Donnerstag, 15. Juli 2010

Frontline - Sine Language


Release Date:
2002

Label:
Frontline Entertainment

Tracklist:
01. Sine Language
02. Get Live (Feat. Banner)
03. Light Years Ahead (Feat. Fine Artz)
04. Give & Take (Feat. Energy & JDoubleU)
05. Eyes Of Others (Feat. Qwazaar, Hellsen &, Nova Cain)
06. Cry For Help (Feat. Chauncie Gardner, Gras & JDoubleU)
07. Females Are Dope (Feat. Energy)
08. Phobia (Feat. O Type Star, Nova Cain, JDoubleU & Atlas)
09. River Styx (Feat. Qwazaar)
10. Nuthin' New (Feat. Hellsent & Qwazaar)
11. Lost Souls (Feat. Banner)
12. Neighborhoods (Feat. Chauncie Gardner, One Be Lo, Illite, JDoubleU & Magestik Lgend)
13. Child Support (Feat. Hellsent)
14. Deja Vu (Feat. Atlas)
15. Flesh O.n N.atural E.nergy (Feat. Energy)
16. Author Rise... (Remix) (Feat. Czar, Qwazaar & O Type Star)
17. Lifes A Gamble (Gras)
18. Interpretation (S3)
19. Broken Dreams (Qwazaar)
20. Safe Saga (Murderous Mix) (Jah Safe)
21. Last Man Chanting (Feat. Energy, Villain, Jah Safe & Nova Cain)

Review:
Chicago ist die drittgrößte Stadt der Staaten - die Aufmerksamkeit, die es von der HipHop-Medienwelt geschenkt bekam, ließe diesen Fakt jedoch ganz und gar nicht vermuten. Das mag ein Grund sein, warum die dortige Underground-Szene so enorm groß und lebendig ist. Ein vom Wesen mit den weitaus bekannteren Molemen vergleichbares Camp ist (bzw. war) Frontline, das zu Beginn des neuen Jahrtausends erstmals von sich hören machte. Die vier Kernmitglieder veröffentlichten 2001 "Overlooked", das bereits Schützenhilfe eines breiten Kreises aus dem Chi-Untergrund erhielt, ein Jahr später ist man zurück und versucht mit der zweiten Compilation - "Sine Language" - und schon auf dem Cover erkennbarer personeller Fülle, sich weiter zu profilieren.

 WRITTEN FOR Rap4Fame
Was genau Frontline denn ist, erklärt das Intro: Frontline ist ein Label, eine Gruppe, gleichzeitig aber auch ein Schirmdach eines ganzen Künstlerkollektivs. Die Parallelen zu den Molemen sind in der Tat verblüffend, der einzige Unterschied besteht darin, dass die vierköpfige Kerngruppe hier sowohl produziert als auch rappt, während zwei dieser Mitglieder außerdem den Insomnitracks angehören, einem zehn Köpfe zählenden Produzentenring, der hinter den Frontline-Releases die Fäden zieht (so auch schon bei Qwazaar's "Walk Thru Walls"). Daraus, dass bei "Sine Language" Wert auf gehaltvolle Lyrics gelegt wird, machen alle Beteiligten keinen Hehl - Frontline haben kein Problem damit, den stereotypen Gegenpol zum Mainstream abzugeben. Sollten sie auch nicht, denn mit der Mischung aus Skills und mitunter wunderbar konzipierten Thementracks offenbaren die Frontline-Emcees, wieviel Talent in ihrem Movement steckt. Space und Czar sind der Konkurrenz zwar keine "Light Years Ahead", doch der schön schlichte BoomBap, den Snuff dem Duo bereitstellt, ist alles andere als verkehrt. Zusammen mit dem von Live-Geschrei durchsetzten, von Bläsern gepushten "Get Live" bildet der Track den einleitenden Sinnesabschnitt, in dem auf die eigenen Qualitäten verwiesen wird. Bevor die Tracks dann als individuelle Geschichten aufgetischt werden, legen die Frontliner noch ihr moralisches Grundverständnis dar: Von der Balance des "Give & Take" hin zum "Cry For Help" wird eine nachdenkliche Facette gezeigt. Mit "Females Are Dope" wird dann die nächste Phase der Scheibe eingeläutet: Die Story, in der ein mit gutem Job und fantastischen Karriereaussichten ausgestatteter Energy der "weiblichen Versuchung" nachgibt, um sich kurz darauf als Abhängiger ohne Job und Geld wiederzufinden, hinkt zwar als Parabel gewaltig und stellt Frauen in direkter Auffassung als schlichte Sexobjekte dar, ist aber totzdem nett anzuhören. Da im weiteren Verlauf jeder der vielen Emcees etwas zu sagen hat, sind die Gewinner der Scheibe diejenigen, die sich durch einen markanten Stil und eine gute Beat-Wahl auf Dauer im Gedächtnis festsetzen können: Als Emcee an vorderster Front reitet natürlich Qwazaar, der in "River Styx" über eine Beatbox seine irrwitzigen Reime spinnt, während er mit seinem Outerlimitz-Kollegen Hellsent ("Why be underground when we can rule the surface?") über düster brausende Streicher wütet. Gras überzeugt im fröhlich vorgetragenen, mit überraschenden Wendungen versehenen "Life's A Gamble", Banner serviert in "Lost Souls" über einen Piano-Loop eine mitreißende Kurzgeschichte über Gier, Rache und Verrat, die anschaulich die Sinnlosigkeit der Gewalt in den Ghettos aufzeigt. Den einzigen Ausrutscher legen S3 (JDoubleU, Lazie Dazie, Banner) aufs Parkett - ihr "Interpretations" mag thematisch witzig sein, anhörbar ist es kaum. Der Gastauftritt aus dem Subterraneous-Camp ("Neighborhoods") dagegen ordnet sich ebenso wie die "Phobia" vor einer festen Beziehung oder das lockere "Author Rise" in dem Bereich an, den man gerne hört, jedoch nicht dauerhaft im Gedächtnis behält.

Wie fast alle Compilations hat auch diese ihre kleinen Fehler: Um über volle 21 Tracks hinweg zu überzeugen, sind sich manche Tracks vielleicht zu ähnlich, bzw. sind einige Tracks schlichtweg nicht gut genug. Inhaltlich zumindest haben die Emcees mit der Länge der Scheibe kein Problem. Und selbst wenn man beileibe nicht alle vorgestellten Charaktere im Gedächtnis behalten kann, Unterhaltung wird am Mic die volle Spielzeit geboten, einen schlechten Auftritt gibt es nicht. Mit dieser und der ersten Compilation jedenfalls wird ein solides Fundament gelegt, auf dem viele Soloalben Platz gefunden hätten. Doch da es bei Frontline dazu leider nicht kam, dient "Sine Language" als weiteres Beispiel, wieviel Potential im Chicagoer Untergrund ruht.

6.9 / 10

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