Sonntag, 14. Februar 2010

Wu-Tang - Chamber Music


Release Date:
30. Juni 2009

Label:
E1 Music

Tracklist:
01. Redemption
02. Kill Too Hard (Feat. Inspectah Deck, U-God & Masta Ace)
03. The Abbot (Feat. RZA)
04. Harbor Masters (Feat. Ghostface Killah, AZ & Inspectah Deck)
05. Sheep State (Feat. RZA)
06. Radiant Jewels (Feat. Raekwon, Cormega & Sean Price)
07. Supreme Architecture (Feat. RZA)
08. Evil Deeds (Feat. Ghostface Killah, RZA & Havoc)
09. Wise Men (Feat. RZA)
10. I Wish You Were Here (Feat. Ghostface Killah & Tre Williams)
11. Fatal Hesitation
12. Ill Figures (Feat. Raekwon, M.O.P. & Kool G Rap)
13. Free Like ODB (Feat. RZA)
14. Sound The Horns (Feat. Inspectah Deck, Sadat X & U-God)
15. Enlightened Statues (Feat. RZA)
16. NYC Crack (Feat. RZA)
17. One Last Question...

Review:
Was so ein einziges dubioses One-Sheet nicht so alles anrichten kann: Von heute auf morgen, spärliche eineinhalb Monate vor dem Release-Date, flatterte die Ankündigung aus den Werkstätten von KOCH Records, neuerdings genannt E1 Music. Von einem neuen Wu-Tang-Album wurde getönt, einem Album, das auf alle von "8 Diagrams" enttäuschten Fans zielt und komplett neue Rhymes aller verbliebenen Acht beinhalten sollte. Neue RZA-Beats sollten es sein, die den Sound der "36 Chambers" in die Jetztzeit transformieren. Ein wenig später wurde das Album als Clash von Wu-Tang Emcees mit 90er-Legenden propagiert. Dabei bleibt es dann auch, wobei man selbst entscheiden darf, ob es gut oder schlecht zu werten ist, dass "Chamber Music" pünktlich Ende Juni vor der Tür steht.

 WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Das Ausmaß des Schwindels und der falschen Frohlockungen soll nun einmal kurz umrissen werden: Dieses Album ist kein Wu-Tang Album, sondern ein Album von Bob Perry aus den Reihen von KOCH, für das die Wu-Bruderschaft ihren Namen und auch einige Rhymes hergab. Das Album ist nicht von RZA produziert, und selbst die Executive Producer-Funktion des Masterminds ist keinesfalls geklärt - die Produktionen stammen wiederum aus fremder, KOCHscher Feder und wurden mit den Instrumenten der Soul-Band The Revelations ausgepolstert. Und wohl nicht nur aufgrund der kurzen Entstehungszeit war es schon vor Veröffentlichung der Tracklist eine höchst zweifelhafte Angelegenheit, dass hier wirklich alle Wu-Tang Emcees - plus die ebenfalls angekündigten Cappadonna, Killah Priest und Streetlife - zu hören sein würden. Deswegen gibt es letztendlich nur fünf Wu-Emcees. Und schlussendlich ist das Album kein Album: Ganz gleich, ob nun Compilation oder nicht, mit 36 Minuten Spielzeit, von denen zehn an die alle (acht wirklichen) Tracks umschließenden (RZA-)Skits abfallen, bleibt keine große Zeit für zärtliches Vorspiel. Wen dieses getürmte Salz in der Suppe nicht zum verärgerten Boykott der Scheibe treibt, der werfe alle Äußerlichkeiten über Bord und betrachte "Chamber Music" von der rein musikalischen Seite. Denn eine Konzeption wie diese, die in ihrer Essenz weniger einem Wu-Album als etwa der "Wu-Tang Meets The Indie Culture"-Platte nahekommt, verspricht durchaus Spaß. Die einrahmenden Skits geben dem Album dann sogar durchaus ein - wenn auch schwaches - fernöstliches Ambiente, das sich über ansprechende Instrumentals aus Samples und RZA's Weisheiten rekrutiert. Der erste Song wird sogar zur höchst positiven Überraschung, da sich in "Kill Too Hard" ein steinharter und doch eleganter Beat, der schlichtweg "on point" ist, mit dem gelungenen Dreier aus U-God, Deck und Ace paart. Auch im weiteren Verlauf zeigen die Songs eine erfreulich hochqualitative Konsistenz, die teilweise allerdings in eine falsche Richtung blickt: "I Wish You Were Here" bemüht einmal mehr das totgespielte Al Green-Sample und lässt es zum süß-soften Häppchen verkommen, "Harbor Masters" lässt den nötigen Drive vermissen und "Evil Deeds" hätte ohne RZA's Hook besser geklungen. Was auf einem normalen Album nicht weiter schlimm wäre, fällt hier dann durchaus ins Gewicht - da kann "Radiant Jewels" noch so gut sein, "Sound The Horns" noch so kraftvoll einrollen und "Ill Figures" noch so cool seinen Bass in den Vordergrund rücken. Während sie fast selbstverständlich wirken, sind die Kollabos durchgehend gut, und es ist ebenso erfreulich, dass fast jeder Beteiligte mit Enthusiasmus ans Mic tritt. Der schlussendliche Eindruck, den man nach dem Abklingen von "NYC Crack" hat, ist trotzdem der eines Werkes, dem irgendetwas fehlt. Auf jeden Fall der Reifeprozess.

In einem Punkt muss man zustimmen: Das Album hat wenig mit "8 Diagrams" zu tun. Doch das bescheinigt keine durchwegs positive Kritik. Letztlich muss auch noch die Wahl des Titels angekreidet werden. Was im ursprünglichen One-Sheet wie "Chamber Music" klang, hätte mit Einlaufen aller 90er-Größen einen neuen Titel verdient. "Chamber Music", das steht nicht erst seit G-Clef's (wenn auch qualitativ fraglichem, doch ideologisch löblich gerichtetem) Unternehmen nicht für das, was es hier zu hören gibt. Denn so sehr sich Bob Perry bemüht, für waschechten RZA-Sound fehlt die Ader des Wu-Abts. Der Hörer zieht mit gemischten Gefühlen von dannen, und während er noch darüber grübelt, was mit einem solchen Konzept möglich gewesen wäre, behält er doch die wenigen guten Songs dieses Albums im Hinterkopf. Deshalb wäre "Chamber Music" auch ein gutes Album, wenn es sich nicht dank zwielichtiger Ansagen im Vornherein und seiner Länge selbst eine halbe Krone abschnitte.

6.2 / 10

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