Freitag, 19. Februar 2010

Wale - Attention Deficit


Release Date:
10. November 2009

Label:
Allido Records / Interscope Records

Tracklist:
01. Triumph
02. Mama Told Me
03. Mirrors (Feat. Bun B)
04. Pretty Girls (Feat. Gucci Mane & Weensey)
05. World Tour (Feat. Jazmine Sullivan)
06. Let It Loose (Feat. Pharrell Williams)
07. 90210
08. Shades (Feat. Chrisette Michele)
09. Chillin' (Feat. Lady Gaga)
10. TV In The Radio (Feat. K'Naan)
11. Contemplate
12. Diary (Feat. Marsha Ambrosius)
13. Beautiful Bliss (Feat. Melanie Fiona & J.Cole)
14. Prescription

Review:
Es scheint dem HipHop-Staate ins Blut gelegt, von Zeit zu Zeit neue Jungspunde so sehr mit Medienrummel zu beladen, dass sich selbst der unverbesserliche Ewiggestrige fragt, welcher Messias denn nun schon wieder das Game revolutioniert. Im Falle Wale, mehr oder weniger einem Zögling von Mark Ronson, waren es vielgerühmte Mixtapes, die den Hype um das Debütalbum in ungesunde Höhen schraubten. Denn wenn das nur Mixtapes waren, wie mag dann wohl erst das Album klingen? Man möchte jetzt schon gähnen - nicht wegen Wale selbst, sondern aufgrund der medialen Beachtung, die Wale's "Attention Deficit" wohl jetzt schon mehr als genug befriedigt hat.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Ob er seinen Albumtitel nun mit oder ohne Sarkasmus gewählt hat, egal wie gut oder schlecht seine Mixtapes waren und was dort bereits an Thematiken abgesondert wurde - hier geht es um das Album, um 14 Tracks mit verschiedensten Gästen und angesehenen Produzenten. Bevor das große Ziehen der Vergleiche, um das man bei Wale schlecht herumkommt, beginnt, sei notiert, dass bisher wohl wenige bis keine Rapper der "jungen" Generation mit einem ähnlichen Anspruch, gleichsam Mainstream-Welt und seriöse HipHop-Gemeinde zu bedienen, ihr Debüt veröffentlichten. Gehaltvolle Lyrics, die über das Gejammer eines Kanye West hinausgehen, injiziert in Massenverträglichkeit. Und so könnte man noch seitenlang Namen in den Schmelztiegel werfen, aus dem im Anschluss ein Wale werden soll, wobei eine Analyse des Endproduktes sinnvoller erscheint. Den Einstieg, "Triumph", in Worte zu fassen, fällt schwer, denn es gibt von allem etwas: Representing, Bragging, Darstellung der Skills, Reflektion des eigenen Werdegangs. Kurzum, ein Track, der alle, die mit Wale noch keine Bekanntschaft geschlossen haben, darauf hinweist, dass dieser Junge Talent hat. Über das Album hinweg muss er sich sogar gedacht haben, dass der anfangs präsentierte Rap-Stil nicht genug sei, weswegen Wale nach Belieben variiert. Der erste Fehler, das Fehlen eines wirklich markanten und auch voll ausgearbeiteten Flows, darf vermerkt werden, spielt aber keine entscheidende Rolle. Da die Zahl der Rapper aus Washington, D.C. nicht gerade lang ist, wartet man unter Umständen auf Referenzen an die Haupstadt. Eine solche findet unterschwellig mit "Pretty Girls", einem Backyard Band-Sample und dem Feature eines Mitglieds ebenjener Go-Go-Band, Weensey, statt. Wer genau dafür verantwortlich ist, dass außerdem der potentiell käuferspektrumerweiternde Gucci Mane mit ins Geschehen geworfen wird, weiß ich nicht, in jedem Fall wird der ansehnliche Song (der Gucci Mane-Hörer wahrscheinlich sowieso kalt lässt) befleckt. Weniger störend sind die weiblichen Gäste, die für die meist gelungenen, doch manchmal austauschbaren Hooks engagiert werden. Schließlich dreht sich auch ein nicht geringer Teil der Texte um die Ladies: "Black girl's Diary" zeigt nicht den souveränen Player, sondern einen Wale, der mehr für eine gute Freundin empfindet als vice versa. Im gut produzierten (und mit atmosphärisch gelungen transferiertem Rihanna-Sample bestückten) "Contemplate" dagegen wird eine undankbare Freundin überwunden bzw. werden die Medienerwartungen verarbeitet. Doch nicht die ganze Platte ist derart interessant: "Mama Told Me" rührt als typischer Opener im "kleiner Junge entdeckt die große Welt"-Kaffee herum und ein "Mirrors" stellt nicht mehr als ein mit dem vollkommen unpassenden Bun B noch erhöhtes Gewicht für die HipHop-Seite der LP dar. Doch nicht nur das, es werden auch andere Styles für das Album übernommen: Auf "90210" klingt Wale wie CuDi und rappt über ein Mädchen, dessen Hollywood-Träume sie und ihren Körper zerstören, auf "Beautiful Bliss" klingt Kollege J Cole wie Lupe Fiasco und auf "Chillin" werden mit dem werbetrommelrührenden Namen Lady Gaga, die zu vollen 100 Prozent im M.I.A.-Stil auftritt, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. "Let It Loose" kupfert nicht ab, geht mit ödem Pharrel-Gesülze und Neptunes-Geholpere im Beat trotzdem als Aussetzer durch. Wenn bis dato die Produktionen wenig erwähnt wurden, liegt das daran, dass Mark Ronson, Best Kept Secret und Konsorten nie in den Vordergrund treten, dafür jedoch auch nichts anbrennen lassen. "World Tour" beispielsweise erarbeitet sich seinen Replay-Value durch Jazmine Sullivan, (das immerhin auffallend gelungen produzierte) "Shades" durch den Auftritt von Chrisette Michele und die Raps, die sich mit den einzelnen Abstufungen und internen Beziehungen der Farbe Schwarz beschäftigen (Wale's Eltern sind Nigerianer). Ebenfalls eine gute Vorstellung liefert das abschließende "Prescription", das als jazzige Nummer mehr HipHop atmet als die meisten Songs der Platte. Da macht es nur Sinn, dass Wale selbst auch seine Profession thematisiert.

Welche der Erwartungen hält Wale nun also ein? Auf der einen Seite nicht übermäßig viele, auf der anderen Seite aber vollbringt er doch eine reife Leistung: Sein Debüt dürfte für jeden akzeptabel sein. Damit lässt es sich auch mit einem Wort zusammenfassen: "Attention Deficit" ist ein Kompromiss. Hier und da wird ein wenig Mist für die Dummen eingestreut, an anderen Stellen wird klargestellt, dass eigentlich ein cleveres Kerlchen am Mic steht. Von der Person Wale bleibt damit leider nicht mehr allzu viel übrig, doch wer weiß, was die Zukunft bringt. Von "Attention Deficit" bleiben jedenfalls weder Beats noch Rap-Taten im Gedächtnis, doch als das Kompromisswerk, das es ist, gelingt mit der Mischung aus Rap und sich zum Beispiel in Hooks niederschlagendem Pop-Appeal ein angenehmes Album, das jedoch keine nennenswerten Spuren hinterlässt.

6.0 / 10

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