Donnerstag, 20. Oktober 2011

Swollen Members - Balance


Release Date:
31. Mai 1999

Label:
Battle Axe Records

Tracklist:
01. Ground Breaking
02. Strength
03. Lady Venom
04. Front Street
05. Bless + Destroy
06. Counter Parts (Feat. Evidence & Rakaa Iriscience)
07. Circuit Breaker
08. Out Of Range
09. Bottle Rocket (Feat. Everlast & Divine Styler)
10. Assault + Battery
11. Valentines Day Massacre (Feat. Third Raill Vic, Saafir & Big Nous)
12. S + M On The Rocks
13. Committed (Feat. Sun Doobie)
14. Left Field (Feat. Del The Funky Homosapien & Unicron)
15. Horrified Nights
16. Battle Axe Experiment
17. Consumption (Feat. Aceyalone)
18. Sinful Bliss

Review:
Wer nach dem bedeutendsten kanadischen HipHop-Act sucht, der muss in jedem Fall die Swollen Members in Betracht ziehen. Inzwischen hat die Gruppe mit dem zweiköpfigen Kern auch schon einige Jahre hinter sich, denn in den (offiziellen) Gründungsurkunden ist das Jahr 1996 zu finden: Mad Child ist damals ein aufstrebender Reimeflexer, den es nach San Francisco gezogen hat, wo er seine Karriere anfeuern möchte. Bei der Rückkehr in die Heimat Vancouver trifft er auf Prevail, der dort dasselbe treibt und mit Moka Only unterwegs ist. Man schließt sich zusammen und kann sich (auch wenn Moka kurze Zeit später den Solopfad einschlägt) in Underground-Kreisen der kompletten US-Westküste einen Namen machen (sogar mit einer Rock-Steady-Affiliation wird man geadelt). Der nächste Schritt ist die Veröffentlichung ordentlicher Musik, was 1999 das die Aufnahmen der vorigen Jahre zusammenfassende Debüt der Gruppe ("Balance", das auf Mad Child's Battle Axe Records erscheint) erledigt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Eine weitere Gruppe, die mit der Rock Steady Crew in Verbindung gebracht wird, sind die Dilated Peoples, die zufälligerweise auch zu den engsten Kontakten zählen, welche die Swollen Members in ihrem Nachbarland knüpfen und dementsprechend auch für die Produktion einiger Tracks verpflichten konnten (genau genommen sind es Evidence und der in selbigen Kreisen verkehrende Alchemist, die insgesamt sieben Beats beitragen). Auch sonst spricht die Gästeliste nicht unbedingt für einen lokalen Act aus Kanada, sondern für eine Gruppe aus Cali - da tummeln sich Del The Funky Homosapien, Aceyalone, Saafir oder Everlast. Über die Marschrichtung, die die Swollen Members mit diesem Album als ihre persönliche, auch über die folgenden Jahre immer mit ihnen assoziierte festlegen, sagt das noch relativ wenig aus. Da sagt der Name das Labels schon wesentlich mehr, denn die Swollen Members sind weniger in die Conscious-Ecke zu packen, als sie sich kunstvoll und bildhaft artikulierende Vertreter der Battle-Rapperschaft darstellen. Dazu kommt der Sound der Truppe, den man von einem Act der Westküste auch nicht unbedingt gewohnt ist und der (neben Namen wie Paul Nice und Kemo) als drittes Standbein den halb zur Gruppe gehörenden DJ und Writer Zodak rekrutiert. Nur sehr selten klingen Westcoast-Elemente durch, den Ton geben rohe Drumlines, Piano-Loops und vor allem deckende Streicher-Samples östlicher Schule an. Dass bei den SM nicht lange gefackelt wird, erfährt der Hörer ab der ersten Sekunde: Ein Intro wird als unnötig erachtet, es geht direkt in die Vollen, im wahrsten Sinne des Wortes: "Ground Breaking" geht glatt als Crew-Hymne durch und definiert alles, was an Mad Child und Prevail lobenswert ist: Ein dreckiger Piano-Loop schlägt die erste Schneise, es folgen brummender Bass, knüppelharte Percussions und stattliche Raps, die dem Song trotz messerscharfer Ausführung einen Hauch Lo-Fi erhalten: "Hunger still fierce, stomach still grumbles / Still pounding the pavement, watch concrete crumble / This is an underground invasion / Busting out from underneath, just to rise to this occasion". Und so heizen die zwei Emcees feurig-munter durch ihre Tracks, ohne dass man dabei (dank guter Abstimmung untereinander) Abwechslung vermisst. Trotzdem sind Auftritte der Dilated Peoples, von Everlast oder gar vom bärenstarken Saafir (der das "Valentine's Day Massacre" erst zum Massaker macht) gern gesehen. Ansonsten wird eigentlich nicht viel verändert, trotzdem hat man das Gefühl, dass hier viel passiert: Paul Nice packt zweimal Gitarrenriffs aus ("Lady Venom", "Sinful Bliss"), in Zodak's "Bless + Destroy" rennen voluminöse Klavierklänge gegeneinander an, der Alchemist zeigt sich mit akkuratem Streichereinsatz ("Circuit Breaker") in Bestform und Son Doobie prägt "Committed" mit seiner Hook. Zwischen all diesen Akteuren verlieren die zwei Steuermänner nie das Kommando und reiten zielsicher durch ihr Album, um auf dem Weg an ein paar echten Perlen vorbeizukommen, allen voran das düstere "Horrified Nights", wohl einem von Alchemist's schlagkräftigsten Streicher-Arrangements aller Zeiten, was vor allem Mad Child zu Höchstleistungen anspornt. Kleinere Mängel gibt es leider auch zu vermelden, so ist etwa "S + M On The Rocks" als semi-clubtauglicher Track nichts Halbes und nichts Ganzes, während sich "Left Field" spätestens nach zwei Minuten erschöpft hat und Mad Child in "Battle Axe Experiment" ausnahmsweise nicht zum Beat passt - doch das war's dann auch schon.

Schon die Tatsache, dass die Swollen Members es schaffen, auf ihrem Debüt mit 18 Tracks und knappen 70 Minuten Spielzeit anzutanzen, ohne den Hörer zu langweilen, sollte ein Plädoyer für sie sein. Der einzelne Hörer mag zwar den einen oder anderen Song skippen, doch insgesamt haben Mad Child und Prevail bestens abgeliefert und bewiesen, dass sie ihren Hype von Battle-Events auch gut auf einen Longplayer umsetzen können. Swollen Members fallen zwar ganz klar in die Hardcore-Sparte, "Balance" ist aber nicht so dicht gestrickt wie vergleichbare Platten und punktet stattdessen mit einer relativen, gut ausbalancierten Vielseitigkeit, die zu einem kleinen Teil den Westcoast-Einflüssen zuzuschreiben ist. Damit ist es zwar kein wegweisendes Album, aber immer noch ein durchwegs gutes, empfehlenswertes Machwerk.

7.5 / 10

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