Montag, 15. Februar 2010

Cage - Depart From Me


Release Date:
07. Juli 2009

Label:
Definitive Jux

Tracklist:
01. Nothing Left To Say
02. Beat Kids
03. Dr. Strong
04. I Found My Mind In Connecticut
05. I Lost It In Havertown
06. Teenage Hands
07. Eating Its Way Out Of Me
08. Kick Rocks
09. Captain Bumout (Katie's Song)
10. Strain
11. Fat Kids Need An Anthem
12. Look At What You Did
13. Depart From Me
14. I Never Knew You

Review:
Unter all den Rappern mit bewegter Vergangenheit sticht Chris Palko alias Cage wohl noch heraus. So sehr, dass sein Leben für filmreif befunden wurde. Dass jemand wie er seinen Weg in die Rap-Szene gefunden hat, ist in jedem Fall ein kreativer Zuwachs, während das aktuelle Label Definitive Jux mehr oder weniger der perfekte Platz für seine Persönlichkeit darstellt. An Soloalben hat er der Rap-Welt bisher erst zwei Stück beschert, und seit "Hell's Winter" sind inzwischen vier Jahre vergangen. Da schon zwischen Sophomore und Debüt Welten lagen, darf man gespannt sein, was Cage in seinem neuen Werk "Depart From Me" zu sagen hat.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Zu erzählen hat er einiges, ist dieses Album doch laut Eigenaussage das persönlichste, das ihn komplett "nackt" zeigt. Denn hier gibt es den echten Cage zu sehen, der auf dem Debüt einem betrunkenen und berauschten Scheincharakter, mit dem (und auch mit dessen Musik) sich Cage inzwischen in keinster Weise mehr identifizieren kann, Platz machen musste, und der beim zweiten Album nur teilweise zutage trat. Eine selten harte und kaputte Kindheit, Drogen und Kriminalität, diese Dinge zeichneten sein Leben und sollen hier ein für allemal verarbeitet werden. Hinzu kommt der Tod des Freundes Camu Tao sowie seine Ex-Freundin, die ihn sitzenließ. Geschichten aus dem Leben, mit denen sich der Hörer (angeblich) identifizieren soll. Und während "Hell's Winter" thematisch ohne Frage in dieselbe Richtung ging, stellt Cage hier die Strapazen seines Lebens in den Vordergrund. Für die Art und Weise, wie er das tut, gibt es nur eine Bezeichnung - Emo-Rap. Was nun den Sound betrifft, so zeichnen sich drastische Neuerungen ab: Während "Hell's Winter" noch sehr samplebasiert war, ist hier Gitarrist und Produzent Sean Martin sehr präsent und produziert bis auf vier Songs von El-P und einen von Aesop Rock die gesamte LP. Die HipHop-Fans wird das wenig erfreuen, denn damit verabschiedet sich Cage bezüglich des Sounds weitestgehend von selbigem Genre. "If people can't understand that, that's good, because I don't want to make music for assholes" sagte Palko über seinen lyrischen Wandel, wird das aber sicherlich auch für seine Musik so meinen. Was von ihm selbst und von Kritikern wohlwollend als reifere Musik bezeichnet wird, ist für den Rap-Hörer ein Schritt in die falsche Richtung; denn genau da, wo man bei "Hell's Winter" eine Augenbraue hochzog, setzt "Depart From Me" an. Viele der Rock-Elemente deuten an, dass Cage diesbezüglich einen miesen Geschmack hat, seine deplatzierten und schrägen Hooks besiegeln diese Befürchtung. Lichtblicke gibt es dennoch: Wenn sich Cage in seinen vier Wänden vergräbt ("I Found My Mind In Connecticut") gibt das zumindest musikalisch etwas her. Diese innere Isoliertheit, mit der er anscheinend in den letzten Jahren zu kämpfen hatte, zeigt sich auch in der Absenz von Features. Doch wem will man es verübeln, wenn er mit diesem weinerlichen Junkie nichts zu tun haben will? Vice versa gilt nämlich dasselbe, da Cage von seiner Umwelt nicht sonderlich viel hält: Verbitterte Töne an die ihn in schweren Zeiten verlassende Freundin in "Depart From Me", kritische und in diesem Fall auch angebrachte Worte über die hohle Nachtszene in "Captain Bumout", das eine wirre Fortsetzung in "Strain" findet. Daneben wird, wie schon auf dem letzten Album, die Kindheit verarbeitet ("Beat Kids") und die Drogensucht thematisiert, die zum 18-monatigen Aufenthalt in einer Psychiatrie führte ("Dr. Strong"). Ein solider Beat von El-P untermalt "Eating Its Way Out Of Me", während man "Teenage Hands", das Cage zusammen mit einer 17-Jährigen sieht, wenig abgewinnen kann. Den Höhepunkt des Emo-Geheuls bildet "I Never Knew You", in dem Cage sich in die Person eines Stalkers versetzt. Einen kurzen unterhaltsamen Moment findet man mit "Kick Rocks", das mit allen Schnorrern abrechnet. Verbleibt noch "Fat Kids Need An Anthem" als potentiell interessanter Song, der sich aus Cage's eigener Umstellung vom Dickerchen zum gesund lebenden "Normalo" (bei Cage natürlich nur bitter ironisch zu gebrauchen) heraus erklärt, in dem die grauenhaft gebrüllte Hook allerdings die sonst guten Lyrics vermiest:

"This is nothin' to kick dirt on
If you thin you get your flirt on
If you fat you make love with your shirt on
[...]
They say you are what you eat
That means I went from shit to a vegetable
And the worst part about it is
I was happier when I was fat and on drugs
I went from fantasizing about women
To fantasizing about food I can't eat anymore
"

Man kann davon ausgehen, dass Cage sich nicht viel aus Kritiken macht - dass diese Kritiker wahrscheinlich allesamt Recht haben, sollte dabei jedoch nicht übersehen werden. Weiterentwicklung und Reifeprozess hin oder her - dem "Movies For The Blind"-Cage hat man eher zugehört als dem in Selbstzweifel erwachten Herrn, der in suizidaler Betrübtheit seine Existenz beklagt. Selbst im Vergleich mit Klinik-Nachbar Eminem zieht Cage den kürzeren. "Depart From Me" ist sogar für Def Jux-Liebhaber schwere Kost, was in erster Linie daran liegt, dass sie ganz allgemein (nicht nur aus der Sicht eines Rap-Hörers) nicht sonderlich gut (um nicht zu sagen: miserabel) geraten ist. Wenn das Album für Cage als Eigentherapie von Nutzen ist und er auf seinem nächsten Longplayer wieder überzeugt, dann lässt sich "Depart From Me" allerdings verschmerzen.

2.9 / 10

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