Release Date:
1997
Label:
Eigenvertrieb
Tracklist:
01. Abandon All Hope
02. Wake Up Call (Feat. Percee P)
03. The Substance
04. Merit
05. Night Train Promo
06. Live On 89.9 FM Night Train
07. Coward Of The Year (Remix) (Feat. The Controls & Percee P)
08. Shere Kahn (Feat. The Controls)
09. Antisocial
10. Coordinates
11. Plastic Soldiers
12. Troubled Waters
Review:
Einer der einzigartigsten Künstler unseres geliebten Genres hört auf den Namen Aesop Rock, den Ian Bavitz von einer Rolle in einem von Freunden gedrehten Film erhält. Musikalisch wird seine Jugend von seinem älteren Bruder und dessen Musik geprägt, was ihn mit Run-D.M.C. und den Beastie Boys vertraut macht. Da er auf der High School (wie alle anderen auch) intensiv mit HipHop in Berührung kommt, fängt er irgendwann für und im Kreise seiner Freunde selbst an zu rappen und verfolgt dieses Hobby nebenbei weiter. Denn primär versucht er sich in einem Studium in Boston (Angewandte Kunst), wird im New Yorker Underground aber immer populärer, was ihn (neben dem Drängen von seinem kompletten Umfeld) 1997 schließlich dazu veranlasst, das heute sehr begehrte "Music For Earthworms" zusammenzustellen, damit er auf Shows etwas zum Verkaufen hat.
WRITTEN FOR Rap4Fame
Tatsächlich verkaufte Aes von diesem Sprungbrett in die Szene nur zwei-
bis dreihundert Einheiten und das Cover sieht so stümperhaft aus, weil
er die vorigen Versionen mehrmals verlegte und dann schnell
provisorische neue zu basteln hatte. Man sollte "Music For Earthworms"
in jedem Fall nicht als Debütalbum ansehen, es ist die oben
beschriebene, sehr zweckgebundene Angelegenheit, die nichtsdestoweniger
die ersten Schritte eines späteren Underground-Helden und dessen damals
schon unleugbar vorhandenes Talent dokumentiert. Produziert hat er einen
Track selbst, doch zur damaligen Zeit fing er gerade erst das
Produzieren an, der schon etwas fortgeschrittenere Blockhead trägt
ebenfalls einmal bei, doch der Hauptteil kommt von Dub-L, der im
damaligen Freundeskreis (The Overground, zu dem auch Block und Aes
zählten) ursprünglich für die Beats verantwortlich war. Man sollte in
keinem Fall ein geschlossenes Album erwarten, "Music For Earthworms" ist
Aesops Art des Braggings bzw. Shit-Talkings, stellt schon seinen
ureigenen Flow und den markanten Stimmeinsatz zur Schau, lebt aber noch
auf teils unausgereiften Beats, wie schon im Falle des Openers "Abandon All Hope" ("I live for the moment of truth when Big Willy rapper acknowledges failure and states 'Goddamn my shit is trash'"), der sich simpel und mit starkem Lo-Fi-Flair vorstellt. Der nimmt im selbstproduzierten "Antisocial" mal schaurig-düstere Züge an (hier rappt Aesop erstmals "Must not sleep, must warn others") und reicht bis zum heiteren Schlagabtausch mit Percee P im Kopfnicker "Wake Up Call".
Das Problem dabei ist, dass es sich beizeiten anhört, als seien die
Beats nur notwendiges Beiwerk, um Aesop zu begleiten. Der ergeht sich in
seinen komplexen Raps, die er teils nur im ihrer schillernden
Komplexität wegen zusammenstöpselt. Ganz deutlich wird das auf "Live From 89.9 FM Night Train",
das einen Freestyle auf WKCR 89.9 in grenzwertiger Sound-Qualität
bietet und natürlich nur die lyrischen Skills betonen will. Insgesamt
wesentlich besser ist da schon die "Night Train Promo", für die
Dub-L ganze Arbeit leistet und ein trüb vor sich hinwaberndes
Instrumental aus seinen Apparaturen zaubert, das sich bestens mit Aesop
verträgt. An anderen Stellen gilt das allerdings nicht: "Coordinates" klingt ebenso wie "Merit"
etwas unbeholfen und ist in jedem Fall anstrengend, womit es auch
keinen Spaß mehr macht, Aesop zu lauschen. Dann wären da noch die zwei
Tracks mit den Controls, die als für den HipHop-Fan mäßig berauschender
TripHop ins Programm platzen und wohl als weitere Referenz Aesops
Vielseitigkeit zeigen sollen. Im kriechend langsamen "The Substance"
spielt ein einsamer Bass vor sich hin, was selbst Aesop streckenweise
zu einer eher müden Vorstellung verleitet und auch durch eine
Double-Time-Einlage nicht gerettet wird. Abgeschlossen wird die
Regenwurmmusik zuerst durch Blockheads Viola in "Plastic Soldiers" sowie mit dem Highlight der Platte, "Troubled Waters", für das Dub-L ein großartig schwermütiges Edelstück aus der Lo-Fi-Kiste zieht und Aesop in abstrakte Welten aufbricht:
"You replicas overlooking the guidelines of acoustics
Miserable attempts result in miserable conclusions
Paragon pen dragon tactician on freeform
Then a comfortable silence try to combat cliques
[...]
I've seen misery, I've seen disgust, dust ridden ruins
Iron clad oracle test three COM unit disperse silently
Over-confidence leads to irony
Plot twist full hardy Icarus shifted in facets of my form"
"Music For Earthworms" schafft in erster Linie das, wofür es gedacht war: Es stellt Aesop Rock vor. Schon in seinen jungen Jahren pflegt er seinen auch spätere Alben veredelnden Stil, die Betonung bei seinen Raps hat sich seither kaum geändert. Darüber hinaus wird auch schon die musikalische Blickrichtung, die die folgenden Releases auszeichnen wird, ersichtlich und führt zu einigen überragenden Momenten. Genauso gibt es allerdings weniger glorreiche Minuten, in denen die Umsetzung misslingt. Auch die Inklusion der beiden TripHop-Songs ist nur bedingt sinnvoll, sorgt auf jeden Fall dafür, dass man nicht das Gefühl bekommt, hier auf einem Album zu gastieren. Deshalb ist "Music For Earthworms" zwar eine überwiegend gute, aber etwas durchwachsene Angelegenheit, die in jedem Fall schon oft die Klasse von Aesop zeigt, weswegen ein Anhören allemal lohnt.
6.4 / 10
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