Release Date:
01. Dezember 2005
Label:
Hidden Aspects Entertainment / Chamber Musik Records
Tracklist:
01. Black Lo (Intro)
02. Constantly Rising
03. Live Rather Than Die
04. 18 To Party
05. Basic Flow
06. Remain Here (Feat. Jim Kelly)
07. Way I Feel
08. Seen And Heard
09. I Know
10. If These Walls Could Talk
11. Stress Ya Got (Whole Lot)
Review:
Wen die Geschichte von Black Lotus interessiert, der muss sich zuerst mit den Beggas auseinandersetzen. Die sind eine neunköpfige Gruppierung aus der HipHop-Steppe Washington, D.C., die sich 1993 um Father Lord alias Wu Chi formiert, der zu jener Zeit als DJ, Emcee und Producer tätig ist und die restlichen, mit HipHop aufgewachsenen Mitglieder rekrutiert und teils auch lehrt. Dank Father Lord besteht außerdem eine Verbindung zu den Sunz Of Man, was 1998 zum wohlbekannten Auftritt auf dem "Swarm"-Wu-Sampler führt. Doch da hat Father Lord schon bei einem Autounfall mit einem trunkenen Fahrer den Tod gefunden, was das talentierte Kollektiv kopf- und halbwegs orientierungslos zurücklässt. Die Verbindung zum Clan reißt ab, doch Long Axe, Dragonfly und Bolo's Kitchen haben zu diesem Zeitpunkt schon als Beggas-Ableger Black Lotus einiges Material aufgenommen. Das Trio stößt dann zum '98 gegründeten Kollektiv Hidden Aspects, das die Überreste der Beggas weiterführen soll, aber vorerst nichts von sich hören lässt. Doch alle Künstler arbeiten fleißig weiter und 2005 entschließt man sich zusammen mit Chamber Musik, einige der alten Aufnahmen zu veröffentlichen.
WRITTEN FOR Rap4Fame
Die Rollenverteilung ist simpel: Bolo's Kitchen a.k.a. Bolo Gah, der bei
Father Lord in Lehre gegangen war, produzierte zu jener Zeit alle
Tracks, während Long Axe und Dragonfly das dynamische Duo am Mic
abgeben, das schon dem Father Lord gewidmeten "On The Strength" seine
überragenden ersten zwei Verse spendierte. Wer nun Probleme hat, sich
ein Bild davon zu machen, welcher HipHop-Wind in der Landeshauptstadt
Amerikas weht, dem sei gesagt, dass das kurzzeitige Signing bei Wu-Tang
Records nicht von ungefähr kam, denn der ganze Begga Clan steht für
klassischen Eastcoast-Sound, was folglich auch für Black Lotus gilt, die
ebenfalls einwandfrei ins Wu-Universum gepasst hätten, deshalb aber
nicht auf Martial-Arts-Einbindung setzen, sondern den
Spätneunziger-Sound kalter Tage in windigen Innenstadtschluchten leben.
Dabei klingen sie, wie man das von so vielen Kollegen ebenfalls kennt,
wesentlich älter als die Mitt- und Spätzwanziger, die sie zu jener Zeit
sind, denn erlebt hat man schon (zu) viel und füllt damit auch die
Zeilen für hiesige Tracks. "At 7 AM, I hear the world outside / The bums fighting with the rats and mishaps to stay alive",
so begrüßt Long Axe den Hörer in ein Album, dem der Schmerz des Alltags
anhaftet. Schnell stellt man fest, dass man es mit zwei sehr fähigen,
nicht außergewöhnlich aber eindringlich rappenden Straßenpoeten zu tun
hat, derer es wesentlich eingeschränktere gibt - so ist die
abschließende Message des mit langsamen, fernen Bläsern perfekt als
Vorstellung geeigneten "Constantly Rising" folgende: "Pick the books up y'all, drop the guns".
An dieser Stelle muss nun auch die Produktion von Bolo Gah gewürdigt
werden, denn der Produzent, der den Hörer für die Dauer des Albums in
einen Lo-Fi-Sumpf bittet, etabliert schnell einen eigenen Sound, der oft
nicht sehr Drum-intensiv ist, vor allem die verschiedenen Samples in
den Vordergrund rückt und insgesamt als dezent aber effektiv auffällt.
Das ist in "Remain Here" mit Begga-Kollege Jim Kelly der Fall, aber auch in "I Know", das den Grundton des Albums mit nachdenklichem Klanggewand repräsentiert, wohingegen "Way I Feel"
als softe Nummer danebengeht. Dazu bedienen sich die beiden Emcees
cleverer Spielereien mit dem Tracktitel, die in stetem und überraschend
geistreichem Hin und Her ausgetauscht werden. Seinen Höhepunkt findet
das in "Seen And Heard", wo sowohl Axe als auch Dragonfly je in einem Vers ihre Zeilen nur mit "I've Seen" bzw. "I've Heard" beginnen, was zu einer beachtlichen Ansammlung von Gedankenfetzen führt. Ebenfalls typisch für das Album ist es, wie "If These Walls Could Talk"
schlichtweg nach einer gereimten Unterhaltung klingt, in der Axe und DF
über das Leben philosophieren. Die stärksten Momente sind allerdings
die, in denen Bolo's Melancholie auf die vom leben ausgelaugten MCs
trifft: "Stress Ya Got" summiert das Drama mit der Mutter des eigenen Sohnes auf ("I
know mad brothers in war wit baby mothers / Some threw the towel in,
others still doubting / You made a child in hopes to be a fam / But now
understand, love don't come, man"), doch noch mehr das atemberaubend packende "18 To Party"
mit einem bärenstark aufspielenden Long Axe (der den Hörer mit weicher
Stimme und weichem Flow sofort für sich gewinnt), das beweist, dass
Black Lotus nicht nur einen Sinn für poetische Strophen, sondern auch
für präzise und sinnige Refrains haben: "You gotta be 18 to party, 21
to drink / 25 we struggling, old enough to think / 30 years, you
wishing you 17 again / At 45, you wanna start over again".
Die Intensität dieser Highlights erreichen Black Lotus leider nur kurzzeitig, doch auf dem kompletten Album regiert eine einheitliche Stimmung, die ein recht klares und hartes Bild des Lebens in Washington, D.C. vermittelt. Rückblickend ist es umso mehr ein Jammer, dass Father Lord so früh das Zeitliche segnete, denn mit ihm wäre diesen schwer talentierten Jungs wahrscheinlich wesentlich mehr Aufmerksamkeit zuteil geworden. Dabei sind Black Lotus ganz sicherlich keine Innovatoren oder in irgendeiner Weise sonderlich originell - was hier so überzeugt ist die schlichte aber unverfälscht direkte Schilderung der Realität der Akteure, die in ihrem grauen und doch durchdringenden Gewand als Inbegriff des zeitgemäßen Ostküsten-HipHops für sich spricht.
Die Intensität dieser Highlights erreichen Black Lotus leider nur kurzzeitig, doch auf dem kompletten Album regiert eine einheitliche Stimmung, die ein recht klares und hartes Bild des Lebens in Washington, D.C. vermittelt. Rückblickend ist es umso mehr ein Jammer, dass Father Lord so früh das Zeitliche segnete, denn mit ihm wäre diesen schwer talentierten Jungs wahrscheinlich wesentlich mehr Aufmerksamkeit zuteil geworden. Dabei sind Black Lotus ganz sicherlich keine Innovatoren oder in irgendeiner Weise sonderlich originell - was hier so überzeugt ist die schlichte aber unverfälscht direkte Schilderung der Realität der Akteure, die in ihrem grauen und doch durchdringenden Gewand als Inbegriff des zeitgemäßen Ostküsten-HipHops für sich spricht.
6.8 / 10
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