Montag, 15. Februar 2010

BK-One & Benzilla - Rádio Do Canibal


Release Date:
06. Oktober 2009

Label:
Rhymesayers Entertainment

Tracklist:
01. Ivan Tiririca (Intro)
02. Gititit (Feat. Slug & Brother Ali)
03. Mega (Feat. Haiku D'Etat)
04. Caetano Veloso (Interlude)
05. The True & Living (Feat. Raekwon & I Self Devine)
06. Here I Am (Feat. Phonte, Brother Ali & The Grouch)
07. Tema do Canibal (Feat. The Hypnotic Brass Ensemble)
08. Ivan Tiririca (Interlude)
09. Philly Boy (Feat. Black Thought)
10. Blood Drive (Feat. Slug)
11. A Day's Work (Feat. P.O.S.)
12. Face It (Feat. Toki Wright)
13. Love Like That (Feat. Aby Wolf)
14. Hyldon (Interlude)
15. Blue Balls (Feat. Blueprint)
16. Eighteen To Twenty-One (Feat. Murs)
17. Call To Arms (Feat. I Self Devine)
18. American Nightmare (Feat. Brother Ali & Scarface)
19. Tom Zé (Outro)

Review:
Jenen, die beim Anblick von Cover und Titel verwundert auf eine nähere Erklärung bzw. Einordnung warten, zu helfen, fällt hier gar nicht so leicht. BK-One releast über Rhymesayers. Doch was sagt das schon groß über die Platte aus, abgesehen von einer zu erwartenden, mindestens passablen Qualität? BK-One war bzw. ist Tour-DJ von Brother Ali. Doch wer diese Scheibe gehört hat, der weiß, dass auch dieser Hinweis nur sehr bedingt weiterhilft. Zumal BK-One bisher als Produzent eine verschwindend geringe Aktivität an den Tag legte. Benzilla, der helfend zur Seite steht, ist im gleichen Umfeld anzusiedeln, hat aber ähnlich wenig in der eigenen Diskografie stehen. Um "Rádio Do Canibal" zu umreißen, muss man sich also schon mit der LP beschäftigen.

WRITTEN FOR Rap4Fame
Zuerst muss erklärt werden, woher der Titel und damit auch die Idee zum Album, das im eleganten Discbox-Slider erscheint, kommt: Hierfür sind BK-One's zahlreiche Trips nach Mittel- und Südamerika verantwortlich, auf denen es ihm anscheinend vor allem Brasilien angetan hat, denn aus Samples von Musik aus selbigem Land setzt sich der musikalische Grund dieser Platte zusammen. Die Antropophagie-Bewegung wiederum spendet den Titel: Oswald de Andrade's Werk "Manifesto Antropófago" (engl. "Cannibal Manifesto"), das im Zuge der Bewegung eine rassische Lehre der kannibalistischen Absorption anderer kultureller Strömungen vertrat, wird auf die Musik transferiert und bedeutet kurz gesagt: Der HipHop (bzw. das "Radio", was als Anspielung auf die von BK-One mitbegründete erste Rap-Radiosendung in Minneapolis, "The Beatbox", angesehen werden könnte) verleibt sich die brasilianischen Musikelemente ein - oder anders herum, wie auch immer man es sehen will. Da sich BK auf der Schule dem Studium von Jazz widmete, ist es nur verständlich, dass auch aus dieser Richtung ein schwacher Wind weht. Nun also hat man eine grobe Ahnung, in welchem Film man sich befindet. Dieses einzigartige Konzept wird nun also in einen Topf geworfen mit HipHop-Helden aus dem Hause Rhymesayers sowie einigen weiteren weitbekannten Indie-Größen. Was dabei herausgekommen ist, ist zwar leider nicht ganz so abgefahren, wie man vielleicht erwartet hätte, doch ein angenehmes Hörerlebnis erwartet einen allemal. Zum Teil tropisch frisch, zum Teil auch auf anderen Platten vorstellbar: "Gititit" läuft sich als erster Track noch langsam warm, während das einleitende "Ivan Tiririca" bereits das richtige Feeling vorgegeben hat. Mit Interludes, in denen u.a. Lokalgrößen/-musiker Tom Zé, Hyldon oder Caetano Veloso zu Wort kommen, wird auch immer anschaulich unterstrichen, wo man sich hier befindet. Den Rappern selbst wird zwar keine Marschrichtung vorgegeben (und auch keine Doktrin gleich dem Titelkonzept wird propagiert), doch das Fehlen des inhaltlich roten Fadens (der auf Producer-Alben fast nie zu finden ist) stört kein bisschen. Da darf ein Murs einen seiner bekannten Frauen-Songs abhalten und die unbeschwerte Spanne von "Eighteen To Twenty-One" preisen und Slug gleichzeitig in "Blood Drive" ernste und kritische Töne anschlagen. Ein wahres Highlight findet sich sowieso anderswo: Im munteren "Mega" trägt das Konzept der Platte mitunter seine dicksten Früchte, da Haiku D'Etat aufblühen wie sonst niemand auf der Scheibe. Auf der anderen Seite steht das schwermütige "American Nightmare", das vor allem mit der außergewöhnlichen Kombo Ali-Scarface überrascht. Idyllischer Gesang von Aby Wolf zu Gitarrenakkorden in "Love Like That" ist eine weitere Facette der LP, ebenso wie der nur auf den ersten Blick nicht ins Bild passende Raekwon (der sich gut mit I Self Divine ergänzt) im bassgeschwängerten "The True & Living". Zuletzt sei noch "Tema Do Canibal" zur Sprache gebracht, ein von The Hypnotic Brass Ensemble eingespieltes Instrumental, das sich dank mitreißendem Karneval-Feeling schon nach dem ersten Hörgang felsenfest im Gedächtnis festsetzt.

HipHop braucht Alben wie "Rádio Do Canibal". Nicht wegen ihrer außergewöhnlichen Qualität, sondern wegen neuen Ideen, die ein wenig Staub aufwirbeln und sich alleine damit eine Existenzberechtigung sichern. Abgesehen davon kommt man nicht daran vorbei, zu vermerken, dass BK-One gerne noch mehr brasilianischen Flair in seine Songs hätte packen können, dass es hier beizeiten fast schon zu gewöhnlich (wenn auch auf ansehnlichem Niveau) zugeht. Ansonsten kann man ihm zu diesem Album gratulieren, und Rhymesayers darf man dafür beglückwünschen, dass sie weiterhin die richtige Musik veröffentlichen. Im Endeffekt ist "Rádio Do Canibal" zwar "nur" gut, aber interessant ist es in jedem Fall.

6.7 / 10

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