder besonders gut noch besonders schlecht, und nachdem mit Rick Ross eine weitere Zielgruppe über ein überraschend bestechendes Instrumental abgedeckt wurde und ein mittelmäßig eintöniges Bläser-Konstrukt namens "Speakers On Blast" vom bossig aufgelegten Big Boi in trockene Tücher gebracht wird ("Daddy Fat Sax, if my balls are on your chin then can you tell me where my dick's at?"), fällt Game auf, dass die Ladies bisher noch nicht zufriedengestellt wurden. Ein No-go, das schnellstens behoben wird: "All The Way Gone" ist solides 08/15-Material, "Pot Of Gold" freundliches und noch erträgliches Radiomaterial, die Nummer mit dem wohl softesten, weichsten Marshmallow-Wesen dieses Planeten ("Hello") allerdings höchstens ein Ärgernis - nötig wäre keiner der drei Songs gewesen. Also wieder zu den Hinguckern der LP: "Martians Vs. Goblins" ist natürlich eiskalte Trendhascherei, doch ist sie zugegebenermaßen gut gemacht, Wayne's Gequieke in der Hook ist wohl dosiert und während der jugendlich-rotzfreche Tyler (auf den der Song natürlich voll zugeschnitten ist) immer noch Richtung Bruno Mars schießt, lässt sich Game (dessen raue Stimme auf keinem Song so passend klingt wie hier) dazu hinreißen, Lil B zu frittieren. Die Album-Hymne "Red Nation" setzt ebenfalls auf das Weezy-Hook-Prinzip (zweimal direkt hintereinander nicht unbedingt optimal) und lebt zudem von einem heruntergeschraubten Zombie-Nation-Sample, das man wesentlich besser inszenieren hätte können. Nebenbei stellt Game noch fest: "Russia got a red flag, US got red stripes" - mal abgesehen von ihrer Inkorrektheit also die bahnbrechende Feststellung, wo man überall die Farbe Rot antrifft. Im Schlussteil findet sich dann noch ein Premier-Track für ein wenig "Illmatic"-Feeling (das mit "And every little fuck up, they blame it on Barack / Cause he just like T.I., born in a trap" allerdings eine schöne Hook auffährt), der Mama wird ein von Pharrell erstklassig gekleideter Song gewidmet und schließlich verabschiedet man sich mit der Freude über die neugeborene Tochter und der löblichen Botschaft, sich um seine Kinder zu kümmern.

Mission erfüllt: für jeden was dabei, das Gesamtwerk nicht in den Sand gesetzt. The Game schafft den Spagat, mit diesem Album den Massen etwas zu bieten und gleichzeitig auch von HipHop-Heads akzeptiert zu werden. Doch das gelingt nur um den Preis eines richtig guten Albums: Zum einen ist "The R.E.D. Album" zu lang, zum anderen ist es ein einziger Flickenteppich, der mit seiner Größe die (immerhin) überschaubaren verpatzten Mainstream-Kompromisse und Schnitzer relativiert. Doch das war Game sicherlich selbst klar, nicht anders lässt es sich erklären, absichtlich einen Track, der wie von einem Jeezy-Album klingt, auf sein Album zu packen. Dass The Game nie der beste Rapper war bzw. es auch hier nicht ist, kostet ihn auf einigen Tracks die Krone, stört aber nicht groß, zumindest bringt er seine Anliegen immer gut und verständlich an den Mann. Sein rotes Album ist in der Tat nicht schlecht, doch man sollte die Kirche im Dorf lassen: Die oben genannten Mängel verbieten auch jegliche Euphorie.

5.6 / 10

Slaine - A World With No Skies 2.0


Release Date:
16. August 2011

Label:
Suburban Noize Records

Tracklist:
01. Black Horses
02. Voices Of Apocalypse
03. 99 Bottles
04. When I Shoot You
05. Zombie (Feat. Son Of Skam)
06. Can't Go Home
07. YOU
08. Jumpin' Out The Window (Feat. Cyrus Deshield & Edo.G)
09. Crazy (Feat. B-Real & Jaysaun)
10. I Ain't Done
11. The Boulevard (Feat. Blacastan, Sean Price & Ill Bill)
12. Broken (Feat. V-Knuckles & Cyrus Deshield)
13. Ghosts
14. Where My Heart Is (Feat. Cyrus Deshield)
15. Borrowed Time (Feat. Checkmark & Lu Balz)
16. The Last Song (Feat. Everlast)

Review:
Nachdem er seit nunmehr über einem halben Jahrzehnt beständig seine Stellung im Rap-Game weiter festigt, war es nur eine Frage der Zeit, bis Slaine mit einem Soloalbum vor der Tür stehen würde. Nach ersten Auftritten bei lokalen Acts (u.a. bei Leedz' Toningenieur und Produzent Matty Trump) ist es (neben den beiden "White Man Is The Devil"-Tapes) Special Teamz, das ihm den Weg zur festen Bostoner Größe ebnet, ein nächster großer Schub ist der internationale Erfolg, den La Coka Nostra feiert. Zu diesem Zeitpunkt featurt sich Slaine bereits die Ostküste hoch und runter. Der große Traum eines Soloalbums wird dabei nicht aus den Augen verloren und in Form von "A World With No Skies" schließlich realisiert. Doch das Glück ist nicht auf Slaine's Seite, denn kurz vor der Veröffentlichung muss das fertige Album aufgrund ungeklärter Samples wieder eingezogen werden, ist aber schon an diverse Vertriebe ausgegeben und leakt auch prompt. Also dauert es noch ein paar Monate, bis eine überarbeitete Version erscheint.

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Abgesehen von den farblich stümperhaften Modifikationen am Cover ist auch grob die Hälfte der Tracks neu. Seitens der Gäste und Produzenten gibt es praktisch keine Überraschungen, lediglich den Umstand, dass ein gewisser Lu Balz, Newcomer, dessen Künste Slaine anscheinend jüngst für sich entdeckt hat, den überwiegenden Teil der Produktion bereitstellt. Ansonsten wird man schnell feststellen, dass es sich hier durch und durch um ein Boston-Release handelt, denn alles an Slaine steht für die Stadt, er selbst könnte der personifizierte weiße Boston-Rapper sein. Diese Eigenschaft des Albums ist nicht automatisch gut, denn so oder so ist Slaine ein stimmlich nicht gerade unanstrengender Rapper, den man schon mögen muss, um mit ihm auf einem ganzen Album glücklich zu werden. Darüber hinaus lässt sich das Album recht gut einteilen, nämlich in die fäusteschwingenden Songs, die den Barschläger Slaine, der etwa auch in den Reihen der Coka Nostra wütet, auf den Plan rufen, sowie in die persönlichen Stücke, für die man die Musik (überraschend oft) in einen tiefen Gang schaltet, damit Slaine seine eigenen Probleme zu Papier bringen kann. Die wiederum bauen auf einem sehr einfachen Prinzip auf: Slaine's Kindheit war beschissen, deswegen wurde er zum zeitweise drogenabhängigen Straßenrüpel, der noch heute einen Teil seiner Persönlichkeit ausmacht. Neu sind die Ausführungen über diesen Lebensweg nicht und erinnern sogar direkt an die Nachbarn von Leedz, namentlich Amadeus The Stampede oder Rite Hook, die praktisch denselben Film abspielen. "I was always into drugs, just nobody caught me / I learned from the best teachers, my family taught me", formuliert es Jaysaun im (mittelmäßig) Cembalo-angereicherten "Crazy". Welche der beiden Seiten der LP nun die bessere ist, lässt sich schwer festmachen, beide haben ihre Fehler: Die ernste Seite badet etwas zu sehr im Selbstmitleid, wiederholt sich oft und lädt außerdem Cyrus Deshield, der dem Ganzen noch austauchbare Hooks aufsetzt. So wird "Jumpin' Out The Window" zur lahmen Nummer und auch die Everlast-Hook in "The Last Song" macht den ohnehin leicht austauschbaren Song nicht markanter. Vor allem im Schlussteil wird es außerdem schwer, den Texten zuzuhören: Irgendwo zwischen verlorenen Träumen, der mit einem wieder völlig austauschbaren Cyrus besetzten Respektbekundung an (alleinerziehende) Mütter (Slaine kombiniert das noch mit der Widmung an die eigene Frau) und dem Schwelgen in Erinnerungen an den harten Werdegang fragt man sich, wieso Slaine dieses Thema immer und immer wieder breitwälzt, wo der Großteil doch schon im Opener ("Black Horses") abgehandelt wurde. Also wendet man sich den restlichen Tracks zu und merkt, dass Slaine dort teils Probleme hat, in die Gänge zu kommen: "When I Shoot You" ist keine Glanztat von Lu Balz, das ansonsten gute "The Boulevard" ist mit Sean P fehlbesetzt. Zu Beginn ist es "Voices Of Apocalypse", das Stimmung macht, vor allem aber "99 Bottles", das zügig nach vorne stampft, teils schon an House Of Pain erinnert und auch sonst die kraftvollsten Minuten der Platte markiert, begeistert. Da kann selbst der erzwungen und mäßig klingende Metal-Einschub "Zombie" nicht mithalten.

Im Endeffekt sind es die teils etwas lahmenden Produktionen, die Slaine daran hindern, mit seinem Debüt in größere Höhen zu schießen, die anderen Mängel sind alle verzeihbar: Dass ewig in der eigenen Misere gebadet wird, mag anstrengend sein und ist letztendlich wohl auch schuld daran, dass so viele träge Tracks zusammengekommen sind, doch rein thematisch ist das sicherlich nicht verkehrter als die Leere, die sich auf so mancher anderer Platte findet. Wünschenswert wären mehr Tracks wie "99 Bottles", wo Slaine regelrecht aufgeht. Wer mit Rappern, die ihre eigenen Probleme und Fehltritte durchs Schreiben therapieren, nichts anfangen kann, der sollte um "A World With No Skies 2.0" einen Bogen machen, alle anderen werden genug gelungenes Material finden, um unterhalten zu werden, von einem Must-Have ist jedoch ganz klar nicht zu sprechen.

6.0 / 10

Madlib & Frank Nitt - Medicine Show No. 9: Channel 85 Presents Nittyville


Release Date:
31. Mai 2011

Label:
Madlib Invazion

Tracklist:
01. Nittyville (The Landing)
02. So Beautiful (Dues Paid)
03. Stageridin'
04. Smoke Theme For Dankery Harv
05. Jus' Follow
06. The Exclusive (Bar Scene) (Feat. The Professionals)
07. Eyegotcha
08. Legalize It (Interlude)
09. Sunday Sinema
10. What Can U Tell Me (Feat. Medaphoar)
11. The Truth (Interlude)
12. Red Light Green
13. Go There
14. Set It Off (Feat. Prime)

Review:
Das Projekt, das Stones Throw bzw. Madlib über sein eigenes Madlib Invazion für das Jahr 2010 ankündigte, war für den normalen Rap-Hörer eigentlich schon zu viel: jeden Monat ein Album, jeden Monat ein neues Konzept. Von Brazilien in die Neunziger bis hin zum Yesterday's New Quintett ging die fast ausschließlich instrumenale Reise durch die weiten Hallen in Madlib's Oberstübchen. Ganz eingehalten wird der Zeitplan dann aber doch nicht, chronologisch exakt läuft es ebenfalls nicht ab, denn im Frühling 2011 stehen noch der zwölfte und der neunte Teil aus, zweiterer ist zusammen mit dem Detroiter Frank Nitt geplant, der wiederum als Teil von Frank-N-Dank aus dem Dilla-Umfeld geläufig sein dürfte.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Wie Madlib nun dazu gekommen ist, ausgerechnet Frank Nitt(y) für das einzige Zwölftel seiner Mediziner-Party, das durchgehend mit Raps bedeckt ist, heranzuziehen, wissen die Götter, an den außergewöhnlichen Rap-Skills kann es nicht liegen. Vielleicht hat das Mastermind aus Oxnard einfach nur ein Faible für Detroit-Rapper. Jedenfalls wird "Nittyville" als eine Art Konzeptalbum vorgestellt, das als Fernseh-Show auf Channel 85 läuft. Von diesem Konzept bekommt man letztlich aber wenig mit, denn weder Madlib noch Frank machen sich die Mühe, es in Szene zu setzen, sieht man einmal von den paar Interludes ab, die vorwiegend Blaxploitation-Samples wälzen. Was genau hat man dann hier eigentlich vor sich? Kein großes Kollabo-Werk wie etwa "OJ Simpson", vielmehr eine Art Street-Album, die von Stones Throw selbst als traditionellster der zwölf Teile angepriesen wird. Wie genau die Aufnahmen abliefen, ist dabei gar nicht mehr allzu wichtig, denn schnell macht sich die Erkenntnis breit, dass Nitty nicht der Mann für ein ganzes Album ist. In seiner Performance unauffälliger Durchschnitt und inhaltlich praktisch ohne Nährwert konnte er sich zusammen mit Dankery Harv immer ganz gut halten, hier allerdings verliert er nach einiger Zeit die Aufmerksamkeit des Hörers. Daran trägt er allerdings nicht die alleinige Schuld, denn was Madlib, der mit seinem monströsen Output die Szene ohnehin flutet und übersättigt, hierfür abgestellt hat, ist nicht "traditionell", sondern oft einfach langweilig. "So Beautiful" legt noch mit einem gesunden Zahn los, doch schon bei "Stageridin'" beginnen die Probleme: Die Produktion hoppelt ohne Biss vor sich hin, teils bis zur Unkenntlichkeit von einer Weed-Rauchwolke verschleiert. Die Markenzeichen von Madlib sind eben auch keine Selbstläufer, das Aneinanderschnipseln diverser Samples aus Film und Fernsehen zwischen eigenwilligen Loops endet hier u.a. in Songs wie "Eyegotcha", die den Ausdruck "Hintergrundmusik" definieren könnten. Zeilen wie "You know me, Young Nitty, and I run the streets fluently / And fuck the chaos theory, I'm looking for congruency" helfen da auch nicht weiter. Zum weiteren Leidwesen hält man sich mit Gästen eher zurück, "What Can U Tell Me" und "The Exclusive" gefallen aber nicht nur mit der Abwechslung, die ihre Gäste (MED bzw. Oh No und Madlib als The Professionals) mitbringen, sondern sind prompt auch etwas aufgeweckter produziert. Ansonsten passiert nicht mehr viel, Madlib zeigt hier und da die Vielseitigkeit seiner Sample-Quellen, gibt der LP mit seinen Interludes zusätzlichen Zusammenhalt und kann sich gegen Ende hin nochmal etwas steigern, mit "Go There" oder "Set It Off" dem Album als Ganzes aber auch keine gravierende Qualitätsspritze mehr verpassen.

Der erste Fehler war, Frank Nitt für die volle Spielzeit zu verpflichten. Natürlich macht Madlib es sich selbst nicht gerade einfach, wenn er bei einem Dutzend Alben auch eine MC-Producer-Kombo unterbringen will, die sich natürlich trotzdem den herkömmlichen Standards zu stellen hat und dabei nicht überragend abschneidet - dafür fehlen Madlib dann doch die Highlights. Was also übrigbleibt ist ein Album mit einem mittelmäßigen Emcee, der eigentlich nur innerhalb einer Gruppe auftreten sollte und der außerdem nichts zu erzählen hat, kombiniert mit einem Madlib, der beweist, dass selbst er seine Output-Rate nicht beliebig steigern kann, ohne Qualitätseinbußen hinnehmen zu müssen. Natürlich ist seine Klasse an vielen Stellen noch zu hören, trotzdem ist "Nittyville" nichts, was man in Anbetracht der breiten Auswahl an Alben mit Madlib-Produktion gehört haben muss.

4.9 / 10

SeraphGuard - Divination


Release Date:
August 2010

Label:
Eigenvertrieb / Free Download

Tracklist:
01. First Born, Second War (Introduction)
02. God Remembered
03. Kamogawa (Feat. White Lotus)
04. Homunculi (Feat. Hourglass & Dictator)
05. Creeping Barrage
06. Early Mourning (Feat. Killer Falcon & White Lotus)
07. Sorrow, Sadness And Joy (Feat. Hourglass)
08. Dew On A Worn Blade (Feat. Morning Star & White Lotus)
09. Sephrothic System Of Ten Divine Names (Skit)
10. The Omega Nebula (Feat. Dictator & Hourglass)
11. Moondance (Feat. White Lotus & Dictator)
12. Receding Applause (Feat. Hourglass & Dictator
13. The Great (Feat. Dictator, White Lotus & Def Com 7)
14. Books (Feat. Morning Star & White Lotus)
15. Cheap Whine (Instrumental Interlude)
16. World On A String (Feat. Morning Star, Dictator & Great White Shark)
17. Elaborate Labyrinth (Interlude)
18. Free Me (Feat. Morning Star)

Review:
Konsequent und weiterhin im Untergrund geht die Dread Knaught Ghost Army ihren Weg weiter. Viel ist bei der Crew aus der Vancouver-Region nicht wirklich passiert, hier und da konnte vor allem White Lotus einen Beat landen, SeraphGuard stellte noch 2008 ein Mixtape mit dem Titel "The IDentity Mixtape" zusammen. Parallel dazu arbeitet er schon fleißig am nächsten vollwertigen Album, das diesmal sogar ordentlich gepresst werden soll. Doch irgendwann und irgendwo verlegt man wohl einige Master-Copies. Ärgerliche Sache, die allerdings dazu führt, dass 2010 dieses Projekt, das den Titel "Divination" trägt, der HipHop-Welt (bzw. dem bescheidenen Teil, der davon Wind bekommt) zum kostenlosen Download ins Netz gestellt wird.

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Wen überrascht es schon, dass die Tracklist wieder ganz nach einer Inhouse-Sache aussieht. Lediglich Amos The Ancient Prophet, in den Kreisen dieses Albums ein echter Promi, schaut für einige Tracks vorbei, während auch der kolumbianische KeKo sowie der Berliner SnakeVsCrane jeweils einen Auftritt vermelden können. Den Rest der Produktion machen White Lotus und der mit Fruity Loops arbeitende SeraphGuard praktisch unter sich aus. An der prinzipiellen Herangehensweise hat sich mehr oder weniger nichts geändert: Die Beats bauen immer noch auf Samples auf, der Einfluss von Gruppen wie den Lost Children Of Babylon lässt sich immer noch kaum überhören und geistig lebt SeraphGuard sowieso an der Ostküste. Wobei damit nicht gesagt sein soll, dass man es hier mit typischem BoomBap zu tun hat, denn dem ist nicht so: Vor allem in der Wahl ihrer Samples heben sich White Lotus und Seraph von der Masse ab, denn sie sampeln weiterhin, was man anderswo gar nicht erst anrühren oder als untauglich abtun würde. Viel Akustikgitarre ist dabei, viele Melodien, die durchaus irgendwelchen Folk-Songs entstammen könnten, und selbst wenn die Produktionsarbeit an sich sehr ordentlich ist (von schlechtem Mastering kann ebenfalls keine Rede sein), wohnt doch ein Hauch Lo-Fi in der Platte. Unterstützt wird dieser Aspekt auf jeden Fall durch die Flows von Seraph, der die Hörer mit dem Charme des Unvollkommenen für sich gewinnt, will heißen: SG ist weit davon entfernt, einer der besten Techniker dieses Genres zu sein, neben einem eher gemächlichen Tempo weist der Flow immer mal wieder Unsauberkeiten auf, doch Seraph baut dieses Defizit in seine Performance ein und macht sie zu einem Teil des Gesamtbilds, sodass sich niemand groß daran stören wird. Außerdem sind die Texte interessant, denn neben einem bunten Wortschatz legt Seraph meist auch Wert auf deren Sinn. Der Opener "God Remembered" fasst das Album eigentlich schon hervorragend zusammen: Ein vielschichtiges Gitarren-Sample spielt gedankenverloren im Hintergrund, Seraph zitiert Sacharja und orientiert dementsprechend seine hochgradig poetischen Zeilen:

"It was after the exile and the fall of Jerusalem
That we rebuilt the temple destroyed by the arms of foolish men
Exuberance turned to the feeling of uselessness
As the powers stopped our attempts to restore god's luminance
In the district of Judah, just south of Hebron
We, the mystics, maneuvered around the mouth that said 'wrong'
Under the reign of Darius, when the prophetic claims were various
The idea man would abandon god was strange and scariest
"



Damit legt er sich selbst ein hohes Niveau vor, das er nur stellenweise wieder erreicht. In ihrer Gesamtheit stimmen allerdings die meisten Tracks, Aussetzer gibt es keine, lediglich einige schwächere Momente: "The Omega Nebula" braust für Seraph viel zu stark auf, "Dew On A Worn Blade" weist eine mäßige Performance auf (zumal es nicht sonderlich interessiert, wie genau SG und White Lotus mitten in der Nacht ihre Tracks aufnehmen, was trotzdem detailgetreu erzählt wird). SvC's "Creeping Barrage" flötet genau den richtigen Ton und Amos, der vorwiegend für die Interludes zu Rate gezogen wird, überzeugt mit dem, was er am besten kann: düstere Atmosphäre, ein eingängiger Piano-Loop, fertig ist mit "Moon Dance" ein sattes Highlight. Zu erwähnen sind die gefeaturten Gäste nicht zwingenderweise, da sie fast ausschließlich aus der D.K.G.A. selbst kommen, alle ungefähr auf demselben Level rappen und lyrisch ähnlich ausgerichtet sind. Keiner beschert dem Album also Quantensprünge nach vorne, die Abwechslung durch die zahlreichen Gäste ist jedoch trotzdem ein sinnvoller Faktor. Als letzte Anspieltipps seien "Books" als Kritik an inhaltsleeren Raps sowie das abschließende "Free Me", eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff und der Affassung von Freiheit, genannt.

SeraphGuard verfolgt den Weg, den seine bisherigen musikalischen Auswürfe beschritten, weiter und darf deshalb an dieser Stelle Glückwünsche entgegennehmen. Denn in dieser Form hat er, noch mehr als etwa White Lotus, eine kleine Nische gefunden, die ihm atmosphärisch abgeschlossene Machwerke erlaubt, in denen er seine Stärken voll ausspielen kann und deshalb auch konstant unterhält - trotz fehlender Bestnoten hinsichtlich seiner Skills. Wünschenswert bleibt jetzt nur noch, dass man in Zukunft auf ein vollwertiges Album, gepresst und ordentlich vertrieben, hinarbeitet, denn dieses würde wahrscheinlich dann auch keine hier noch ansatzweise spürbaren ausgefransten Stellen im roten Faden beinhalten. Doch "Divination" ist trotz seiner kleinen Mängel eine empfehlenswerte Angelegenheit.

6.6 / 10

Royce Da 5'9" - Success Is Certain


Release Date:
02. September 2011 (D) / 09. August 2011 (US)

Label:
Gracie Productions

Tracklist:
01. Legendary (Feat. Travis Barker)
02. Writer's Block (Feat. Eminem)
03. Merry Go Round
04. Where My Money
05. ER (Feat. Kid Vishis)
06. On The Boulevard (Feat. Nottz & Adonis)
07. I Ain't Coming Down
08. Security
09. Second Place
10. My Own Planet (Feat. Joe Budden)
11. I've Been Up, I've Been Down

Review:
Vor einigen Jahren hätte wohl niemand mehr damit gerechnet, dass sich die Situation für Royce Da 5'9" noch großartig bessern könnte. Im Clinch mit Eminem und von den Massen vergessen galt er weithin als Talent, das sich seinen Weg selbst verbaut hatte. Inzwischen allerdings war das Slaughterhouse-Projekt so erfolgreich, dass man einen Major-Deal bei Shady landen konnte, was folglich bedeutet, dass man sich auch mit dem Mentor wieder versteht. So gut sogar, dass man vor kurzem endlich den Bad-Meets-Evil-Zusammenschluss in einem ersten größeren Projekt zelebrierte und sämtliche Kritiker überraschte. Da Royce darüber hinaus die Politik verfolgt, immer so viele Projekte wie möglich am Laufen zu haben, schiebt er kurzerhand (während "Hell: The Sequel" noch in den Charts sitzt) sein nächstes Solo hinterher, "Success Is Certain".

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Das Anliegen könnte klarer nicht sein: Während man sich 2004 noch darauf einigen konnte, dass nur der Tod sicher sei und Royce an Erfolg gar nicht zu denken vermochte, scheint er sich dessen inzwischen sehr sicher. Ebensowenig verwunderlich also, dass der Großteil der Scheibe davon handelt, denjenigen, die Royce schon abgeschrieben hatten, den Stinkefinger unter die Nase zu halten. Um das angemessen zu tun braucht Royce nicht viele Gäste, wohl aber ein dickes Producer-Lineup, in dem sich Streetrunner, Mr. Porter, Alchemist, Nottz oder DJ Premier wiederfinden. Wer nun denkt, diese Rahmenbedingungen klingen mehr nach einigen guten Songs als nach einem geschlossen guten Album, der liegt goldrichtig, denn Kohärenz ist nicht die Stärke dieser elf Songs. Im Anfangsteil geht es ausschließlich ums Titelthema, hauptsächlich auf voluminös getrimmte Beats untermalen das Gehabe, in dem sich Royce ergeht. Die Spitze dieses eröffnenden Speerstoßes ist "Witer's Block", für das Eminem in der Hook zwei bis drei Wörter verliert und das gut und gerne auch auf "Hell: The Sequel" vertreten hätte sein können. Doch auch "Legendary" gibt sich ordentlich wuchtig und macht zum Glück nicht den Fehler, Travis Barker zwischen dem hervorstechenden E-Gitarren-Geschrammel in unnatürlich auffälliger Art einzubauen. Technisch ist der Einstieg seitens Royce so stark wie schon auf der Bad Meets Evil und macht den Track zum richtigen Zeitpunkt definitiv hörenswert. Doch spätestens wenn es auf "Where My Money" dann "I been fucking with this game for a long time, and I'm impatient / I'ma kill somebody if somebody don't make me real rich this year" heißt, hat man's verstanden. Zu diesem Zeitpunkt fällt Royce dann leider nicht mehr bahnbrechend viel ein. Da der Langspieler trotz verschiedener Produzenten großteils einen gleich gestrickten Sound, der etwas orientierungslos wirkt, fährt, entwickelt sich das zum leichten Problem. In "ER" Royce als den Doktor, der das Genre auf dem OP-Tisch liegen hat, zu hören ist dabei genauso wenig kreativ wie die austauschbare Geschichte in "On The Boulevard". Royce geht in die Vollen und trotzdem fehlt seiner Musik die Seele. Was genau er falsch gemacht hat ist zudem nicht klar ersichtlich, doch alleine die Tatsache, wie sehr Premo's "Second Place" wie ein Fremdkörper wirkt (vor allem verglichen mit einem "Death Is Certain"), spricht Bände. Denn der Track an sich ist wieder eine Granate und knüpft an die Tradition dicker Premo-Royce-Kollabos an, wenngleich thematisch wieder nicht viel passiert - der eigene Werdegang wird (wie auch auf nicht wenigen anderen Tracks) in aller Ausführlichkeit breitgetreten. Zu diesem Thema hätte "Security" ausgereicht, das emotional den Verlust von Proof und Royce's Stellung zu D-12 abhandelt, dabei aber wiederum nicht optimal (und schon gar nicht der Stimmung gerechtwerdend) produziert ist. Damit fehlt noch ein poppig angedachtes (und dafür gar nicht so verkehrtes) "My Own Planet" sowie ein unnötiger Abschluss in Form von "I've Been Up, I've Been Down", das dem Hörer das bereits durchgekaute Titelthema nochmals um die Ohren watscht.

Was genau Nickel Nine bei diesem Album geritten hat, lässt sich nicht genau sagen. Nicht, dass sein Album ein Reinfall wäre, denn das ist es nicht. Die Wortspiele sind erste Sahne, es gibt eine ganze Palette denkwürdiger Einzeiler und in Sachen Flow ist Royce ebenfalls so fidel wie möglich unterwegs. Das Verwunderliche ist dabei eher, dass er es trotzdem nicht schafft, aus den elf Songs ein Album zu schnüren, dass ein roter Faden komplett fehlt und dass viele Songs zwar ganz nett, aber ohne echten Langzeitspaßfaktor sind. Das mag daran liegen, dass er bei den Aufnahmen nur von einem Song zum nächsten denkt, doch auf früheren Alben funktionierte es schließlich auch ein wenig besser. "Success Is Certain" ist ein Album, das Royce in der Tat etwas mehr Erfolg bescheren kann, das aber nicht dafür taugt, am Stück gehört bzw. genossen zu werden. Seine Momente hat es trotzdem.

5.3 / 10

Montag, 19. September 2011

Constant Deviants - Concrete Utopia


Release Date:
12. November 2010 (LP) / Juli 2011 (CD)

Label:
Six2Six Records

Tracklist:
01. Dead Man Walking
02. Life Portrayal
03. Writer's Block
04. American Dream
05. Come Equipped
06. ABCD's
07. Press Your Luck
08. Virtuosity
09. Competition Catch Speedknots (Remix)
10. Violence Interlude (Feat. One Speaker Supreme)
11. Gimme Respect
12. See A Part Of Me
13. Jewelia
14. Fools Rush
15. Problem Child (CD Bonus)
16. Feel That (CD Bonus)
17. Cities Under Siege (CD Bonus)
18. Who I Be (M.I.C.) (CD Bonus)

Review:
Die Kiste der verlorengeglaubten Schätze hat wieder etwas ausgespuckt: Dreh- und Angelpunkt ist Six2Six Records, das gegen Ende 2009 erstmals von sich reden macht und das praktisch aus der Asche von DJ Rockit's Launchpad entsteht, einem Label aus Baltimore, das in den Neunzigern einige Zwölf-Inches von einer Handvoll Künstler veröffentlicht. Einer dieser Namen ist Constant Deviants, ein Duo bestehend aus M.I. (Mr. Impossible aus Baltimore, der Mitte der 90er in Jersey lebt) und DJ Cutt (New Jersey), die sich 1992 auf einer Party trafen und inzwischen auf einen fruchtlosen Deal mit Arista und zwei weitere Indie-Deals zurückblicken können, welche Mitte der Neunziger zu einigen Tracks führten, die in der ostküstlichen Indie-Szene vertreten waren und unter anderem (dank glücklicher Umstände) in Stretch & Bobbito's Playliste liefen. Das Duo nahm sogar zwei Alben auf, eines im Jahr 1995 und eines ungefähr drei Jahre später, veröffentlicht wurde aber kaum etwas, man verschwand in der Versenkung. Hier kommt Six2Six ins Spiel, die 2010 eine erste 12" veröffentlichen und aufgrund bestehender Nachfrage das '95er "Concrete Utopia" limitiert als Vinyl veröffentlichen. Nachdem die 300 Kopien schnell vergriffen sind, legt man sogar ein (noch limitierteres) CD-Release hinterher.

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"Irgendein langweiliges Neunziger-Album also" möchte man vielleicht denken, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass das wenige Vinyl, das von den beiden noch im Umlauf ist (u.a. die "Competition Catch Speedknots"), in Kenner-Kreisen sehr begehrt ist. Doch diese Szene sprang schon vor Freude im Dreieck, als die Ankündigung zur Veröffentlichung dieses neuen Materials ins Netz sickerte (die hier in ihrer um vier Tracks erweiterten CD-Version im Kreuzfeuer steht). Viel wichtiger ist, dass die Constant Deviants ein heißer Tipp für jeden sind, der sich mit HipHop der Neunziger identifiziert, denn auf gewisse Art und Weise sind M.I. und Cutt eine typische Gruppe jener Zeit, die deren typischen Sound leben. Der springende Punkt ist, dass die beiden die Sache mit Stil durchziehen - und zwar einem sehr subtilen Stil. In den Neunzigern würde gebrüllt, in der Kanalisation gewütet, es wurde von den Kriegen in den Schluchten NYs berichtet - kurzum: Für halbherzige Hustler war kein Platz. In dieser Szenerie steigen die Constant Deviants ebenfalls mit Spuren von Reality Rap im Blut in den Ring, fahren aber ein ganz eigenes Tempo, das (zumindest teilweise) viel eher an Pete Rock oder noch smoothere Vertreter erinnert, während M.I. auf dem Rücksitz Platz nimmt und in äußerst ungestresster Art und Weise seine Sicht der Dinge präsentiert. Dass er sowohl stimmlich als auch flowtechnisch an Rakim erinnert, ist weniger ein Malus als ein Hinweis darauf, wie souverän er über die teils wunderschönen Produktionen flowt. Der Anfang lässt allerdings noch etwas anderes vermuten, denn "Dead Man Walking" ist aggressiv, düster und wirft den Hörer unversehens in ein Kriegsgebiet ("If I get home, will I remember this? / Medics bag the body, send their names through the system / My man got hit, grenade victim."). Richtig im Album angekommen ist man, wenn einen Cutt's dezente Streicher in "Life Portrayal" und M.I.'s tägliches Leben empfangen, das aus der Sicht eines Veteranen immer unverblümt direkt erzählt wird. So wird es für "American Dream" und typisch perspektivlose Raps wieder etwas düsterer, auf dass im Remix zu "Competition Catch Speedknots" wieder die sonnigsten Klänge, zu denen ein solches Street-Album fähig ist, überragend gut aus den Boxen scheinen. Ächzende Snares treiben das von sehr dezentem Glockenspiel begleitete "See A Part Of Me", während M.I. wieder vom Hustler-Leben und davon, was es aus einem macht, berichtet. Der Gott-Emcee ist er zwar nicht, aber auch wenn er in technischer Hinsicht keine Bäume ausreißt, rappt er mit einer sympathischen Selbstverständlichkeit ("I'm like a urinal, cause brothers ain't shittin' on me"), dass man zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise gelangweilt ist. Zwischendurch schaut One Speaker Supreme für ein Interlude vorbei, das ebenso wie einige andere Tracks ("Gimme Respect", "Come Equipped") ein wenig hinter den Hochkarätern zurückfällt. Auch "Jewelia" ist nicht Cutt's beste Arbeit, wenngleich die Raps über M.I.'s Traumprinzessin, mit der er über das Buch, welches sie gerade liest, ins Gespräch kommt, erste Sahne sind. Richtig edel ist dafür "Fools Rush" mit seinen sachten Streichern. Die vier Bonus-Tracks umfassen die von Six2Six schon auf Vinyl veröffentlichte "1995 Demo" sowie die 12" zu "Problem Child" ("Kids don't play that "Meet me after school" no more / They handle things then and there with a .44"), das als einer der Klassiker dieses Duos und als Stück Neunziger-Himmel an dieser Stelle absolut gerechtfertigt ist. Ähnliches gilt für "Feel That" mit einem sehr eigentümlichen Loop, der schnell vom Hörer Besitz ergreift.

Warum man beim Cover Led Zeppelin kopiert hat, ist mir übrigens ein Rätsel, doch da es zur Musik passt stört der Umstand nicht wirklich. Darüber zu philosophieren wäre sowieso nur eine Ablenkung vom eigentlichen Thema, das in den Beats von Cutt und den abgeklärten Rhymes von M.I. gerade als einstündiges Plädoyer abgehalten wurde. Was die Constant Deviants hier abziehen ist in seinen besten Momenten der Himmel des HipHop-Heads. Dabei sei nochmals erwähnt, dass man es hier mit einem etwas subtileren Stil zu tun hat, der sich nicht in der Vordergrund drängt, gerade deshalb an manchen Stellen aber so unglaublich stark ist. In seiner Gesamtheit und auch in der eigentlichen, 14 Tracks starken Version ist "Concrete Utopia" rundum gut, aber kein Meisterwerk. Trotzdem hätte es schon damals als der etwas andere Report über den harten Straßenalltag ein Release verdient gehabt und sollte selbst gute fünfzehn Jahre später keinesfalls übergangen werden.

6.7 / 10

Swollen Members - Monsters II


Release Date:
02. August 2011

Label:
Suburban Noize Records / Battle Axe Records

Tracklist:
01. Intro
02. Trust
03. Dream Chaser
04. Perfect Storm (Feat. Raaka Iriscience)
05. Broken Mirror
06. Mechanical (Feat. DJ Swamp)
07. Agent Orange
08. Heartland
09. Sound Burial
10. Interlude
11. Mean Streets (Feat. Souls Of Mischief)
12. Brutal Elaborate
13. Honour Combat
14. Execution (Feat. Krondon, Phil The Agony, Opio & A-Plus)
15. Outro

Review:
Wer rastet, der rostet, und deshalb denken die Swollen Members gar nicht daran, sich aus dem Kreis der Künstler mit aktuellen Veröffentlichungen zurückzuziehen. Läppische vier Monate ist das letzte Gruppenalbum von Mad Child, Prevail und Rob The Viking her, da wirft man den zweiten Teil von "Monsters In The Closet" hinterher, der kurzum "Monsters II" heißt - sich im Schrank zu verstecken macht wohl keinen Spaß mehr oder ist zu kompliziert. Im Release-Plan der kanadischen Truppe hat man hier auch nur einen Zwischenstopp vor sich, denn dieses Jahr soll es noch mit Mad Child's Solo "Dope Sick" weitergehen, ein neues Album ist ebenfalls geplant und von einer Platte namens "1997", die unveröffentlichte Tracks und 12"-B-Sides aus den "Balance"-Sessions zusammenfasst, war ebenfalls die Rede.

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"Monsters II" ist wie sein Vorgänger auch eine Zusammenstellung von Material, das es nicht auf die letzten beiden Alben geschafft (oder nicht dorthin gepasst) hat und wird mit einigen weiteren Tracks angereichert, aufpoliert und in Albumformat serviert. Wer liest, was die Swollen Members noch so alles vorhaben, dem können nur Zweifel daran kommen, ob man sich hierfür genug Zeit genommen hat, da der Abstand zu "Dagger Mouth" sowieso kritisch klein ist. Zu befürchten ist natürlich nicht, dass hier totale Abfallware aufgetürmt wurde, vielmehr besteht die Gefahr, ein komplett belangloses Album mit Durchschnittsware, die zu Recht auf keinem vorigen Album gelandet ist, angedreht zu bekommen. Diesen Verdacht zerstreut auch das "Intro" nicht so wirklich, das sich in einer unverfrorenen Art und Weise darauf beschränkt, dem Hörer lediglich zu erzählen, wie der Name dieses Album lautet - damit die Analphabeten wohl auch wissen, ob sie gerade das richtige Produkt gekauft haben. Doch dann legt das Album unbekümmert mit all dem los, wofür die Geschwollenen stehen: "Trust" beginnt mit Klavier und loopt selbiges dann für einen Kopfnicker, der bei den Swollen Members inzwischen hart gesprochen schon routinierte Fließbandarbeit genannt werden könnte, nüchtern betrachtet aber rundum überzeugt. Klar, wenn von Werten wie Loyalität, die in den eigenen Reihen gefordert wird, gesprochen wird, ist das nichts Neues, doch das hat bereits tausend Mal funktioniert, wieso also nicht auch hier? Etwas kreativer und damit noch besser wird dann "Broken Mirror", das man von Mad Child's 2009er Solo-EP abgreift (die Frage nach dem Wieso wird dabei nicht beantwortet) und das einen weiteren Piano-Loop ins Drum-Gerüst eingebettet, während der Ex-Junkie am Mic Eigentherapie betreibt. So gut der Anfang gerät, so sehr rutscht man danach in zweitklassiges Material ab, welches fast immer dann direkt um die Ecke wartet, wenn die Swollen Members ihren düsteren Marken-Sound ablegen: "Mean Streets" (diesmal von Prevail's Solo-EP) zeichnet nichts als Swollen-Track aus, weswegen die Wahl aufs Album nicht zu unter- und lediglich den illustren Gästen zuzuschreiben ist, das langweilige "Sound Burial" hat zu allem Überfluss noch eine öde Hook im Gepäck. Doch da hört der Spaß nicht auf, schließlich ist es bei den SM ebenso nicht unnormal, rockige Elemente einzubauen, was hier leider konstant danebengeht: Sei es nun "Honour Combat" mit dominierenden Riffs, das zweiminütige, hart angedachte "Agent Orange" oder das unglaublich trockene "Mechanical" (das mal wieder beweist, dass man zum Kombinieren von Metal und HipHop mehr als die bloße Idee dazu benötigt), sie alle klingen wie halbgare Versuche, die man der Hörerschaft selbst auf "Monsters II" nicht hätte präsentieren müssen. Selbst der zweite Track mit dickem Lineup zieht vorbei, ohne Spuren zu hinterlassen, was vor allem daran liegt, dass Rob's Beat so austauschbar klingt, dass er als Lückenfüller auf eine Platte der SAS als auch der Souls gepasst hätte. Also wieder zurück in den Anfangsteil, wo Evidence mit "Perfect Storm" wieder einen Klavierlauf ins Rennen schickt und man in "Dream Chaser" das globale LP-Highlight findet: Ein Indianer singt die ersten Töne des Songs, der dann ein sehr nachdenklich stimmendes Instrumental sportet und die Sache mit überraschend starkem Chorus perfekt macht.

Solche Scheiben schützen sich selbst gern mit dem Anspruch, nur etwas "für die Fans" zu sein. Weniger hart ins Gericht sollte man deshalb trotzdem nicht mit ihnen gehen. Und wenn die bedeutendste Frage zu diesem Album ist, warum man das ursprüngliche Cover durch die finale Hässlichkeit ersetzt hat, dann spricht das Bände hinsichtlich der Notwendigkeit der Schrankmonster. Was sich bei den SM über die Jahre an unveröffentlichtem Material angesammelt hat, ist nicht schlecht, nur sollte sich sogar ein echter Fan eingestehen, dass er auch ohne hiesiges Paket hätte weiterleben können. Dabei sind die ersten paar Songs sogar noch richtig gut, mit "Dream Chaser" hat man sogar einen Top-Song, der auch auf "Dagger Mouth" herausragend gewesen wäre, doch schon vor der Hälfte driftet "Monsters II" Richtung Standardmaterial ab, das man durchaus anhören kann, das es aber auch von unzähligen anderen zu hören gibt.

5.2 / 10

Jay-Z & Kanye West - Watch The Throne


Release Date:
12. August 2011

Label:
Def Jam Recordings / Roc Nation

Tracklist:
01. No Church In The Wild (Feat. Frank Ocean)
02. Lift Off (Feat. Beyoncé)
03. Niggas In Paris
04. Otis (Feat. Otis Redding)
05. Gotta Have It
06. New Day
07. That's My Bitch
08. Who's Gon Stop Me
09. Murder To Excellence
10. Welcome To The Jungle)
11. Made In America (Feat. Frank Ocean)
12. Why I Love You (Feat. Mr. Hudson)

Review:
Wenn Jay-Z und Kanye West ein Album namens "Watch The Throne" veröffentlichen, muss man unweigerlich eine der arrogantesten Platten der HipHop-Geschichte annehmen - wenn nicht sogar die arroganteste. Doch das macht diese Kollabo nur noch interessanter, schließlich redet die HipHop-Welt in den Tagen, die das Release umrahmen, von nichts anderem, obwohl die Vorab-Promo beileibe noch nicht so lange läuft. Die Entscheidung, diese Zusammenarbeit auf Albumlänge durchzuziehen, liegt immerhin noch verhältnismäßig unweit zurück und der Aufnahmeprozess, der vorwiegend in Hotels stattfand, mehreren künstlerischen Differenzen standhalten musste und anfangs wenig fruchtete, lief eher unauffällig - gemessen am Status, den dieses Gespann, das sich auf so verblüffende Weise vom Mentor-Schüler-Status zum Eintritt ins 21. Jahrhundert zu einem sich gegenseitigen stützenden, gleich gewichteten System entwickelt hat, innehat. Doch das nur nebenbei, denn die Erwartungen an "Watch The Throne" sind sowieso enorm und jeder, der mehr als ein halbes Ohr hat, wartet nur darauf, das Album in den Himmel zu loben oder es zu verdammen.

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Kanye und Jay stört das jedoch recht wenig, denn ganz ungeachtet der Musik braucht man eine gewisse Arroganz, um all solche Aspekte auszublenden. Alle werden sowieso nicht zufrieden sein, es wird sowieso jede einzelne Zeile fünfmal umgedreht und interpretiert werden. In dieser Hinsicht muss man dem Duo gleich zu Beginn gratulieren, denn zu keiner Sekunde lässt man sich jeglichen Druck anmerken, Verkrampftheit muss man anderswo suchen. Jay und Ye sind nämlich viel zu sehr damit beschäftigt, sich selbst ihrem Albumtitel angemessen zu inszenieren. Dazu gehört ein unkonventionelles, aber Bände sprechend "edles" Cover und eine Dreiviertelstunde Musik, die nun endlich fokussiert werden soll: Ohne groß Zeit zu verschwenden rollt das Königsduo mit "No Church In The Wild" und einem auf 88-Keys' Mist gewachsenen, pulsierend-basslastigen Instrumental ein, das den Hörer in seiner treibenden Form sofort mitnimmt und mit OFWGKTA-Export Frank Ocean (der dem Traumstart als erster am Mic erheblich hilft) hervorragend besetzt ist. Frank sorgt dann auch gleich für die erste lyrische Überraschung und wirft mit einer Portion Selbstironie ("What's a king to a god? What's a god to a non-believer?") sämtliche Braggadocio-Erwartungen über den Haufen, bis dann Jay majestätisch loslegt, gewichtige, aber auch selbstkritische Metaphern ("Socrates asked, who's bias do y'all seek?") abfeuert und mit einem ganz und gar nicht hochgegriffenen Dreifaltigkeitsbildnis abschließt. Dagegen wirkt The-Dream mit einem kurzen Auto-Tune-Intermezzo gehörig armselig, während auch Kanye nicht ganz hinterherkommt, wenngleich er nebenbei die Jay-Ye'sche Dynastie als eigene Religion deklariert und sogar noch Zeit findet, dieses Monstrum eines Tracks mit einem kurzen Instrumental-Zwischenspiel abzurunden. Der nächste Track fasst dann alles, was man für dieses Album befürchten konnte, zusammen: Jigga's Frauchen trällert vergessenswert die ihr in den Mund gelegten Worte und reist mit der Hook zum Mars, was anscheinend (neben einem eingestreuten Raketenstart) ausreicht, um Ye und Jay auf diesem Song zu Avantgardisten zu erklären, weswegen man sich gar nicht die Mühe macht, (behaltenswerte) Lines zu setzen. Bereits zu früher Stunde zeigt die LP also Schatten und Licht, und so geht es auch weiter: "Made In America" ist soft, radiotauglich, (mitunter dank Frank Ocean) angenehm anzuhören und erinnert sich an die Tage zurück, in denen Ye's Mutter noch keinen Hummer fuhr, "That's My Bitch" ist ein netter Kopfnicker, der vorführt, wie unterschiedlich die Thronenden diesen Song-Titel auffassen. Königsklasse ist das allerdings nicht, dafür qualifiziert sich schon eher die Neptunes-produzierte Ode auf den Zaster namens "Gotta Have It" mit eingängig-betörender Sample-Arbeit. Hier bedarf es dann auch gar keiner legendären Bars, denn ein hitziges Rennen, das in jedem Track nach dem Besseren sucht, ist "Watch The Throne" sowieso nicht - man thront in Eintracht und schöpft genau aus der Aura dieser Fusion. Das führt dann leider auch zu Tracks wie dem schlichtweg beschissenen "Who Gon' Stop Me", das einen (vorsichtig gesagt) unausgereiften Vorstoß in Dubstep-Gefilde wagt und neben einem deplatzierten Holocaust-Vergleich außer unzähligen Vergleichen, Bildern und falschem Pig-Latin nichts hergibt. Wenn man schließlich ein bekanntes Sample wie Otis Redding's "Try A Little Tenderness" verbaut, dann wird das gar nicht erst verschwiegen, sondern mit "Otis" groß plakatiert. Daran, dass Kanye den Otis-Voicecut in seinem Versuch, abseits der Norm kreativ zu sein, kaum nervtötender und (bis zum Erbrechen) repetitiver anbringen hätte können, ändert das allerdings auch nichts. Dagegen ist "New Day" mit einem ruhigen RZA-Beat Balsam für die Seele und die Gedanken, die man sich über die ungeborenen Söhne macht, gefallen als angenehme Abwechslung ebenso. Sogar noch besser ist "Murder To Excellence", ein Zweiteiler, der zuerst die düsterste Seite der afro-amerikanischen Existenz in Amerika beleuchtet ("And I'm from the murder capital where they murder for capital / Heard about at least three killings this afternoon / Looking at the news like Ddamn! I was just with him after school""), um dann davon zu berichten, wohin man es selbst geschafft hat ("Black excellence, opulence, decadence / Tuxes next to the president, I'm present"), nicht ohne darauf hinzuweisen, dass das System den Schwarzen diesen Weg nicht einfach macht. Die überragenden und perfekt ineinander übergreifenden Beats teilen sich Swizz Beatz und S1, Ersterer darf auch in "Welcome To The Jungle" mit einer soliden, aber nicht besonderen Swizzy-Nummer nochmal ran. Den Abschluss schließlich macht ein gut an jene Stelle passendes Quasi-Jay-Z-Solo ("Why I Love You"), das sich mit der Situation auf dem Thron sowie den unterwegs abgesprungenen Homies (wohl an das inzwischen zerstreute Roc-A-Fella-Lineup gerichtet) befasst und zu dem Schluss kommt, dass man - wenn überhaupt - am besten mit der Waffe unterm Kopfkissen schläft.

Mit dem letzten Wort von Jay-Z endet dann auch abrupt die normale Albumversion (die Deluxe-Version umfasst noch vier weitere Cuts) und hinterlässt gemischte Gefühle. Einerseits spielen Ye und Jay die Rolle der beiden Rap-Könige, die ihre Stellung nicht auf technischer Ebene (was natürlich nicht heißen soll, dass der Jigga nicht weiterhin meisterlich flowt), sondern mit dem individuellen als auch gemeinsamen, harmonierenden Auftreten untermauern, erstklassig und absolut überzeugend. Sogar auf inhaltlicher Ebene ertrinkt die Scheibe nicht in der vielleicht vermuteten Selbstbeweihräucherung. Andererseits funktioniert bei der Wahl der Beats und der Konzeption der Tracks doch nicht alles, einige Stücke werden dem Anspruch dieser Scheibe nicht ganz gerecht, während man dreimal mit Saus und Braus ins Klo greift. Damit ist "Watch The Throne" also ganz sicherlich kein Neuzeit-Klassiker und kein geschichtsträchtiges Album, in jedem Fall aber ein überwiegend gutes, das einige der interessantesten Tracks des Jahres stellt.

5.6 / 10