Sonntag, 22. Mai 2011

SKECH185 & Analog(ue) Tape Dispenser - New Age Middle Finger


Release Date:
01. März 2011

Label:
ReSERVED Records

Tracklist:
01. Content
02. The New Age Middle Finger
03. The Truth
04. Christmas (Feat. Gilead7)
05. Breathing Room
06. Not So Garden
07. Inventory
08. Surgeon General Warning
09. EarthWorm Him (Theme Song)
10. Tree In Fame (Feat. Lana Simpson)
11. Hang Me
12. The End
13. I Come Bearing Broken Shit With No Desire To Be Fixed (Bonus)

Review:
Wer? Angesichts der Tatsache, dass hier zwei bis dato in der HipHop-Welt beinahe gänzlich unbekannte Namen aus den Tiefen des Chicagoer Untergrunds ihre Aufwartung machen, ist diese Frage nicht ganz unberechtigt. Der Name SKECH185 leitet sich vom Geburtsjahr ab, seine ersten Schritte macht SKECH also schon mit jungen Jahren und das mit respektablem Erfolg in der lokalen Battle-Szene. Er gerät auf den Radar von Galapagos4 und bringt eine vierjährige Liaison hinter sich, die nach einer Meinungsverschiedenheit ohne musikalischen Output (geplant war ein Projekt mit DJ White Lightning) endet. Nun hat er auf ReSERVED ein Zuhause gefunden, sein Partner für dieses Werk ist der inzwischen in Houston ansässige ATD und gemeinsam will man der Welt mit "New Age Middle Finger" zeigen, wie sehr man einen Kehricht gibt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Dass Chicago nie die Beachtung erfuhr, die es relativ zu seiner Größe verdient hätte, scheint sich bis zum heutigen Tag durchzuschlagen, weswegen es einen kaum verwundern sollte, dass SKECH und ATD nicht unbedingt vorhaben, ausgetretene Pfade zu beschreiten. ReSERVED Records mag kein bekanntes Label und folglich auch kein direkter Anhaltspunkt sein, doch SKECH ist auf dem besten Weg, genau dafür zu sorgen. Unkonventionell ist der Weg, schwer die gekochte Kost und unübersehbar der Mittelfinger. Doch SKECH verbringt seine Zeit nicht damit, nur gegen dies und jenes zu wettern, sein "New Age Middle Finger" besteht aus komplexem Wortgeschachtel, hier und da mit einem scharfen Anliegen versehen und überzuckert von seinem einzigartigen Stil. Diesen in Worte zu fassen ist nicht leicht - wenn Aesop Rock je eine Horrorcore-Platte aufnähme, die stimmlich in der energischen Liga der Headless Horsemen spielte, dann klänge das Ergebnis vielleicht so, wie hier gespittet wird, was erstaunlich genug ist, denn SKECH klingt mindestens fünf Jahre älter, als er eigentlich ist. Der passende Sound dazu scheint ATD in Unmengen vorzuliegen, denn Eindimensionalität ist keine Stärke des Albums - die Beats durchstreifen die unterschiedlichsten Gefilde, ATD kramt ohne Bedenken die wildesten Samples oder wahlweise einen kurzen D&B-Exkurs aus seinem Werkzeugkasten. Ein gutes Bild davon liefert schon "The New Age Middle Finger", das bedrückendes Klangchaos ins Geschehen dirigiert. Dabei fällt schnell auf, dass jene, die SKECH in all seinen lyrischen Ausführungen folgen wollen, arge Probleme bekommen: Sein unsteter Flow flaut immer wieder ab, nur um dann loszubrausen, verschluckt sich stellenweise, wird überlagert und leidet zu allem Überfluss an SKECH's sehr unklarer Aussprache. Gerade das macht ihn und seine Klasse allerdings aus, und in geradlinigeren Tracks wie dem (streckenweise) rückblickenden und philosophierenden "Breathing Room" ("I say there's no point in tryin' to be everyone else's hero / At the same time there's no point in not tryin'") ist es kaum als Problem zu bezeichnen. Der Großteil der Songs schlängelt sich jedoch durch schräge Beats, allen voran das Choir-produzierte "Earthworm Him", und in Songs wie "Inventory" fährt SKECH auch noch ein beachtenswertes Tempo. Dabei schmeckt nicht alles, was das Duo aufkocht, auch gut: "Surgeon General Warning" beispielsweise hält man seine viereinhalb Minuten kaum aus. In "The Truth" (eine Aufklärungsmission, die sich interessanter als die typischen "You all are being lied to"-Predigten gestaltet) dagegen bleibt K-The-I???'s Instrumental-Beitrag relativ blass und auch das den Verfall der Qualität des Radioprogramms behandelnde "Not So Garden" reißt niemanden vom Hocker. Den stärksten Moment verbucht das Duo im melancholischen "Tree in Frame", weitere Edelstücke sind der Opener "Content" sowie das düstere "Hang Me", wobei auch der ungelistete Bonus mit viel Freiheit für ATD seinen Reiz hat.

Diejenigen, die auf der Suche nach kreativem HipHop sind, der sich von der Masse abhebt, und dabei kein Problem mit dem ein wenig gewöhnungsbedürftigen Auftreten dieses Duos haben, werden zu schätzen wissen, was SKECH und ATD auf die Beine gestellt haben. Wer eine Referenz sucht, dem sei gesagt, dass SKECH auf G4 sicherlich nicht schlecht aufgehoben war, wenngleich er als Emcee eine recht eigene Persönlichkeit darstellt. ATD stellt sich als trefflicher Partner heraus, der dem starken Stimmorgan seines Gegenübers mit eigenwilligen Produktionen Paroli bieten kann. "New Age Middle Finger" ist nicht für jedermann und hat leider auch den einen oder anderen Schönheitsfehler, erinnert aber als eines der wenigen Releases dieser Zeit daran, wie freidenkerisch HipHop sein kann.

6.7 / 10

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