Sonntag, 12. September 2010

The Lost Children Of Babylon - The Equidivium: Where Light Was Created


Release Date:
2001

Label:
Seventh Cathedral Recordings

Tracklist:
01. Intro
02. Where Light Was Created (Chapter One)
03. Will You Be Prepared (When The Elohim Return)
04. Egiptian Magic
05. Cosmic Consciousness
06. Gladiators (Feat. Luminous Flux)
07. As We Become One With The Sun
08. From The Womb Of El Kuluwm
09. The Pythagorean Theorum
10. Book Of Black Light
11. The Mystic Triad (Of Atum Re)
12. Heaven's Mirror (Feat. Luminous Flux & Society Park)
13. Stargate
14. The Seven Thunders
15. Giving Praise (To Mother Nature)
16. Through The Eyes Of An Embryo

Review:
Um das Jahr 1993 stößt ein gewisser Rasul Allahu, ein Moslem, dessen Fragen zum Koran keine Antworten finden, auf die Schriften eines gewissen Dwight York. Die Folgen sollten weitreichend sein. Als von den Sunz Of Man beeinflusster HipHop-Jünger gewinnt er Killah Priest als Mentor und erhält kurze Zeit später eine Anfrage auf Zusammenarbeit von einem gewissen Ikon The Verbal Hologram. Auf Basis gemeinsamer Interessen (unkonventioneller Wege spiritueller Erfahrungen) beschließt man, eine Art Philly-Pendant der Sunz ins Leben zu rufen. Erstes Erzeugnis ist das Debüt der Jedi Mind Tricks, auf dem die damals dreiköpfigen Lost Children Of Babylon erstmals in Erscheinung treten. Als man kurze Zeit später eigene Wege geht, aber noch immer kaum Material veröffentlicht hat, nimmt Rasul das Ruder in die Hand, ruft die inzwischen fünfköpfigen LCOB ins Studio und nimmt mit der Hilfe von DJ Man-E ein Album auf: "The Equidivium: Where Light Was Created".

WRITTEN FOR Rap4Fame
Wohin die Reise geht, deutet schon grob die "Psycho-Social LP" (aus Platzgründen verkürzt) an, die Intensität der hier vermittelten Ansichten und Lehren ist jedoch nochmal eine ganze Stufe höher anzusiedeln. Zum frühen Lineup (Rasul Allahu, Breath Of Judah, Ancient Kemet) gesellen sich mit Richard Raw und Cosmic Crusader zwei weitere selbsternannte Schamanen. Zusammen zelebriert man den von Dwight York begründeten Nuwaubianusmus in allen seinen Formen und noch darüber hinaus. Die zusammengefassten "Weisheiten" versteht und präsentiert man als ersten Teil der Akasha-Chronik, des für eigene Zwecke übernommenen, esoterischen Weltgedächtnisses. Wer sich also diesem Album auf inhaltlicher Ebene nähert, der sollte sich darüber im Klaren sein, dass er es hier weniger mit den Ideen und Lehren einer militant-afroamerikanischen Bruderschaft zu tun hat, sondern mit einem selbst zusammengesetzten Puzzle, das die Suche nach spirituellen Erfahrungen und die Befriedigung philosophischer und kosmologischer Fragen zum Ziel hat. Wenn man so möchte, sind die Lost Children Of Babylon Schüler eines Pendants zur Theosophie des ausgehenden 19. Jahrhunderts, jedoch aufbauend auf anderen Quellen und Einflüssen. Statt im fernen Osten sieht man die Wiege der späteren Kulturen im alten Ägypten. Damals wie heute ist es nicht möglich, eine solche Weltanschauung ohne unfreiwillige Komik zu vertreten, weshalb man als Hörer neben einer hereinbrechenden Wörterflut, die oft zum Nachschlagen anregt, immer bestens unterhalten ist. Nicht inhaltliche Kohärenz, sondern ausschweifende Verbaleskapaden sind das Ziel. Eines der lyrischen Highlights ist Rasul's Exkurs in die Numerologie ("The Pythagorean Theorum"), in dem das begleitende Film-Sample ("Pi") seine Raps ironischerweise sogar untergräbt. Die bisher noch unerwähnte zweite Komponente der LP sind die Beats von DJ Man-E. Der Herr ist zwar kein Stoupe, doch die von den LCOB eingeschlagene Marschrichtung untermalt er mit Co-Produktion von Rasul meist bestens. Umgeben von Film-Samples (u.a. "Spawn, "Supernova") wird der mystische Charakter der Tracks noch mehr in den Vordergrund gestellt, teilweise vergisst man regelrecht, dass man hier ein HipHop-Album vor sich hat: "Will You Be Prepared" kreiert eine hypnotisch-ruhige Atmosphäre, Tracks wie "Stargate" spielen in anderen Sphären. An einigen Stellen funktioniert das allerdings nicht so recht: "Egiptian Magic" überstrapaziert das Nay-Sample, "The Mystic Triad" gerät durch seine Voice-Samples leicht in Schieflage. Als wahre Freude stellen sich dagegen die durchgehend einzigartigen Rap-Styles heraus: Rich Raw rappt mit ekstatischem Wortstakkato, Rasul in meditativem Singsang, der Rest - aufgrund des nicht am Album beteiligten Breath Of Judah nur zweiköpfig - komplettiert das außergewöhnliche Bild, das diese Truppe abgibt. Und zur großen Freude des Hörers geht die Symbiose aus betörenden Instrumental-Szenarien und prophetischen Raps oft in großartigen Tracks auf: "From The Womb Of El Kuluwm" taucht hauchdünne Voice-Samples in eine Streicherkulisse, "The Seven Thunders" (in dem sogar die Blavatsky Erwähnung findet) punktet mit melancholischem Setting und "Through The Eyes Of An Embryo" sorgt noch einmal für einen packenden Abschluss.

Es fällt schwer, dieses Album nüchtern zu beurteilen. Soll man nun die Lyrics komplett als Humbug abtun? Soll man sie rühmen? Man muss sie in jedem Fall mit genügend Abstand betrachten, was dem Großteil der Hörer nicht schwer fallen wird, da man teilweise erst merkt, was die LCOB murmeln, wenn man mit der Materie halbwegs vertraut ist - an anderen Stellen erkennt jedoch auch der letzte Laie, dass die spirituellen Bestrebungen meilenweit über den gesunden Menschenverstand hinausschießen. Doch zusammen mit der ungewöhnlichen Vortragsweise der Raps und den mystischen Instrumentals übt "The Equidivium" eine einzigartige Faszination aus, die selbst die Schwachpunkte schluckt (und somit knappe vier Kronen erreicht) und die von einem Rap-Album lediglich in Form des Nachfolgers wieder erreicht wurde.

7.8 / 10

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