Sonntag, 26. September 2010

Hellsent - Rainwater


Release Date:
03. Oktober 2006

Label:
Galapagos4 Records

Tracklist:
01. Armageddon
02. I Got
03. Stick 'Em Up
04. Strong Arm (Feat. Qwazaar)
05. Scitzo (Feat. Silence)
06. Sinkin' (Feat. Silence)
07. Puddles
08. Rainwater
09. Bless U (Feat. Qwel)
10. 8mm
11. Thoughts Of A Dealer
12. Each Day
13. Downpour / Outro

Review:
Er trieb sich vor diesem Release zumeist im Hintergrund herum: He(.)llsent, einer unter vielen Emcees aus dem Chicagoer Untergrund, deshalb aber ganz gewiss nicht gewöhnlich. Wie auch sein langjähriger Kumpel Qwazaar betritt HE die Rap-Bühne mit dem heute nahezu verschollenen Outerlimitz-Debüt, um dann um die Jahrtausendwende auf lokalen Projekten, beispielsweise natürlich beim damaligen Label Frontline, aufzutauchen. Qwa und Hellsent finden nach der Schließung ihres Labels ein neues und bis zum heutigen Tage zuverlässiges Zuhause - Galapagos4. Dort veröffentlicht man 2005 das Gruppenalbum "Suicide Prevention" und erhält durchgehend positive Kritiken. Ein gutes Jahr später wagt dann auch HE das, was sein Kumpel schon Jahre zuvor tat: Mit "Rainwater" bestreitet er sein erstes Soloalbum.

WRITTEN FOR Rap4Fame
Wer noch voller Euphorie und mit "Suicide Prevention" im Hinterkopf an dieses Album herangeht, der mag unter Umständen etwas vor den Kopf gestoßen (weil auf eine falsche Fährte geführt) sein. Schließlich fungiert auch hier Silence, der Regisseur hinter dem Outerlimitz-Album, als Hauptproducer, was die Vermutung nahelegt, mit "Rainwater" eine konsequente Fortsetzung des dort verfolgten, abstrakten und sehr experimentellen Stils vor sich zu haben. Weit gefehlt. "Rainwater" ist konventioneller, was aber im G4-Camp von konventionellem BoomBap immer noch ein gutes Stück entfernt ist. Gleichzeitig ist das Album auch noch eines: düsterer. Silence legt einen geradezu bedrückenden Schleier über die Songs, der nicht davor zurückschreckt, durch etwas Lo-Fi-Charakter zusätzlich an Tiefe zu gewinnen. Dass Hellsent's verbittert-scharfe Stimme sich in solchen Gefilden wohlfühlt, sollte sich selbst erklären. So beschreiten Silence und HE einen neuen gemeinsamen Weg, der (wie auch schon "Suicide Prevention") nicht beim ersten Hörgang zieht, sich aber ebenfalls als sehr fruchtbar herausstellt. Vergleiche zu Qwa's Debüt brauchen gar nicht erst gezogen zu werden, die dortige Fraktion dunkler Produktionen sieht anders aus. Silence schustert meist sehr langsame Instrumentals, die ihre Atmosphäre allmählich aufbauen und so HE bei seiner Arbeit hervorragend unterstützen. Der Emcee nutzt seine Zeit am Mic für gedankenschwere Zeilen, für Kritik an verfallender HipHop-Kultur, aber vor allem auch für Bilder, die der Menschheit ihre eigenen Probleme und Laster aufzeigen und vorwerfen wollen. Bei all den rühmenden Anmerkungen fällt aber ebenso schnell auf, dass die Aneinanderreihung von Highlights, die man eventuell erwartet hat, ausbleibt. "Rainwater" ist ein geschlossener Strang, in dem es durchaus Schwachstellen gibt, die von der Albumatmosphäre jedoch aufgewertet werden. Der Titeltrack, "Rainwater", stellt sich mit beinahe sieben Minuten und seltsamer Klangauswahl als etwas anstrengend heraus, was jedoch nicht weiter stört, da man noch vom "Puddles"-Instrumental und einer tümpeldurchwatenden Geräuschkulisse hypnotisiert ist. Das Zwischenspiel von Meaty Ogre ("I Got") sorgt zu Beginn für frischen Wind, nach dem es dann langsam in den intensiven Mittelteil geht. Dort begrüßt den Hörer ein wie immer hervorragend aufgelegter Qwa und man bekommt in "Stick 'Em Up" eine pianogeschwängerte Großtat, die trotz vehaltener Stimmung so bissig wie die feurigste Schimpftirade gerät. Auch die beiden Tracks mit Silence am Mic (nur sehr fein dosiert) haben es in sich: "Scitzo" schweift gedankenverloren durch die Boxen, "Sinkin'" wird in ähnlichem Tempo von melancholischem Gesang verfeinert. Bevor "8mm" dann die Stimmung etwas (nur minimal) auflockert, bevor es mit "Thoughts Of A Dealer" nochmals pechschwarz wird und sich in "Downpour" ein überragendes Outro findet, wird zusammen mit Qwel in "Bless U" noch eine lyrische und instrumentale, von tief brummendem Beat getriebene Meisterleistung erbracht.

"Rainwater" ist schwere Kost. Nicht aufgrund eines hohen experimentellen Grades, der den Hörer zur Überwindung seiner HipHop-Grenzen zwänge, sondern weil es wenige andere Alben gibt, die eine ähnlich bedrückende Stimmung generieren. Teils einfache, fast immer langsame Klänge fusionieren mit HE's hartem Flow und machen den sonnigsten Tag zur kalten Novembernacht. Aufgrund einiger kleiner Schönheitsfehler gelingt das alles zwar nicht auf demselben Niveau wie sich auf "Suicide Prevention" künstlerisch ausgetobt wurde, doch Vielfältigkeit scheint in OL-Kreisen eine wichtige Rolle spielen, was zum Schluss führt, dass He.llsent und Silence auch eine weitaus weniger reizende Richtung hätten einschlagen können. Wer HipHop für kalte Tage und Nächte in den eigenen vier Wänden sucht, der wird mit "Rainwater" glücklich.

7.4 / 10

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