Donnerstag, 26. August 2010

Sticky Fingaz - Decade (...But Wait It Gets Worse)


Release Date:
29. April 2003

Label:
D3 Entertainment

Tracklist:
01. Intro
02. Let's Do It (Feat. X1. Columbo The Shining Star)
03. What Chu Here for (Feat. Omar Epps, Detroit Diamnd & Rio)
04. Can't Call It
05. Hot Now
06. I Love Da Streets (Feat. Omar Epps)
07. Bad Guy (Feat. Quan)
08. Shot Up
09. Girl
10. Caught In Da Game
11. No More
12. Do Da Daw Thing (Feat. E.S.T. & X1)
13. Another Niguh
14. I Don't Know (Feat. Fredro Starr)
15. Suicide Letter
16. Just Like Us (Feat. Genovese & X1)
17. Get Smashed Up (Feat. Lex & Thirty & Seven O.D.)

Review:
Wir befinden uns im Jahr 2003: Zehn Jahre sind vergangen, seit eine gewisse Schreihalsgruppe namens Onyx die Rap-Bühne im Sturm nahm. Seither hat sich einiges verändert: Nach den drei ersten, von der Szene durchgehend gut aufgenommenen Alben scheint die Truppe für den Sprung ins neue Millenium zu wenig Anlauf genommen zu haben. Nachdem das erste Soloalbum von Sticky Fingaz noch gut gelingt, erfolgt mit "Bacdafucup Pt. II" bei Fans und Kritikern der totale Einbruch. Der inzwischen als Schauspieler erfolgreiche Sticky findet sich, nachdem er zuerst bei Universal unter Vertrag war, auf dem kleinen D3 Entertainment wieder, wo er, zehn Jahre nach "Bacdafucup", seinen Zweitling veröffentlicht, der gleich eine Ankündigung enthält: "Decade (...But Wait It Gets Worse)".

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
"Worse"? Die einzig nichtironische (schlussendlich ist es wohl eine für Sticky schmerzhafte Ironie mit doppeltem Boden) positive Art, diese Ankündigung aufzufassen, sieht "worse" als Andeutung auf einen noch roheren Stil, als man ihn von Onyx' Glanzzeiten kennt. Wer solch törichten Hoffnungen Platz einräumt, ist selbst schuld. Da hier - im Gegensatz zu "Black Trash" - ein Albumkonzept fehlt, sind Zweifel nicht nur gerechtfertigt, sondern angebracht. Für seine Beats kann Sticky einerseits Scott Storch gewinnen, setzt andererseits aber auch gänzlich unbekannte Namen wie S-Man oder DSP in tragende Rollen. Letztendlich sind die Namen allerdings egal, das Ergebnis ist ein einheitlicher Soundteppich, der den Onyx-Fan in tiefe Ratlosigkeit stürzt. Mit Eastcoast-Flavor hat das nichts mehr zu tun, irgendwo zwischen poppiger Geschmeidigkeit und Electro-beeinflusster Eigenart wabern, humpeln und rollen diese Instrumentals. Alles beginnt im schwer verstörenden "Intro", in dem ein nervlich instabiler Sticky Fingaz zuerst einen Shoutout an JMJ gibt, um seinen Monolog dann zwischen idiotischer Selbstmotivation und besessener Raserei pendeln zu lassen. Das folgende Material entspricht zwar nie den Wünschen eines Onyx-Fans, doch verwertbar sind dann glücklicherweise doch einige Songs; als Beispiel sei "I Love Da Streets" genannt, eine relaxt-sommerliche Ode an den Asphalt in Sticky's Hood. Dem gegenüber stehen Tracks wie das unausstehliche "Can't Call It", das mit orientalischem Gewand klaren Mainstreamappeal vertritt, ohne dabei zu Sticky zu passen oder die verzweifelten Rufe nach Radio-Airplay originell zu kaschieren. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Sticky auch mit solchen Songs Erfolg haben mag, doch nicht mit dieser laschen Umsetzung. Seine Gäste sind ihm da auch keine große Hilfe: Während Omar Epps mit erstaunlich ansehnlichen Rhymes überrascht, bleibt Sticky's Bruder X1 eher blass. Selbst Quan's starke Hook für das mittelmäßige "Bad Guy" ändert nichts am total verhauenen Start dieser Scheibe: Nahezu alle Aussetzer konzentrieren sich eingangs und drängen den Hörer zur frühen Aufgabe: Das stimmverzerrte "Let's Do It" schlägt ebenso auf den Magen wie das mit grauenhaftem Chorus beglückte "What Chu Here For". Selbst wenn es in "Shot Up" etwas härter zugehen soll, kann man als Hörer nur gähnen. Thematisch hat die LP leider kein großes Kino á la "Black Trash" zu bieten, der übliche Street-Talk regiert und fleht darum, von guten Beats begleitet zu werden. Im zweiten Teil wird dieses Gesuch teilweise erhört: "Caught In Da Game" klappt mit simplem Gitarreneinsatz, "Another Niguh" mit ideenreichem, elektronischem Tonkonzert. Nach dem übertrieben kitschigen, aber eingängigen "I Don't Know" (mit Kinderchor) geht es in die fulminante Schlussrunde: Sticky's "Suicide Letter" walzt mit düsterem Instrumental und hörenswerten Raps daher und hat mit "Just Like Us" ein weiteres starkes und wütendes Stück im Nacken, das den beschriebenen, harten Straßenalltag glaubhaft inszeniert. Der Vorhang fällt mit "Get Smashed Up", einem kick- und basslastigen In-your-face-Track, der zwar platt, aber effektiv ist.

Auch als Solokünstler ereilt Sticky Fingaz hiermit ein schmerzhafter Sturz in ungeliebte Wertungsbereiche. Doch mit einer derart miserablen Beat-Auswahl sollte man sich nicht wundern. Während die ähnlich (doch qualitativ höher) gestreute Auswahl auf "Black Trash" noch dem Konzept in bester Weise diente, lässt sich ein hiesiges Albumkonzept höchstens als misslungener Spagat zwischen hartem Street- und rückgratlosem Mainstream-Appeal bezeichnen. "Decade" wäre Sticky's Chance gewesen, zu zeigen, dass er es doch noch kann, zu zeigen, dass er den Bogen zu seinen zehn Jahren früher gesetzten ersten Schritten schlagen kann. Stattdessen hat man es mit einem vergessenswerten Album zu tun, bei dem die schlechten Track sogar überwiegen.

4.2 / 10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen