Freitag, 19. Februar 2010

Obie Trice - Special Reserve


Release Date:
15. Dezember 2009

Label:
Mossappeal Music

Tracklist:
01. Welcome
02. Got Hungry
03. You've Been Slain
04. On And On
05. I Am
06. 4 Stories
07. Roughnecks (Feat. Deuce Wonder)
08. Cool Cats
09. What You Want
10. Jack My Dick
11. Dope, Jobs, Homeless (Bonus / Alternate Take)

Review:
Wenn Newsletter davon tönen, dass sich hier ein neues, dynamisches Duo gefunden hat, schießt man an der Wahrheit etwas vorbei: Obie Trice und MoSS kennen sich schon lange. Die ersten Singles, die Obie veröffentlichte, waren von ebenjenem MoSS produziert. Doch dann schlugen die beiden unterschiedliche Wege ein: Während Obie Trice der weltbekannte Schützling von Eminem wurde, zog MoSS weiter im Untergrund seine Bahnen, konnte seine Werke bei einschlägigen Underground-Größen unterbringen und zählt (um das Ganze anschaulich in Worte zu fassen) als das erste Mitglied von DJ Premier's "Works Of Mart"-Produktionsgenossenschaft. Obie's Weg dürfte bekannt sein: Nach dem Platinumdebüt ging es bergab, schließlich verließ er Shady Records. Damit ist "Special Reserve" sein erstes Indie-Release und drittes Album.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Doch damit ist zur Story dieser Platte noch nicht alles gesagt: Denn um die Jahrtausendwende herum erblickten nicht nur Singles wie "Mr. Trice" das Licht der Welt, MoSS und Obie nahmen genug Material für ein komplettes Album auf, das über Obie's Shady-Phase hinweg unberührt alterte. Zum Glück für die Rap-Gemeinde fanden Obie und MoSS mit einem Anruf wieder zusammen, um jenes Material aufzuarbeiten (MoSS verlieh dem Ganzen ein komplett neues Gewand), halbfertige Songs zu vollenden und der Welt als "Special Reserve" zu präsentieren. Als weiterer Beteiligter wurde DJ Grouch für Cuts & Scratches angeheuert, auf Gäste wurde bis auf eine Ausnahme verzichtet. Mehr braucht es auch beileibe nicht. Denn wem es bei all den Gästen aus dem Aftermath-/Shady-Camp sowie dem dauerhaften Gläserheben entgangen ist: Obie Trice ist ein ausgezeichneter Emcee. Und wenn das bisher für viele Hörer durch zu viele verschiedene Produzenten, adoptierte Styles und besagte Gäste (und damit soll "Cheers" gar nicht schlechtgeredet werden) kaschiert wurde, bekommt man hier die Augen bzw. Ohren geöffnet: Für "Special Reserve" holt Obie einmal tief Luft und spittet sich dann die Seele aus dem Leib. Ein ironischer Zufall, dass diese Raps zum jetzigen Zeitpunkt wie ein Kontrastbild zu den beiden Shady-Releases dastehen, als hätte er nun allen Grund, Feuer zu spucken. Was also passt perfekt zu Obie's unerbittlichen Battle-Raps? Genau, MoSS. Der klingt nicht mehr so, wie bei den frühen gemeinsamen Werken, sondern unterlegt alle Tracks mit einer weitaus stärkeren Dosis Asphalt: Was etwa bei Kollabos mit Big Shug schon den Geruch einer Trademark-Eigenschaft hatte, tritt hier voll zutage: MoSS knüppelt seine Drumlines aus den Boxen wie kaum ein anderer. Damit steht dem Start in dieses kurze, aber rasante Album nichts mehr im Weg: Gleich das "Welcome"-Intro als auch "Got Hungry" marschieren ohne Hook, dafür aber mit umso mehr Cuts, gen Zuhörer. Ohne Wenn und Aber zieht MoSS seine Schiene durch und legt damit einen Unterbau, den in dieser Form schon lange kein Album mehr bieten konnte: schönen, schlichten Street-Sound. Man möchte es kaum glauben, wie das Duo in "Roughnecks" Energie freisetzt, wie Obie in "I Am" das Studio in Grund und Boden rappt. An anderer Stelle wird die Battle-Maske abgenommen und der lustige Obie tritt zutage: "Jack My Dick" entsagt "the root of evil", den Ladies ("Obie never gets upset when a bitch say no"), "What You Want" entlarvt Obie als professionellen Schnorrer ("What you want Obie? Get off my dick! / No you can't borrow, buy your own shit!"). Lediglich das neue Instrumental zu "Dope, Jobs, Homeless" bewegt sich "nur" im guten Mittelmaß. Zehnmal wertvoller ist da "On And On", das mit simplem Piano-Loop, starken Cuts von Grouch und direkt ins Gesicht gewatschten Battle-Raps von Obie genug Grund zu übermäßiger Freude bietet.

Obie Trice und MoSS gehen ohne Zweifel eine Symbiose ein: Beide motivieren sich gegenseitig zu Höchstleistungen - man bekommt hier gleichwohl Obie's energischste Raps als auch MoSS' beste Produktionen zu hören. Trotzdem: Warum dieses Album sonderlich hervorheben, wenn es nur elf Tracks lang und keine Neuerungen implizierende Bereicherung ist? Weil Alben wie "Special Reserve" viel zu selten daherkommen. Eine Ausblendung jeglicher Störeffekte (wie etwa sentimentaler Underground-Allüren) ermöglicht den Fokus auf strikten Battle-Rap, der mit imposantem Nachdruck konzentriert wird. Gerade weil "Special Reserve" so wenige Tracks aufführt, ist die Zahl der Bretter außergewöhnlich und ergibt mit den restlichen, ebenfalls hörenswerten Tracks ein knappes 4-Kronen-Album.

7.6 / 10

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