Freitag, 12. Februar 2010

Gravediggaz - 6 Feet Deep


Release Date:
09. August 1994

Label:
Gee Street / Island Records

Tracklist:
01. Just When You Thought It Was Over (Intro)
02. Constant Elevation
03. Nowhere To Run, Nowhere To Hide (Feat. Kurious)
04. Defective Trip (Trippin') (Feat. Biz Markie & MC Serch)
05. 2 Cups Of Blood
06. Blood Brothers
07. 360 Questions
08. 1-800 Suicide
09. Diary Of A Madman (Feat. Scientific Shabazz & Killah Priest)
10. Mommy, What's A Gravedigga?
11. Bang Your Head
12. Here Comes The Gravediggaz
13. Graveyard Chamber (Feat. Dreddy Kruger, Scientific Shabazz & Killah Priest)
14. Deathtrap (Feat. Masta Ace)
15. 6 Feet Deep
16. Rest In Peace (Outro)

Review:
No Introduction needed. Was sich in der ersten Hälfte der Neunziger als Gravediggaz zusammenfindet, gehört beim Sammelbegriff "Legenden" ins HipHop-Lexikon gedruckt. Es ist Prince Paul, der vom Business die Schnauze voll hat und das Konzept dieser Gruppe entwirft. Stetsasonic-Kumpel Frukwan ist mit an Bord, ebenso wie der bisher relativ erfolglose Too Poetic. Auch ein gewisser RZA, der zu jener Zeit mit einer eigenen Gruppe dem Durchbruch entgegenwerkelt, wird auf Frukwan's Anraten in Paul's Haus geladen. "Niggamortis" heißt das Album, das diese Supergruppe aufnimmt; veröffentlicht wird es jedoch nur in Europa unter diesem Titel - in Amerika erreicht Gee Street den weniger provokativen Titel "6 Feet Deep".

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Ziel des Projekts ist es, die geistig abgestorbenen Massen aus ihren mentalen Gräbern auszubuddeln, auf dass die drei Emcees ihnen ihre Weisheiten eintrichtern. Prince Paul selbst steht, wie auch auf dem Cover, nur im Hintergrund, kümmert sich aber um einen Großteil der Produktion. Hierfür schlüpft er in die Rolle des Undertaker, während RZA zum RZArector, Frukwan zum Gatekeeper und Poetic zum Grym Reaper mutiert. Dass dieses Album als Genre-definierend für den Horrorcore gilt, sollte schon Bände darüber sprechen, wie weit Prince Paul hier von der fidelen Welt De La Soul's abdriftet. Knöchern klopfende Drums, ein paar tiefe Piano-Klänge, ausgefallene Samples und ein staubiger Minimalismus regieren die Landschaft, während die Herrschaften am Mikrofon gar nicht erst versuchen, auch nur einen Hauch normaler Gedanken in ihre Rhymes einfließen zu lassen. Hier wird geschrien, geflucht, geröchelt, gehustet und vor allem lässt man das Blut in Strömen fließen. Was die Gravediggaz auf zynische und humorvolle Art mit ihren makaber-schockierenden Lines ins Mic schleudern, lässt Freude aufkommen. Während man, entspannt an einer Tasse Blut nippend, diesen Leichenräubern beim Wühlen durch Friedhöfe und Leichenhäuser lauscht, könnte nur noch eine ausgewählte und dezente Anzahl an hochwertigen und fördernden Gästen die Stimmung bessern. So schaut beispielsweise Masta Ace vorbei, um das Intro für das erstaunlich funky geratene "Death Trap" zu sprechen und Biz Markie öffnet zusammen mit MC Serch das Höllentor, um "Defective Trip (Trippin')" auf die Welt loszulassen. Die Kombination dieser Charaktere hätte besser nicht sein können: Ein vollkommen labiler Poetic, der tief-dröhnende Frukwan und der fieberhaft wahnsinnige RZA reißen ihre Hörerschaft in ein schwarzes Loch, aus dem es kein entkommen gibt: "Nowhere To Run, Nowhere To Hide". Noch besser wird es, wenn in "Diary Of A Madman" eine Gerichtsverhandlung stattfindet, in der die Gravediggaz auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren und als Angeklagte ausführliche Schilderungen zum Besten geben. Vor allem Gast Shabazz The Disciple brettert hier einen geschichtsträchtigen Part hin, der auch auf diesem Album noch hervorzuheben ist:

"Be a witness, as I excercise my exorcism
The evil that lurks within the sin, the terrorism
Possessed by evil spirits, voices from the dead
I come forth with gravediggaz in a head full of dread
I've been examined ever since I was semen
They took a sonogram and seen the image of a demon
At birth nurses surrounded my with needles
and drugged me all up with the diseases of evil
Grew up in hell, now I dwell, in an Islamic Temple
I'm fighting a holy war in the mental
Look deep into my eyes, you'll see visions of death
Possessed by homicide is what I'm obsessed
"
Nicht minder boshaft zeigt sich "1-800-Suicide", in dem ein schadenfroher RZA seine Mitmenschen in diverse Selbstmorde treibt. Selbst das vollkommen schräge "6 Feet Deep" ist, nicht zuletzt wegen seiner eingängigen Hook, ein großartiger Anspielpunkt. Auch der Opener, "Constant Elevation", in dem Prince Paul sein Klavier sehr effizient einsetzt, sollte Erwähnung finden - hier erfolgt schließlich einer der abgedrehtesten Auftritte des nach Blut dürstenden RZA. Und mit dem rauen "Bang Your Head", dem eher ruhig gehaltenen "Mommy, What's A Gravedigger" (in dem vor allem Poetic aufblüht) oder dem düster-klirrenden "Graveyard Chamber", in dem ein weiterer Wu-Tang Besuch ansteht (wobei zu dieser Zeit noch keine offizielle Zugehörigkeit der Sunz Of Man bestand), wird das Gesamtbild komplettiert.

Zusammenfassend darf gesagt werden: Dieses Album hat alles, was einen Klassiker ausmacht. Es ist nicht nur zeitlos, sondern besitzt auch noch eine Einzigartigkeit, der bis heute niemand gleichgekommen ist - kein anderer Vertreter des Horrorcore, nicht die Gravediggaz selbst und auch sonst kein Album, das sich irgendwo mit Hardcore o.Ä. brüstet. Die Produktionen von Prince Paul und RZA sind optimal, die Aufstellung der Emcees ist ebenfalls exzellent. Bei "6 Feet Deep" stimmt einfach alles. Umso trauriger ist es deshalb, wie sehr der aussichtsreiche Horrorcore-Trend an der Ostküste in der Versenkung verschwunden ist. Doch wer will sich groß beschweren, wenn der HipHop-Welt wenigstens dieses Album, das sich wohlverdient die volle Wertung krallen kann, erhalten bleibt?

9.5 / 10

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