Donnerstag, 17. Juni 2010

Gang Starr - Moment Of Truth


Release Date:
31. März 1998

Label:
Noo Trybe Records

Tracklist:
01. You Know My Steez
02. Robbin Hood Theory
03. Work
04. Royalty (Feat. K-Ci & JoJo)
05. Above The Clouds (Feat. Inspectah Deck)
06. JFK 2 LAX
07. It'z A Set Up (Feat. Hannibal Stax)
08. Moment Of Truth
09. B.I. VS Friendship (Feat. M.O.P.)
10. The Militia (Feat. Big Shug & Freddie Foxxx)
11. The Rep Grows Bigga
12. What I'm Here 4
13. She Knowz What She Wantz
14. New York Strait Talk
15. My Advice 2 You
16. Make 'Em Pay (Feat. Krumb Snatcha)
17. The Mall (Feat. G.Dep & Shiggy Sha)
18. Betrayal (Feat. Scarface)
19. Next Time
20. In Memory Of...

Review:
Spätestens mit dem Ableben von Guru wurde klar, dass es die von vielen heimlich erhoffte Gang-Starr-Reunion nicht mehr geben wird. Seit 2003 ist eines der größten, wenn nicht das größte Emcee-DJ-Duo der Rap-Geschichte eine abgeschlossene Akte. Strukturiert man die sechs Alben, die DJ Premier und Guru der Welt hinterließen, findet sich vor dem fünften Album eine vierjährige Pause. Es war das Jahr 1998, in dem sich Gang Starr wieder zurückmeldeten. Da sich in der Zeit, die seit "Hard To Earn" vergangen war, nicht gerade wenig im Rap-Game getan hatte, war man weithin gespannt, wo sich "Moment Of Truth" in einer größtenteils veränderten Rap-Landschaft einordnen würde.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Wieso an dieser Stelle viele Worte verlieren, wenn Guru es eingangs bestmöglich auf den Punkt bringt: "We have certain formulas but we update 'em with the times. [...] The rhyme style is elevated, the style of beats is elevated, but it's still Guru and Premier." Selten traf eine Aussage eines Künstlers über sich selbst die Wahrheit so exakt. Natürlich waren weder Premo noch Guru in den vier Jahren untätig - man denke an den zweiten Teil der "Jazzmatazz", während man bei Premo's Producer-Arbeit gar nicht erst anfangen muss -, der klare Wandel ist trotzdem offen ersichtlich. Guru manifestiert seinen Status als Flow-Gott und klingt dabei - man glaubt es kaum - noch relaxter und abgeklärter als zuvor. Premo dagegen stellt hier in voller Breite und Ausgereiftheit den Trademark-Stil vor, der ab diesem Moment zu seinem steten Begleiter wurde und bei dem sich erst Jahre später Ermüdungserscheinungen zeigten. Natürlich war er schon in den Mittneunzigern ein Ausnahme-Producer; dass es nicht möglich war, das Niveau der schon auf "Illmatic" (repräsentativ für viele andere Werke für ebensoviele Künstler) gezeigten Arbeit anzuheben, ergibt Sinn, doch wo 1998 das bisher diktierende, goldene Momentum langsam verfällt, kreiert und bewahrt Premo seinen eigenen goldenen Sound. Fängt man nun an, die Highlights dieser Scheibe aufzuzählen, kann man sich fast direkt an die Tracklist halten. "You Know My Steez" macht den meisterhaften Anfang mit zu vielen weithin bekannten Zeilen, um sie alle zu zitieren. Daran, dass Guru neben Battle-Raps auch die gehaltvolle Conscious-Keule schwingt, erinnern Tracks wie "The Rep Grows Bigga", das im Sinne von "Just To Get A Rep" beschreibt, wie einem imaginären Künstler der Ruhm zu Kopf steigt. Sofern Guru diese Rolle des Erzählers einnimmt, dann als Weiser, der seine Botschaften wie im gefühlvollen "Moment Of Truth" in ruhigem Ton absondert:

"Actions have reactions, don't be quick to judge
You may not know the hardships people don't speak of
It's best to step back and observe with couth
For we all must meet our moment of truth
"

In ähnlichem Tonfall funktioniert "My Advice 2 You". Unnötig zu erwähnen, dass dahinter wieder ein grandioses Insturmental von Chris Martin steht. Der Meister schwächelt kaum, lediglich die "Robbin Hood Theory" versinkt zwischen den restlichen Tracks, während "It'z A Set Up" etwas zu roh designt ist. Gebattelt wird sowieso anderswo - nämlich auf "The Militia", die sich neben Guru aus Big Shug und Freddie Foxxx rekrutiert, die beide mit brachialer Gewalt über Premier's Überwerk eines Instrumentals (alleine die Scratches und Cuts zu Beginn sind ein Genuss) rumpeln und dabei keine Überlebenden zurücklassen - vor allem Freddie Foxxx scheint einen unbändigen Heißhunger auf Wack-Emcees zu haben und rappt die gesamte Szene an die Wand. Mit einem Hauch Mitleid verweist Guru die verbal Auseinandergenommenen auf "Next Time". Davor findet er mit G. Dep und Shiggy Sha Zeit, die Conscious-Mentalität kurz ruhen zu lassen, um in der "Mall" zu shoppen und den materialistischen Freuden zu frönen. Seine persönlichen Erlebnisse (den Überfall auf ihn sowie die Inhaftierung wegen illegalen Waffenbesitzes) verarbeitet Guru in "JFK 2 LAX". Premo's Riecher für überragende Piano-Loops bekommt man in "What I'm Here 4" sowie "Work" vorgeführt. Doch da hört es nicht auf: "Royalty" ist als radiotaugliche Single mit butterweicher Hook von K-Ci & JoJo konzipiert und funktioniert trotzdem bestens - vor allem dank eines souveränen Guru's. Die sich anschließende Tirade von DJ Premier lässt den DJ klar Stellung gegenüber Industry (sowie Enthüllern der von Producern verwendeten Samples) beziehen. Was sich nach seinem legendären "And on that note, let's get back to the program" über einen weiteren Bomben-Beat anschließt, sind abstrakte Rhymes der Extraklasse, bei denen vor allem der Inspectah seine ganze Klasse aufflammen lässt. "She Knowz What She Wantz" bietet softe Storytelling-Abwechslung, während dank Tracks wie "Make 'Em Pay" auch die klassischen Street-Tracks gegen Ende nicht rar werden. Nachdem das Tempo für Scarface (der sich als ausgezeichneter Gast herausstellt) und das relaxte "Betrayal" stark gedrosselt wurde, findet sich schließlich mit dem Totengedenken "In Memory Of..." der perfekte Abschluss.

Gang Starr's fünfter Auswurf ist fraglos ein Must-Have. Der Grund liegt neben der herausragenden Qualität bei der Zeit der Veröffentlichung und vor allem der Zeitlosigkeit der Musik. Man muss kein Fan der ostküstlichen Neunziger sein, um dieses Album zu lieben. Ebenso kann man es wertschätzen, wenn man der Meinung ist, die wichtigsten Ereignisse im HipHop haben sich bis Mitte der Neunziger zugetragen. Gang Starr beziehen klar Stellung für das, was so gerne "real" getauft wird, und liefern dabei ein Album ab, das sowohl bei Underground- als auch bei Mainstream-Fans kompatibel ist. Zu der erhabenen Rap-Show gesellen sich die herausragenden Produktionen, die vor allem in Anbetracht der großen Trackzahl eine überwältigende Qualität an den Tag legen und "Moment Of Truth" in Klassiker-Sphären heben.

9.2 / 10

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