Dienstag, 23. August 2011

Grieves - Together / Apart


Release Date:
21. Juni 2011

Label:
Rhymesayers Entertainment

Tracklist:
01. Lightspeed
02. Bloody Poetry
03. Falling From You
04. On The Rocks
05. Sunny Side Of Hell
06. Tragic (Feat. Brother Ali)
07. Boogie Man
08. Pressure Cracks
09. No Matter What (Feat. Krukid)
10. Vice Grip
11. Heartbreak Hotel
12. Speak Easy
13. Prize Fighter
14. Wild Thing
15. Growing Pains
16. Against The Bottom

Review:
Der Weg, den Grieves hinter sich hat, scheint von glücklichen Zufällen geprägt: Nach seinem impulsiv motivierten Umzug nach Seattle startet seine Karriere: Er lernt lokale Künstler kennen, baut über Onry Ozzborn den ersten Draht zu Rhymesayers auf, nimmt zuerst sein Debüt und mit Kumpel und Produzent Budo dann sein zweites Album auf und erlebt einen ersten Hype. So richtig ins Rollen kommt der Stein aber erst, als er dank P.O.S. an Rhymesayers-CEO Sadiq weitergeleitet wird, der "88 Keys & Counting" rereleast (parallel dazu erscheint außerdem die "Confessions Of Mr. Modest"-EP). Es folgt eine größere Tour, Budo und Grieves wohnen inzwischen in New York und arbeiten am offiziellen Debüt für das Qualitäts-Label aus Minneapolis, das 2011 - inzwischen ist Grieves als jüngste Addition der Rhymesayers-Familie schon wesentlich bekannter - in Form von "Together / Apart" erscheint.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Es mag also so aussehen, als sei Grieves bisher alles in den Schoß gefallen, doch hinter seinem Werdegang steckt harte Arbeit, die wohl einen beachtlichen Teil seines Privatlebens gefressen haben muss, denn die Abhandlung u.a. genau solcher Themen ist es, mit der Grieves sich an seine Hörer heranwagt. Damit passt er nicht nur auf dem Papier perfekt zu seinem neuen Label. Doch es kommt noch besser: Budo, der an fast jedem Beat der Platte beteiligt ist (oder ihn voll zu verantworten hat), ist kein stinknormaler Produzent: Er spielt mehrere Instrumente selbst und wo "88 Keys" noch teils Sample-basiert war ist bei "Together / Apart" alles selbst eingespielt. Genau an dieser Stelle ist Vorsicht geboten, denn (während sich unter beschriebener Prämisse schon einige Hörer demotiviert abgewendet haben werden) solche Projekte tendieren dazu, in langweiligem Gedudel zu enden, das zwar wunderbar unabhängig dasteht, aber ohne Ecken und Kanten zu einer überemotionalen Runde Gefühlsaustausch lädt und letztendlich als Baldrianersatz endet. Diesem Problem müssen auch Grieves und Budo an einigen Stellen ins Auge blicken, doch führen sie ihre Songs zielsicher und hörenswert an selbigen Abgründen vorbei. Denn was diese beiden zu bieten haben hört sich in der Tat gut an: Die oft von Klavier dominierte instrumentale Untermalung ist großteils als leichte Kost zu klassifizieren und wird je nach Thema des jeweiligen Songs in ihrer Stimmung angepasst, während Grieves mit seiner recht tiefen Stimme in so ziemlich jeder Hinsicht ein typisches Bild eines Rhymesayers-Emcees abgibt, denn im Gegensatz zu früheren Projekten konnte Budo ihn außerdem dazu bewegen, viele der Hooks selbst zu singen, während sein Flow ohnehin schon sehr weich geartet ist. Im stimmigen Opener "Lightspeed" stellt sich Grieves allen neuen Hörern vor: von der Geburt über seine verschiedenen Stationen, den Start seiner Karriere in Seattle und die Probleme, die ihm das Touren bescherte. Ab dann kann man den Cocktail, den Grieves uns anbietet, eigentlich schon überblicken. Natürlich sind da die melancholischen Tracks, die sich dem Beziehungsleben widmen (allen voran "Falling From You") und ebenso selbstverständlich ist es, dass man über die introvertierten Nummern stolpert, welche diverse persönliche Probleme verarbeiten. Das klingt zwar etwas zu absehbar und für den durchschnittlichen Rap-Hörer eher unattraktiv, doch Grieves kriegt fast jedes Mal die Kurve. Im Schlosshundheulen überbietet sich hier niemand. Lediglich "Bogieman" rutscht mit seinem ermüdend-weinerlichen Thema zu sehr in diese Sparte ab, während der Vortragsstil im zu belehrenden "Wild Thing" (das "God help us" in der Hook hätte man sich ebenfalls schenken können) stark an Slug erinnert. Budo und Grieves wurden schon mehrmals mit Atmosphere verglichen, was bei hiesiger Musik gar nicht komplett aus der Luft gegriffen ist, wobei Grieves weniger oft den unbeteiligten Beobachter gibt: "Vice Grip" behandelt seine eigenen (Alkohol-)Süchte, "Pressure Cracks" bricht dem Titel gemäß über Grieves herein und für "On The Rocks" zeigt sich der Emcee als ganz normaler Typ, der mit genug Problemen zu kämpfen hat. Bei den gut gelaunten Tracks findet sich "No Matter What" (eine Widmung an alle, die an Grieves gezweifelt haben) sowie auch "Tragic", wenngleich der Titel wieder albumübliche Themen abspult. Weitere Gewinner des Albums sind "Sunny Side Of Hell", das "Speak Easy"-Instrumental, das klavierintensive "Bloody Poetry" sowie der abschließende, klischeehafte Kopf-hoch-Track "Against The Bottom", der nochmal mit sehr schönem Gesang aufwartet.

Die Zeit, in der man solche Alben für ihren Inhalt bewundert, sind vorbei. Hinzu kommt, dass Grieves alles andere als ein Ausnahmetalent am Mic ist - streckenweise erinnert er übrigens an Geologic von den Blue Scholars. Mit seinen (gut) gesungenen bzw. gecroonten Hooks verleiht er vielen Songs einen netten Flair, die Themen, die ihm auf dem Herzen liegen, bringt er an den Mann, ohne zu sehr im Schwammbad der Gefühle zu zergehen. Dazu kommt das von Grieves und Budo arrangierte Sound-Bild, das niemandem (zu keinem Zeitpunkt) wehtut, das aber trotzdem einen runden und vor allem geschlossenen Eindruck vermittelt. "Together / Apart" ist nicht der große Wurf eines zukünftigen Szene-Stars, aber doch ein gelungenes (knapp gutes) Album einer sinnigen Addition zum Rhymesayers-Roster.

6.6 / 10

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