Montag, 15. Februar 2010

Jak Progresso - Pestilence


Release Date:
Juli 2009

Label:
Johnny23 Records

Tracklist:
01. Intro (A Festival)
02. Bad Eden
03. Helium Hive
04. Run On Johnny
05. Drain Fly
06. Stimulus Black
07. Birth of Razorback
08. Memoirs
09. Yip Wreck
10. Human Monster
11. Electric Mountain
12. Good Mourning
13. In Grey
14. The Magic Nobody
15. Spinning Box
16. Vibes

Review:
In einschlägigen Rap-Kreisen gibt es sicherlich nicht viele Künstler, die sich selbst mit okkultem Ideengut in Verbindung bringen. Ob der Begriff bei Jak Progresso wirklich angebracht ist, bleibt eine ganz andere Frage, aber es ist einer der unzähligen Punkte, in denen sich dieser Herr von seinen Artgenossen abhebt. Jak Progresso ist anders. Eine Person, die sich um ihre Umwelt wohl so wenig schert wie irgend möglich. Im 2006er "Random Violence", das im Namen von Creative Juices veröffentlicht wurde, findet sich sein bisher "bekanntestes" Album. Denn inzwischen ist CJ Geschichte und Jak zurück bei Johnny23 Records, was ihn nicht davon abhält, noch tiefer in den Untergrund abzutauchen. So tief, dass das seit langem angekündigte neue Album "Pestilence" nun so heimlich, still und leise veröffentlicht wurde, dass es kaum jemand bemerkt hat.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Mit dem neuen Album verabschiedet man sich auch vom fast schon freundlichen Sound-Bild, das "Random Violence" bot. Man ist zurückgekehrt zu Beats, die von Branestorm, Misilanious und Jak selbst gesteuert werden und den Bodensatz an Rawness verkörpern. Langsame, rumpelnde Drumlines bilden das Rückgrat der Platte und versprühen einen gewissen Lo-Fi-Charakter, den man von Jak schon ausgiebig gewohnt ist. Hinzu kommt die Performance von Jak, die diesmal ohne jegliche Gastbeiträge auskommt. Im Gesamtpaket fühlt man sich zuerst wieder einmal vor den Kopf gestoßen, doch bei wiederholtem Konsum der oberflächlich als abstoßend abgestempelten Platte zieht sie den Hörer in einen Bann, der im Rap-Game gänzlich einzigartig ist. Neben den Instrumentals trägt einen Großteil der Schuld daran Jak selbst, da er sich wieder einmal in Bestform zeigt und aus seinem kranken Oberstübchen eine Stunde voll befremdender, doch bestens unterhaltender Zeilen extrahiert. Dem Album gehen mit "Intro (A Festival)" knappe drei Minuten unerklärlicher Geräuschkulisse voran, bis in "Bad Eden" dann endlich die gewohnt hysterisch-teuflische Stimme des Jak ertönt. Da der anfangs erwähnte okkulte Aspekt hier, im Gegensatz zur "Occult Seminar" EP, nicht im Mittelpunkt steht, sei nur gesagt: Jak Progresso tut genau das, wofür man ihn kennt. Wirre, abstrakte Zeilen, menschenverachtende, das Leben mit Füßen tretende Gedanken, zusammengefasst: Gegen Jak Progresso sind Eric Cartman's Woodland Christmas Critters reinster Kindergarten. Beispiel gefällig? Jak versinkt in Gedanken, um sich mit einem Stück Fleisch in der Hand und Blut, das ihm aus dem Mund läuft, vor seinem weiblichen Gegenüber, welchem ein Stück Wange fehlt, wiederzufinden ("In Grey"). Ebenfalls charakteristisch sind die wahllos eingeworfenen Gedanken, die Jak zum Besten gibt. Wann und wie er Hooks einbaut, scheint ihn wenig zu kümmern. Die Sound-Kulisse wechselt ständig von leisen, mystischen Tönen zum Soundtrack eines Horrorfilms: tief donnernde Klavierklänge grüßen in "Helium Hive", verstörendes Summen in "Drain Fly". Einquartiert im Mt. Vernon Hospital, verfasst Jak seine "Memoirs, die erstmals Stellung zu Creative Juices nehmen, "Random Violence" verklären und gegen IDE schießen. Misilanious stattet Jak in "Spinning Box" mit Chorgesang aus, in "Yip Wreck" dominiert ein Horrorszenario, in dem es sich Jak äußerst gemütlich macht. Zynisch ruhige Klänge bietet "Stimulus Black", während zuvor in "Run On Johnny" die Welt noch in Dunkelheit getaucht wird. Mit "Vibes" erlaubt Jak dem Hörer dann, seine kleine, diabolische Welt zu verlassen.

Man will gar nicht in die Tiefen des Innenlebens Jak Progresso's steigen, um dort zu versuchen, zu heilen, was noch an Menschlichkeit übrig ist. Denn das würde dem Ende von Alben wie diesem hier gleichkommen. Wer ein offenes Ohr für den beschriebenen, mehr als nur makaberen Stil hat, der wird in Jak Progresso's neustem Machwerk einmal mehr einen Trip erleben, den andere Rapper nicht im Angebot haben. Dass "Pestilence" dabei nicht ganz an "Random Violence" herankommt (über diese Anmerkung würde sich Jak selbst, für den "Random Violence" nicht mehr exisiert, wohl grün und blau ärgern), stört nicht wirklich. Den Spaß an der Sache hat Jak nicht verloren, der Stil ist - und das können die wenigsten von sich behaupten - raw wie eh und je. Man darf gespannt sein, was in Zukunft noch so kommt.

7.0 / 10

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