Samstag, 29. Dezember 2012

Genghis Khan - The Broken Love


Release Date:
28. August 2012

Label:
Eigenvertrieb / Free Download / Disturbia Music Group

Tracklist:
01. Salvation (Feat. Unconscious Rascall)
02. Violence (Feat. Thirstin Howl III, Block McCloud, Gutta & Chris Carbene)
03. Enter The Void (Feat. Reef the Lost Cauze & Spit Gemz)
04. The Black Lodge (Feat. Block McCloud)
05. Baby Boy
06. Sadistic Sphinx (Feat. Block McCloud & Virtuoso)
07. Eat Your Motherfucking Heart Out (Feat. Unconscious Rascall, Dirt Tha General & Chief Kamachi)
08. Hotel Hide
09. Lust And Loves Domain
10. This Tainted Impulse
11. Kill The Magic (Remix) (Feat. Julia Baburova)
12. She Used To Be Love
13. Fallen (Feat. Unconscious Rascall) / Outro: Arrival Of The Three Beggars (Performed By Martin Grech)

Review:
Das verschlafene Greensboro in North Carolina ist Rap-technisch nicht gerade relevant, sollte jedoch wegen eines gewissen Künstlers zukünftig auf dem Radar von Rap-Hörern auftauchen. Genghis Khan versucht bereits 2007, mit seinem ersten Album ("The Violence Effect") auf sich aufmerksam zu machen, was allerdings nicht so recht gelingen will. Mit seiner Gemini Lounge bringt er hier und da einige Produktionen unter, kann ein paar Auftritte verbuchen und steht im Stall von Block McClouds Disturbia Music, alles in allem führt er jedoch weiterhin das mühselige Dasein eines typischen Untergrund-Rappers. Kein Wunder, dass die notwendige Inspiration für weitere Tracks nur sporadisch vorhanden ist, dass die Motivation gelegentlich fehlt. Letztendlich, mit dreijähriger Verspätung, schafft "The Broken Love" es dann doch ans Tageslicht.
WRITTEN FOR Rap4Fame

 Einerseits als Entschädigung für die Wartezeit, andererseits aber auch mit dem Ziel, den eigenen Namen diesmal besser in Umlauf bringen zu können, entscheidet sich Khan, die Scheibe als Free Download zu veröffentlichen - rückblickend sicherlich eine gute Entscheidung. Doch das Album erreichte seine überraschend hohe Download-Zahl nicht umsonst, denn wenngleich Genghis Khan fremden Hörern bisher vorwiegend inmitten eines Umfelds in Erscheinung getreten war, das nicht gerade für seinen Reichtum an Kreativität bekannt ist, sollte man mit ihm keinen weiteren Infanteristen à la Savage Brothers oder dergleichen erwarten, die als Kanonenfutter von Snowgoons-artigen Beat-Monstren gepeitscht werden. Zuerst ist anzumerken, dass die Gemini Lounge (zu der noch Unconscious Rascall und Jon Jackson zählen) fast die ganze Scheibe selbst produzieren, was wiederum zum Herzstück der Scheibe führt, den Beats der Gemini Lounge, die, konsistent mit allen bisherigen Machenschaften, welche es bereits auf "The Violence Effect" zu bestaunen gab, einen eigenständigen Sound garantieren. Doch nicht nur das, sie sind ein sehr konstruktiver Beweis, dass der desertifizierende, einst so fruchtbare Boden ostküstlicher Hardcore-Weiden noch Platz für frische Gewächse bietet. "Eat Your Motherfucking Heart Out" fährt die Gemini-Lounge-typische, knüppelhart treibende Drumline auf und demonstriert, wie man mit Streicher-Sample eine keineswegs übersteuerte und nichtsdestoweniger schwer bedrohliche, nachhaltig wirkende Atmosphäre kreiert. Dirt und Rascall hätte es zwar nicht gebraucht, da sie von einem souveränen Chief Kamachi in Grund und Boden gestampft werden, doch Genghis selbst schafft es, auf diesem Posse-Cut - wie auch auf dem restlichen Album - als würdiger Gastgeber aufzutreten. Obwohl er eigentlich keine echten Markenzeichen besitzt, liegt hinter jeder seiner Zeilen eine Zugkraft, die ihn vor vielen Genre-Kollegen auszeichnet. An dieser Stelle darf nun auf Albumtitel und Konzept eingegangen werden: Gewissermaßen ist "The Broken Love" ein Album (großteils) voller Lovesongs, nur blicken quasi alle aus der Post-Beziehungs-Sicht auf den Weg des Scheiterns zurück, es präsentiert sich ein Interpret mit gebrochenem Herz und schwarzen Gedanken, was das aufmerksamkeitssuchende, aber irgendwo auch treffliche Cover rechtfertigt. "Salvation" startet dagegen religionskritisch mit den persönlichen Erfahrungen Genghis Khans und ist als erstes Highlight mit starker Sample-Arbeit ein erster Hinweis darauf, dass Khan großer David-Lynch-Fan ist - das Intro der LP bezieht er aus Twin Peaks. Offensichtlich wird dies später in "The Black Lodge", einer weiteren Großtat, die angemessen stimmungsaufbauend eröffnet und dann auf pechschwarzem Pfad fortgeführt wird ("Rainy nights and dark days, we walk through this hand-made hell / I've seen slaves that destroyed themselves / And go insane if every inch of their heart is not black / Though no man should ever have to live like that"). Bei diesem klagenden Voice-Sample und dem verschluckenden Bilderrahmen eines Beats relativiert selbst ein Block McCloud sämtliche Untaten seiner bisherigen Karriere, um einen Rap-Part aufzusetzen, der sich hören lassen kann. Vollständig in dieser Manier gibt es das Album leider nicht, beispielsweise schleicht sich - weswegen auch immer - ein Beat von C-Lance ins Aufgebot, der zwar zu seinen besseren Werken gehört, aber trotzdem nicht nötig gewesen wäre. Ähnliches ist über "Violence" zu sagen, das zu grobschlächtig wirkt. Gäste wie Reef wären ebenfalls nicht nötig gewesen, auch wenn die bekannteren Namen natürlich einige Downloads mehr bewirkt haben dürften. "Baby Boy" und "She Used To Be Love" (schon auf dem ersten Album vertreten) erinnern sich verbittert einer vergangenen Beziehung und beziehen dabei ausführlich den Gesang ihrer Gäste mit ein, "Kill The Magic" gehört fast großteils Julia Baburova, schafft es jedoch trotzdem noch, in den Rahmen der LP zu passen. Die besten Momente hat Genghis Khan trotzdem, wenn er sich allein in sich selbst und seiner Gedankenwelt verliert: "Hotel Hide" ist ein vierminütiges Intro, das gewalltig Stimmung aufbaut, die von "Lust And Loves Domain" dann nicht fallengelassen wird. Das vielleicht beste Stück des Albums glänzt mit der expliziten, rohen Kraft, die Genghis aus dem körperlichen Zusammenschluss mit seiner Verflossenen gewann, die schonungslos wortgewaltig (und nur bedingt jugendfrei) kanalisiert wird und zusammen mit fesselndem Instrumental (großartig: pätscherndes Wasser als Bindeglied zwischen Musik und Text) aufspielt. Ohne Verzug schließt sich "This Tainted Impulse" an, wesentlich minimalistischer und mit staubigen Snares, die einem sich selbst verzehrenden Genghis den Takt angeben. Fehlt noch "Fallen", bei dem sich Genghis bis auf den schwachen Chorus keine Blöße gibt, auf dass er Martin Grech für das "Outro" das Rampenlicht überlässt, welches dieser mit seiner Akustikgitarre und eingängigem Gesang optimal veredelt.

Es mag vielleicht musikalisch nicht in jedem Aspekt zutreffen, doch in vielerlei Hinsicht führt Genghis Khan mit seiner Gemini Lounge das fort, was einst die Jedi Mind Tricks um die Jahrtausendwende trieben. Es sind nicht die Themen, es sind auch nicht dieselben Samples, es ist die Art, wie Genghis seine Songs einleitet, die dichte Atmosphäre sowie Kleinigkeiten wie das Outro (man erinnere sich an jenes zu "VBD"). Khan ist dabei noch nicht auf dem Höhepunkt seines Schaffens angelangt, es gibt noch Potential nach oben, denn fehlerfrei ist "The Broken Love" nicht. Doch die positiven Eindrücke überwiegen, genau genommen findet man hier stellenweise das Beste, was jener (überschaubare) Flügel von HipHop-Hogwarts, der den Namen des ehrenwerten Stoupe The Enemy Of Mankind trägt, in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Bleibt zu hoffen, dass Genghis Khan auch in Zukunft genug Inspiration findet.

7.5 / 10

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