Release Date:
06. Dezember 2011
Label:
Def Jam Recordings
Tracklist:
01. Dun (Intro)
02. Sleep
03. Make My (Feat. Big K.R.I.T. & Dice Raw)
04. One Time (Feat. Phonte & Dice Raw)
05. Kool On (Feat. Greg Porn & Truck North)
06. The OtherSide (Feat. Bilal Oliver & Greg Porn)
07. Stomp (Feat. Greg Porn)
08. Lighthouse (Feat. Dice Raw)
09. I Remember
10. Tip The Scale (Feat. Dice Raw)
11. Redford (For Yia Yia & Pappou) (Feat. Sufjan Stevens)
12. Possibility (2nd Movement)
13. Will To Power (3rd Movement)
14. Finality (4th Movement)
Review:
Eineinhalb Jahre sind seit "How I Got Over" ins Land gezogen, in denen die Roots keineswegs untätig waren: Die meisten werden sich an die Kollabo mit John Legend erinnern, aber auch mit R&B-Sängerin Betty Wright arbeitete man zusammen. Daneben ist die Band aus Philly weiterhin bei Jimmy Fallons Show angestellt, was dem Label Def Jam bezüglich der Promotion eines neuen Albums natürlich sehr entgegenkommt. Trotzdem geht "Undun" keine ewig lange Promo-Phase voraus, von der Zeitspanne zwischen Ankündigung, erster Single und Release können andere Alben nur träumen. Abgesehen davon wird zusätzliches Interesse durch die Ankündigung geweckt, dass "Undun" ein Konzeptalbum - das erste der Gruppe - werden solle.
WRITTEN FOR Rap4Fame
Wie ?uestlove die Welt wissen lässt, war es schon seit Langem sein
Wunsch, ein solches Konzeptalbum durchzuziehen, und da sich die Roots
sicherlich nicht mit Mittelmaß zufrieden geben und man sich an Großtaten
wie beispielsweise Prince Pauls Ausflug in diese Gefilde zu messen hat,
verwundert es irgendwie gar nicht mehr, wenn man erfährt, dass sich die
von den Roots erzählte Geschichte rückwärts abspielt. Doch schön der
Reihe nach, denn der Plot an sich ist noch ein überraschend simpler,
"Undun" behandelt nämlich das Leben (und Sterben) des fiktiven
Charakters Redford Stevens, den nicht die geringsten Besonderheiten
auszeichnen und der mit der unbedingten Absicht, aus der Armut
auszubrechen, auf die schiefe Bahn zieht. Den Hörer erwartet deshalb
kein überzeichnetes Verbrecher-Epos, das moralisch unausweichliche,
tödliche Ende ist trotzdem eingeplant und bestimmt folglich maßgebend
die Anfangstöne des Albums. Das einmütige "Dun" beginnt mit dem Geräusch einer EKG-Nulllinie und baut sich ganz vorsichtig zu "Sleep"
auf, das Stevens' Gedankenwelt zum Zeitpunkt des Todes (oder danach)
einfängt, sich darüber wundert, ob die eigene Familie sich an ihn
erinnern wird und mit Zeilen wie "I've lost a lot of sleep to dreams" einen bedrückenden Anstrich wählt, dem auf musikalischer Sicht nur noch eine dünne Unterlage beigemischt wird. "Make My"
ist die inhaltlich logische Fortsetzung und bildet das Endstadium von
Redfords Leben (der sich dessen sehr wohl bewusst ist) auf viereinhalb
Minuten ab. Inzwischen ist das Album auf instrumentaler Ebene
gleichgezogen, denn wenngleich man immer noch ruhige Töne anschlägt,
schreiten die Roots nun in den Hauptteil ihrer großen Symbiose aus Beats
und Rhymes, überwacht von ?uestlove auf der einen und Black Thought auf
der anderen Seite. Zweiterer ist dank der hohen Feature-Anzahl
keineswegs omnipräsent am Mic, lässt so auch andere Stimmen den Plot
kommentieren, behält trotzdem mit seiner sehr determinierten, versierten
Art jederzeit das Ruder in der Hand und rollt so das Leben von Redford
auf, ohne explizite Geschichten zu erzählen oder zu detailliert zu
werden - die Eckpunkte der Handlung lassen sich pro Song an einigen
wenigen Zeilen festmachen, womit den Emcees große Bewegungsfreiheit
gegeben ist. Wie sich später herausstellt, wird diese genutzt, um auf
eine Grundfrage des Albums zu lenken, die philosophische Frage, ob es
sinnvoll ist, Gutes zu tun, ob dies mit der angeblich jedem Menschen
gegebenen Freiheit und dem Anrecht auf Selbstverwirklichung vereinbar
ist. So ist es jedenfalls auch möglich, nur die Musik zu genießen, die
etwa in "Kool On", dem einzigen Stück, das mit fröhlicheren Tönen
das Hustler-Leben hinten anstellt, in Roots'scher Manier universell
meisterhaft aufspielt. In "One Time" gibt ?uest mit seinen Drums
einem fülligen Piano die Hand, lädt noch einen ergreifenden Chorus ein
und erhält, obgleich lediglich das harte Straßenleben thematisiert wird,
einen der intensivsten Songs der Platte. Der Mittelteil ist dem inneren
Disput des Hustlers Stevens gewidmet und arbeitet die optionenarme
Lage, die ihn zu seinen Taten motiviert, heraus, wobei von "The OtherSide" bis "Lighthouse"
die Untermalung (kräftig von Klavier unterstützt) sowohl stützend als
auch selbstständig einwandfrei gewählt wurde. Das gilt nur bedingt für "I Remember", das einen Blick in frühere, unschuldigere Zeiten wirft und ebenso dem Verlust dieser Unschuld gedenkt, und "Tip The Scale",
das die moralisch gleichgültige Mentalität, jeden schmutzigen Job zu
übernehmen, noch überzeugt vertritt. An dieser Stelle hätte das Album
enden können, doch die Roots induzieren noch ein weiteres Element und
somit ein Ende, das in Form von vier Instrumentalen (wobei das erste
unverändert von Sufjan Stevens übernommen wurde und somit auch den Namen
des Protagonisten erklärt) Redfords Leben in chronologisch korrekter
Reihenfolge großartig instrumentalisiert, vom hoffnungsvollen "Possibility"
(schätzungsweise den Träumen des jungen Stevens nachempfunden) über den
letztendlichen, chaotischen und unsteten Lebensweg bis hin zum erneut
sehr harmonischen "Finality".
Zugegebenermaßen machen die Roots es sich auf der Metaebene ihrer Handlung etwas einfach - Stevens wird von Anfang an die "Krankheit" der Ausweglosigkeit des Ghetto-Lebens aufgebürdet, die ihn zwangsweise auf seinen Pfad führt, von dem es für ihn offenbar auch kein Abzweigen mehr gibt. Doch was will man sich groß beschweren, wo sich quasi jedes andere Rap-Album des Jahres 2011 gar keine solchen Gedanken macht. "Undun" ist eine eher kurze, dafür sehr kompakte und nahezu perfekt durchdachte Angelegenheit, die mit starken Auftritten am Mic ebenso wie mit großartiger, emotionsreicher Musik aufwartet, die über das durchschnittliche HipHop-Publikum hinauszielt und es trotzdem voll anspricht. Im Einzelnen funktionieren nicht alle Songs, am Stück ist "Undun" aber unbedingt zu empfehlen, da die Roots das vielleicht beste Album des Jahres abliefern.
Zugegebenermaßen machen die Roots es sich auf der Metaebene ihrer Handlung etwas einfach - Stevens wird von Anfang an die "Krankheit" der Ausweglosigkeit des Ghetto-Lebens aufgebürdet, die ihn zwangsweise auf seinen Pfad führt, von dem es für ihn offenbar auch kein Abzweigen mehr gibt. Doch was will man sich groß beschweren, wo sich quasi jedes andere Rap-Album des Jahres 2011 gar keine solchen Gedanken macht. "Undun" ist eine eher kurze, dafür sehr kompakte und nahezu perfekt durchdachte Angelegenheit, die mit starken Auftritten am Mic ebenso wie mit großartiger, emotionsreicher Musik aufwartet, die über das durchschnittliche HipHop-Publikum hinauszielt und es trotzdem voll anspricht. Im Einzelnen funktionieren nicht alle Songs, am Stück ist "Undun" aber unbedingt zu empfehlen, da die Roots das vielleicht beste Album des Jahres abliefern.
8.1 / 10
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