Samstag, 29. Dezember 2012

Mobb Deep - Infamy


Release Date:
11. Dezember 2001

Label:
Loud Records

Tracklist:
01. Pray For Me (Feat. Lil' Mo)
02. Get Away
03. Bounce
04. Clap
05. Kill That Nigga
06. My Gats Spitting (Feat. Infamous Mobb)
07. Handcuffs
08. Hey Luv (Feat. 112)
09. The Learning (Burn) (Feat. Big Noyd & Vita)
10. Live Foul
11. Hurt Niggas (Feat. Big Noyd)
12. Get At Me
13. I Won't Fall
14. Crawlin
15. Nothing Like Home (Feat. Littles)
16. There I Go Again (Feat. Ron Isley) / So Long (Bonus)

Review:
Eigentlich marschieren Mobb Deep unter sehr guten Voraussetzungen ins neue Jahrtausend: Helden der Neunziger, die ihre Stellung und den Zuspruch von Fans und Kritikern auch mit dem vierten Album wahren konnten und immer noch zu den gewichtigsten Namen der Szene zählen. Zwar dreht man einen Film ("Murda Muzik"), der dann (vorerst) nicht erscheinen wird, doch Prodigys Solo-Ausflug gelingt mit dem Erreichen von Gold-Status doch recht gut. Medienträchtige Streitigkeiten gibt es ebenfalls noch, inzwischen ist es Jay-Z, der auf "The Blueprint" eine Breitseite gegen das QB-Duo (vor allem gegen P) feuert. Doch die Rap-Szene durchläuft einen schleichenden, aber gewaltigen Wandel, der Hardcore-Rapper wie Hav und P langsam aus dem Rampenlicht schiebt und (ironischerweise) gerade angepasste Sauber-Thugs wie Jigga beflügelt. In dieser Zeit erscheint also das fünfte Mobb-Album "Infamy".
WRITTEN FOR Rap4Fame

 Nachdem "H.N.I.C." alle möglichen Produzenten einlud hoffen die Fans nun also auf eine im Titel irgendwie mitschwingende Rückkehr zu "The Infamous"-Tagen und der entsprechenden Hardcore-Attitüde. Doch Loud Records, deren Logo hier zum letzten Mal das Back-Cover ziert, hatten wohl kein Vertrauen in diese Strategie. Außerdem geben Mobb Deep selbst Aussagen von sich, die von "Experimentierfreude" sprechen und verständnislose, verbohrte Fans auf die alten Scheiben verweisen. Übersetzt heißt das: Sei es nun aufgrund von Label-Vorgaben oder einiger durchgeschmorter Leitungen in der Logik-Abteilung der Mobb-Melonen, Gäste wie 112 oder Lil' Mo sprechen nicht nur auf dem Papier für einen Wandel beim Sound, auch faktisch schlägt "Infamy" einen wesentlich geglätteteren, zufälligerweise den Forderungen des Mainstreams angepassten Weg ein. Für den ist übrigens immer noch Havoc zu großen Teilen verantwortlich, Gastproduzenten sind EZ Elpee, ALC und ein noch recht unbekannter Scott Storch. Der Anfang ist dabei allerdings noch durchwegs ordentlich: "Pray For Me" knüpft genau da an, wo "Streets Raised Me" aufgehört hat und webt die mit Lil' Mo importierten R'n'B-Elemente einwandfrei in Havocs melancholisches Instrumental-Bett - da gibt's nichts zu meckern. Wohl aber daran, dass IMD einen qualitativen Sturz hinlegen, bei dem sie sich eigentlich sämtliche Knochen hätten brechen müssen. Den Anfang dieses Trauerspiels macht "Bounce", das mit seinem Titel sowohl hinsichtlich Klangbild als auch Kreativität genau ins Schwarze trifft. Was wollte hier erreicht werden? Will man Dunn-Talk mit Gigolo-Vibes verknüpfen? Jedenfalls sind Havocs Trademark-Snares, die oft den Kokon der Seele bisheriger Mobb-Deep-Songs bildeten, verschwunden, stattdessen klopfen sogar in einem Stück wie "Kill That Nigga", das wohl die roughe Street-Kundschaft bedienen soll, öde Drumlines durch die Gegend, während träge Bässe erfolglos die Abwesenheit einst so überragend und drohend eingesetzter Samples zu kaschieren suchen. Ein zweiter Faktor ist Prodigy, dem auf "Infamy" seine frühere Klasse erstmals vollständig abgeht. Ohne Zweifel, Stimmen verändern sich, aber wie P aus der Sicht eines müden Veteranen nicht über gefährlichere Lines als "Bitch ass nigga, I'll have you killed" hinauskommt, ist keinesfalls gutzuheißen. So ist die Safari durch die erste Hälfte der LP gesäumt von Belanglosigkeiten und nicht vorhandenen Highlights, ruft die in diesem Fall unnötigen Kulis von IM3 auf den Plan und passiert das unnötige und nicht mit "Pray For Me" vergleichbare "Hey Luv" (ein von Prodigy eröffnetes Liebeslied inklusive Bridge statt drittem Vers, bei dem 112 sich für "It's Over Now" revanchieren), um erst bei "The Learning (Burn)" einen sinnvollen Halt zu machen. Die erfolgreiche Album-Single meistert das Unmögliche: Eine Drumline mit Schmackes wahrt den Hardcore-Anspruch und zieht trotzdem triumphierend in den Club. Dazu gibt Murder-Inc.-Dame Vita (wohl sehr zu Hovas Missfallen) die Hook und Hav rappt seinen Partner an die Wand. Damit ist die Club-Episode abgeschlossen und während man aufgrund der zwei folgenden (schlecht produzierten und mit noch schlechteren Hooks versehenen) Songs schon Angst haben muss, wieder in der Wüste zu enden, kommt "Infamy" im hinteren Teil langsam in die Gänge: Der Alchemist bleibt in seinem einzigen Beitrag, "Get At Me", noch hinter seinen Möglichkeiten, Scott Storch dagegen zeigt in "I Won't Fall" in die richtige Richtung, was Hav zum starken "So Long" oder auch zu "Crawlin'" (das sich etwas an Prodigys "Can't Complain" anlehnt) anspornt, in dem P sogar einige halbherzige Worte ins Jigga-Büro schickt - wenngleich die brisante Geschichte großteils ignoriert wird. Dafür verbaut man Ron Isley angenehm in "There I Go Again".

Man muss es gar nicht erst groß ausschmücken: "Infamy" ist enttäuschend, zeitweise ist es sogar erschreckend schlecht. Wieso das teils so drastisch passiert, ist schwer zu erklären, denn wenngleich die auf höhere Massenverträglichkeit abzielenden Kompromisse ihren Tribut einfordern, sind es auch die in der ersten Albumhälfte aufgestellten, als Fortsetzung des MD-typischen Reality Rap gedachten Street-Tracks, die maßlos enttäuschen. Sämtliche Handlanger aus dem Infamous-Camp gehen noch mehr als erwartet unter, wesentlich schlimmer ist jedoch der erstmals voll einschlagende Tod des Prodigys der Neunziger. Nach den miserablen ersten zwei Dritteln ist es der hörenswerte hintere Teil, der "Infamy" den Kopf aus der Schlinge rettet und gerade noch in den neutralen Bereich hebt.

4.9 / 10

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