Freitag, 12. Februar 2010

Sunz Of Man - The First Testament


Release Date:
31. Januar 1999

Label:
Red Hook Records / Echo International

Tracklist:
01. Who Are The Sunz Of Man? - (Hell Razah, Prodigal Sunn, 7th Ambassador, Killah Priest & 60 Second Assassin)
02. The Valley Of Death - (Prodigal Sunn, 7th Ambassador, Hell Razah, Killah Priest, 12th Disciple & 60 Second Assassin)
03. Bring Back The Mike - (Killah Priest, 60 Second Assassin, Prodigal Sunn & Hell Razah)
04. Valley Of Kings - (Killah Priest, Prodigal Sunn, Hell Razah & 60 Second Assassin)
05. Deep In The Water - (Killah Priest, Hell Razah, Prodigal Sunn & Shabazz The Disciple)
06. Elements - (Killah Priest, Shabazz The Disciple, Hell Razah & Prodigal Sunn)
07. Natural High (Interlude)
08. Hell Hole - (Hell Razah & 7th Ambassador)
09. Combat - (Hell Razah & 7th Ambassador)
10. Lulla Bye - (Hell Razah, 7th Ambassador, Prodigal Sunn & Killah Priest)
11. Sunz Of Man Court - (Shabazz The Disciple & Kavalier)
12. The Sins Of Men - (Shabazz The Disciple & Killah Priest)
13. The Law - (60 Second Assassin, Killah Priest, Prodigal Sunn & Hell Razah)
14. Hot Line - (Hell Razah)
15. In The Beginning... - (Shabazz The Disciple & Killah Priest)

Review:
HipHop schreibt tragische Geschichten. Wie die der Sunz Of Man. Mitte der Neunziger bilden Hell Razah, 7th Ambassador, Prodigal Sunn, Shabazz The Disciple, Killah Priest und später auch 60 Second Assassin eine lose Ansammlung von Künstlern, die unter vielen Einzelgruppierungen (The Art Of War, The Disciples, Sunz Of Man, Da Last Future) agieren, jedoch unter Führung des Producers Supreme Kourt einige Aufnahmen zusammen bringen. Ein Demo-Tape dieser Erzeugnisse gerät in die Hände des RZA. Damit nehmen die Sunz Of Man als Gruppe erstmals wirklich Gestalt an; 7th Ambassador zieht sich an dieser Stelle der Geschichte jedoch schon aus dem Rap-Game zurück. Das geplante Debüt-Album "Nothing New Under The Sun" ist dem neuen Label nicht massenverträglich genug, weshalb es in der Versenkung verschwindet und erst 1998 "The Last Shall Be First" als offizielles Debütalbum auf den Markt kommt. Zu diesem Zeitpunkt haben Priest und Shabazz die Gruppe bereits verlassen. Doch damit nicht genug. "The First Testament", das die Aufnahmen der ersten Tage endlich der Rap-Welt zugänglich machen soll, wird im Voraus ausgerechnet von Supreme geleakt, was zu dessen unfreiwilligem Austritt aus der Gruppe führt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
Nichtsdestotrotz existiert dieses Werk und ist somit als das eigentlich erste Album der Gruppe anzusehen. Die Musik stammt aus den Jahren '94, '95 und wurde fast ausschließlich von Supreme und Drospect produziert. Dass diese Aufnahmen es nicht auf das massenorientiertere Album von 1998 geschafft haben, deutet schon an, woher hier der Wind weht. Wie kompromisslos dieses Album dann allerdings wirklich ist, kann man sich bei bloßer Kenntnis von "The Last Shall Be First" nicht einmal im Traum ausmalen. Irgendwo kommt ein Substanz-Vergleich zu den Gravediggaz auf, doch auch der wird den SOM nicht gerecht. Denn hier wird kein Horrorcore praktiziert - "The First Testament" ist Holy-Core. Während die Beats zusätzlich zu der, in den Neunzigern gewöhnlichen, Reduzierung auf das Nötigste immer einen kräftigen Hauch Mystik eingehaucht bekommen, gehen die Wahnsinnigen am Mic hier vollkommen aus sich heraus und bieten eine Show, die man in dieser Form im HipHop nicht noch einmal finden wird. Positive Gedanken, Licht oder gar Freude scheinen so fern, als hätten sie nie existiert. In den Augen der Sunz Of Man ist die Welt voll und ganz durchsetzt vom Bösen. Man lebt in einem in Beklemmung wuchernden "Hell Hole" - und in dessen Sog reißen die besessenen Akteure auch den Hörer. Der Trip, der von diesem Album geboten wird, ist so düster und dämonisch, dass man sich im Anschluss am besten eine CD von Mariah Carey o.Ä. zu Gemüte führt. Der Exorzismus, der im "Valley Of Death" betrieben wird, hat wenig mit jeglichen anderen Religionen zu tun, auch wenn Figuren und Namen wie Jesus oder Allah beliebig in die Ideologien und metaphysischen Imaginationen dieser Propheten eingebaut werden. Dass in diesem Camp ein wildes Chaos aus Black Hebrew Bewegung, Nation of Islam, 5% Nation, Islam und Christentum herrscht, ist kein Geheimnis. Doch entgegen der fehlenden Logik in den Texten sind diese Auszüge aus der selbstgeschafften Weltanschaung eine Kunst, die sehr hohen Respekt verlangt. Selbst Gast-Rapper 12th Disciple fügt sich perfekt ins Bild und brennt seine Zeilen ins Gehirn des Hörers:


"Thoughts interfere with devil mirrorin'
Now we even steamin, because the devil is no longer veerin'
Leavin my body, to into ya body, so you can see what I'm seein
Not a hell in my body's limb
Now ya agreeing, that my tongue is laced with acid
Stick my white fingers up in your face, ya scream like meltin plastic
Stretch ya body, put a slug in ya red basket
Talk you can respect by drinkin Christ blood from the casket
"


Doch niemand auf diesem Album gebärdet sich wie Prodigal Sunn, der irgendwo zwischen Krächzen und Schreien gegen seine Psychosen ankämpft und wie von Sinnen seine Parts aufsagt. Killah Priest hingegen war schon damals der introvertierte Weise, der er noch heute ist. Hell Razah nennt auf diesem Album noch eine sehr helle Stimme sein Eigen, die seinen Lines ebenfalls etwas albtraumartiges verleiht. Im Zenit des verbalen Krozidismus steht jedoch Shabazz The Disciple, der mit seinen Auftritten unter seinen Kollegen sogar noch ein wenig heraussticht, wie zum Beispiel im kruden "Deep In The Water":


"When I was born, I came out screamin and blasphemin
Cryin in blood, spittin and cursin at the figure of Christ on the holy rood
See, since the sonogram I was diagnosed to be cursed
Doctors administered stress, I'd be born in the church
But, they sold the womb closed of unholy bitches
A burst up, reversed and blast through the stitches
Aaahhh! Hell at last, my first breath that I cursed
They performed the ritual, took me home in a hearse
But in the womb I metamorphasized
My birth and death was already prophesized
"


Momente zum Verschnaufen gibt es wenige. Einzig das "Natural High" Interlude lässt dies mit seinem Instrumental-Charakter zu und gibt zudem einen Einblick, wie sich der Sound zu "The Last Shall Be First" hin geglättet hat. Auch "Valley Of Kings" hätte in dieser Form auf einem der späteren Alben erscheinen können, was natürlich nichts an der lyrischen Klasse des Songs ändert. Der Großteil der Tracks (wie beispielsweise das bitterböse "The Sin Of Men") hingegen illustriert die Einzigartigkeit der Platte. Der Remix zu "Death Be The Penalty", in dem Kavalier erneut die Hook gibt und der sich "Sunz Of Man Court" nennt, kommt zwar nicht an sein Original heran, bewegt sich jedoch trotzdem auf einem Level, das von vielen Rappern nie erreicht wurde. Schließlich wäre da noch das düster-staubig stampfende "Bring Back The Mike", das von vage hörbaren, gemurmelten Chören im Hintergrund geleitet wird und einen weiteren genialen Song dieser Scheibe darstellt. Abgeschlossen wird das Album von "In The Beginning...", das leider zu kurz gerät und in dem neben einer kurzen Rap-Einlage alle am Mic stehenden Apostel aufgezählt werden.

Der Clan und sein Umfeld sind weithin dafür bekannt, in den Neunzigern einige Juwelen des harten New York-Raps hervorgebracht zu haben. "The First Testament" ist der König dieser Alben. Natürlich ist es als Einheit nicht so gut wie "Enter The Wu-Tang (36 Chambers)", doch bei einer Messung des textlichen Karats erhebt sich diese Scheibe in eine Sphäre, die über dem Erstling des Clans und weiterhin auch über allen anderen vergleichbaren Alben liegt. Wer dieses Werk gehört hat, der weiß, warum "The Last Shall Be First" trotz seiner hohen Qualität eine Enttäuschung war. HipHop dieses Schlags ist eine unbezahlbare Rarität; die Energie, mit der hier ins Mikrofon gespuckt und gebrüllt wird, sensationell; die Inhalte, die hier verkauft werden, einzigartig. "The First Testament" ist nicht nur eines der besten Alben aus dem direkten Wu-Tang Umfeld, sondern auch eines der besten Alben der kompletten Ostküste.

9.1 / 10

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