Freitag, 18. Februar 2011

Virtuoso - The Final Conflict


Release Date:
26. November 2010

Label:
Big Bang Records

Tracklist:
01. Introflection
02. The Final Conflict
03. Catch Me On 2
04. Punished By The Creator (Splinterlude 1)
05. Piercing
06. Hypnotic
07. The Art Of Suffering (Splinterlude 2)
08. How To Make Fire
09. Heartbeat Stopper
10. No Fear (Feat. Akrobatik & Casual)
11. Voracity Of Statement (Splinterlude 3)
12. Wie Kings (Feat. Torch a.k.a. DJ Haitian Star)
13. Propaganda
14. The Bay Of Pigs (Feat. Vast Aire, Deltron 3030 & Pidi T)
15. Spirit World (Splinterlude 4)
16. In My Lives
17. S.O.S. (The System Is Failing)
18. Outrospection

Review:
Virtuoso war nie jemand, der groß im Vordergrund stand, obwohl er sich im neuen Jahrtausend als einer der geschätztesten Namen der Bostoner HipHop-Szene seinen Weg ins geliebte Genre bahnte. Manche mögen ihn nur von seinem Auftritt bei den Jedi Mind Tricks kennen, andere kennen und schätzen vielleicht sein eigenes, ähnlich orientiertes und keinswegs verachtenswertes Debütalbum oder den soliden Zweitling. Nach der Gründung von Big Bang Records und einer Mix-CD folgte allerdings nicht mehr viel. Virtuoso geriet geradezu in Vergessenheit. Daran ändert auch ein fragwürdiges Video als Teil der Crossover-Kombo Virtuality nichts. Doch mit Auslaufen des Jahres 2010 packt Virtuoso anscheinend der Tatendrang, denn "The Final Conflict" erscheint mit nur wenig Promo-Vorlauf und nach den endlosen Aufschiebungen nun doch recht zügig.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Als dritter Teil der "World War"-Trilogie lasten auf "The Final Conflict" einige Erwartungen, schließlich wird hiermit festgelegt, ob die Weltkriege ein konstanter Abwärtstrend sind oder ob Big Virt zum Abschluss noch ein Ausrufezeichen setzen kann. Eine erste Freudenbotschaft, wie sie schöner kaum hätte sein können, sollte alle halbwegs bewanderten Hörer zu einem Luftsprung bewegen: Zwei Drittel der Produktion kommt von Kingston und Young God, besser bekannt als Blue Sky Black Death und ganz objektiv betrachtet die beste Wahl, die Virtuoso hätte treffen können. Der Rest wird u.a. von Krohme und Sicknature aufgefüllt, weswegen gehofft werden darf. Glücklicherweise werden sämtliche Crossover-Ausflüge zuhause gelassen, "The Final Conflict" ist bezüglich der richtigen Aspekte HipHop-lastiger als die meisten Releases dieses Jahr. Virtuoso setzt da an, wo man beispielsweise die AOTP mit ihrem diesjährigen Release gerne gesehen hätte: Von BSBD lässt er sich ein düsteres, von Sample-Fetzen geziertes Intro zimmern, nur um in "The Final Conflict" die dramatischen und packend atmosphärischen Sounds, die BSBD bisher schon endlosen Respekt einbrachten, zu entfesseln. Auch Virtuoso selbst ist in der passenden Stimmung: Nicht so schwerfällig wie der (einstige) Bruder im Geiste Vinnie Paz schleppt er sich über das ihm vorgesetzte Beat-Festmahl, es sind schneidende Raps und hörbar in die Zeilen gepresste Aggressionen, die seine seit jeher bekannten Reimkünste und lyrischen Fähigkeiten einrahmen. Dabei muss natürlich bemerkt werden, dass einem die hier zumeist gebotene, aufwühlende und wilde Form der Rap-Musik zusagen sollte, denn im Gegensatz zu einem Holocaust, der sich ebenfalls bereits BSBD-Beats bediente, geht es bei Virtuoso wesentlich brachialer zur Sache. Das ist teilweise etwas schade, trifft teils aber auch direkt ins Schwarze. Da wären die "Splinterludes", deren erster Teil bereits in seiner ganz eigenen Liga spielt (alle JMT-Abkupferer sollten sich ein Beispiel daran nehmen, wie ein stimmungsaufbauendes Interlude auszusehen hat) und in das höchst edel produzierte "Piercing" überleitet, für das die Battle-Rhymes von Virtuoso sicher keine schlechte Wahl sind, das man aber auch sicher mit etwas mehr Feingefühl hätte angehen können. Frei von Fehlern ist die Scheibe auch sonst keineswegs: Es war abzusehen, dass die übrigen Produzenten unter Umständen Schwachstellen sein würden, und so verwundert es kaum, wenn etwa Krohme mit einem seiner Beiträge ("Hypnotic") etwas über die Stränge schlägt oder wenn "How To Make Fire" zwar sehr solide, aber leicht austauschbar ausfällt. Selbst Sicknature ist in "Wie Kings" nicht im Bereich seiner Bestform, der Song selbst führt aber noch ein anderes Problem auf: Ja, Torch war schon auf dem zweiten Teil, doch das ist noch lange kein Grund, den anglo-germanischen Mix in die nächste Runde zu schicken. Selbiges gilt für Casual und Akrobatik, die beide nur sehr bedingt in "No Fear" passen. Letzten Endes ist es natürlich auch verständlich, dass nicht alles, was BSBD anfassen, zu Gold wird, siehe das durchschnittliche "Heartbeat Stopper". Zum Glück darf man sich auch noch einigen schönen Momenten widmen: "Propaganda" lebt zwar nicht direkt von der Themenumsetzung, wohl aber vom kunstvollen Instrumental, während auf "Bay Of Pigs" ein weiteres BSBD-Juwel von der Dreierkombo Virt-Vast-Del perfekt (und trotz gewöhnungsbedürftigem Chorus) in Szene gesetzt wird. Nach dem ebenfalls gelungenen "In My Lives" offenbart sich nochmals in anschaulicher Weise das Problem der LP: Der rote Faden hätte mit "Outrosepction" ein traumhaftes Ende gefunden, davor jedoch verhindert das total versemmelte "S.O.S." leider das Gefühl von Geschlossenheit.

Wer Virtuoso's Platte hört, der sollte sich in erster Linie freuen. Nicht weil die Scheibe außergewöhnlich gut ist, sondern schlichtweg weil sie es schafft, der grauen Masse qualitativ uniform geglätteter Standardalben zu entfliehen. An einigen Stellen greift Virtuoso zwar daneben, einige Songs bieten dafür großes Kino. Dabei ist es natürlich schade, dass das vorhandene Potential bei weitem nicht ausgeschöpft wurde: Wenn auf ein fürstliches Interlude ein platter Song folgt, hat es der Albumfluss schwer. Da zur Komplettproduktion von BSBD nicht mehr viel fehlt, stellt sich die Frage, warum dies nicht verwirklicht wurde. Doch es ist wie es ist, und selbst wenn die "World War"-Trilogie somit nicht mit einem Paukenschlag endet, darf man doch mit den starken Momenten, die "The Final Conflict" zu bieten hat, halbwegs zufrieden sein.

6.3 / 10

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